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Vibrionen Vorsicht vor Vibrio-Bakterien in Nord- und Ostsee

Sind Nord- und Ostsee wärmer als 20 Grad, werden gefährliche Bakterien im Wasser aktiv: Vibrionen. Badende und Menschen, die gerne Meeresfrüchte essen, können daran erkranken und sogar sterben. Wie häufig solche Fälle sind, wie man eine Infektion vermeidet und erkennt.

Stand: 13.08.2021

Junge Menschen ohne Vorerkrankungen trifft eine Vibironeninfektion eher selten. Gefährdet sind ältere Menschen mit chronischen Erkrankungen und geschwächtem Immunsystem. (Im Bild: Besucher des Ostseebades Scharbeutz)  | Bild: picture-alliance/dpa

Als Vibrionen werden Bakterien der Gattung Vibrio bezeichnet. Sie kommen weltweit natürlich im Salz- und Süßwasser vor. Bei einem Salzgehalt von 0,5 bis 2,5 Prozent und ab Wassertemperaturen von mehr als 20 Grad werden sie aktiv und vermehren sich stark. Das kann bei uns in heißen Sommermonaten in Nord- und Ostsee sowie in leicht salzhaltigen Binnengewässern durchaus vorkommen - und im Zuge des Klimawandels noch häufiger passieren.

Von Vibrionen verursachte Infektionen sind in Deutschland selten. Für Menschen mit Vorerkrankungen und geschwächtem Immunsystem können sie jedoch lebensbedrohlich, in Ausnahmefällen sogar tödlich sein.

Was sind Vibrionen?

Vibrio-Bakterien werden auch als Vibrionen bezeichnet. Mehr als hundert verschiedene Arten sind bekannt. Vibrio cholerae, Auslöser der Cholera, ist wohl das bekannteste Bakterium aus der Gattung der Vibrionen. Laut Robert Koch-Institut (RKI) wird Cholera in Deutschland nur als im Ausland erworbene Infektion diagnostiziert. Die sogenannten Nicht-Cholera-Vibrionen wie zum Beispiel Vibrio vulnificus oder Vibrio alginolyticus kommen jedoch auch bei uns vor. Vibrionen können Infektionen bei Menschen, Fischen oder Muscheln verursachen.

In Nord- und Ostsee: Wo und wann kommen Vibrionen vor?

Wo ist die Infektionsgefahr besonders hoch/niedrig?

Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich mit Vibrionen infiziert, ist laut RKI höher bei besonders flachen und sich dadurch schnell erwärmenden Küstenbereichen, noch dazu, wenn das an Flussmündungen einströmende Süßwasser den Salzgehalt reduziert. Weniger wahrscheinlich ist eine Infektion an Strandabschnitten mit tieferem Wasser und überall dort, wo Wellen, Strömungen und die Gezeiten die Wassersäule stärker durchmischen.

Vibrionen kommen auf der ganzen Welt in der ganz normalen Bakterienflora von Süß- und Salzwasser, hauptsächlich in Meeres- und Brackwasser, vor. Die Bakterien sind also kein Zeichen einer Verunreinigung. Die Gewässer dürfen allerdings nur leicht salzhaltig sein. Häufig findet man Vibrionen in Buchten, an Flussmündungen, Lagunen und flachen Strandabschnitten. Bei kälteren Wassertemperaturen sind Vibrio-Bakterien inaktiv und lassen sich nicht im Wasser nachweisen. Ab einer Temperatur von 20 Grad vermehren sie sich stark. In warmen Sommern können sie deshalb auch an der deutschen Nord- und Ostseeküste gefährlich werden.

Laut RKI sind auch aus anderen europäischen Ländern, die an die Nord- und Ostsee grenzen, Infektionen bekannt: Aus Schweden, Finnland, Dänemark, Norwegen und den Niederlanden zum Beispiel. Meldungen gibt es aber unter anderem auch vom Atlantik und dem Mittelmeer. Eine interaktive Karte, auf der die Verbreitung von Vibrionen verfolgt werden kann, hat das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) auf seiner Internetseite veröffentlicht. Infektionen mit Vibrionen sind auch aus den USA, Japan und Taiwan bekannt.

Wie gelangen Vibrionen in den Körper?

Die Erreger können beim Baden oder Waten im Wasser über offene und nicht verheilte Wunden in die Haut eindringen. Dies kann auch schon bei Hühneraugen der Fall sein. Vibrionen können aber auch über Wunden, die man sich im Wasser erst zugezogen hat, in den Körper gelangen - wenn man sich zum Beispiel an einer scharfkantigen Muschel schneidet. Passieren kann dies auch nach Verletzungen beim Zubereiten oder dem Verzehr von rohen oder nicht durchgegarten Meeresfrüchten und Fischen. Und natürlich beim Verschlucken von erregerhaltigem Wasser.

Welche Symptome treten bei einer Vibrionen-Infektion auf?

Die über die Haut eingetretenen bakteriellen Toxine können eitrige Wundinfektionen auslösen, die sich schnell ausbreiten. Betroffene Stellen müssen oft chirurgisch behandelt werden, das kann bis zur Amputation reichen. Ein frühes Symptom kann ein starker lokaler, übertrieben scheinender Schmerz sein. Fieber, Schüttelfrost und eine Sepsis, also Blutvergiftung, können hinzukommen. Nach dem Verzehr von Vibrionen können Magen-Darm-Erkrankungen auftreten: Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Bei schweren Verläufen kann es ebenfalls zu einer Blutvergiftung kommen. Wird die Sepsis nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann sie zum Mehrfachorganversagen oder einen Kreislaufschock führen und tödlich enden. Vibrionen können auch Ohreninfektionen, vor allem bei Kindern, auslösen.

Vibrionen-Infektion: Wann treten die ersten Symptome auf und wie werden sie behandelt?

Die Inkubationszeit ist mit vier bis 96 Stunden, je nach Bakterienart, kurz. Tauchen die beschriebenen Symptome auf, nachdem sie sich in Küstennähe aufgehalten haben oder sich dort noch im Urlaub befinden, sollten sie umgehend einen Arzt aufsuchen und ihn auf die Möglichkeit einer Vibriose hinweisen. Vibrio-Erreger lassen sich im Wundsekret, im Blut und in Stuhlproben feststellen. Behandelt werden Vibrionen-Infektionen in der Regel mit Antibiotika. Passiert dies zeitnah, sind sie auch bei Risikopatienten gut in den Griff zu bekommen.

Wer ist bei einer Vibrionen-Infektion gefährdet?

Junge und gesunde Erwachsene erkranken laut RKI nur selten und auch nicht schwer an einer Vibrionen-Infektion. Gefährlich sind die Bakterien vor allem für ältere sowie immungeschwächte Personen - dann reicht bereits eine geringe Keimzahl für die Ansteckung mit einer Vibrio-Infektion. Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Leber- oder Herzerkrankungen oder Krebs haben ein erhöhtes Risiko für eine Erkrankung und einen schweren Krankheitsverlauf. Bisher sind allerdings nur wenige Patienten in Deutschland an einer Infektion durch Nicht-Cholera-Vibrionen gestorben.

Vibrionen: Zahl der Infektionen in Deutschland

In Deutschland besteht seit dem Jahr 2020 eine Meldepflicht für Vibrio-Infektionen. Die Gesundheitsämter müssen Infektionen über die Landesbehörden an das RKI melden. Demnach treten Infektionen mit Vibrionen bei uns selten auf - wie das RKI mitteilt, könnten sie aber auch unterdiagnostiziert sein. Laut RKI werden jährlich bis zu 20 Fälle an deutschen Küsten bekannt. Gastroenteritische Fälle würden jedoch nur vereinzelt übermittelt. Einige Patienten starben nach RKI-Angaben an der Infektion. Betrachtet man die Fallzahlen im Verhältnis zur Anzahl der Badenden, sind sie gering - im Einzelfall kann eine Vibrionen-Infektion jedoch dramatisch enden.

BaltVib - das Projekt des IOW in Rostock

Ein internationales Forschungsprojekt mit Beteiligung von Forschern des Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde in Rostock (IOW) will herausfinden, wie man die Bakterien-Belastung an den Küsten auf natürliche Weise senken kann. Mit ihrem Projekt BaltVib erforschen die Wissenschaftler, ob spezielle Pflanzen- und Tiergesellschaften wie Seegraswiesen und Muschelbänke die Vibrionen-Belastung in Küstennähe auf natürliche Weise senken können, hieß es in der Pressemitteilung zum Start des Projekts im Mai 2021. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass pathogene, also krankmachende Vibrio-Arten in einer solchen Umgebung "deutlich reduziert sein können", berichteten die Forscher des IOW. Warum das so ist, wissen sie noch nicht. Sollte sich diese These bestätigen, könnten zur Abwehr von Vibrionen an belasteten Küsten gezielt Seegraswiesen oder Muschelbänke angesiedelt werden.

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Quellen und weiterführende Infos zu Vibrionen

Hier finden Sie mehr über Bakterien der Vibrio-Gattung:

  • Vibrionen: Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Nicht-Cholera-Vibrionen (Robert Koch-Institut)
  • Vibrionen und Vibrio vulnificus (Landesportal Schleswig-Holstein)
  • Vibrionen und Klimawandel: Können Natur-basierte Methoden das Gefährdungspotenzial in der Ostsee mildern? (Leibniz-Institut für Ostseeforschung)

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