Linus Pauling Vitamin wurde ihm zum Verhängnis
Linus Pauling ist der einzige Forscher, dem zwei ungeteilte Nobelpreise verliehen wurden: für Chemie und Frieden. In Erinnerung bleiben sein unermüdlicher Kampf um Abrüstung und das halsstarrige Festhalten am Vitamin C als Allheilmittel.
Was er gemacht hat, das hat er gründlich gemacht. Seine wissenschaftliche Akribie ging so weit, dass sie am Ende seines Lebens sogar zum Bruch mit Freunden und Kollegen führte. Denn Linus Pauling begann mit 65 Jahren, sich plötzlich noch intensiv mit Vitaminen zu beschäftigen. Er wollte nicht mehr von der Vorstellung lassen, Vitamine sollten in hohen Dosen eingenommen werden, dann würden sie gegen Krankheiten schützen.
Um seine Theorie zu stützen, nahm er selbst eine Zeitlang täglich 18 Gramm Vitamin C ein, das 300-fache der von der US-Gesundheitsbehörde empfohlenen Menge. Er meinte, damit so gut wie alle Krankheiten von Krebs über Grippe bis hin zu Schizophrenie und Schnupfen heilen zu können. Nachdem er diese umstrittene und heute längst widerlegte Theorie 1970 in einem Buch veröffentlichte, waren die Vitamin-Präparate in vielen Apotheken zeitweise ausverkauft. Pauling blieb bis zu seinem Tod mit 93 Jahren geistig fit. Er verstarb allerdings ausgerechnet an der Krankheit, die er mit hoch dosierten Vitaminpräparaten verhindern wollte, an Krebs.
Steckenpferd: Struktur chemischer Verbindungen
Das Festhalten an dieser Theorie kratzte an seinem tadellosen Ruf als Wissenschaftler. Doch beschädigen konnte es ihn nicht, denn seine Verdienste um Chemie und Frieden sind bis heute unbestritten. Linus Pauling wurde am 28. Februar 1901 in Portland, im US-Bundesstaat Oregon geboren. Seine Vorfahren stammten aus Freiburg. Als Kind war Linus als unersättlicher Leser bekannt. Ein Schulfreund von ihm besaß ein kleines Chemielabor, das ihn wohl dazu inspirierte, später Chemiker zu werden. Er studierte an der heutigen Oregon State University und beschäftigte sich damit, wie die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Substanzen mit ihrer Atomstruktur zusammenhängen. So wurde er Mitbegründer einer neuen Wissenschaft, der Quantenchemie. Während eines Aufbaustudiums am Caltech (California Institute of Technology) in Pasadena bestimmte er mithilfe von Röntgenstrahlen die Struktur chemischer Verbindungen, speziell die Kristallstrukturen von Mineralien.
Nobelpreisträger für Chemie
1926 reiste Linus ausgestattet mit einem Stipendium nach Europa, um bei Arnold Sommerfeld in München, Niels Bohr in Kopenhagen und Erwin Schrödinger in Zürich zu studieren. Er vertiefte sein Wissen über die Elektronenstruktur von Atomen und Molekülen. In den 1930er-Jahren schrieb Pauling Aufsätze über die Struktur von chemischen Bindungen, die 1939 in seinem berühmten Buch "Die Natur der chemischen Bindung" (Originaltitel: "The Nature of the Chemical Bond") veröffentlicht wurden. Vor allem für seine Arbeiten über die atomaren Bindungskräfte in Eiweißmolekülen erhielt er 1954 den Nobelpreis für Chemie. Es war das erste Mal, dass er wieder ins Ausland reisen durfte, nachdem die US-Regierung ihm rund zwei Jahre vorher ein Visum für London verweigert hatte. Der Grund dafür war ein Engagement Paulings, das ihm heute große Anerkennung bringt:
Atomwaffengegner und Friedensaktivist
Der Zweite Weltkrieg veränderte das Leben von Linus Pauling von Grund auf. Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki 1945 machten aus dem bislang unpolitischen Chemiker einen leidenschaftlichen Pazifisten und Kämpfer für den Frieden. 1958 übergaben Pauling und seine Frau Ava Helen Miller der US-Regierung eine Petition der Vereinten Nationen, die von mehr als 11.000 Wissenschaftlern unterzeichnet wurde und ein Ende der Atomtests verlangte. Kurz darauf erschien sein Buch "No More War", das zum Bestseller wurde. Der darauf folgende öffentliche Druck führte zu einem Moratorium und einem Testverbot, das John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow 1963 unterschrieben. Am Tag, an dem der Vertrag in Kraft trat, vergab das Nobelpreis-Komitee an Pauling den Friedensnobelpreis. Damit ist er der einzige Mensch, dem zwei Nobelpreise verliehen wurden, die er mit keinem anderen Nobelpreisträger teilen musste.