Wilhelmine Reichard Die erste Ballonfahrerin Deutschlands
Wilhelmine Reichard ist erst 23 Jahre alt, als sie 1811 alleine in einem Ballon abhebt - als erste Frau in Deutschland. Ihre insgesamt 17 Fahrten vermarktet sie geschickt und das Publikum ist begeistert. Auch eine Bruchlandung hält sie nicht auf.
Johanne Wilhelmine Siegmundine Schmidt, geboren 1788 in Braunschweig, heiratet 1806 Gottfried Reichard, Professor für Physik. Beide begeistern sich sehr für die Luftschifffahrt. Wilhelmine weiß alles über die Herstellung von Wasserstoffgas, kennt sich aus mit Windverhältnissen und baut zusammen mit ihrem Mann einen Gasballon.
Erster Ballon-Alleinflug einer Deutschen
Der Garten der königlichen Tierarzneischule in Berlin ist Wilhelmine Reichards Startplatz für die erste Fahrt: Sie unternimmt als erste Frau Deutschlands alleine eine Fahrt in einem Ballon. Die damals 23-Jährige besteigt am 16. April 1811 die Gondel ihres Gasballons und schwebt ohne Startschwierigkeiten in den trüben Berliner Himmel. Nach eineinhalb Stunden in der Luft landet sie dreißig Kilometer südlich von Berlin. Sie unternimmt in den folgenden knapp zehn Jahren weitere 16 Ballonfahrten, unter anderem in Dresden, Hamburg, Brüssel, Prag und Wien. Dabei führt sie auch wissenschaftliche Messungen durch.
Vermarktung der Ballonfahrten
Seit 1783 die Brüder Montgolfier zum ersten Mal mit einem Heißluftballon in den Himmel stiegen, begeistern Ballonfahrten ein großes Publikum. Auch bei den Ballonfahrten von Wilhelmine Reichard finden sich regelmäßig große Menschenmassen ein, die für das Spektakel sogar Eintritt zahlen. Später nimmt die erste deutsche Ballonfahrerin auch zahlende Gäste mit an Bord. Sie stellt mit ihrem Ehemann eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit auf die Beine: Sie verschickt Pressemitteilungen, stellt ihren Ballon aus, ihr Mann hält Vorträge über technische Details der Luftreisen.
Letzte Ballonfahrt über München
Eine Jugendmarke der Deutschen Bundespost aus dem Jahr 1978 zeigt einen Ballon mit Wilhelmine Reichard über dem 10. Oktoberfest im Jahr 1820.
Bei ihrer dritten Fahrt im Herbst 1811 wird Wilhelmine Reichard in großer Höhe ohnmächtig, der Ballon stürzt ab, bleibt aber in einem Baum hängen. Sie überlebt die Bruchladung relativ unbeschadet. Nach einigen Jahren Pause steigt sie auch wieder in den Ballon. Auf ihrer letzten Fahrt 1820 schwebt sie über dem Münchner Oktoberfest. Mit dem Geld, das die beiden mit den Ballonfahrten verdient haben, gründet ihr Mann Gottfried bei Dresden eine chemische Fabrik für Schwefelsäure. Wilhelmine Reichard widmet sich fortan der Familie.