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Sonneneruptionen, Stürme und Polarlichter Wenn ein Sonnensturm die Erde trifft

Von Zeit zu Zeit speit die Sonne große Mengen hochenergetischer Teilchen aus. Wenn sie die Erde erreichen, zaubern sie Polarlichter an den Himmel. So ein Sonnensturm kann aber auch den Flugverkehr und die Stromversorgung stören.

Stand: 11.05.2020

Etwa alle elf Jahre erreicht die Aktivität der Sonne ihr Maximum: Auf ihrer Oberfläche sind mehr Flecken als sonst zu sehen, in deren Nähe es zu Eruptionen kommt. Dabei wird Masse aus der Korona, dem äußersten Teil der Sonnenatmosphäre, ausgestoßen. Die Folge eines solchen koronalen Massenauswurfs kann ein Sonnensturm sein.

Tag der Sonne

Am 3. Mai wird der Tag der Sonne gefeiert, besonders ihre Bedeutung als Lieferant von Energie. Der damalige US-Präsident Jimmy Carter rief diesen Aktionstag 1978 ins Leben.

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Nicht zu spüren, aber dennoch gefährlich

Für Menschen bedeutet ein Sonnensturm keine unmittelbare Gefahr, denn die Erde ist durch ihre Atmosphäre und ihr Magnetfeld geschützt. Doch mittelbar sind Sonnenstürme durchaus gefährlich. Die hochenergetischen, schnellen Teilchen können elektronische Geräte außer Gefecht setzen und so beispielsweise den Flugverkehr stören und die Stromversorgung lahmlegen.

Magnetschläuche verbinden sich

Was ist Plasma?

Neben fest, flüssig und gasförmig ist das Plasma der vierte Aggregatzustand von Materie. Bei sehr hohen Temperaturen zerfallen Atome in positive Ionen und negative Elektronen. Dadurch ist das Plasma ein elektrisch leitendes Medium und besitzt andere Eigenschaften als die anderen drei Zustände.

Wie kommt es auf der Sonne überhaupt zu Eruptionen? Die Sonne besteht aus heißem Plasma aus Elektronen und Ionen. Darin herrschen Magnetfelder. Wenn sich an einer Stelle zu viel magnetische Energie anstaut, wölbt sich das Magnetfeld aus der Sonnenoberfläche heraus. An Stellen mit besonders kräftigem Magnetfeld bilden sich sogenannte Magnetfeldschläuche, die sich bis in die Sonnen-Atmosphäre erstrecken. Treffen diese Schläuche aufeinander, verbinden sie sich und die magnetische Energie wird schlagartig freigesetzt. Dabei werden hochenergetische Teilchen aus der Sonne hinaus geschleudert. Diese können innerhalb einer Stunde die Erde erreichen.

Sonnenstürme

Sonneneruption im Computermodell

Sonneneruption vom 24. September 2013

Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH) um Hans Jürgen Herrmann simulierten 2014 in einem Computermodell die Größe und zeitliche Abfolge von Sonneneruptionen. Sie kombinierten dazu verschiedene Modelle. Eines davon war das Modell der "Kritizität": Es beschreibt den plötzlichen Ausbruch in einem System, sobald ein Schwellenwert erreicht wird. Dieses Modell lässt sich zum Beispiel auf Erdbeben, Lawinen und Börsenkurse anwenden.

Der zweite Sturm ist stärker

Sonnen-Protuberanz am 01.10.2001

Die Magnetfeldschläuche sind im heißen Plasma in der Sonne verankert und in turbulenter Bewegung. Diese lässt sich mit der Fluiddynamik, der Wissenschaft von der Bewegung von Flüssigkeiten und Gasen, beschreiben. Die Schweizer Wissenschaftler kombinierten beide Modelle und konnten so Auftreten und Stärke von Sonneneruptionen erklären. Ein Ergebnis war: Je kürzer der Abstand zwischen zwei Sonnenexplosionen ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der zweite Ausbruch stärker ist als der erste.

Frühwarnsystem für Sonnenstürme

Forscher können inzwischen prognostizieren, mit welcher Wucht Sonnenstürme auf die Erde treffen: Astrophysiker der Universität Göttingen haben bis 2013 in einer internationalen Zusammenarbeit ein Frühwarnsystem entwickelt, das nach einer Eruption errechnen kann, wie stark der folgende Sonnensturm wird, ob er die Erde trifft und vor allem wann. Die Forscher um Volker Bothmer analysieren in Echtzeit Daten von Satelliten und Weltraummissionen wie den beiden NASA-Sonden Stereo A und Stereo B, die permanent die Sonne beobachten. Schon eine Stunde nach einer Eruption können sie eine genaue Vorhersage machen, so Bothmer.

Sonnenwind malt Polarlichter

Die Sonne sendet nicht nur bei Sonnenstürmen geladene Teilchen aus. Der stetige Strom von Strahlung und Teilchen heißt Sonnenwind. Zwei bis zwanzig Tage braucht dieser von der Sonne zur Erde. Wenn die energiegeladenen Teilchen auf das Magnetfeld der Erde prallen, wird dieses an manchen Stellen gequetscht, an anderen nach außen gedehnt. Auf der Erde kann sich der Teilchenregen mit starken Polarlichtern am Himmel bemerkbar machen.

Im Norden am stärksten

Die größten Auswirkungen hat der Sonnenwind meist in der Arktis, dem nordwestlichen Teil von Russland, Finnland, Skandinavien, Island und in Grönland. Das Magnetfeld der Erde lenkt die Sonnenteilchen zu den Polen, wo sie in die Atmosphäre eindringen können. Damit stellt das Erdmagnetfeld den größten Schutz für uns vor dem Sonnenwind dar. Intensive Sonnenstürme können aber auch nach Mitteleuropa reichen - inklusive Polarlichter.

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Technik macht anfällig

Früher nahmen die Menschen selbst heftige Sonnenstürme nicht wahr, höchstens als schöne Polarlichter. Doch heute reagieren elektronische Geräte zum Teil sehr sensibel auf Sonnenstürme. 2003 verursachte zum Beispiel ein Sonnensturm einen mehrstündigen Stromausfall in der schwedischen Stadt Malmö und einen Ausfall des europäischen Flugradars. Auch der Flugverkehr in den USA war stark gestört. Welche Wirkung ein sehr heftiger Sonnensturm haben könnte, lässt sich allerdings nicht vorhersehen. Größere Schäden sind theoretisch möglich, nach Ansicht vieler Wissenschaftler aber unwahrscheinlich.

"Wir werden mit zunehmender Technik immer anfälliger. Wir sind uns aber auch der Gefahren viel mehr bewusst."

Werner Curdt, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen


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