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Erstes Düsenflugzeug der Welt Ernst Heinkels Düsenflieger He 178

Der Jungfernflug des ersten Düsenflugzeugs fand unter Geheimhaltung statt. Am 27. August 1939 hob die von Ernst Heinkel konstruierte He 178 ab. Am Zweiten Weltkrieg waren die Düsenflieger nicht beteiligt, aber andere Flugzeuge aus den Heinkel-Werken.

Stand: 18.08.2023 | Archiv

Audio: Der erste Düsenjäger (18.07.1942)

Dort, wo sonst ein Propeller war, befindet sich jetzt: nichts. Ein Loch. Aus dem Heck des kleinen Flugzeugs zischt dafür ein heißer Gasstrahl. Mit mehr als 600 Kilometern pro Stunde jagt die He 178 mit ihrem Turbinenstrahltriebwerk durch die Luft. Acht Minuten lang. "Bammel hatte ich schon, das muss ich zugeben", erzählt der Testpilot später seinem Sohn. Aber das Experiment am frühen Morgen des 27. Augusts 1939 gelingt: Die Maschine landet wieder sicher auf der Betonbahn in Rostock-Marienehe. Das erste Düsenflugzeug der Welt hat die Feuerprobe bestanden - und Ernst Heinkel, der Konstrukteur, verändert mit seiner Technik den Luftverkehr.

"In Rostock begann das Jet-Zeitalter."

Roland Methling, ehemaliger Oberbürgermeister von Rostock 2005 bis 2019, im August 2014

Düsenflugzeug He 178

"Eine neue fliegerische Welt hat begonnen", jubelt der damals 51-jährige Unternehmer Heinkel nach der Landung des 7,50 Meter langen und knapp zwei Tonnen schweren Flugzeugs. Heute sind Jets Standard im Luftverkehr. Einige der größten Maschinen wie die Boeing 747 oder der Airbus A380 setzen auf die Strahltriebwerke. Doch der Weg zum Prototyp He 178 war lang - und schmerzhaft.

13.01.1943: Pilot Schenk testet ersten Schleudersitz in Heinkel He 280

Ernst Heinkel machte schmerzhafte Erfahrungen als Pilot

Ernst Heinkel, Vater der Düsenflugzeuge

Ernst Heinkel kam am 24. Januar 1888 in Grunbach, in der Nähe von Stuttgart, zur Welt. Maschinen und die noch junge Fliegerei begeisterten ihn früh. Nach einem Maschinenbau-Praktikum in einer Erzgießerei studierte er ab 1907 Maschinenbau an der Technischen Hochschule Stuttgart. Als Pilot wagte er sich viele Male selbst in die Luft, stürzte jedoch mehrfach ab und verletzte sich. Statt selbst zu fliegen, konzentrierte er sich ganz auf den Flugzeugbau. 1922 gründete Heinkel sein erstes eigenes Werk, die "Ernst-Heinkel-Flugzeugwerke" in Travemünde. Heinkel machte sich einen Namen als Vordenker, sein Betrieb hatte zu Spitzenzeiten bis zu 50.000 Mitarbeiter. Die Nationalsozialisten setzten auf seine Entwicklungen: Der Unternehmer war Mitglied der NSDAP, Mitte der 1930er-Jahre bestand ein Großteil der Luftwaffe aus Heinkel-Maschinen.

Düsenflieger - Flugzeuge, schnell wie Raketen

Eine Zeichnung des ersten Raketenflugzeugs der Welt: die He 176.

1939 plante Ernst Heinkel mit dem Raketenforscher Wernher von Braun und dem Physiker Hans Joachim Pabst von Ohain die Revolution der Flugtechnik. Im Juni 1939 startete ihr erstes Raketenflugzeug, die He 176. Langfristig durchsetzen sollte sich aber die Düsentechnik, die das Team parallel entwickelte. Nur wenige Menschen weihten die drei vorab in ihre Pläne ein. Die Machthaber des NS-Regimes gehörten nicht dazu, der Luftwaffe waren diese Methoden angeblich zu unkonventionell.

Ernst Heinkel war Profiteur des Naziregimes

Ernst Heinkel (Mitte) vor einer He 111.

Trotzdem blieben die Heinkel-Werke eng mit dem Unrechtsregime verknüpft, sagt der Historiker Lutz Budraß von der Ruhr-Uni-Bochum. Bis zu 10.000 KZ-Häftlinge gleichzeitig hätten für Heinkel arbeiten müssen. Im Zweiten Weltkrieg produzierten die Heinkel-Werke Kampfflugzeuge in Serie. "Heinkels Flugzeuge verbreiteten Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung", erzählt Michael Techritz, Vorsitzender des Förderkreises Luft- und Raumfahrt Mecklenburg-Vorpommern.

"Meiner Meinung nach war Heinkel der größte industrielle Profiteur von Arbeitern aus den Konzentrationslagern."

Lutz Budraß, Historiker, Ruhr-Universität Bochum

Ernst Heinkel (3. von rechts) vor dem Prototypen des Jagdflugzeugs He 100.

Mit der Befreiung Deutschlands durch die Alliierten wurde Heinkels Flugzeugwerk zerschlagen. Heinkel wurde verhaftet und 1948 als Mitläufer eingestuft. Im Berufungsverfahren erklärte ihn die Spruchkammer zum "Entlasteten". Das Urteil bescheinigte, dass er ein Mann mit demokratischen und sozialen Anschauungen war. Das sei fragwürdig, sagt Historiker Budraß. "Die Behörden wollten sich in dem Verfahren den Unternehmer sichern, der Hunderte Arbeitsplätze versprach." Die technischen Leistungen seiner Werke beschrieb Heinkel selbst als persönliches Verdienst. Wohl auch, um abzustreiten, dass er von den Nazi-Verbrechen begünstigt wurde, meint Budraß.

Mehr als 150 Flugzeugtypen und 1.350 Patente von Ernst Heinkel

Heute ist die He 178 im Museum zu bewundern.

Heinkel erhielt einen kleinen Teil seines Imperiums, die Motorenwerke in Stuttgart-Zuffenhausen, zurück. In geringerem Umfang als zuvor setzte er seine Arbeit bis zu seinem Tod in Stuttgart 1958 fort. Insgesamt entwickelte sein Unternehmen mehr als 150 Flugzeuge aller Art und meldete mehr als 1.350 Patente an.

Ernst Heinkels Flugzeugwerke

  • 1922: Gründung der "Ernst-Heinkel-Flugzeugwerke" in Travemünde.
  • 1923: Verlegung nach Rostock-Warnemünde. Zweigstellen unter anderem in Oranienburg, Barth in Vorpommern und Schwechat bei Wien folgen.
  • 1926: Entwicklung des ersten Katapultstarts. In Deutschland wurden die katapultgestarteten-Wasserflugzeuge als Postflugzeuge von großen Passagierschiffen aus eingesetzt.
  • 1932: Entwicklung des Passagier- und Postflugzeugs He 70. Der "Blitz" stellt acht internationale Geschwindigkeitsrekorde auf.
  • 1936: Vorstellung der He 111, die ursprünglich für die zivile Luftfahrt konzipiert wurde. Bis Kriegsende wurde sie jedoch mit über 6.000 Stück eines der meistgebauten Militärflugzeuge in Deutschland.
  • 1938: Das Jagdflugzeug He 100 erreicht mit 634,73 km/h den Geschwindigkeitsweltrekord über die 100-Kilometer-Strecke.
  • 1939: Start des ersten Raketenflugzeugs der Welt (He 176, 20. Juni 1939) sowie des ersten Düsenflugzeugs der Welt (He 178, 27. August 1939).
  • 1942: Nach Bombenangriffen verlagert Heinkel das Stammwerk von Warnemünde nach Schwechat und Barth.
  • 1944: Rund 10.000 KZ-Häftlinge arbeiten in Heinkels Werken.
  • 1945: Kriegsende, Zerschlagung des Unternehmens.
  • 1950: Rückgabe der Motorenwerke in Stuttgart-Zuffenhausen an Heinkel.
  • 1964: Übernahme der Flugzeugsparte der Ernst-Heinkel-Fahrzeugbau durch die Vereinigten Flugtechnischen Werke. Diese werden später Teil des Konzerns Messerschmitt-Bölkow-Blohm und gehen schließlich im Luft- und Raumfahrtkonzern EADS auf.

Sendungen über Düsenflugzeuge und Ernst Heinkel:


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