ARD alpha Uni Physiotherapie studieren
Du interessierst dich für Menschen, scheust keine Berührungen mit Fremden? Du findest den menschlichen Bewegungsapparat spannend und willst mit deiner Behandlung den Menschen zu mehr Lebensqualität verhelfen? Dann bist du richtig im Studium für Physiotherapie.
Zulassungsvoraussetzungen
Für den Studiengang Physiotherapie brauchst du die Allgemeine Hochschulreife, die fachgebundene Hochschulreife oder zumindest die Fachhochschulreife oder einen gleichwertigen ausländischen Bildungsabschluss.
Und bei vielen Fachhochschulen kannst du auch mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gesundheitsbereich ohne Fachhochschulreife studieren.
Viele Hochschulen setzen ein Pflegepraktikum voraus. Die notwendige Dauer dieses Vorpraktikums variiert je nach Hochschule. Abhängig vom Studienort kann auch ein gesonderter Eignungstest notwendig sein, der deine eigene Fitness und dein Einfühlungsvermögen prüft. Außerdem benötigst Du in der Regel ein ärztliches Attest, dass deine Eignung für diesen Studiengang bestätigt.
In Physiotherapie gibt es einen Numerus Clausus, der deutschlandweit in den letzten Jahren zwischen 1,7 und 2,3 lag, es gibt aber auch genügend Studiengänge, die du ohne NC studieren kannst. Und bei schlechteren Noten hast du trotzdem noch die Chance, dein Wunschstudium durch das Sammeln von Wartesemestern an der Wunsch-Hochschule mit NC anzutreten.
Studiendauer und Abschluss
Die Regelstudienzeit beim Physiotherapiestudium ist 7 Semester, das Besondere daran ist, dass du einen Doppelabschluss machst. Du schreibst im 6. Semester ein Staatsexamen, dass brauchst Du, damit du in Deutschland als Physiotherapeut anerkannt wirst. Und im 7. Semester machst du noch zusätzlich deinen Bachelorabschluss. Mit der bestandenen Abschlussarbeit bekommst du den Bachelor of Science (B.Sc.).
Zum Staatsexamen in Physiotherapie wirst du auch mit einer dreijährigen bundesweit einheitlich geregelten Ausbildung an Berufsfachschulen für Physiotherapie sowie an Krankenhäusern zugelassen. Der Studienbeginn ist meistens nur im Wintersemester möglich, um sicher zu gehen, informierst du dich am besten bei deiner Wunsch-Hochschule.
Speziell in Physiotherapie kann man aktuell keinen Master machen, aber man könnte z.B. mit Sportwissenschaften, Gesundheitswissenschaften weitermachen. Die Masterstudiengänge mit Schwerpunkt Physiotherapie heißen dann „Sportphysiotherapie“, „Sportphysiotherapie für Team– und Individualsportarten“, „Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie“ oder „Physiotherapiewissenschaft“.
Du kannst den Bachelor und Schwerpunkt-Master dual in Vollzeit oder berufsbegleitend studieren. Laut StudyCheck kannst du das Studium Physiotherapie in 48 Studiengängen an 36 Fachhochschulen, zwei Universitäten und zwei Akademien abschließen.
Studium versus Ausbildung
"Ich habe mich für das Studium entschieden, weil es doch sehr viel Spaß macht, ein bisschen wissenschaftlich zu arbeiten und kritisch Sachen zu begutachten. In den Praxisphasen erfährt man einerseits positive Meinungen zum Studium als auch eher negative Meinungen. Hauptsächlich ging es mir so, dass die meisten das eher gut fanden und auch sagten, dass man schon einen Unterschied sieht, wenn Physiotherapie studiert ist. Es ist größer gedacht. Es gibt aber auch viele Kollegen, die das hinterfragen und sagen, warum soll ich das studieren, wenn ich auch die Ausbildung machen kann."
Magdalena, Bachelor-Studentin für Physiotherapie an der TH Rosenheim im 5. Semester
Studieninhalte Worum geht es bei dem Physiotherapie-Studium?
In der akademischen Ausbildung zur Physiotherapeutin oder zum Physiotherapeuten arbeitest du sehr nah mit Menschen zusammen, du unterstützt sie, ihre Beschwerden zu lindern und somit ihre Bewegungsfreiheit wiederzugewinnen. Die Physiotherapie verbindet Bereiche der Medizin wie Neurologie, Psychiatrie, Pädiatrie und Innere Medizin mit der Bewegungslehre, Biometrie und Medizinethik. Und die Theorie ist eng verzahnt mit der Praxis, das ist das Besondere an dem Studiengang, den immer mehr Hochschulen als Bachelorstudiengang anbieten. Praxisphasen in Kliniken, Therapiezentren, Reha- und weiteren externen Einrichtungen sowie Übungen, Patientendemonstrationen in den Vorlesungen und Seminaren bereiten die Studierenden intensiv auf ihre spätere Tätigkeit vor.
Den Beruf Physiotherapeut:in gab es bereits in der Antike, im alten Griechenland standen den olympischen Athleten bereits Trainer zur Seite, sie überwachten die Übungen und sorgten für ihre Fitness, damit sie sich keine Muskelzerrungen holten und bei den sportlichen Höchstleistungen gesund blieben. Das heutige Berufsbild hat sich intensiv weiterentwickelt und ist dadurch sehr viel komplexer geworden. Waren es damals Sporttherapeuten, die mit durchtrainierten Athleten arbeiteten, legen die Physiotherapeut:innen heute sehr viel Wert auf die Verbesserung der Fitness aller Menschen, angefangen bei Neugeborenen bis zu höchstbetagten Senior:innen. Bei ihnen haben die Physiotherapeut:innen das Ziel z.B. den Bewegungsapparat nach Stürzen wiederherzustellen und dem Verschleiß der Gelenke entgegenzuwirken, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Studieninhalte des Bachelorstudiengangs Physiotherapie am Beispiel der Technischen Hochschule Rosenheim Themenblöcke:
- Physiotherapeutische Arbeitsfelder wie Diagnostik, Prävention und Rehabilitation
- Naturwissenschaftliche Grundlagen
- Sozialwissenschaften (Psychologie, Pädagogik, Kommunikation)
- Gesundheitssystem / rechtliche Grundlagen
- Methodenkenntnisse (wissenschaftliches Arbeiten / Forschungsmethoden)
- Management
1. Semester:
- Grundlagen physiotherapeutische Fach- und Methodenkompetenz
- Grundlagen angewandter Anatomie und Physiologie
- Allgemeine Krankheitslehre und Public Health
- Physiotherapeutische Basistechniken
- Grundlagen sozialkommunikativer Kompetenzen
- Anatomie in vivo – detailliert, verständlich und lebendig
2. Semester:
- Vertiefung angewandter Anatomie und Physiologie
- Spezielle Krankheitslehre
- Patientenorientierung in der physiotherapeutischen Diagnostik
- Physiotherapeutische Diagnostik mit Schwerpunkt Untersuchung
- Evidenzbasierte Physiotherapie (EBP) mit Schwerpunkt Funktions- und Aktivitätsförderung
3. Semester:
- Motorisches Lernen und Trainingslehre
- Praxisphase I (inklusive Praxisreflexion)
- Evidenzbasierte Physiotherapie mit Schwerpunkt chronische Erkrankungen
- Vertiefung sozialkommunikativer Kompetenzen
- EBP mit Schwerpunkt stationäre Versorgung
4. Semester
- EBP mit Schwerpunkt Prävention und Gesundheitsförderung
- Praxisphase II (inklusive Praxisreflexion)
- Wissenschaftliche Kompetenzen
- Evidenzbasierte Physiotherapie mit Schwerpunkt Partizipationsförderung
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit
5. Semester:
- Praxisphase III (inklusive Praxisreflexion)
6. Semester:
- Perspektiven der Physiotherapie
- Praxisphase IV (inklusive Praxisreflexion)
- Kompetenzen für den Direct Access
- Evidenzbasierte Physiotherapie mit Schwerpunkt ambulante Versorgung
7. Semester:
- Physiotherapeutisches Praxis- und Rehamanagement
- Schwerpunkt I
- Schwerpunkt II
- Bachelorarbeit
Beim Bachelorstudiengang Physiotherapie an der TH Rosenheim handelt es sich um ein Präsenzstudium in Vollzeit. Die Lehrveranstaltungen finden an den Hochschulstandorten Rosenheim und Wasserburg am Inn statt. Das Studium beginnt immer im Wintersemester zum 1. Oktober eines Jahres und dauert sieben Semester. Insgesamt erwirbst du 210 ECTS-Punkte.
Physiotherapie statt Medizin
"Für Physiotherapie habe ich mich entschieden, weil ich immer schon etwas mit dem Körper machen wollte. Ich interessiere mich für die Medizin und die Anatomie. Fürs Medizinstudium hätte ich den Schnitt nicht gehabt und das ist mir auch ein bisschen zu wenig Patientenkontakt. Als Therapeut hat man doch ein bisschen mehr Zeit mit dem Patienten. Und dadurch, dass ich auch super Sport interessiert bin und gerne auch mit den Menschen aktiv zusammenarbeite, war die Physiotherapie genau das Richtige. Ich liebe an der Physiotherapie, dass man so unglaublich vielen Menschen helfen kann und eine solche Wertschätzung von den Patienten zurückkommt, weil man gemeinsam an dem Ziel des Patienten zusammenarbeitet. Die Liebe, die man zurückbekommt, ist einfach unbeschreiblich."
Magdalena, Bachelor-Studentin für Physiotherapie an der TH Rosenheim im 5. Semester
Skills
- Interesse an Menschen
- Empathie
- Sozialkompetenz
- Medizinisches Interesse
- Fitness
- Deutliche Ausdrucksweise
- Pädagogisches Geschick
- Motivationsfähigkeit
- Gute Lernstrategien
- Stressresistenz
- Problemlösungsfähigkeit
- Belastungsfähigkeit mit guter körperlicher Konstitution
- Organisationstalent
- Flexibilität
Psychologische Komponente nicht zu unterschätzen
"Während des Studiums ist mir klar geworden, wie viel Psychologie wir eigentlich in unserem Alltag integrieren müssen, weil jeder, der eine Erkrankung hat, hat irgendwo so eine psychische Komponente mit dabei. Deswegen ist es ganz wichtig, individuell auf den Patienten einzugehen und seine ehrlichen Sorgen anzuhören, dass man ganz individuell das schafft, dem Patienten zu helfen, dass man einfach offen auf Menschen zugehen kann, keine Berührungsängste hat, weil man einfach wirklich sehr, sehr nah mit Patienten zusammenarbeitet und mit Leuten zusammenkommt, mit denen du sonst niemals so eine enge Beziehung eingehen würdest. Deswegen ist es ganz wichtig, dass man keine Hemmungen hat. Denn nur so kann man in der Physiotherapie sinnvoll arbeiten."
Magdalena, Bachelor-Studentin für Physiotherapie an der TH Rosenheim im 5. Semester
Beruf und Karriere
Nach dem Bachelor-Studium Physiotherapie hast du sehr viele Möglichkeiten, dich beruflich zu orientieren. Du kannst Berufserfahrung in Physiotherapie-Praxen, Reha-Kliniken und Krankenhäusern sammeln. Du kannst in spezielle Abteilungen gehen, von Neugeborenen-Stationen, über Unfall-Orthopädie-Abteilungen bis hin zu Onkologie- und Palliativstationen. Nach mehreren Jahren Berufserfahrung kannst du eine Leitungsfunktion anstreben. Oder du kannst dich gleich nach deinem Studium mit einer eigenen Praxis selbständig machen. (Textlink zu Film Physiotherapeut)
Du kannst dich auch auf Tier-Physiotherapie spezialisieren oder aus dem Therapie-Beruf in den Marketingbereich von Firmen für Gesundheitsmittel wechseln. Auch die Produktentwicklung steht dir offen zum Beispiel in der Sportbranche. Hier kannst du neue Schuheinlagen entwickeln, aber auch neuartige Sportgeräte zum Beispiel für den Reha-Betrieb.
Und du kannst weiterstudieren und zum Beispiel einen Master in Sportphysiotherapie, Sportwissenschaften oder in Ernährungswissenschaften machen und damit dein berufliches Feld sehr viel breiter aufstellen. So kannst du auch in die Forschung gehen, neue Therapieformen entwickeln und dich z.B. bei der Weiterentwicklung von Hilfsgeräten miteinbringen.
Gehalt
Das Gehalt von Physiotherapeut:innen hängt vom Arbeitgeber ab, je größer das Unternehmen oder die Praxis ist, desto höher wird dein Gehalt ausfallen. Mitentscheidend ist auch, in welchem Bundesland du arbeitest.
Laut Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit liegt das Durchschnittsbruttogehalt für den Beruf "Physiotherapeut:in" in der Berufsgattung "Berufe in der Physiotherapie - komplexe Spezialistentätigkeiten" bei 2.911 Euro brutto im Monat. Du kannst mit einem monatlichen Bruttogehalt von mindestens 2.459 Euro im Monat und höchstens 3.457 Euro im Monat rechnen.
Vergleicht man die Bundesländer, ist Berlin mit einem monatl. Bruttoentgelt von 3.293 Euro im Monat am höchsten dotiert, gefolgt von Hamburg (3.088 Euro im Monat), Baden-Württemberg (2.997 Euro im Monat) und Bayern (2.993 Euro im Monat). Rheinland-Pfalz bildet bei den ausgewerteten Bundesländern mit 2.926 Euro im Monat das Schlusslicht. Vergleicht man die Städte, liegt München mit 3.298 Euro im Monat an der Spitze.
Buchtipp Physio 2030 – Kompetenz-Kompass
Gehen wir in das Jahr 2030, über welche Kompetenzen müssen Physiotherapeut:innen dann verfügen, was muss notwendigerweise in der Physiotherapie-Ausbildung verändert werden? Basierend auf Studien zum Sollprofil physiotherapeutischer Kompetenzen (u.a. SoPHY-Studie 2030) und des KODE®KompetenzAtlas beleuchtet das Buch das Thema „Kompetenzen von Physiotherapeuten“ aus vielen verschiedenen Blickwinkeln, die die Entwicklung des Gesundheitssystems in den Fokus nehmen. Es werden dabei Wege gezeigt, die Ausbildung zu verbessern und damit die zukünftige Versorgungsqualität zu sichern. Die Autorin Dr. Annette Becker ist selbst ausgebildete Physiotherapeutin mit vielfältiger Erfahrung im Bereich der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften in Gesundheitsfachberufen.
Dr. Annette Becker – Physio 2030, Der Kompetenz-Kompass für die Ausbildung in der Physiotherapie. Ein Ausblick: Die Zukunft der physiotherapeutischen Berufe und der Wandel im deutschen Gesundheitswesen, 1. Auflage 2019, Pflaum Verlag