Gib Gummi! Umweltkiller Reifenabrieb
Umweltschützer warnen: Der Reifenabrieb ist für die Natur schädlicher als Auspuff-Abgase. 150.000 Tonnen Reifenabrieb gibt es jährlich in Deutschland.
Autos rollen und rollen. Und dabei verlieren sie kleinste Teilchen: Das Reifenprofil nimmt bei jeder Fahrt kaum merklich ab. Aber es läppert sich: Alle paar Jahre benötigt ein Auto neue Reifen. Der Abrieb bleibt in der Umwelt, kann sich nicht abbauen und kommt über Flüsse und Meere überall hin. Am Ende auch wieder zurück zu euch. Reifenabrieb ist eine Form von Mikroplastik, die sich schließlich auch im Essen wiederfindet.
Reifenabrieb: Zahlen und Fakten
- Laut ADAC verlieren Reifen etwa 120 Gramm pro 1.000 Kilometer an kleinsten Teilchen. Ein einzelner Reifen hat am Ende seines Einsatzes rund eineinhalb Kilo verloren.
- Laut EU-Studien gibt es jährlich rund 500.000 Tonnen Reifenabrieb in Europa. Davon 150.000 Tonnen allein in Deutschland.
- In Deutschland macht der synthetische Kautschuk, der zu den Kunststoffen zählt, als Abrieb von Autoreifen rund ein Drittel aller Mikroplastik-Emissionen aus.
Gesagt: "Reifenabrieb ist schwer zu berechnen"
"Die Zahlen zum Reifenabrieb sind auf Messdaten und Annahmen basierende Schätzungen. Man geht in der Regel von einem mittleren Profilverlust bei den Reifen aus. Denn den wirklichen Abrieb beeinflussen so viele Dinge, also wie jemand fährt, ob schnell, ob langsam, bergauf oder bergab, ob die Strecke gerade oder kurvig ist, ob die Straße nass oder trocken ist und auch wie die Straßenoberfläche beschaffen ist. Und natürlich spielt auch das Reifendesign selbst eine zentrale Rolle. Es ist sehr kompliziert, das alles mit einzuberechnen, aber Experten bemühen sich darum."
Philipp Eichler, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Umweltbundesamt
Schädlich: Wie ihr Reifenabrieb erhöht
Das Reifenprofil schwindet bei rasanter Fahrweise.
- Schnelles Fahrtempo
- Berge und viele Kurven
- Beton statt Asphalt als Straßenbelag
- Nasse Fahrbahnen
- Hohes Fahrzeuggewicht
- Motoren mit hohem Drehmoment
Gewicht und hohes Drehmoment sorgen bei Elektroautos in der Regel für mehr Gummiabrieb: E-Autos sind wegen der Akkus schwerer als Verbrenner und beschleunigen schneller.
Gesagt: "E-Autos gemäßigt fahren"
"Die neueren Reifen werden immer stärker optimiert. Und nicht alle Fahrer nutzen das tolle Beschleunigungsvermögen aus und fahren moderat. Es gilt also wie immer: Wer Schnellzug fährt, muss Zuschlag zahlen."
Markus Lienkamp, Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der Technischen Universität München
Gesundheitsrisiko: Reifenteilchen in Mensch und Tier
Gummipartikel verteilen sich auf dem gesamten Globus
Autoreifen verlieren unterschiedlichste Teilchen. Etwa zehn Prozent sind so klein, dass sie als Aeorosole durch die Luft fliegen und sich auf der ganzen Welt verteilen können. Die meisten Gummipartikel bleiben erst mal auf der Straße liegen. In Städten wird der dunkle Belag nach und nach über Gullis in die Kanalisation gespült. Auf der Autobahn sammelt sich viel Gummistaub, der sich mit Teer verbindet, auf den Seitenstreifen. Bei Regen oder Schnee können Teilchen ins Grundwasser oder in Flüsse und Seen gelangen. Am Ende landen sie sogar in der Arktis. Dort finden Umweltforscher etwa 14.000 winzige Kunststoffteilchen in einem Liter Schnee. Dabei gilt der Reifenabrieb als größte Einzelquelle für Kunststoffe in der Umwelt.
Reifenabrieb besteht nicht nur aus Mikroplastik. Auch Zink, Blei, Cadmium oder Weichmacher können enthalten sein. Tiere nehmen diese Stoffe auf, wenn sie fressen. Auch Fische haben Mikroplastik im Bauch. Und am Ende landen diese gefährlichen Stoffe dann wieder bei uns auf dem Teller. Forschende an der Universität Wien haben im Jahr 2018 zum ersten Mal in Stuhlproben nachgewiesen, dass auch im Menschen Mikroplastik zu finden ist.
Tipps Wie ihr Reifenabrieb reduziert
- Weniger Auto fahren
- Abriebarme Reifen kaufen
- Reifendruck regelmäßig kontrollieren
- Winterreifen keinesfalls im Sommer fahren
- Sanft beschleunigen und möglichst angsam abbremsen
- Die Achseinstellung regelmäßig kontrollieren
Studien: Reifenabrieb in Deutschland
Das Umweltbundesamt veröffentlichte im November 2020 eine Einschätzung, wie und in welcher Menge Kunststoffe in die Umwelt gelangen.
Das Verbundprojekt "TyreWearMapping" vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT untersucht deutschlandweit den Einfluss von Reifenabrieb auf die Umwelt.