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Edward Lorenz Als der Schmetterlingseffekt ein Chaos anrichtete

Flattert ein Schmetterling in Brasilien, beeinflusst er dadurch die Atmosphäre und kann damit zu einem Wirbelsturm in Texas beitragen: Dieses Phänomen ist als Schmetterlingseffekt bekannt. Der Begriff stammt von Edward Lorenz, dem Wegbereiter der Chaostheorie.

Stand: 22.05.2017 | Archiv

Ein Grüner Passionsfalter im Flug | Bild: Photoshot/picture-alliance /Stephen Dalton

Edward Norton Lorenz wurde am 23. Mai 1917 in West Hartford im US-amerikanischen Bundesstaat Connecticut geboren. Schon früh, so erklärte er in einem Buch, habe er sich für Zahlen interessiert. Zunächst ging er ans Dartmouth College, dann machte er 1940 an der Harvard University seinen Master in Mathematik. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er an Wettervorhersagen für die Luftstreitkräfte der US-Armee. 1946 kam er ans Massachusetts Institute of Technology (MIT) und studierte Meteorologie. Dort promovierte er und erhielt 1962 eine Professur. Und bei seiner Arbeit am Institut entdeckte er auch den Schmetterlingseffekt.

Ein kleiner Fehler von Lorenz zeigt große Wirkung

1961 arbeitete Lorenz mit einem – für heutige Verhältnisse – primitiven Computer an einem einfachen Wettervorhersage-Modell. Zur Simulation verwendete er drei Variablen: Temperatur, Luftdruck und Windrichtung und setzte diese in Beziehung. Er spielte sein Modell durch und bekam erste Ergebnisse. Doch als er das Modell ein weiteres Mal durchrechnete, unterlief ihm ein minimaler Fehler: Statt seine Berechnungen wie beim ersten Mal mit der Zahl 0,56127 durchzuführen, ließ er versehentlich die letzten drei Ziffern weg und verwendete 0,56. Diese minimale Veränderung führte zu einem komplett anderen Ergebnis.

Kleine Veränderungen können Großes bewirken

Ein schmetterlingsähnliches Gebilde aus Linien, die sich nie überschneiden

Lorenz ging der Sache nach. Er stellte fest, dass kleinste Variationen in einem dynamischen deterministischen Prozess – wie in einem Wettermodell – später zu sehr großen Unterschieden führen können. Diese Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen wurde bekannt als sogenannter Schmetterlingseffekt. Die Metapher steht seither dafür, dass Zusammenhänge so komplex sind, dass kleinste Abweichungen größte Wirkung haben können. Sein Beispiel: das globale Wetter, das langfristig nicht vorhersehbar ist. Demnach ist das Wetter ein sogenanntes deterministisches chaotisches System. Lorenz erkannte, dass hinter dem Phänomen ein relativ einfaches Gleichungssystem steht, das wiederum ein Muster von unendlicher Komplexität hervorruft und niemals zum selben Ergebnis führt. Das war der Beginn der "Chaos-Theorie".

Der Schmetterlingseffekt

Der "Schmetterling" kam Lorenz in den Sinn, als er eine Computer-Grafik zu seinen Berechnungen sah: Sie stellt die Ergebnisse eines einfachen Wettermodells durch abstrakte Punkte und Linien dar: Sie zeigt zwei "Flügel", die Schmetterlingsflügeln ähneln, aus aneinandergereihten Punkten. Jeder Punkt entspricht der Lösung des Differentialgleichungssystems, das aus den drei Variablen besteht. Dabei beschreiben die Punkte eine chaotische Bewegung auf einer Schleifenlinie im dreidimensionalen Raum, die sich niemals trifft. Auch, wenn man für die Atmosphäre diese Berechnungen immer wieder macht und diese niemals identisch sind, so behalten sie trotzdem immer wieder dieselbe schmetterlingshafte Form.

Kyoto-Preis für grundlegende wissenschaftliche Erkenntnis

Bis 1987 war Lorenz als Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätig. Neben zahlreichen anderen wissenschaftlichen Auszeichnungen – so erhielt er 1983 den Crafoord-Preis der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Geowissenschaften und wurde 1988 in die Akademie der Wissenschaften der ehemaligen Sowjetunion (UdSSR) aufgenommen – bekam er 1991 den Kyoto-Preis in der Sparte Grundwissenschaften. Bei der Verleihung wurde seine Chaos-Theorie "als eine der dramatischsten Veränderungen in der Sicht der Menschheit auf die Natur seit Sir Isaac Newton" gewürdigt. Am 16. April 2008 starb Edward Lorenz mit 90 Jahren.

Chaosforschung

Die Chaosforschung ist ein Teilgebiet der Physik und Mathematik und befasst sich mit der Ordnung in dynamischen Systemen. Als dynamisches System versteht man das mathematische Modell eines Prozesses, dessen Verlauf ganz entscheidend vom Anfangszustand abhängt und den man nicht langfristig vorhersehen kann. Solch ein nichtlinearer, unvorhersehbarer Vorgang ist auch das Wetter. Ein weiteres Beispiel für chaotische Systeme ist das Verkehrschaos – bei dem der Name Programm ist: Es ist unmöglich zu wissen, wann es an bestimmten Stellen exakt wieder zu einem Stau kommt. Auch die Umlaufbahnen von Planeten und Monden sind nicht endlos im Voraus zu berechnen.


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