Chemie - 4. Folge Polare Moleküle
Wasser hat ungewöhnliche Eigenschaften: Es kann flüssig, fest und gasförmig sein. Das hat etwas mit der Elektronenkonfiguration zu tun. Was - das erfahren Sie hier.
Ungewöhnliche Eigenschaften von Wasser
Nach einleitenden Bildern von verschiedenen Erscheinungsformen des Wassers (zum Beispiel als Regen, Dunst, Reif, Schnee oder Eis) wird das Wasser zunächst mit Stickstoff und Sauerstoff verglichen.
Obwohl die Moleküle dieser drei Stoffe etwa die gleiche Größe besitzen, tritt Stickstoff (N2) genauso wie der Sauerstoff (O2) – bei vergleichbaren Temperaturen – nur gasförmig, Wasser (H2O) dagegen in allen drei Aggregatzuständen auf. Der Erklärung dieses Phänomens dient zunächst ein Kalottenmodell des Wassermoleküls.
Anhand der Elektronenkonfiguration wird zudem die Schreibweise für das Sauerstoffatom - mit Punkten für die ungepaarten und mit Strichen für die gepaarten Elektronen - verdeutlicht. Diese Erläuterungen ergänzt die Elektronenkonfiguration der beiden Wasserstoffatome sowie eine Trickdarstellung von der Überlappung der Sauerstoff- und Wasserstofforbitale zum Molekülorbital des Wassers.
Die Elektronegativität
Es folgt ein Experiment ein, bei dem ein Wasserstrahl durch einen elektrisch geladenen Kunststoffstab abgelenkt wird. Dies ist die Folge der unterschiedlichen Elektronegativität von Sauerstoff und Wasserstoff, durch die die Bindungselektronen vom Sauerstoff stärker angezogen werden.
Ein Überblick über das Periodensystem mit den Werten für die Elektronegativität leitet schließlich über zu einem Molekülmodell vom Wasser, das die unterschiedliche Elektronegativität von Sauerstoff und Wasserstoff zeigt.
Dipolcharakter des Wassers
Die unterschiedliche Elektronegativität von Sauerstoff und Wasserstoff bewirkt, dass es im Wassermolekül zu einer ungleichen Ladungsverteilung kommt. Diese äußert sich im sogenannten Dipolcharakter des Wassers.
Im Vergleich zu Sauerstoff und Stickstoff, die aufgrund der schwachen Van-der-Waals-Kräfte erst bei Temperaturen unter -183 °C (bzw. -196 °C) vom gasförmigen in den flüssigen Aggregatzustand übergehen, tritt dieser Fall bei Wasser wegen der zusätzlichen starken Dipolkräfte schon bei Zimmertemperatur ein. Ein Experiment, bei dem ausgegossener, flüssiger Sauerstoff sofort verdampft, kann als Beweis für diese Tatsache angesehen werden.
Wasserstoffbrücken
An einem Eiskristall wird demonstriert, wie Wasserstoffbrücken als relativ schwache elektrische Kräfte zwischen benachbarten Wassermolekülen wirken.
Bei Erwärmung bricht das geordnete Kristallgefüge von Eis allerdings zu dichterem flüssigen Wasser zusammen. Dass das Volumen von flüssigem Wasser tatsächlich geringer ist als – bei gleicher Masse – von festem Wasser, belegt das Faktum, dass Eis in Wasser schwimmt.
Wasserähnliche Moleküle
Schwefelwasserstoff (H2S), Selenwasserstoff (H2Se) und Tellurwasserstoff (H2Te) sind im Bau und in der Größe ihrer Moleküle dem Wasser sehr ähnlich. Speziell am Beispiel von Schwefelwasserstoff (H2S) wird ein entscheidender Unterschied zum Wasser erläutert:
Wasser ist bei Zimmertemperatur flüssig, Schwefelwasserstoff dagegen gasförmig. Ein Vergleich der Elektronegativität von Sauerstoff, Wasserstoff und Schwefel macht deutlich, dass die Differenz der Elektronegativitäten (ΔEN) im Wassermolekül größer ist als im Schwefelwasserstoff-Molekül. H2S ist daher ein schwächerer Dipol als Wasser. Seine Moleküle ziehen sich deshalb untereinander schwächer an, wodurch die Verbindung bei Zimmertemperatur im Gaszustand verbleibt.
Vergleicht man die Siedetemperaturen von H2O, (H2S), (H2Se) und (H2Te), so sinken diese erwartungsgemäß von H2O zu (H2S) um rund 160 °C, steigen aber dann wieder bis auf –2 °C, obwohl das ΔEN bis auf 0 abnimmt.
Diese Abnahme der Polarität wird aber überkompensiert durch die Zunahme der Van-der-Waals-Kräfte bei den größer werdenden Molekülen.
Molekülsymmetrie
Im Experiment lenkt ein geladener Kunststoffstab einen flüssigen Strahl Tetrachlormethan (CCl4) nicht ab, obwohl dies aufgrund der Differenz der Elektronegativitäten (ΔEN = 0,5) im Molekül der Fall sein müsste. Der Grund: Die Wirkung der vorhandenen, polaren Bindungen wird durch eine sich einstellende Molekül-Symmetrie aufgehoben. Trotz polarer Bindungen ist das Molekül insgesamt kein Dipol.
Hybridorbitale
Zum Schluss geht die Sendung noch auf den Bindungswinkel von 105° im Wassermolekül ein. Diesen kann man dadurch erklären, dass beim Sauerstoff die Elektronen der 2. Schale sich bezüglich der Energie aneinander angleichen. So entstehen vier gleichartige 2sp3-Hybridorbitale, die jedoch unterschiedlich mit Elektronen besetzt sind. Da zwei dieser Orbitale nur ein Elektron enthalten, eignen sie sich zur Bindung mit Wasserstoffatomen. Bei dieser Verknüpfung entstehen unterschiedliche Orbitalformen, die den Bindungswinkel von 105° bewirken.