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Meilensteine der Naturwissenschaft und Technik Die Nervenzelle

Im späten 19. Jahrhundert nahm die moderne Hirnforschung Fahrt auf. Mediziner wie der Spanier Santiago Ramón y Cajal (1852-1934) spürten der Gehirnstruktur nach. Heute wissen wir, dass in unserem Gehirn unzählige Nervenzellen über chemische und elektrische Synapsen in Kontakt stehen.

Von: Ein Film von Manfred Baur

Stand: 24.02.2012

Santiago Ramón y Cajal | Bild: BR

Für die Philosophen des Altertums spielte das Gehirn unter den menschlichen Organen nur eine Nebenrolle. Sitz von Geist und Seele sahen sie im Herzen. Im Mittelalter führte man Nervenkrankheiten auf den Einfluss von Dämonen zurück. Erst in der Renaissance begann man durch das Sezieren von Leichen den menschlichen Körper systematisch zu erforschen. Davon profitierte auch die Neurologie. Die erste genaue Beschreibung des Gehirns wurde aber erst 1644 von Thomas Willis verfasst. Antony van Leeuwenhoek konnte mit seinem Mikroskop erstmals den Aufbau von Nerven untersuchen und beschreiben; sie stellten sich als ein Bündel von einzelnen Fasern dar. 1786 entdeckte Luigi Galvani, dass frisch präparierte Froschschenkel durch elektrische Ströme zu Kontraktionen gereizt werden. Mit der Verbesserung der Mikroskopie im 19. Jahrhundert konnte der Aufbau von Nervenzellen und Nervenfasern genauer studiert werden. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts konnte Camillo Golgi das Nervensystem genau darstellen. Er glaubte, dass es im Körper nur eine Art von Nervenbahnen gibt.

Der Spanier Santiago Ramón y Cajal schließlich entwickelte die Theorie, dass das Nervensystem aus einzelnen Zellen besteht. Der Sohn eines Landarztes aus einem Bergdorf in Aragon studierte Medizin und wurde 1874 als Militärarzt auf Kuba stationiert. Krankheitshalber kehrte er nach Spanien zurück und begann als Privatgelehrter mit dem Mikroskop das Nervensystem zu erforschen. In verschiedenen Stellungen als Museumsleiter konnte Cajal seine Forschungsarbeiten an Dünnschichtpräparaten des menschlichen Gehirns fortsetzen. 1892 erhielt Cajal einen Ruf an die Universität Madrid als Professor für Histologie. Er blieb dort bis zu seinem Lebensende. Neben seinem Hauptgebiet, der Erforschung des Nervensystems, widmete er sich auch seinen Hobbys, dem Schachspielen und Bücherschreiben. 1906 erhielt Santiago Ramón y Cajal für seine Forschungsarbeiten zusammen mit Camillo Golgi den Nobelpreis für Medizin.

Die Erforschung der elektrischen Vorgänge im Nervensystem wurde erst Anfang des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung empfindlicher Messinstrumente, sogenannter Galvanometer, möglich. Damit erforschte Emil du Bois-Reymond nun die Reizleitung in den Nerven. Hermann von Helmholtz gelang die Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektrischen Reize in den Nervenbahnen. Bei Messungen an Froschschenkeln ermittelte er einen Wert vom 27 m/s.

Nun mussten die Vorgänge am Übergang von einer Nervenzelle zu anderen - an den Synapsen - erforscht werden. Verantwortlich für die Reizübertragung sind Neurotransmitter. Der Botenstoff Acetylcholin wurde vom österreichischen Chemiker Otto Loewi entdeckt, 1936 erhielt er dafür den Nobelpreis. Bestimmte Stoffe, wie das Pfeilgift Curare der südamerikanischen Indianer oder Rauschdrogen, behindern die Aufgabe der Neurotransmitter. Dieser Effekt kann aber auch für die Lokalanästesie genutzt werden. Auf die Störung der Neurotransmitter sind auch viele Nervenkrankheiten, wie die Alzheimersche oder die Parkinsonsche Krankheit zurückzuführen. Die Erforschung des menschlichen Nervensystems mit seinen über 100 Milliarden Nervenzellen ist noch lange nicht abgeschlossen.


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