alpha Lernen - Physik

Reflexion und Brechung Übungen: Brechung der Lichtstrahlen

Von: Christian Döllinger

Stand: 25.08.2017

Symbol | Bild: Angela Smets/BR

Den folgenden kleinen Versuch zur Brechung kannst du zu Hause selbst ausführen. Du brauchst dazu einen Gegenstand, der "schwerer" ist als Wasser, z. B. eine Münze, außerdem einen tiefen Teller (Suppenteller). Lege nun die Münze so auf den Tellerboden, dass sie auf der dir abgewandten Seite des Tellers liegt. Entferne Dich dann so weit vom Teller, dass du die Münze gerade nicht mehr sehen kannst, weil sie durch den hohen Tellerrand abgeschirmt wird. Bitte dann jemanden, Wasser in den Teller zu gießen. Was stellst du fest?

Ab einer bestimmten Wasserhöhe ist die Münze plötzlich wieder zu sehen – wie ist das möglich? Machen wir uns die Anordnung anhand einer Zeichnung klar:










Das von der Münze reflektierte Licht (z. B. Sonnenlicht) wird durch den Tellerrand so abgeschirmt, dass es nicht ins Auge des Betrachters gelangen kann – dieser kann die Münze daher nicht sehen.










An der Grenzfläche Wasser – Luft, also beim Übergang vom optisch dichteren Stoff (Wasser) in einen optisch dünneren (Luft) wird das von der Münze ausgehende Licht vom Einfallslot weg gebrochen. Dadurch verläuft es in Luft flacher als im Wasser und kann infolgedessen ins Auge des Betrachters gelangen, obwohl dieser seinen Standort nicht gewechselt hat. Unser Gehirn ist auf eine geradlinige Ausbreitung des Lichtes fixiert und ortet die Münze in der geradlinigen Verlängerung der ins Auge fallenden Strahlen, es nimmt daher die Münze nicht am Boden des Gefäßes wahr – wo sie tatsächlich liegt – sondern um eine bestimmte Strecke angehoben. Der Anhebungseffekt ist umso größer, je größer die Brechzahl der verwendeten Flüssigkeit ist. Gießt man anstelle von Wasser (Brechungindex nWasser = 1,3) Zedernholzöl in das Gefäß, so entsteht das Bild der Münze noch näher an der Grenzfläche, ist also – bei gleicher Höhe der Flüssigkeit – stärker angehoben und wird beim Eingießen schon früher sichtbar.

In dem Experiment aus dem Film, bei dem ein Strohhalm schräg teilweise in Wasser eintaucht, erscheint dieser an der Grenzfläche zwischen Wasser und Luft abgeknickt. Erkläre diese Beobachtung.

Das scheinbare Abknicken ist eine unmittelbare Folge der (scheinbaren) Hebung von Gegenständen im Wasser – wie die folgende Skizze veranschaulicht:

Die unter der Wasseroberfläche gelegenen Abschnitte des Strohhalms (in der Skizze mit A und B bezeichnet) erscheinen dem Betrachter aufgrund der Brechung des von den entsprechenden Punkten ausgehenden Lichts beim Übertritt aus dem Wasser in die Luft angehoben (A' und B'). Die scheinbare Anhebung erfolgt proportional zur Tiefe unter der Oberfläche, sodass das vom Betrachter wahrgenommene Bild des Strohhalmabschnitts unter Wasser geknickt, aber immer noch geradlinig und nicht etwa gekrümmt verläuft.

Wenn Du den Film genau betrachtet hast, wird Dir vielleicht noch etwas aufgefallen sein: Der Strohhalm erscheint an der Stelle, an der er ins Wasser eintaucht, nicht nur geknickt, sondern auch ein wenig verschoben. Das hängt damit zusammen, dass zwischen dem Strohhalm und dem Betrachter eine Wasserschicht (und die Glasfläche, die aber nur dünn ist) liegt. Warum es zusätzlich zum Abknicken auch zu einer Verschiebung kommt, kann man sich anhand einer vereinfachten Anordnung klarmachen:

Linke Skizze: Der hinter dem wassergefüllten Behälter liegende Teil des Stohhalms erscheint parallelverschoben.

Beim Durchgang durch eine parallele Schicht eines durchsichtigen Stoffes, z. B. Glas oder Wasser, wird Licht zweimal gebrochen: beim Ein- und beim Austritt aus dieser Schicht. Dabei wird die Brechung beim Eintritt in die Schicht beim Austritt wieder ausgeglichen, d. h. das Licht verlässt die Schicht parallel zum einfallenden Licht, aber um die Strecke d parallel verschoben. Die Verschiebung ist bei gleichem Einfallswinkel umso größer, je dicker die parallele Schicht und je größer ihr Brechungsindex ist.

Die scheinbare Hebung von Gegenständen im Wasser kann man auch gut an einem Strand beobachten, wie die nebenstehende Abbildung zeigt. Da das Licht beim Übergang vom optisch dichteren Wasser in die optisch dünnere Luft vom Einfallslot weggebrochen wird, erscheinen die Beine unter Wasser verkürzt, denn das Auge des Beobachters vermutet bekanntlich den Ausgangspunkt der einfallenden Strahlen in deren geradliniger Verlängerung.

Eine weitere Täuschung, die durch die Brechung des Lichts beim Übergang vom Wasser in Luft verursacht wird, kann für Nichtschwimmer gefährlich werden: Man unterschätzt die Tiefe eines Gewässers, weil dessen Grund ebenfalls höher zu liegen scheint als dies tatsächlich der Fall ist.

Wegen der (scheinbaren) Hebung von Gegenständen im Wasser dürfen Fischer, die mit dem Speer auf Fischfang gehen, nicht genau auf den Fisch zielen, denn sie sehen den Fisch nicht an der Stelle, an der er sich im Wasser befindet, sondern etwas höher; sie müssen daher etwas tiefer zielen. Ein Seeadler löst das Problem dadurch, dass er etwas steiler ins Wasser taucht, als es der Lage des von ihm erspähten Fisches entspricht.

Ein erfreulicher Aspekt der Lichtbrechung: An einem wolkenlosen Sommertag kommen wir in den Genuss einer langen Sonnenscheindauer (am 21. Juni immerhin 16 Stunden). Steht die Sonne wirklich so lange über dem Horizont oder ist dabei noch etwas anderes im Spiel?

Hier kommen uns zwei Effekte zugute:

  1. Das Licht breitet sich zwar mit einer sehr hohen, aber doch endlichen Geschwindigkeit aus. Da die Sonne von der Erde ca. 150 Millionen km entfernt ist und sich das von ihr abgestrahlte Licht mit einer Geschwindigkeit von 300.000 km/s ausbreitet, benötigt es – um bis zur Erde zu gelangen – eine Zeit von 150.000.000 km/300.000 km/s = 500 Sekunden, also 8 min und 20 s. Das bedeutet aber, dass wir die Sonne abends noch ca. 8 ½ Minuten lang sehen können, obwohl sie bereits unter dem Horizont verschwunden ist. Wir gewinnen daher am Abend 8 ½ Minuten Sonnenschein (dieser Zeitgewinn geht allerdings bei Sonnenaufgang wieder verloren, da wir die Sonne erst 8 ½ Minuten, nachdem sie über den Horizont gestiegen ist, sehen. Dennoch profitieren wir von dieser Zeitdehnung beim Sonnenuntergang, da der entsprechende Zeitverlust am Morgen zumindest im Hochsommer vielen Menschen verborgen bleibt, weil sie zu dieser Zeit noch schlafen).
  2. Einen tatsächlichen Gewinn an Sonnenscheindauer haben wir dagegen der Lichtbrechung zu verdanken: Die optische Dichte eines Gases hängt außer von seiner Temperatur auch vom Druck und damit der (mechanischen) Dichte ab. Da die Erdatmosphäre mit wachsendem Abstand von der Erde wegen der Abnahme des Luftdrucks immer dünner wird, verringert sich auch ihre optische Dichte, je weiter man sich von der Erde entfernt: Oder anders herum – vom Sonnenlicht aus betrachtet: Nachdem das Sonnenlicht den leeren Raum (Vakuum) zwischen Sonne und Erde geradlinig zurückgelegt hat, tritt es beim Durchqueren der Atmosphäre in Luftschichten ein, die mit zunehmender Annäherung an die Erdoberfläche optisch immer dichter werden. Bei jedem Übergang in eine optisch dichtere Luftschicht wird das Licht daher leicht zum Lot hin gebrochen, wobei die Übergänge fließend, also weitgehend stetig erfolgen. Der Beobachter auf der Erde nimmt die Sonne aus der Richtung wahr, aus der ihr Licht am Ende seiner "Reise" in sein Auge eintritt, also nicht dort, wo sie sich tatsächlich befindet, sondern etwas höher am Himmel.

Die Skizze stellt den Unterschied zwischen wahrem und beobachtetem Sonnenstand stark übertrieben dar: Der Brechungsindex n der Luft nimmt beim Durchqueren der Atmosphäre nur sehr wenig zu: von n = 1 im leeren Raum oberhalb der Atmosphäre bis zum Wert von ca. n = 1,000266 an der Erdoberfläche (bei 15 °C und einem Luftdruck von 1000 hPa). Der größte Teil der Richtungsänderung erfolgt dabei auf den untersten 10 km der Atmosphäre, darüber ist die Luft bereits so dünn, dass ihr Brechungsindex praktisch nicht von dem des Vakuums abweicht.

Die als "Refraktion" bezeichnete scheinbare Verschiebung des Sonnenstandes hängt vom Einfallswinkel ab: Steht die Sonne im Zenit, so ist sie gleich 0, steht die Sonne am Horizont (Einfallswinkel nahezu 90°), so wächst sie auf etwa ein halbes Grad an.










Dieser Ablenkungswinkel ist geringfügig größer als der Winkel, unter dem uns die Sonnenscheibe erscheint:










Das bedeutet aber, dass wir beim Sonnenuntergang die ganze Sonnenscheibe noch sehen können, obwohl die Sonne in Wirklichkeit schon unter dem Horizont steht.

Die Abhängigkeit der Refraktion (also scheinbaren Hebung durch den Einfluss der Atmosphäre) vom Einfallswinkel macht sich beim Sonnenuntergang noch in anderer Weise bemerkbar: Die Sonnenscheibe ist unmittelbar vor dem Sonnenuntergang abgeplattet, da ihr unterer Abschnitt stärker gehoben erscheint als ihr höher über dem Horizont stehender oberer Abschnitt:










Beim Sonnenaufgang liegen die Verhältnisse ganz entsprechend: Wir können die leicht abgeplattete Sonnenscheibe beim Sonnenaufgang schon sehen, bevor die Sonne die Horizontlinie überschreitet. Für die Dauer des Sonnenuntergangs vom Zeitpunkt, an dem die Sonnenscheibe mit ihrem unteren Abschnitt am Horizont steht, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Sonnenscheibe gerade vollständig verschwunden ist, kann man eine Zeitspanne von ca. 6 Minuten ansetzen (abhängig von der Jahreszeit, im Winterhalbjahr dauert dieser Übergang wegen der zu dieser Zeit flacheren Sonnenbahn länger als im Sommer). Wir gewinnen also durch die Brechung des Sonnenlichts in der Atmosphäre insgesamt (weil der Sonnenaufgang synchron verläuft) ca. zweimal 6 Minuten = 12 Minuten an Sonnenscheindauer!

Kann man Gegenstände - ohne sie abzuschirmen - unsichtbar machen?

Ein Körper ist für uns dann sichtbar, wenn er das auf ihn fallende Licht streut, d. h. so reflektiert, dass ein Teil dieses Lichts in unser Auge fällt. Gibt man einen durchsichtigen Körper (etwa aus Glas) in eine Flüssigkeit, so können wir ihn nur dann wahrnehmen, wenn er einen anderen Brechungsindex als die Flüssigkeit hat. Stimmen nämlich die beiden Brechungsindizes überein, wie dies etwa für bestimmte Glassorten und Zedernholzöl der Fall ist, breitet sich das Licht innerhalb der Flüssigkeit und im betreffenden Gegenstand ungehindert und geradlinig aus, da es an der Grenzfläche weder gebrochen noch reflektiert wird. In diesem Fall bleibt der eingetauchte Gegenstand unserer Wahrnehmung verborgen.

Taucht man dagegen den Glaskörper (nGlas ≈ 1,5) in Wasser (nWasser ≈ 1,33), so können wir den Glaskörper im Wasser sehen, da das auffallende Licht (etwa der Sonne oder einer Lampe) an den Grenzflächen Wasser – Glas gebrochen und zum Teil reflektiert wird.

Warum sieht man beim Tauchen ohne Taucherbrille Gegenstände im Wasser nur unscharf?

Wir sehen einen Gegenstand nur dann scharf, wenn das von unserem Auge erzeugte Bild auf der Netzhaut liegt. Die Strahlen des von einem Gegenstandspunkt ausgehenden und in das Auge eintretenden Strahlenbündels müssen sich dazu auf der Netzhaut in einem Punkt, dem zugehörigen Bildpunkt, vereinigen.

Die dazu erforderliche Brechung der einfallenden Strahlen erfolgt überwiegend an der Hornhaut, die Augenlinse dient lediglich zur Feinjustierung der Abbildung. Die Brechzahl der Hornhaut stimmt in etwa mit der von Wasser überein. Unter Wasser befindet sich vor und hinter der Hornhaut Wasser (die Augenflüssigkeit – das Kammerwasser – hat praktisch denselben Brechungsindex wie das Wasser vor der Hornhaut), so dass die Hornhaut nicht zur Brechung beitragen kann. Die Brechkraft der Augenlinse allein reicht aber nicht aus, um das Bild eines unter Wasser betrachteten Gegenstandes auf der Netzhaut zu erzeugen, das Bild würde vielmehr – wie bei einem stark Weitsichtigen – ein ganzes Stück hinter der Netzhaut liegen und ist damit unscharf.

Durch Verwendung einer Taucherbrille erreicht man, dass sich vor der Hornhaut die in der Brille eingeschlossene Luft befindet, die Hornhaut kann somit ihre volle Brechkraft entfalten und in Zusammenwirken mit der Augenlinse ein Bild des unter Wasser betrachteten Gegenstandes auf der Netzhaut erzeugen, das der Taucher dann als scharfes Bild wahrnimmt.