"Wer macht denn solche Gesetze?" Entscheidungsprozesse in der Demokratie
Gesetze werden in einer Demokratie von gewählten Volksvertretern beschlossen. Damit müsste eigentlich gewährleistet sein, dass sie den Volkswillen repräsentieren. Doch manchmal sieht es aus, als wüssten "die da oben" nicht recht, was sie tun. Grund genug, um nach dem Gang der Dinge zu fragen.
Wenn vom "Raumschiff Berlin" die Rede ist, geht es nicht um Science Fiction, sondern um die vermeintliche Abgehobenheit einer Politik, die anscheinend jeden Kontakt mit der Wirklichkeit verloren hat. Das Bild kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn "die da oben" wieder einmal Gesetze beschließen, die beim Bodenpersonal, sprich beim Bürger, heftiges Kopfschütteln auslösen. Anlässe dazu gibt es genug. Immerhin umfasst das Bundesrecht an die 1.700 Gesetze mit etwa 46.000 Einzelnormen sowie 2.600 Rechtsverordnungen mit 37.000 Einzelnormen. Und die Parlamentarier sorgen fleißig für Nachschub: Alleine in den vier Jahren von 2005 bis 2009 hat der 16. Deutsche Bundestag über 600 Gesetze verabschiedet und mehr als 1.600 Rechtsverordnungen erlassen.
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Nicht jedes dieser Gesetze leuchtet auf Anhieb ein. Dass die Bundesregierung beispielweise im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes den Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen von 19 auf sieben Prozent reduzierte, aber Babywindeln nach wie vor mit dem vollen Satz belegt, stieß bei vielen Menschen auf Unverständnis. Ebenso rätselhaft bleibt etwa auch, warum für Krabben und Garnelen die ermäßigte Mehrwertsteuer gilt, während Hummer voll besteuert wird.
Wer um alles in der Welt macht solche Gesetze? Ist da schiere Willkür am Werk? Gibt es einen geheimen Sinn, der dem Normalverstand verborgen bleibt? Oder zeigt sich hier die Macht finsterer Lobbyisten, die ihrer Klientel unlautere Vorteile verschaffen?
Die Frage ist berechtigt. Gesetze gehen uns alle an. Sie regeln unser Zusammenleben, unsere Pflichten und Rechte. Sie geben und beschränken Freiheiten und sie kosten unser Geld. Wie zum Beispiel das 2004 beschlossene Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, dem wir die so genannte Praxisgebühr verdanken. Das ist eine Zuzahlung in Höhe von zehn Euro, die jeder gesetzlich Krankenversicherte einmal pro Quartal Versicherte entrichten muss, wenn er einen Arzt aufsucht.
Der Film nimmt die gesetzlich verankerte Zuzahlungspflicht zum Anlass, um den Weg der Gesetzgebung exemplarisch nachzuzeichnen. Im Zentrum der Handlung steht Tobias, den schreckliche Zahnschmerzen quälen. Beim Zahnarzt stellt er fest, dass er kein Geld dabei hat. Weil er die Praxisgebühr nicht bezahlen kann, lehnt der Arzt die Behandlung ab. Kein Wunder, dass Tobias sauer ist. In seiner Empörung beschließt er nachzuforschen, wer ihm dieses Schlamassel eingebrockt hat.
Um die Frage zu klären, befragt er als rasender Reporter zunächst Menschen auf der Straße und fährt dann nach Berlin. Wie ein Detektiv gräbt er sich durch die politischen Instanzen der Bundesrepublik des Jahres 2004. Er trifft unter anderem auf Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, auf den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Nachfolgerin Angela Merkel. Er beobachtet Abgeordnete und Regierungsmitglieder, lernt die Aufgaben von Bundestag und Bundesrat kennen und erfährt, dass nicht nur Politiker Politik machen, sondern auch Funktionäre in Interessensverbänden.