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München leuchtet nicht für alle Risiko Armut

Es kann jeden erwischen. Das Armutsrisiko wächst auch im reichen Deutschland. Aber was heißt Armut, wie entsteht sie, wer ist gefährdet? Wie kann man gegensteuern? Eine Spurensuche zwischen Schatten und Licht.

Von: Simon Demmelhuber & Volker Eklkofer, ein Film von Martin Hardung

Stand: 18.01.2013

Ein Bettler sitzt mit seinem Hund am Kircheneingang in München im Winter. | Bild: BR/Volker Schmidt

München leuchtet. Aber nicht für alle. Schon lange nicht mehr. Immer mehr Menschen leben im Schatten der Armut. Der Wachstumszug hat sie abgehängt: Durch Schicksalsschläge, Krankheit, Arbeitslosigkeit, durch den Strukturwandel, die "Amerikanisierung" des Arbeitsmarktes, aber auch durch eigenes Unvermögen und Gründe, die in der Persönlichkeit des Einzelnen wurzeln.

Armutsfalle Großstadt

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In den Flaniermeilen der Landeshauptstadt, im Gedränge überfüllter Kaufhäuser, voller Cafés und schicker Restaurants ist die wachsende Verarmung nicht sichtbar. Sie hält sich bedeckt, duckt sich an die Ränder. Aber sie ist da, mitten unter uns. Bereits 2011 lebten 18 Prozent der Münchner an der Armutsgrenze oder darunter. Nahezu 120.000 Einwohner benötigten Sozialleistungen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Noch schlimmer ist die Armutsgefährdungsquote nur in Nürnberg, wo sie 2011 auf 19,6 Prozent kletterte. Damit liegen beide bayerischen Ballungszentren klar über der landesweiten Armutsgefährdungsquote von 11,3 Prozent und sogar über den 15,1 Prozent des Bundesdurchschnitts.

Die Menschen hinter den Zahlen

Wo packt die Armut zu, wer sind die 250.000 Münchner, die sie bereits verschlungen hat, oder zu verschlingen droht? Die Statistik bringt es an den Tag: Überdurchschnittlich stark von Armut betroffen sind Langzeitarbeitslose, Bezieher von Niedriglöhnen, Alte mit geringer Rente sowie Kinder von Migranten. Sie schaffen es seltener auf weiterführende Schulen, brechen häufiger ihre Ausbildung ab und haben kaum Chancen auf einen Beruf und ein selbständiges Auskommen.

Armutsrisiko Kind

Eine bittere Wahrheit ist zudem die extreme Armutsgefährdung kinderreicher Familien. Während Zweipersonenhaushalte ohne Kinder am häufigsten wohlhabend und am seltensten arm sind, verdoppelt sich in Haushalten mit Kindern mit der Geburt jedes weiteren Kindes das Armutsrisiko. Noch schlechter haben es nur allein erziehende Mütter und Väter getroffen. Sie gelten als Hochrisikogruppe und stellen das Gros der akut Armutsbedrohten bzw. Armen.

Armutsrisiko Wohnen

Warum schlägt die Armut ausgerechnet in Ballungszentren so stark zu? Warum nicht auf dem Land, wo es vergleichsweise weniger Arbeitsplätze gibt? Wieso beträgt die Armutsgefährdungsquote im bayerischen Oberland nur drei statt 18 Prozent wie in München? Die Gründe sind vielschichtig. Zum einen, weil hier der Anteil schlecht ausgebildeter Migranten am höchsten ist, zum anderen und hauptsächlich aufgrund der höheren Lebenshaltungskosten. Ein wesentlicher Armutstreiber, vor allem in München, ist dabei die Mietpreisexplosion. Von 2005 bis 2011 ist das Münchner Mietpreisniveau um 27 Prozent von 10 Euro auf 12,70 Euro pro Quadratmeter gestiegen und liegt damit inzwischen rund 86 Prozent über dem westdeutschen Durchschnitt.

Dadurch geben arme Haushalte mittlerweile rund die Hälfte ihres Nettoeinkommens allein für die Kaltmiete aus. Da bleibt zum Leben nicht mehr viel und "Spielgeld" schon gar keins. Zudem gelten unbezahlbare Wohnungen als ein Hauptgrund für die steigende Altersarmut.

Wegschauen ist keine Lösung

Wer den Kopf in den Sand steckt, ist blind für drohende Gefahr. Deshalb macht sich unser Film auf die Suche nach den Spuren und Auslösern der schleichenden Verarmung. Wir sprechen mit Armutsexperten und gehen dorthin, wo München nicht mehr leuchtet. Wir zeigen aber auch, dass Armut nicht unausweichlich ist, dass man sie bekämpfen, dass man etwas tun kann.

  • Beispielweise als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Münchner Tafel, die auf Großmärkten nicht verkaufte Lebensmittel einsammelt und an Bedürftige verteilt. Hier treffen wir den 18jährigen Dominik, der zwischen Schule und Beruf ein freiwilliges soziales Jahr einlegt, "um was für Menschen tun, die es schlechter erwischt haben im Leben".
  • Wir begegnen Madeleine, der allein erziehenden Mutter zweier Kinder. Sie hat ihre Selbstzweifel überwunden, mithilfe der Coaching-Maßnahme CofA eine freiwillige Berufsvorbereitung absolviert und nach längerer Arbeitslosigkeit endlich wieder einen Job gefunden.
  • Und wir lernen Burak kennen, den Sohn türkischer Zuwanderer, der nachts als Taxifahrer jobbt, um sein Studium zu finanzieren. Burak möchte Wirtschaftsingenieur werden, um dem Armutsrisiko durch eine qualifizierte Ausbildung zu entkommen.

Jedes Schicksal zählt

Das letzte Wort hat die Journalistin Katrin Hartmann. Sie hat ein Buch darüber geschrieben, wie Armut in Deutschland aussieht und warum immer mehr Menschen davon betroffen sind: "Wenn man diese Schicksale einzeln betrachten würde und diese Lebenswege, würden wir ein anderes Bild von Armut bekommen und würden auch verstehen, warum es in einem reichen Land so schnell möglich ist, so schnell arm zu werden".


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