Namenforschung Nicht nur Schall und Rauch
Über eine Million Nachnamen gibt es in Deutschland. Und das ist auch gut so, denn ohne sie wäre ein geordnetes Leben unter mehr als 80 Millionen Menschen kompliziert. "Puffpaff" heißt nicht jeder, "Jäger" dagegen findet sich schon häufiger. Sprachforscher haben Recht, wenn sie sagen: Namen sind nicht nur Schall und Rauch.
"Puffpaff ist mein Name. Ich hätte gern ..." - weiter kommt Herr Puffpaff selten, weil sich sein Gegenüber das Lachen nicht länger verkneifen kann. Dabei lässt sich sein vermeintlich skurriler Name ganz einfach erklären: "Dieser Name stammt von der lautmalerischen Beschreibung eines Gewehr-Geräusches. Er ist ein 'Übername' für einen Jäger", erklärt Jürgen Udolph vom Zentrum für Namenforschung in Leipzig. Auf seinen außergewöhnlichen Namen kann Herr Puffpaff stolz sein: So heißen in Deutschland nur rund 30 Menschen, "Jäger" dagegen rund 55.000.naem
Vorrat an Rufnamen schrumpfte, Beinamen mussten her
Um die Herkunft eines Namens zu klären, muss man sich in der Regel auf eine Zeitreise begeben - rund 800 Jahre zurück, ins tiefe Mittelalter. Denn in all den Jahrhunderten zuvor kamen unsere Vorfahren mit nur einem Namen - dem Rufnamen - zurecht. Doch als dann die Bevölkerung rapide zunahm und die Siedlungen zu Städten wuchsen, war der Vorrat an Rufnamen bald so ausgedünnt, dass immer mehr Menschen denselben trugen. Sie anhand des Namens voneinander zu unterscheiden wurde unmöglich. Ein beschreibender Beiname musste her - Hans war nicht länger gleich Hans: Es gab den "langen Hans", den "schnellen Hans" und "Hans, den Müller". Das Besondere und zugleich Problematische am Beinamen war, dass er an die jeweilige Person gebunden war. Andere Familienmitglieder hatten jeweils andere Beinamen.
Wer war das noch gleich?
Auf Dauer waren die Beinamen deshalb wenig praktisch, denn der "lange Hans" funktionierte nur so lange, wie sich die Beteiligten persönlich kannten. Spätestens zwei Generationen später ließen sich die Namen - und erst Recht der amtlich dokumentierte Grund und Boden - nur noch schwer zuordnen. Administrative Zwänge führten schließlich ab dem 12. Jahrhundert zum festen, vererbbaren Familiennamen. Allerdings war das "einnamige Modell" auf dem Land noch bis ins 18. Jahrhundert gebräuchlich.
Der Familienname: verbindlich und vererbbar
Der Familienname war erstmals amtlich verbindlich und musste deshalb lebenslang bestehen und auch an die Nachkommen weitergegeben werden. Ihm zugrunde lag ein Wort, das eine Person zu einer bestimmten Zeit charakterisierte. Die nahe liegende Methode war, dass man dem Rufnamen einfach den Namen des Vaters beistellte: Aus "Maximilian", "Bernhards Sohn", wurde eben "Maximilian Bernhard". Solche "Vatersnamen", in der Fachsprache "patronymische Namen", führen häufig zu Verwechslungen, weil nicht auf Anhieb klar ist, welcher eigentlich der Vor- und welcher der Nachname ist. Im Nordwesten Deutschlands und in Skandinavien ist noch heute die Endung "-sen", wie etwa in "Rasmussen", weit verbreitet - sie ist nichts anderes als eine Abkürzung für "Sohn". Namen, die sich aus dem Namen der Mutter herleiten, sind dagegen wesentlich seltener anzutreffen. Den Nachnamen "Maria" tragen in Deutschland rund 170 Menschen.
Was bist du: Augsburger oder Hamburger?
Neben dem eigenen Vater diente auch die jeweilige Herkunft als Namensgeber. Solche Herkunftsnamen lassen sich von einem bestimmten Ort ableiten, etwa "Augsburger" oder "Hamburger". Wer in einen neuen Ort zog, bekam von den dort Ansässigen den Heimatsnamen quasi als Kennzeichnung verpasst. Bei "Günter, dem Passauer" - wurde der Ortsname als kennzeichnender Beiname eingeführt und verfestigte sich schließlich zum Familiennamen "Passauer". Gleiches gilt für Regionennamen, wie "Bayer", "Böhm" und "Sachs". Neben solchen Orts- und Regionennamen sind auch Wohnstättennamen entstanden, die genau bezeichneten, wo jemand innerhalb einer Siedlung wohnte. Residierte jemand in der Nähe eines mächtigen Baumes hieß er eben "Baum", "Kiefer" oder "Fichte". Auch Namen wie "Angermayer" oder "Wiesmann" lassen sich so erklären.
Herr Pfannkuchen war ein echter Vielfraß
Ein beliebter Namensgeber war auch der jeweilige Beruf: "Müller", "Schneider", "Bäcker", "Bauer", "Wagner", "Schmied", "Koch" oder "Fischer" sind noch heute weit verbreitet: Auf der Skala der häufigsten deutschen Nachnamen werden die vorderen 14 Plätze von alten Berufsbezeichnungen bestimmt. Aber auch der Mensch selbst und seine nicht immer positiven Eigenschaften wurden im Nachnamen verewigt, der den Träger oft bis heute büßen lässt: Die sogenannten "Übernamen" verraten etwas über Aussehen und Charakter des Urahns, darunter so harmlose wie "Groß" oder "Kurz", "Weiß", "Braun" oder "Schwarz". Pech haben die Zeitgenossen, deren Urahnen offenbar große Freude am Essen oder am Frühaufstehen hatten: Sie heißen jetzt noch "Nimmersatt", "Pfannkuchen" oder "Morgenschweiß".