Mit Vollgas in die Zukunft Die Autoindustrie - Bedeutung für die Region
Einst waren sie kleine, unbedeutende Provinznester. Dann stiegen Dingolfing und Ingolstadt zu Zentren der Automobilherstellung auf. Wir zeigen, wie Mobilitätsträume und Massenmotorisierung die rasante Entwicklung der Städte beflügelten.
Von der Sämaschine zum Goggo
Die Landmaschinenfabrik Glas im niederbayerischen Dingolfing konzentrierte sich im frühen 20. Jahrhundert auf die Herstellung von Sämaschinen, Heuwagen und Getreiderechen. Den Fahrzeugbau überließ man anderen Unternehmen. Doch als in den späten 1940er-Jahren die Sehnsucht der Deutschen nach einem fahrbaren Untersatz wuchs, entschloss sich Firmenchef Hans Glas die Produktpalette zu verändern. Er entwickelte 1951 einen Motorroller, der in Anlehnung an den Spitznamen seines Enkels "Goggo" genannt wurde.
Das "Goggerl" - der Sportwagen des kleinen Mannes
Der nächste Schritt war 1957 ein "Roller auf vier Rädern". Das Goggomobil war geboren, ein knatterndes Kleinstwägelchen, 2,9 Meter lang, 1,28 Meter breit und 1,31 Meter hoch, angetrieben von einem knapp 14 PS starken Motor. Mit der Weiterentwicklung des Fahrzeugs wuchs der Bedarf an Fachkräften. Der spätere bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß hätte es wohl gern gesehen, wenn Glas die kränkelnden Konkurrenten Audi und BMW übernommen hätte. Doch genau das Gegenteil geschah: Anfang 1967 schluckte BMW die Firma Glas - und mit Dingolfing ging es rasch aufwärts. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Dingolfing dank vieler Gewerbesteuermillionen zu einer der wohlhabendsten Kommunen Deutschlands.
Pendeln nach Dingolfing
Tausende Pendler streben heute den Werkhallen zu, hunderte Busse bewältigen den Transport in zwei Schichten über täglich 43.000 Kilometer, das entspricht einer Erdumrundung. Die Arbeiter kommen aus dem niederbayerischen Raum, dem Bayerischen Wald und teils sogar aus dem tschechischen Grenzgebiet. Dass das Pendeln nicht angenehm, weil zeitaufwendig und für den Einzelnen belastend ist, berichtet ein Betroffener in der Sendung. Er betont aber auch, dass er den Wohnort im ländlichen, überschaubaren und ruhigen Hinterland einer Stadtwohnung vorzieht.
Der Autobau lässt die Stadt erblühen
Der Rathauschef von Dingolfing verweist auf die Vorzüge eines Automobilstandortes: Die Gewerbesteuer füllt den Stadtsäckel reichlich. Soziale und kulturelle Einrichtungen machen Dingolfing attraktiv und in den umliegenden Orten sind Neubaugebiete entstanden - mit eleganten Einfamilienhäusern, schmucken Gärten und natürlich Doppelgaragen für BMW und Mini. Allerdings gibt der Bürgermeister zu bedenken, dass Dingolfing stets mit Konjunkturschwankungen rechnen muss. Sollte BMW einmal in die Verlustzone rutschen, sind die goldenen Zeiten passé.
Die Stadt der vier Ringe
Ingolstadt, der ehemalige Garnisonsstandort, erlebte einen beeindruckenden Aufschwung dank Audi. Vormals als Horchwerke in Zwickau beheimatet, produzierte das Unternehmen zunächst in Düsseldorf und später mit dem DKW-Junior in Ingolstadt ein sehr erfolgreiches Nachkriegsmodell. Mit dem Audi 80, von dem zwischen 1972 und 1978 über eine Million Stück gebaut wurden, setzte man die Erfolgsserie fort. Heute ist Audi Volkswagentochter und spielt mit den Premiumherstellern BMW und Mercedes in einer Liga. Ingolstadt glänzt als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Region.