Männliche Gesundheit Darum sterben Männer früher als Frauen
Männer leben im Schnitt fünf Jahre kürzer als Frauen. Das liegt mehr am Lebensstil als an den Genen. Männer rauchen und trinken mehr, haben häufiger Übergewicht und sorgen weniger für ihre Gesundheit vor. Das erhöht das Risiko für viele Krankheiten.
Gesundheit: Risikofaktor Übergewicht
Zu viel Essen, zu wenig Bewegung - eine fatale Kombination, die viele Krankheiten begünstigen kann. Laut RKI sind 60,5 Prozent der deutschen Männer übergewichtig, bei den Frauen sind es 46,6 Prozent (Stand 2022). Das macht sich gesundheitlich bemerkbar: Der Blutfettgehalt ist unter anderem ein wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Jeder vierte Mann leidet unter Bluthochdruck, das Herzinfarktrisiko für Männer ist dreimal so hoch wie für Frauen. Auch an Diabetes Typ 2 erkranken Männer deutlich häufiger. Der Zusammenhang zu Übergewicht und Adipositas ist hier besonders auffällig.
Schon Jungen nehmen mehr Salz, Fett und Zucker zu sich als Mädchen. Diese wiederum essen schon in jungen Jahren mehr Obst und Gemüse. Das setzt sich im Erwachsenenalter fort. Unter den Menschen, die sich in Deutschland vegetarisch ernähren, ist die Frauenrate deutlich höher als die der Männer. Umgekehrt verzehren diese fast doppelt so viel Fleisch. Auch deshalb sind Männer wohl häufiger von Darmkrebs betroffen: Kalorienreiche und fleischhaltige Kost gelten als Risikofaktoren für die Krankheit. Aber warum ernähren wir uns so unterschiedlich? Das liegt nicht an unserer Natur, sondern der Kultur: Bestimmte Speisen und Essverhalten werden mit "Männlichkeit" oder "Weiblichkeit" assoziiert, und dadurch jeweils umso mehr verstärkt. Männer fühlen sich stark und männlich, wenn sie Fleisch essen. Das bestätigt eine Studie der University of California. Frauen beschäftigen sich allgemein mehr mit dem Thema Ernährung. Auch, weil Gewichtskontrolle für sie gesellschaftlich eine größere Rolle spielt.
Übergewicht vermeiden: So esst ihr gesund
Verhalten: Auch deshalb sterben Männer früher
"Vor der Pubertät haben Mädchen und Jungen das gleiche Risikoverhalten. Danach ist es bei Jungen viel höher. Da springen sie von Brücken, legen sich mit 240 Stundenkilometern in die Kurve […] Nicht ohne Grund gibt es wesentlich mehr männliche Unfalltote."
Prof. Dr. Frank Sommer, Urologe und weltweit erster Professor für Männergesundheit
Sucht: Männer trinken und rauchen mehr
Männer gelten im Gegensatz zu Frauen als suchtgefährdeter, weil sie dazu neigen, Probleme eher mit Substanzen zu bewältigen, als Hilfsangebote anzunehmen. Zusätzlich ist der Genuss von Rauschmitteln bei Männern gesellschaftlich akzeptierter. Männer trinken statistisch gesehen eindeutig mehr als Frauen. Und: Laut WHO sterben weltweit etwa dreimal so viele Männer wie Frauen an den Folgen ihres Alkoholkonsums.
Gesundheitsrisiko Alkohol: Trinken wir zu viel?
Männergesundheit: Was die Potenz verrät
"Tatsächlich sind Erektionsstörungen ein guter Indikator für die männliche Gesundheit. Sind sie arteriell bedingt, können sie ein Vorbote für kardiovaskuläre Krankheiten wie einen Herzinfarkt sein. Sind sie stoffwechselbedingt, können sie eine Diabetes mellitus oder ein metabolisches Syndrom ankündigen."
Prof. Dr. Frank Sommer, Urologe und weltweit erster Professor für Männergesundheit
Männer und Gesundheit: Was ihr gegen Erektionsstörungen tun könnt
Belastung: Wenn Arbeit Männer krank macht
Viele vorrangig männlich besetzte Berufe und Tätigkeiten können die Gesundheit schädigen.
Schmutz, Lärm, Hitze, Rauch, Gase: Solchen Belastungen sind Männer in ihrem Job häufiger ausgesetzt als Frauen. Hier werden auch sozioökonomische Unterschiede deutlich, denn vor allem betrifft das Berufe im unteren Lohnbereich. Dazu kommen bei vielen körperlichen Arbeiten auch körperliche Abnutzungserscheinungen. Die Folge sind nicht selten gesundheitliche Langzeitschäden.
Auch in anderen, besser bezahlten Berufsgruppen gibt es schwierige Arbeitsbelastungen. Sie sind oft psychosozialer Natur und können Frauen genauso treffen. Aber: Traditionell definieren sich Männer mehr über ihre Arbeit. Status, Verdienst und Leistung spielen für sie weiterhin eine große Rolle. Viele Männer verstehen sich immer noch als Familienernährer. Das macht sie anfällig für Stress. Ein wichtiger Gesundheitsfaktor, vor allem für Herz-Kreislauferkrankungen, von denen Männer auch deshalb besonders häufig betroffen sind.
Lebensstil: Im Kloster leben Männer länger
In westlichen Industrienationen leben Frauen im Schnitt fünf Jahre länger als Männer. Experten gehen inzwischen davon aus, dass das nur geringfügig an biologischen Faktoren wie der Genetik liegt. Entscheidend für diese Erkenntnis war die Klosterstudie des Bevölkerungswissenschaftlers Marc Luy. Er hat die Lebensdauer von Mönchen und Nonnen miteinander verglichen. Die Lebensbedingungen der Geistlichen sind nahezu identisch und unterschieden sich zwischen den Geschlechtern wesentlich weniger, als das im Rest der Gesellschaft der Fall ist. Die Studie hat gezeigt, dass Mönche und Nonnen in etwa gleich lang leben.
Trotzdem kratze die Unterscheidung zwischen Männern und Frauen nur an der Oberfläche, sagt Anne Starker vom Gesundheitsmonitoring des RKI. "Die Gruppe der Männer oder die Gruppe der Frauen gibt es einfach nicht. Sie unterscheiden sich nach Alter, nach sozialer Lage, nach sexueller Orientierung und so weiter." Mittlerweile müsse man für solche Betrachtungen nicht nur Geschlechtersensibilität, sondern auch Geschlechterdiversität berücksichtigen.
Depressionen: Männer unterschätzen psychische Gesundheit
Die psychische Gesundheit wird bei Männern oft vernachlässigt. Depressionen äußern sich bei ihnen anders als bei Frauen.
Anders als Frauen kommunizieren Männer ihre Beschwerden deutlich weniger. Oft scheitert es an der eigenen Wahrnehmung. Das bestätigt der Urologe Frank Sommer: "Ich bin stark, ich bin groß, ich bin unbesiegbar. Das schwirrt so in den Köpfen rum. Mich trifft es nicht“. Besonders zeigt sich das bei psychischen Erkrankungen. Sie scheinen immer noch in erster Linie Frauen zugeschrieben zu werden. So werden männliche Depressionen häufig übersehen oder tabuisiert. Sogar von Ärzten, die bei Männern seltener ein Seelenleiden diagnostizieren oder entsprechende Medikamente verschreiben. Dazu kommt, dass Männer bei Depressionen ganz andere Symptome haben. Auch sie stehen im Einklang mit einem maskulinen Rollenbild: Aggression statt Trauer, ertränkt in Alkohol und manischer Arbeit. Erschreckend hoch ist die Suizidrate unter Männern - vor allem im jungen Alter. Mittlerweile gibt es daher Hilfsangebote, die sich speziell an Männer richten.
Männliche Gesundheit: Warum Vorsorge für Männer wichtig ist
Prostata, Stress, Sucht: Vorsorge würde Krankheiten vorbeugen
Männer leiden zwar öfter an chronischen Beschwerden, Stress und Suchtkrankheiten. Überraschenderweise nehmen sie sich selbst aber als gesünder wahr als Frauen. Der Urologe Frank Sommer glaubt, dass es auch daran liegt, dass sie Präventionsangebote weniger in Anspruch nehmen.
Gesundheitseinrichtungen versuchen seit Jahren, in ihren Angeboten auf männliche Ansprache zu achten. Trotz aller Bemühungen: Deutlich weniger Männer nehmen regelmäßig Krebsfrüherkennungsuntersuchungen in Anspruch als Frauen. Fatal ist das beim Prostatakrebs, dem am stärksten verbreiteten Karzinom bei Männern. Rund 65.000 Neuerkrankungen gibt es laut des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums jährlich. Das Bewusstsein für Prostatakrebs ist bei Männern deutlich geringer als das von Brustkrebs unter Frauen. Ein Grund dafür ist, dass Frauen sich schon ab der Pubertät regelmäßig untersuchen lassen.
Gesundheit: Männer brauchen mehr Bewusstsein
"Wichtig wäre es, Jungen das gleiche Körperbewusstsein mitzugeben wie Mädchen. Frauen sind es ab der Menstruation gewöhnt, sich regelmäßig untersuchen zu lassen - und nicht erst bei Problemen."
Anne Starker, Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring beim RKI
Lasst euch durchchecken: Hodenkrebs betrifft vor allem junge Männer
Vorsorge: Untersuchungen für Männer
- 18-35: Ein einmaliger allgemeiner Check-Up (Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin)
- Ab 35: Alle drei Jahre ein allgemeiner Gesundheits-Check-Up, einmaliges Screening auf Hepatitis B und C
- Alle zwei Jahre eine vollständige Hautuntersuchung zur Krebsführerkennung
- Ab 45: jährliche Prostatavorsorgeuntersuchung
- ab 50: Jährliche Stuhluntersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs, wahlweise zwei Darmspiegelungen im Mindestabstand von 10 Jahren
- ab 65: einmalige Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von Aneurysmen der Bauchschlagader
Mit dem richtigen Verhalten sind viele der "typisch männlichen“ Krankheiten vermeidbar. Und: Früh erkannt lassen sie sich meist gut behandeln. Die wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen werden von allen Kassen übernommen. Die linksstehenden Angebote richten sich sowohl an Männer als auch an Frauen, wobei rein männerspezifisch nur die Prostata- und Bauchaneurysmenuntersuchung ist. Frauen stehen darüber hinaus noch weitere Leistungen zu.
Männergesundheit: Mehr Quellen und Sendungen zum Thema männliche Gesundheit
Quellen:
Sendungen:
- "Der tödliche Unterschied, Teil 2 - Warum Geschlechterklischees krank machen": Gesundheit!, BR Fernsehen, 27.08.2024, 19.00 Uhr
- "Der tödliche Unterschied, Teil 1 - Wie Frauen und Männer falsch behandelt werden": Gesundheit!, BR Fernsehen, 20.08.2024, 19.00 Uhr
- "Männergesundheit und Erektionsstörungen": Campus Talks, ARD alpha, 05.08.2024, 22.30 Uhr
- "Der tödliche Unterschied: Wie die Medizin der Zukunft gerechter wird": alpha-thema: Gendermedizin, ARD alpha, 08.11.2023, 22.50 Uhr
- "Der tödliche Unterschied: Warum Geschlechterklischees krank machen": alpha-thema: Gendermedizin, ARD alpha, 08.11.2023, 22.15 Uhr
- "Nur ein kleiner Unterschied? Die Entdeckung der Gendermedizin": alpha-thema: Gendermedizin, ARD alpha, 08.11.2023, 21.00 Uhr
- "Gesundheitsrisiko Mann - Wie Männer gesund bleiben": ARD alpha, 30.03.2023, 21.00 Uhr
- "Was Sie über Prostatakrebs wissen sollten": Landesschau Rheinland-Pfalz, SWR, 23.07.2020, 18.45 Uhr