Starlink-Satelliten Himmlischer Störfaktor oder digitale Chance?

Von: Franziska Konitzer

Stand: 25.10.2021

Immer wieder sieht man helle Lichterketten am Nachthimmel vorüberziehen. Diese Perlenketten, die sich über das Firmament erstrecken, sind kein natürliches Phänomen. Die einzelnen "Perlen" dieser Kette sind Satelliten, die dem US-Unternehmen SpaceX gehören. Sie sind Teil von Starlink, einem Projekt, dessen Ziel lautet, schnelles Internet aus dem All zu liefern. Jenseits von Kabeln könne man so überall auf der Welt Zugang zum Internet bekommen. Doch während die einen schon ihre SpaceX-Satellitenschüsseln im Garten aufstellen, ist den anderen das ganze Unterfangen ein Dorn im Auge.

Starlink-Satelliten des Unternehmens SpaceX in einer Langzeitbelichtung am Nachthimmel: Die Satelliten erscheinen als Lichterkette.  | Bild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Reed Hoffmann

Falcon9: Die Satelliten von Starlink bereit zum Start

Die Falcon9 Rakete steht zum Start bereit. Sie hat am 7. April 2021 einen neuen Schwung Starlink-Satelliten in einen niedrigen Erdorbit gebracht. Starlink soll weltweit Satelliteninternet ermöglichen. Allerdings ist das Projekt des US-Unternehmens SpaceX nicht unumstritten. | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | SpaceX

Im "Kopf" der Rakte befinden sich 60 Starlink-Satelliten.

Um Internet aus dem All bereitstellen zu können, müssen zunächst Satelliten ins All gebracht werden - so wie hier an Bord einer Rakete des Typs Falcon-9. Die Rakete und die Satelliten gehören dem US-Unternehmen SpaceX, dessen Gründer Elon Musk ist. Mit Starlink hat sich das Unternehmen ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Die Satelliten sollen weltweit Internetzugang bereitstellen. Ganz ohne Glasfaser und Kabel könnte man so auch mitten im Ozean im Netz surfen.

Ziel Erdumlaufbahn: Ein neuer Satz von 60 Starlink-Satelliten startet

Am 7. April 2021 bringt eine Falcon9 einen Satz aus 60 Starlink-Satelliten in eine niedrige Erdumlaufbahn.  | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | SpaceX

Eine Falcon-9-Rakete mit Starlink-Satelliten an Bord startet gen niedrige Erdumlaufbahn.

Das Ziel der Starlink-Satelliten ist eine niedrige Erdumlaufbahn. Niedrig heißt derzeit: rund 550 Kilometer über der Erdoberfläche. Zum Vergleich: Die Internationale Raumstation ISS oder die chinesische Raumstation Tiangong befinden sich rund 400 Kilometer über der Erdoberfläche. Übliche Telekommunikationssatelliten befinden sich in einer geostationären Umlaufbahn in 35.785 Kilometern Höhe.

Ein Blick zurück: Die Satelliten von Starlink werden im All ausgesetzt

Die Satelliten der Starlink-Konstellation bringt das Unternehmen SpaceX mit seinen eigenen Raketen in eine niedrige Erdumlaufbahn. Es werden meist sechzig Satelliten auf einen Schwung hinaufbefördert. Hier zu sehen ist der "Blick" der Satelliten zurück zur Erde.  | Bild: picture alliance / Newscom | SPACEX

Bevor SpaceX mit seinen Massenstarts an Satelliten im Jahr 2019 begann, befanden sich insgesamt rund 2.500 Satelliten in Erdumlaufbahnen.

Um jederzeit weltweiten Internetzugang bieten zu können, braucht es sehr viele Satelliten. Stand Ende Oktober 2021 waren rund 1.750 Starlink-Satelliten in einer Erdumlaufbahn. Das Unternehmen SpaceX hat befristete Genehmigungen für maximal 11.927 Satelliten bis 2027. Die Anträge für weitere 30.000 Satelliten sind bereits gestellt.

Neues Hobby: Statt Sterne Satelliten gucken?

Auf der Website satellitemap.space kann die Position aller Starlink-Satelliten angezeigt werden. Die Starlink-Satelliten erscheinen als weiße Punkte, die Empfänger sind in orange markiert. Zoomt man herein, erhält man weitere Informationen über die Namen und Höhen der Satelliten. | Bild: (satellitemap.space)

Die Position von Starlink-Satelliten kann in Echtzeit von mehreren Anbietern abgefragt werden.

Alle Starlink-Satelliten befinden sich in niedrigen Erdumlaufbahnen in einer Höhe von rund 550 Kilometern über der Erdoberfläche. Das Unternehmen SpaceX plant künftig, auch Satelliten in Höhen von lediglich rund 340 Kilometern zu betreiben. Die aktuellen Positionen der Satelliten kann man beispielsweise bei satellitemap.space oder space-track.org erfahren. Da sieht man sie allerdings aus dem All, quasi von oben. Die Website findastarlink.com verrät, ob, wann und wo von einer Position auf der Erde aus Starlink-Satelliten sichtbar sein sollten.

Einerseits garantieren diese niedrigen Umlaufbahnen eine kurze Signallaufzeit. Das ist von Vorteil, wenn man wie SpaceX schnelle Internetzugänge bereitstellen möchte. Allerdings ist in diesen Höhen der Luftwiderstand immer noch ein Faktor. Die Satelliten werden ständig ein wenig abgebremst. Steuert man dem nicht mit Schub aus den Triebwerken entgegen, würde der Satellit immer weiter absinken, schließlich abstürzen und in der Erdatmosphäre verglühen. Das allerdings ist auch eine Art Vorteil. Genau dieser Prozess ist es, durch den SpaceX seine manövrierunfähigen Satelliten entsorgen will.

Problemfall Starlink Elon Musks Satelliten stören die Sicht

Im Juli 2020 war Komet Neowise am Nachthimmel sichtbar, so wie hier über dem Norden von Wales, Großbritannien. Auch zu sehen: eine Kette von Starlink-Satelliten.  | Bild: picture alliance / Photoshot | -

Im Juli 2020 war Komet Neowise am Nachthimmel sichtbar. Auch zu sehen: eine Kette von Starlink-Satelliten.

Wenn die Satelliten von Starlink in einer Erdumlaufbahn ausgesetzt werden, ist diese zunächst noch recht niedrig. Die Satelliten reflektieren das Sonnenlicht und sind damit so hell, dass sie auf der Erde auch mit dem bloßen Auge gesehen werden können. Auf den ersten Blick mag die Lichterkette hübsch aussehen, sie stört aber die freie Sicht. Bei Himmelsbeobachtungen ist sie aber Astronomen im Weg.

Es ist die Menge an Satelliten, die Starlink zu einem Problem für die Astronomie macht. Denn professionelle Astronomen sind aufgrund der Lichtverschmutzung bereits seit Jahren an die entlegensten und dunkelsten Orte der Erde geflüchtet, um dort noch ihre Beobachtungen anstellen zu können. Selbst wenn die Starlink-Satelliten schon für das bloße Auge unsichtbar geworden sind, werden sie von Teleskopen immer noch gesehen und ruinieren Beobachtungen, auch an diesen astronomischen Rückzugsorten.

Man könnte die Bedürfnisse von Astronomen als Nebenschauplatz einer Zeitenwende im Satellitenbetrieb und der Infrastruktur des Internets abtun. Doch bisher war es so, dass wir Menschen einen ungestörten Blick in den Nachthimmel werfen konnten. Die Lichtverschmutzung hat ihn schon getrübt. Mehrere tausend hell leuchtende Satelliten würden die Optik am Himmel fundamental verändern - und zwar dauerhaft.

Problemfall Megakonstellation: Satelliten-Internet hat seinen Preis - für Astronomen

Starlink-Satelliten werden von nun an immer wieder astronomische Aufnahmen negativ beeinflussen, bzw. unbrauchbar machen. Diese Aufnahme entstand mit der DECam am Blanco 4-meter telescope des Cerro Tololo Inter-American Observatory (CTIO).  | Bild: CTIO/NOIRLab/NSF/AURA/DECam DELVE Survey

Starlink-Satelliten und andere Megakonstellationen sind jetzt schon ein Problem für die Astronomie.

Wo Satelliten mit dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar sind, werden die Starlink-Satelliten immer noch durch die Sichtfelder von Teleskopen schwirren. Besonders betroffen davon sein werden große Himmelsdurchmusterungen im sichtbaren Bereich. Der Blick in den Nachthimmel, er wird permanent gestört werden. Lichtverschmutzung ist bereits jetzt ein Problem, nicht nur für die Astronomie.

Allerdings lassen sich Lichter auf der Erde im Zweifelsfall ausschalten. Das geht bei Satelliten in der Erdumlaufbahn nicht, da sie das Sonnenlicht reflektieren. Sollten alle geplanten Satellitenkonstellationen realisiert werden, werden je nachdem, wo auf der Erde man sich befindet, zu jedem Zeitpunkt in der Nacht hunderte, wenn nicht gar tausende von Satelliten die freie Sicht auf den Himmel versperren. Zur Referenz: Pro Erdhalbkugel sind rund 3.000 Sterne mit dem bloßen Auge zu erkennen.

SpaceX hat angekündigt, die Helligkeit seiner Satelliten reduzieren zu wollen und arbeitet nach eigenen Angaben an einer Lösung des Problems. Aber auch SpaceX kann seine Satelliten nicht komplett unsichtbar machen. Am Ende ist es auch die schiere Menge, mit der sich Himmelsbeobachter arrangieren werden müssen - unfreiwillig.

Starlink: Hat das All ein Platzproblem?

Eine Falcon-9-Rakete wird zurückgebracht: Zwei Tage zuvor hatte die Trägerrakete Starlink-Satelliten ins All befördert. Die Trägerraketen von SpaceX können wiederverwendet werden.  | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Gene Blevins

Die Trägerrakete Falcon-9 von SpaceX kann nach einem Start wieder verwendet werden. Aber die SpaceX-Satelliten könnten zum Müllproblem werden.

Der Platz in den Erdumlaufbahnen ist begrenzt. Unser Orbits, und vor allem die niedrigen Erdorbits, sind ein begrenztes Gut. Weltraumschrott ist zu vermeiden, da er anderen Satelliten gefährlich werden könnte. Aufgrund der Menge an Starlink-Satelliten aber wird es immer wieder Ausfälle von Satelliten geben. Was passiert, wenn diese mit anderen Satelliten kollideren? Ganze Orbits könnten so unbenutzbar werden - aufgrund von Müll.

Das Entsorgen von Satelliten durch die Erdatmosphäre ist zwar gang und gäbe. Zwar war die Anzahl der Satelliten bislang noch begrenzt, Weltraumschrott ist trotzdem bereits jetzt ein großes Problem. Nun aber werden SpaceX und andere Unternehmen in Zukunft tausende Satelliten in die Erdumlaufbahnen einbringen. Diese müssen irgendwann auch wieder entsorgt werden. Ob dies negative Auswirkungen auf die Erdatmosphäre haben könnte - schließlich bestehen Satelliten aus anderem Material als das, was in Form von Staub, Meteoriden und Asteroiden jeden Tag auf die Erde prasselt - ist derzeit noch nicht bekannt.

Dieses Szenario geht auch davon aus, dass die Satelliten entweder kontrolliert in die Erdatmosphäre abgelenkt werden, oder aber früher oder später selbst aufgrund des Luftwiderstandes dort enden und verglühen. Allerdings sind die Satelliten von SpaceX nicht alleine dort oben in den Erdumlaufbahnen. Ein Zusammenstoß mit einem anderen Satelliten aber wäre fatal: Der dadurch entstehende Weltraumschrott würde zur Gefahr für weitere Satelliten. Ein Kaskadeneffekt könnte folgen, das sogenannte Kessler-Syndrom. Dadurch könnten ganze Erdumlaufbahnen unbrauchbar werden - nicht nur für die Betreiber der an der Kollision beteiligten Satelliten, sondern auch für alle anderen.

Dürfen die das? Erdumlaufbahnen gehören niemandem und allen.

Starlink-Satelliten werden vom US-Unternehmen SpaceX ins Weltall gebracht.  | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | SpaceX

SpaceX möchte noch weitere Starlink-Satelliten ins All bringen - viel mehr. Und auch die Konkurrenz hat große Pläne für den niedrigen Erdorbit.

SpaceX hat für seine Starlink-Satelliten Genehmigungen der US-amerikanische Aufsichtsbehörde Federal Communications Commission FCC erhalten. Das Wettrennen ist damit in vollem Gange. Weitere Unternehmen wie Amazon mit seinem Kuiper-Projekt, OneWeb aus Großbritannien oder das Land China möchten ihre eigenen Megakonstellationen gen Himmel schicken. Dort oben wird es noch voller werden. Derzeit sind rund 4.000 Satelliten im Orbit. In Zukunft könnten es über 60.000 werden.

Ab ins Internet: Wer kann Starlink schon nutzen?

Um Zugang zum Breitband-Internet via Starlink zu bekommen, braucht man zunächst eine Empfangsantenne und einen relativ großen Geldbeutel. Die Empfangsantenne kostet 499 Euro plus 59 Euro Versandgebühr. Um den Dienst zu nutzen, fallen monatlich Gebühren von 99 Euro an. Außerdem scheint die Starlink-Antenne bislang ein rechter Stromfresser zu sein. Schätzungen zufolge könnte ihr Betrieb mit rund 25 Euro pro Monat an Stromkosten zu Buche schlagen.

Inwieweit diese Kosten zum erklärten Ziel von Starlink passen, vor allem abgelegene Regionen ins Netz zu bringen, die sich Glasfaserkabelanschlüsse und dergleichen infrastrukturell nicht leisten können, ist nicht bekannt.

Studie: Wer braucht Starlink?

Satelliten des Satellitennetzwerkes 'Starlink' zeichnen sich ab in Walshufen, 23.05.2021. | Bild: picture alliance / photothek | Florian Gaertner

Laut einer Studie könnte Starlink das halten, was es verspricht - Satelliteninternet mit hohen Datenübertragungsraten und niedrigen Latenzzeiten.

Einer Studie der Universität Erlangen zufolge könnten Starlink und andere Megakonstellationen eine Möglichkeit darstellen, Haushalte einen Internetzugang zu verschaffen, die nicht zeitnah einen Glasfaserzugang bekommen könnten. Megakonstellationen seien demnach mit schnellem DSL oder LTE vergleichbar. Zwar könnten Benutzer sich auch über geostationäre Satelliten mit dem Internet verbinden. Diese ermöglichen zwar stabil hohe Datenübertragungsraten. Aufgrund der großen Entfernung der Satelliten sind allerdings die Latenzzeiten recht hoch, es gibt also eine vielleicht merkliche Verzögerung. Gaming und andere "interaktive Online-Spiele" sind somit nicht darüber in Echtzeit möglich - dafür bräuchte es tatsächlich Satelliten in niedrigeren Erdumlaufbahnen.

Megakonstellationen. Projekte für Satellitenkonstellationen

  • Die Satellitenkonstellation OneWeb wird seit 2019 aufgebaut. Im Mai 2020 war das Unternehmen insolvent und wurde teilverstaatlicht: Das Vereinigte Königreich verschaffte dem Unternehmen zusammen mit dem indischen Bharti-Konzern und anderen Unternehmen eine Finanzspritze. Es konnte weiter produziert werden. Die Satelliten kreisen in höheren Umlaufbahnen als die Starlink-Satelliten. Am 19. August 2021 hat OneWeb von Baikonur aus 36 Satelliten ins All geschickt. Damit kann OneWeb die Konnektivität in Großbritannien, Kanada, Alaska, Nordeuropa, Grönland und der arktischen Region bereitstellen. Die OneWeb-Konstellation im Orbit besteht damit aus 254 Satelliten. Das entspricht 40 Prozent der geplanten Flotte. Im Jahr 2022 sollen 648 Satelliten von OneWeb im All sein, als erste Generation der Konstellation, und eine weltweite Netz-Abdeckung bieten.
  • Das US-Unternehmen Amazon möchte mit seinem Projekt Kuiper ebenfalls Breitbandinternet aus dem All anbieten. Amazon strebt eine Konstellation von 3.236 Satelliten an. Projekt Kuiper befindet sich allerdings in einem früheren Stadium als Starlink oder OneWeb, denn noch ist kein Satellit im Orbit. Starten sollen die Satelliten an Bord von Atlas-V-Raketen - und nicht etwa an Bord der Raketen des Amazon-Gründers Jeff Bezos und seinem Unternehmen Blue Origin.
  • Neben Privatunternehmen wie SpaceX, Amazon oder OneWeb wollen auch Staaten mitmischen. Anscheinend plant China eine eigene Satellitenkonstellation aus rund 13.000 Satelliten: ein "nationales Netzwerk" Guo Wang. Erste Testsatelliten hat China bereits ins All befördert.