ARD alpha Uni Physician Assistant

Von: Susanne Bauer-Schramm

Stand: 27.02.2024

Kannst du dir vorstellen in der Notaufnahme zu arbeiten, bei OPs zu assistieren, Patient:innen zu beraten und gleichzeitig im Klinikmanagement fit zu sein? Das geht als Physician Assistant, auch Arztassistent genannt. Hier musst du nicht die Hürde eines Medizinstudiums nehmen.

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer | Bild: BR/Matze Hlous/picture alliance/dpa | Frank Molter

Voraussetzungen

Du brauchst ein abgeschlossenes Bachelor- oder Masterstudium im Studium Physician Assistant bzw. Arztassistent an deiner Wunschhochschule.
Nach einem erfolgreichen Bachelorstudium in Physician Assistant kannst du ein Masterstudium in Physician Assistant starten. Der Bachelorabschluss dauert 6 bis 8 Semester und der Masterabschluss nochmal, je nach Hochschule und Studienmodell, 3 bis 4 Semester. Mit einem Master kannst du dich für Promotionsstudiengänge bewerben.  
Laut StudyCheck kannst du das Studium Physican Assistant / Arztassistent in 20 Studiengängen an 15 Fachhochschulen und zwei Akademien bundesweit abschließen.
Zum Studium brauchst du Abitur oder eine Fachhochschulreife. Du kannst aber auch mit einem erfolgreichen Abschluss einer zweijährigen Berufsausbildung in einem medizinischen Ausbildungsberuf, wie der Ausbildung zum Rettungsassistenten und zum Notfallsanitäter, mit Staatsexamen und drei Jahren Berufserfahrung Physician Assistant studieren.
Studienbeginn ist im Winter- und Sommersemester möglich, um hier sicher zu gehen, informierst du dich am besten bei deiner Wunschhochschule. Du kannst dein Studium in Teilzeit, in Vollzeit, berufsbegleitend oder als duales Studium absolvieren. Die meisten Studiengänge finden aber in Vollzeit statt.

Studieninhalte des Physician Assistant

Das Studium zum Physician Assistant kann im Schwerpunkt Medizin Fächer-basiert, aber auch Patientenzentriert stattfinden. So lernen die Studierenden anhand eines Fallbeispiels von der Symptomatik auf eine Verdachtsdiagnose zu schließen. Die medizinische Ausbildung kann je nach Hochschule sehr breit, generalistisch stattfinden, fachübergreifend sein, so dass du von jedem medizinischen Fach die wichtigsten Fakten lernst. Es gibt aber auch genauso Hochschulen, die sich auf bestimmte medizinische Bereiche, wie klassische chronische Erkrankungen, z.B. Diabetes, COPD oder Herzinsuffizienz spezialisieren oder auch auf Spezialgebiete wie die Wirbelsäulenchirurgie.

Knowhow-Grenzen richtig einschätzen

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer | Bild: BR/Matze Hlous

"Eigentlich ist es meine persönliche Motivation, so gut wie alles hinzubekommen, wichtig aber ist, sich nicht selbst zu überschätzen, das ist unheimlich wichtig in dem Beruf. Man sollte auch wissen, wann die Zeit gekommen ist, einen ärztlichen Kollegen über gewisse Dinge zu informieren, und auch um Hilfe zu fragen. Sonst passieren Fehler und die können im Endeffekt böse ausgehen, nicht nur für einen selbst, sondern vor allen Dingen für den Patienten. Das ist genau das, was wir vermeiden müssen."

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer

Welche Skills brauchst du als Physican Assistant?

  • Sozialkompetenz
  • Stressresistenz
  • Ausgeprägte Kommunikationsstärke
  • Feinmotorik (zum Nähen von Wunden)
  • Analytische Fähigkeiten
  • Multitasking-Talent
  • Ausdauer
  • Affinität zur Digitalisierung
  • Teamfähigkeit

Empathie ja, aber mit Abgrenzung

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer | Bild: BR/Matze Hlous

"Wenn man alles persönlich an sich ranlässt und mit jedem so emphatisch mitfühlt, dann überlebt man nicht lange in diesem Beruf, weil man sich zu sehr auf jeden Patienten einlässt. Man muss immer auch eine gewisse Distanz wahren zwischen Patienten und medizinischem Personal, ansonsten wird man, glaube ich, irgendwann selbst krank."

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer

Beruf und Karriere

In Deutschland ist der Physician Assistant seit seinem Start 2005 mit gerade mal 12 Studierenden in Berlin an der Carl Remigius Medical School ein relativ neues Berufsbild. Der Deutsche Ärztetag hat sich in den Jahren 2015 und 2016 für ein bundeseinheitlich geregeltes, neu einzuführendes Berufsbild Physician Assistant entschieden. Es ist von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anerkannt. Ursprünglich kommt der Beruf aus Amerika. In den USA und anderen angloamerikanischen Ländern ist der PA seit langem anerkannt. Auch in den Niederlanden ist er schon seit über 20 Jahren etabliert. Der Physician Assistant soll Ärzte entlasten und unterstützen, damit diese sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können.

International ist der Physician Assistant mehr anerkannt als in Deutschland.
Selbst mit einem Master in Physician Assistant oder mehreren Fortbildungen wird sich die rechtliche Situation in Deutschland, bezogen auf delegierbare Tätigkeiten, in näherer Zukunft nicht ändern. In den Niederlanden beispielsweise haben PAs andere Rechte und Pflichten, die dem Praktizieren als Mediziner:in sehr viel näher sind.

Die Nachfrage nach PAs wird auch in Deutschland weiter steigen, denn der Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen wird anwachsen. In Deutschland stehen wir durch den steigenden Ärztemangel vor ähnlichen Herausforderungen wie die Niederlande, wir können von der dortigen erfolgreichen Strategie viel lernen und unser Gesundheitssystem stärken.

Die Tätigkeit des Physician Assistant kombiniert sowohl medizinisches als auch organisatorisches Wissen.
Welchen Weg du einschlagen willst, kannst du während deines Studiums durch die Wahl der Schwerpunkte planen. Auch den medinischen Schwerpunkt, ob du lieber in der Chirurgie, in der Inneren Medizin oder in der Notaufnahme arbeitest.
Mögliche Tätigkeitsbereiche:

  • Anamnesegespräche
  • Beratung von Patient:innen und Angehörigen
  • Voruntersuchungen
  • Befunde recherchieren
  • Arztbriefe schreiben
  • Kleinere medizinische Eingriffe
  • Stationsaufsicht
  • Assistenz im OP
  • Aufnahme- und Entlassungsmanagement
  • Berufsgenossenschaftsberichte schreiben


Der Physician Assistent ist zwischen den Qualifizierungsstufen des Mediziners / der Medizinerin und dem Pflegepersonal einzuordnen.
Auf dem Land herrscht schon seit Längerem ein großer Ärztemangel. In Großstädten werden die Arztpraxen immer voller. Von den Kassenärztlichen Vereinigungen wird diese wachsende Herausforderung erkannt. Sie tritt immer mehr in den Fokus. Bei neuen Konzepten zur Sicherstellung einer angemessenen ärztlichen Versorgung spielen Physician Assistants eine entscheidende Rolle. Von daher ist der Job als Arztassistent auf jeden Fall zukunftssicher.
Der Vorteil ist, dass du nicht die volle Verantwortung für einen Patienten oder eine Patientin tragen musst, sondern immer die Rückversicherung bei einem Arzt oder einer Ärztin hast. Gleichzeitig kann es zum Nachteil werden, wenn du den Traum von einer eigenen Praxis hast. Dann solltest du von Haus aus über ein Medizinstudium nachdenken. Die Hürden sind aber hoch mit einem NC bei 1,0. Um dort zugelassen zu werden, kann ein Weg über die Landarztquote sinnvoll sein. Sie wird über die Bundesländer geregelt. Nach dem Studium des Physician Assistant kannst du dir einiges für ein weiterführendes Medizinstudium anerkennen lassen und das Studium zum PA als Sprungbrett benützen.

Alternative zum Medizin Studium?

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer | Bild: BR/Matze Hlous

"Der Name gibt es ja schon her, wir sind der Physician Assistant, der Assistent des Arztes oder des Internisten, wenn man es ganz genau übersetzen möchte. Wir sollen eigentlich die Ärzte in ihrer Tätigkeit entlasten, es gibt kein Berufsgesetz für PAs in Deutschland, was bedeutet, es ist nirgendwo niedergeschrieben, was ein PA darf. Es gibt nur Gesetze, was ein PA oder ein nicht ärztliches Personal überhaupt nicht darf. Wir übernehmen ärztliche Tätigkeiten im Rahmen von Delegation, das heißt, uns muss einfach gesagt werden, was wir machen dürfen. Das ist ein bisschen der Vorteil als PA, wenn ich es nicht kann, muss ich es nicht machen. Von einem Arzt wird es erwartet."

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer

Höhlt ein „Arzt light“ den ärztlichen Berufsstand aus?

Viele Mediziner:innen freuen sich über das neue Berufsbild, das in den Kliniken Einzug hält, denn Physican Assistants stehen ihnen bei bestimmten Aufgaben zur Seite. Manche Mediziner:innen  haben aber auch Angst vor einem Wegrationalisieren von Arztstellen, dass dafür mehr Physician Assistants für weniger Gehalt eingestellt werden. Nach Stand 2024 können aber Physician Assistants Mediziner:innen von ihrem Kompetenzrahmen her nicht vollumfänglich ersetzen. Nach wie vor liegt es in der Verantwortung von Mediziner:innen, welche Aufgaben sie genau an die neuen Physician Assistants delegieren, von daher zeigt der Begriff „Arzt light“die Richtung, in die der Beruf des Physician Assistant in Deutschland angelegt zu sein scheint. In dem vom Deutschen Ärztetag 2017 veröffentlichten Leitfaden mit dem Titel „Physician Assistant – ein neuer Beruf im deutschen Gesundheitswesen“ fehlen konkrete Angaben zu Tätigkeitsprofilen.
Das Problem rührt daher, dass schon nach dreijähriger Ausbildung ein Physician Assistant die bisherigen Tätigkeiten gerade junger Mediziner:innen übernehmen kann. Praktische Tätigkeiten, von der Erhebung einer Anamnese über apparative Untersuchungen bis hin zur Dokumentation und Kommunikation mit den Patient:innen sollen auch ohne sechsjähriges Medizinstudium machbar sein. Wenn es der Ärzteschaft nicht gelingt, hier zu begründen und abzugrenzen, welche Tätigkeit auch weiterhin dem Arzt vorbehalten sein muss, besteht die große Gefahr einer grundlegenden Veränderung des Arztberufes weg von der konkreten Tätigkeit in der Versorgung von Patient:innen hin zum Management und Supervision nachgeordneter nicht-ärztlicher Assistenzberufe. so Dr. Julian Veelken, Mitglied in der Delegiertenversammlung und Co-Sprecher der Fraktion Gesundheit in der Ärztekammer Berlin. 
Die Tätigkeitsfelder von Physician Assistants überschneiden sich mit denen von Mediziner:innen in Weiterbildung zu einem erheblichen Teil. So besteht durch die geringere Vergütung von Physician Asistants gegenüber der Ärzteschaft nach den Tarifverträgen des Marburger Bunds für Krankenhausmanager:innen ein großer materieller Anreiz, Stellen im ärztlichen Dienst durch Physician Assistants zu ersetzen.
Gleichzeitig kann der Beruf des Physician Assistant als Zukunftskonzept gegen den Ärztemangel auf dem Land helfen. LandärztInnen müssen oft mehr PatientInnen betreuen als ihre KollegInnen in der Stadt. Sie haben dazu auch noch längere Anfahrtswege bei Hausbesuchen. Physician Assistants mit dem Schwerpunkt „Hausärtlich-ambulante Medizin“ könnten diese Mediziner:innen bei bestimmten Aufgaben auf jeden Fall entlasten.
In anderen Ländern wie USA und Kanada wurde die Verantwortung der Physician Assistants schon schleichend erweitert, von daher bleibt abzuwarten, wie sich das Deutsche Gesundheitssystem weiterentwickelt.

Gehalt

Du kannst mit einem Einstiegsgehalt zwischen 3.700 und 4.200 Euro brutto rechnen, es ist abhängig von der Tätigkeit und der Region, in der du eingesetzt bist.
Da der Physician Assistant in Deutschland ein relativ neues, von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anerkanntes Berufsbild ist, gibt es noch keine langen Erfahrungswerte. Im Ausland dagegen ist dieser Beruf schon sehr lange etabliert – in den USA und weiteren angloamerikanischen Ländern schon seit Jahrzehnten, in den Niederlanden auch schon seit 20 Jahren.
Mit einem Masterabschluss wirst du im Schnitt mehr verdienen, da du noch intensiver einsetzbar bist und dadurch auch mehr Verantwortung übernimmst. Und je mehr Berufserfahrung du hast, umso höher wird dein Gehalt ausfallen. Ausschlaggebend ist wie so oft, auch die Größe der Praxis bzw. der Klink. Und je größer, internationaler und dadurch auch anerkannter die Klinik ist, desto mehr kannst du nach ein paar Jahren mit guten Gehaltssteigerungen rechnen.

Mittagspausen ohne Abschalten

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer | Bild: BR/Matze Hlous

"Ich glaube, selbst wenn man eine Pause macht, kann man nicht wirklich abschalten, weil man im Hinterkopf hat, dass im Hintergrund wieder irgendwelche Patienten sind. Man weiß ganz genau, ich muss jetzt auf Befunde warten, ich muss gleich Laborbefunde sichten oder ich warte auf einen CT-Befund und muss dann abklären, welche Therapie der Patient bekommen soll. Ein wirkliches Abschalten gibt es auch in der Pause selten."

Aike Abeln, Physician Assistant in der interdisziplinären Notaufnahme Klinikum Leer