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Radon und Krebs Wie gefährlich ist Radon und wie könnt ihr euch schützen?

Man kann es nicht sehen, fühlen, riechen oder schmecken. Radon erhöht jedoch das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Über den Boden kann das natürlich vorkommende radioaktive Gas in Häuser eindringen. So könnt ihr euch vor Radon schützen.

Stand: 01.08.2023

Edelgas kann Krebs auslösen: Radon - die Gefahr aus dem Boden

Radon ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas. Es entsteht durch radioaktiven Zerfall von Uran, das es überall auf der Welt in unterschiedlichen Konzentrationen im Boden gibt. Besonders hoch liegt die Radon-Konzentration deshalb in Böden und Gesteinen, die viel Uran enthalten. Über Risse und Spalten im Boden entweicht Radon ins Freie oder ins Innere von Gebäuden.

Warum ist Radon so gefährlich?

Wird Radon eingeatmet, gelangt es in die Lunge und in die Bronchien. Das Radongas ist an sich nicht gefährlich, weil es zum Großteil einfach wieder ausgeatmet wird. Gefährlich sind die Zerfallsprodukte, vor allem Polonium 214 und 218. Das sind Schwermetalle, die sich auf der Lunge ablagern und dort die DNA und Zellen schädigen können. Sie begünstigen dadurch eine mögliche Lungenkrebserkrankung.

Radon erhöht das Risiko für Lungenkrebs

Gefährlich wird Radon vor allem, wenn ein Mensch über längere Zeit hohen Dosen ausgesetzt ist. Rund fünf Prozent aller Todesfälle durch Lungenkrebs in der deutschen Bevölkerung können Radon zugeschrieben werden, so das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): "Atmet man Radon und seine radioaktiven Folgeprodukte Polonium, Wismut und Blei über einen längeren Zeitraum in erhöhtem Maße ein, steigt das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Radon ist nach dem Rauchen eine der wichtigsten Ursachen für Lungenkrebs", schreibt das Bundesamt für Strahlenschutz auf seiner Webseite.

Unterschätzte Gefahr?: Radonvorkommen in Bayern

Wie gelangt Radon ins Haus?

Tückisch ist, dass man das radioaktive Radon weder sehen noch riechen noch schmecken kann. Wissenschaftler haben jedoch Karten erstellt, auf denen farblich markiert ist, in welchen Gebieten in Deutschland besonders viel Radon vorkommt. Radon ist gasförmig. Es entweicht aus dem Boden in die Außenluft. Dort kann sich das Gas sofort verteilen und verdünnen. Problematisch sind eher die Wohnungen. Radon kann nämlich über undichte Fundamente, Rohre, Fugen oder Kabelschächte ins Haus eindringen und sich dort anreichern. Die Radon-Konzentration ist oft in den Kellerräumen besonders hoch, kann aber auch über Türen und Treppen in die oberen Stockwerke gelangen. Je weiter es nach oben steigt, desto mehr verdünnt es sich. Trotzdem weist es im Inneren deutlich höhere Konzentrationen auf als in der Außenluft.

Vorsicht: Homeoffice im Keller

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt davor, sich ein dauerhaftes Homeoffice im Keller einzurichten. Viele Menschen arbeiten seit der Corona-Pandemie von zu Hause aus und haben ihren Schreibtisch im Souterrain, Untergeschoss oder Tiefparterre bezogen. Keine gute Idee: "In Kellerräumen werden mitunter Radon-Konzentrationen erreicht, die auf Dauer gesundheitsgefährdend sind", sagte Bernd Hoffmann, Leiter des Fachgebiets Radon im BfS, am 14.02.2021 in der WirtschaftsWoche.

Radon in Gebäuden messen

Der Experte rät jedem, der dauerhaft in ein unterirdisches Homeoffice zieht, die Radonbelastung dort zu messen. Laut dem Bundesamt für Strahlenschutz weisen Aufenthaltsräume wie Wohn- und Schlafzimmer in Deutschland im Jahresmittel eine durchschnittliche Radon-Konzentration von rund 50 Becquerel pro Kubikmeter auf.

Kann man Radon selber messen?

Für eine Messung kann man zum Beispiel ein Messgerät in Elektrofachgeschäften oder bei einschlägigen Onlinehändlern kaufen. Messgeräte kosten je nach Ausstattung 40 Euro aufwärts.

Um für einen Ort zuverlässige Radon-Werte zu erhalten, braucht man allerdings Geduld, denn die Radon-Konzentration schwankt sehr stark im Jahresverlauf. Sie hängt zum Beispiel davon ab, wie Menschen ihre Wohnung nutzen: Wann und wie oft lüften sie? Im Sommer wird mehr gelüftet als im Winter. Deshalb ist es besser, eine Langzeitmessung vorzunehmen, um einen zuverlässigen Wert zu ermitteln.

Wer möchte, kann für die Messung des Jahresmittelwerts der Radon-Konzentration auch ein Messgerät von einer Auswertestelle anfordern, das danach einfach zurückgeschickt wird. Auch können Radon-Fachpersonen beauftragt werden, eine Messung durchzuführen, was jedoch teurer ist. Weitere Infos zum Vorgehen sowie zu anerkannten Anbietern von Radon-Messungen gibt es hier beim Bundesamt für Strahlenschutz.

Strahlenschutzgesetz legt Radon-Referenzwert fest

Radon-Referenzwert

Der Radon-Referenzwert in Innenräumen beträgt 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft.

2017 wurde für Deutschland das Strahlenschutzgesetz verabschiedet, das die Europäische Richtlinie für den Strahlenschutz (2013/59/Euratom) umsetzt. Es trat am 31. Dezember 2018 in Kraft und legt einen Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft sowie bestimmte Regelungen fest. Das BfS schätzt, dass es in etwa jedem zehnten Haus in Deutschland ein Problem mit Radon geben könnte. Wird der Referenzwert überschritten, sollten Schutzmaßnahmen gegen Radon ergriffen werden.

Radon-Regelungen im Strahlenschutzgesetz

Strahlenschutzgesetz und Strahlenschutzverordnung

Der Schutz vor Radon ist im Strahlenschutzgesetz geregelt und wird in der Strahlenschutzverordnung näher erläutert.

Ziel ist es, die Bevölkerung mithilfe eines Referenzwertes vor zu viel Radon zu schützen und die Radon-Belastung in Innenräumen zu verringern. Dies vor allem in Gebieten, in denen in vielen Gebäuden eine hohe Radon-Konzentration zu erwarten ist.

Es gelten besondere Schutzvorschriften, die für Wohngebäude und Arbeitsplätze unterschiedlich sind.

Referenzwert

  • Für Wohnräume und Arbeitsplätze gibt es einen Referenzwert: 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft - bezogen auf den Jahresmittelwert der Radon-Konzentration.
  • Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betont: "Der Referenzwert ist kein Grenzwert, der nicht überschritten werden darf. Die Definition von 'Referenzwert' ist international unterschiedlich. Allen Definitionen gemein ist, dass nicht erst bei Überschreitung des Referenzwertes gehandelt werden soll - Schutzmaßnahmen sind auch vorher sinnvoll."

Radon-Vorsorgegebiete

  • Bis Ende 2020 sollten die Bundesländer ermitteln, in welchen Gebieten in vielen Gebäuden eine hohe Radon-Konzentration zu erwarten ist.
  • In diesen sogenannten "Radon-Vorsorgegebieten" gelten unterschiedliche Regelungen, je nachdem, ob es sich um bereits bestehende Wohngebäude, private Neubauten oder um Arbeitsplätze handelt.

Wohngebäude

  • Bestandsbauten: Bei bereits bestehenden Wohngebäuden in Radon-Vorsorgegebieten können freiwillig Maßnahmen ergriffen werden, um die Radon-Konzentration zu senken.
  • Neubauten: Bei privaten Neubauten in Radon-Vorsorgegebieten besteht für Bauherren die Pflicht, durch bauliche Maßnahmen weitgehend zu verhindern, dass Radon in das Gebäude eindringen kann.

Arbeitsplätze

  • In Radon-Vorsorgegebieten muss die Radon-Konzentration an allen Arbeitsplätzen im Keller und im Erdgeschoss gemessen werden. Bisher galten Schutzvorschriften vor Radon an Arbeitsplätzen nur für besondere Arbeitsplätze wie in Wasserwerken, Bergwerken oder Schauhöhlen.
  • Wenn der gesetzliche Referenzwert an diesen Arbeitsplätzen überschritten wird, müssen sofort Maßnahmen eingeleitet werden. Der Erfolg der Maßnahmen muss durch eine Messung nachgewiesen werden.
  • Lässt sich die Radon-Konzentration am Arbeitsplatz nicht unter 300 Becquerel pro Kubikmeter senken, muss der Arbeitsplatz bei den zuständigen Strahlenschutzbehörden der Bundesländer gemeldet werden.

In Deutschland werden Radon-Vorsorgegebiete ausgewiesen

Im Rahmen des Strahlenschutzgesetzes sollten die Bundesländer bis Ende 2020 Gebiete mit erhöhter Radon-Belastung ausweisen. Sprich: Regionen bestimmen, in denen der gesetzliche Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft überschritten wird. In solchen sogenannten "Radon-Vorsorgegebieten" soll die Bevölkerung besser geschützt werden. Deshalb gelten in solchen Gebieten bereits bei Neubauten höhere Anforderungen für den Radon-Schutz: Bei neuen Bauvorhaben von Privat- oder Geschäftsräumen müssen schon im Vorfeld Radon-Messungen durchgeführt werden. Laut BfS-Präsidentin Inge Paulini müsse dann gegebenenfalls ein Radon-Schutz, etwa in Form einer Folie, verbaut werden. An Arbeitsplätzen im Erd- und Kellergeschoss besteht eine Messpflicht. Bei erhöhten Werten müssen die Arbeitgeber Schutzmaßnahmen umsetzen.

Radon-Atlas für Deutschland

Unsichtbare Gefahr aus dem Untergrund: Neuer Radon-Atlas - Gespräch mit Inge Paulini, BfS

Aufpassen, nicht nur in einem Radon-Vorsorgegebiet

Wichtig zu wissen ist, dass in einem Radon-Vorsorgegebiet nicht in jedem Gebäude der Referenzwert überschritten wird. Und andersrum: Auch außerhalb solcher Radon-Vorsorgegebiete kann es zu Überschreitungen kommen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfiehlt deshalb, die Radon-Konzentration in Gebäuden generell zu messen und, falls nötig, die Radon-Konzentration mithilfe von gezielten Maßnahmen zu reduzieren: "Die gesundheitsschädigende Wirkung von Radon ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen. Trotzdem wird das von Radon ausgehende Risiko oft unterschätzt. Um sich und seine Familie vor Radon zu schützen, kann jeder selbst aktiv werden - auch außerhalb der Radon-Vorsorgegebiete", sagt Inge Paulini, Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz.

Radon - radioaktive Gefahr aus der Erde

Radon: Radioaktive Gefahr aus der Erde

Wie kann man sich vor Radon schützen?

  • Regelmäßig lüften! Die Radon-Belastung zu Hause kann jeder sofort verringern. Am einfachsten und kostengünstigsten ist es, häufig und intensiv zu lüften. Am besten mit weit geöffneten Fenstern und Durchzug querlüften, sodass in wenigen Minuten ein kompletter Luftaustausch stattfindet. Und: Keller nicht vergessen! Schließlich tritt Radon von unten ins Gebäude ein.
  • Nicht im Erdgeschoss schlafen: Auch ist es generell empfehlenswert, im ersten Stock oder noch höher zu schlafen, und nicht im Erdgeschoss oder tiefer.
  • Fugen abdichten: Etwas mehr Geschick oder Handwerker benötigt man, um Risse, Fugen und Rohrdurchführungen im Bodenbereich abzudichten.
  • Keller abdichten und lüften: Wird ein Keller nicht genutzt, sollte man die Wege vom Keller ins Erdgeschoss abdichten - oder zumindest dichte Türen zwischen Keller und Wohnräumen einbauen. Wird der Keller genutzt, sollte man ihn belüften - zum Beispiel durch Ventilatoren oder Lüftungsanlagen. Bei einem Neubau kann bereits eine Gebäudeisolierung gegen Bodenfeuchte vor Radon schützen.
  • Radon unterm Haus ansaugen: Bei hohen Radon-Werten kann man ein Haus auch gegen das Einströmen von Radon wappnen. Eine Drainage, die unterhalb des Fundaments verlegt wird, kann die radonhaltige Bodenluft absaugen, sodass sie gar nicht erst in die Räume gelangt.

Ist Radon auch für andere Krebsarten verantwortlich?

"Derzeit ist nur nachgewiesen, dass Radon Lungenkrebs verursacht. Aus Bergarbeiterstudien haben wir Hinweise darauf, dass auch andere Tumore, wie Hals-Nasen-Rachen-Tumore häufiger vorkommen. Aber man kann davon ausgehen, dass bei Radon-Konzentrationen, die in Wohnungen wesentlich niedriger sind, andere Tumore wahrscheinlich keine Rolle spielen", sagt Michaela Kreuzer vom BfS.

Radon in der Medizin: Risko gegen Nutzen abwägen

In einem Radon-Heilstollen ist die Radon-Konzentration laut BfS extrem hoch.

Trotzdem wird Radon sogar für medizinische Zwecke genutzt. Manche Kurorte werben mit einer Radon-Therapie, die zum Beispiel Rheumakranken helfen soll. Inwiefern es sinnvoll ist, Radon zu Heilzwecken zu verwenden, wird kontrovers diskutiert. Der gesundheitsfördernde Effekt ist umstritten. Fest steht: Die Radon-Konzentration in Radon-Heilstollen, meist sind das Bergstollen oder aufgelassene Uranminen, ist extrem hoch. Das BfS bewertet wie folgt: "Da die Patient*innen dieser Radon-Konzentration aber nur kurze Zeit ausgesetzt sind, erhöht sich ihr Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, durch die Kur nur in geringem Maße." Aber auch diese Risikoerhöhung sei nur gerechtfertigt, wenn ein entsprechender medizinischer Nutzen zu erwarten sei. Wird Radon bei Anwendungen vorwiegend über die Haut oder den Magen-Darm-Trakt aufgenommen, sei das strahlungsbedingte Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, laut BfS deutlich geringer als bei Kuren in Radon-Heilstollen, da hierbei nur geringe Mengen von Radonfolgeprodukten eingeatmet würden.

Fazit: Radon sollte man sich nicht unnötig aussetzen

Die gezielte Behandlung mit Radon sollte jedenfalls nicht als Wellness-Urlaub missverstanden werden. "Früher war das ja tatsächlich so: Einer war an Rheuma erkrankt und die ganze Familie ist in das Radon-Bad gezogen und hat dort zwei Wochen Urlaub gemacht. Also davon raten wir ganz ganz dringend ab. Wirklich nur diejenige Person mit Schmerzen bei medizinischer Indikation und sonst kein Aufenthalt, weil eben jede unnötige Strahlenexposition vermieden werden sollte", rät Michaela Kreuzer vom Bundesamt für Strahlenschutz.

Radon tötete bereits im Mittelalter Bergleute

Krebserregendes Radon

Radon wurde 1980 vom internationalen Krebsforschungszentrum der WHO als für den Menschen krebserregender Stoff eingestuft.

Schon im Jahr 1550 gab es Berichte von Georg Agricola, dass in Schneeberg im Erzgebirge viele Bergleute an Atemwegserkrankungen starben. Erst im 19. Jahrhundert erkannte man, dass es sich bei der sogenannten "Schneeberger Krankheit" um Lungenkrebs handelte. Und so um 1950 wusste man: Die Ursache sind Radon und seine Zerfallsprodukte.

Die Wismut-Uranbergarbeiter-Studie

Der Radon-Entdecker

Das radioaktive Gas Radon wurde 1900 von Friedrich Ernst Dorn, einem Physiker, entdeckt. Er bezeichnete es zuerst als "Radium-Emanation" (aus Radium Herausgehendes). Später setzte sich die Bezeichnung Radon durch.

Das man heute mehr weiß über die Auswirkungen von Radon auf die Gesundheit beruht unter anderem auf epidemiologische Studien an Bergarbeitern, die seit den 1960er-Jahren durchgeführt wurden. Eine davon ist die deutsche Wismut Uranbergarbeiter-Studie des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS). Sie umfasst knapp 60.000 ehemalige Beschäftigte, die zwischen 1946 und 1990 für das Uranerzbergbau-Unternehmen Wismut in der ehemaligen DDR gearbeitet haben. Dabei wurde ganz klar ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Radon und Lungenkrebs festgestellt. Besonders betroffen waren die Bergarbeiter im Uranabbau, die unter schwierigen Arbeitsbedingungen und ohne Belüftung in den Stollen extrem hoher Radon-Belastung ausgesetzt waren.

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