Biologie und Technik Züchtung bei Pflanzen – wozu?
Gentechnik? Bloß nicht! Dem lieben Gott ins Handwerk zu pfuschen, kann nur schief gehen. Die Mahnung kommt etwas spät. Denn wir tun es schon lange. Seit über 10.000 Jahren züchten Menschen gezielt Nutzpflanzen aus Wildformen.
Seit über 10.000 Jahren züchtet der Mensch Getreide und andere Nutzpflanzen. Das Verfahren war einfach aber effektiv: Als Saatgut behielten unsere Vorfahren stets nur die Samen der schönsten, stärksten und größten Pflanzen zurück, um sie erneut auszusäen. Diese natürliche Auslesezucht mit ihrem Kreislauf von Aussäen, Ernten, Auswählen, Aussähen schuf im Laufe der Zeit unsere heutigen Kulturpflanzen und ihre verbesserten Eigenschaften.
Der Zufall als Züchter
Manchmal kam auch der Zufall zu Hilfe. Beispielsweise beim Einkorn, einem Getreide mit brüchigen Ähren. Durch die zufällige Kreuzung mit einem Wildgras entstand zunächst der Wildemmer, ein genetischer Ahnherr des Weizens. Durch weitere Kreuzungen und Genmutationen entwickelte sich aus der zufällig geborenen Urform schließlich unser heutiger Saatweizen mit seinen kräftigen Ähren und großen Früchten.
Neue Sorten trotzen dem Klimawandel
Auch heute noch schaffen Züchter durch gezieltes Kreuzen, Auslese und Wiederaussaat neue Sorten mit verbesserten Eigenschaften. Zu den anvisierten Optimierungszielen gehören seit jeher verbesserte Ertragsleistungen und eine erhöhte Widerstandskraft gegen Pflanzenschädlinge oder Standortnachteile. Der schleichende und wohl unausweichliche Klimawandel hat ein weiteres, dringliches Züchtungsziel hinzugefügt: Neuerdings müssen Nutzpflanzen wie Weizen und Gerste auch gegen zunehmende Wetterextreme wie beispielsweise sommerliche Trockenzeiten und kalte, schneearme Winter gefeit werden. Da viele der traditionellen Sorten dem Trockenstress langer Hitzeperioden nicht standhalten, drohen erhebliche Ernteeinbußen, falls es nicht beizeiten gelingt, entsprechende Sorten zu züchten.
Gentechnik: gezielt verändern statt züchten
Die Sache hat allerdings einen Haken: Klassische Züchtungsmethoden sind langwierige Verfahren, im Schnitt vergehen mehrere Jahre, bis eine neue Sorte in den Handel kommt. Zudem lassen sich viele der gewünschten Züchtungsziele auf traditionelle Art nicht realisieren. Modernste biotechnische Innovationen gleichen diese Nachteile aus. Und sie können schon heute noch viel mehr, als lediglich Abläufe beschleunigen. Mithilfe der Gentechnik sind Züchter in der Lage, das Genmaterial gezielt zu manipulieren. So lassen sich etwa die gewünschten Eigenschaften verschiedener Pflanzen in einer neuen Pflanze kombinieren oder Gene, die bestimmte Eigenschaften tragen, in einer Pflanze einbauen. Das funktioniert sogar über die Artenschwelle und die Lebensformen hinaus.
Eine Pflanze wird systematisch aufgerüstet
Ein berühmtes Beispiel dafür ist der so genannte Bt-Mais. Er wurde geschaffen, weil der Mais gerne vom Maiszünsler, einem gefräßigen Schädling aus der Schmetterlingsfamilie, angenagt wird. Mithilfe der Gentechnik gelang es eine Sorte zu züchten, die in ihren Zellen ein Gift gegen den Schädling produziert. Dazu mussten die Forscher allerdings ein Gen auf den Mais übertragen, das von einem Bodenbakterium stammt. Auf klassischem Weg wäre eine solche "Einkreuzung" absolut unmöglich gewesen.
Eine Renaissance klassischer Züchtungsverfahren?
Viele Menschen sehen in solchen Experimenten allerdings keinen Triumph der modernen Wissenschaften, sondern schlicht und einfach Teufelswerk. Weil sich in Deutschland ein starker, anhaltender Widerstand formierte, wurde der Anbau von Bt Mais nach seiner amtlichen Zulassung wieder untersagt. Da weder Verbraucher noch Umweltschützer gentechnisch veränderte Lebensmittel wünschen, beschränken sich viele Züchter heute wieder auf die klassischen Züchtungsmethoden.