Lyrik verstehen Merkmale von Lyrik
Hans Magnus Enzensberger hat in einem Kommentar "Fisches Nachtgesang" als "Gedicht" klassifiziert: "Lakonischer als 'Fisches Nachtgesang' kann ein Gedicht nicht sein; das Wort einsilbig wäre bereits eine Übertreibung. Diskret bis zur Lautlosigkeit wird hier die Subversion betrieben: wir haben es mit einem vernichtenden Schlag gegen das poetische Herkommen zu tun, aber dieser Schlag wird mit der Eleganz eines Klassikers geführt, in vollendeter Form und mit einer Sparsamkeit der Mittel, die nur Bewunderung erregen kann. Das Gedicht, soviel steht fest, hat keine Silbe zuviel und keine Silbe zuwenig.
Es ist das außerdem einzige Gedicht, das ich auswendig rezitieren kann."
(aus: Hans Magnus Enzensberger: Keine Silbe zuviel, in: Marcel Reich-Ranicki (Hg.): Frankfurter Anthologie, Bd. 2, Frankfurt/M., 1977, S. 102)
Nenne (mindestens) drei Merkmale, warum der Text als zu recht als "Gedicht" bezeichnet werden kann. Warum könnte man auch bestreiten, dass es sich hier um Lyrik handelt?
Fisches Nachtgesang
(aus: Christian Morgenstern: Galgenlieder, Berlin, 1905)
Gründe, die für eine Einordnung als Gedicht sprechen:
- es gibt einen Titel
- die Zeilentrennungen können als "Verszeilen" verstanden werden
- der "Text" ist relativ kurz
- der Text wurde in einem Gedichtband publiziert
Gründe, die gegen die Einordnung als Gedicht sprechen:
- Das Gedicht ist nicht aus Sprache gestaltet, sondern es werden nicht-sprachliche Zeichen verwendet.