Telekolleg - Deutsch


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6. Texte beurteilen 6.1. Die Nachricht

Fakten gehören in die Nachricht und Meinungen in den Kommentar - soviel ist klar. Doch wie wird das in der journalistischen Praxis umgesetzt? Was macht eine gut gemachte Nachricht aus?

Von: Stefan Bagehorn

Stand: 28.03.2019 | Archiv

"tagesschau" vom 23.03.2009: Eine klassische Nachricht

"Der Kommentar ist frei, die Fakten sind heilig" - der berühmte britische Journalist C. P. Scott hat mit diesem Satz aus dem Jahr 1921 eine journalistische Grundregel geschaffen: die Trennung von Information und Meinungsäußerung. Fakten gehören in die Nachricht und Meinungen in den Kommentar. Wir schauen uns heute beides an und gehen der Frage nach: Wie machen die Journalisten das, wie trennen sie Objektivität und Subjektivität?

Das Prinzip der abnehmenden Relevanz

Wenn eine Nachricht gut gemacht ist, dann reicht im Grunde schon die Schlagzeile. Zum Beispiel: "Daimler - Neuer Großaktionär aus Abu Dhabi" - wie die Meldung in der "tagesschau" vom 23.03.2009 lautete. Als Zuschauer weiß man dann schon ziemlich genau, worum es geht. Das ist natürlich kein Zufall, sondern vollste journalistische Absicht. Nachrichten im TV oder in der Presse sind nach dem Prinzip der abnehmenden Relevanz aufgebaut, das heißt, das Wichtigste kommt immer zuerst.

In der genannten "tagesschau"-Nachricht kommt am Ende ein Hinweis auf die Abhängigkeit des Golfstaats von "schwindenden Ressourcen". Das ist nicht uninteressant, aber deutlich weniger wichtig als die Information im ersten Satz: "Der Autohersteller Daimler hat einen neuen Großaktionär, einen Staatsfonds aus Abu Dhabi."

Objektiv und sachlich: kaum Adjektive

Eine Nachricht soll grundsätzlich objektiv und sachlich sein. Wie macht sie das? Indem sie zum Beispiel weitgehend auf Adjektive verzichtet, denn Adjektive sind oft wertend. In der "tagesschau"-Nachricht sind nicht mal eine Handvoll davon enthalten - und die sind - wie "neu", "ölreich", "abgesichert" und "schwindend" - auch noch rein beschreibend.

Neutral: die Verben

Ebenso neutral sind die verwendeten Verben: "haben", "bedeuten", "setzen", "versuchen". Der Stuttgarter Autohersteller "hat" einen neuen Großaktionär, einen "Staatsfonds aus Abu Dhabi". Es heißt nicht: "die Araber haben gierig ein Aktienpaket zusammengerafft" oder "Deutsche Wertarbeit ade - Mercedes zieht an den Golf". Die "tagesschau"-Nachricht behauptet nicht, sie vermutet nicht und sie wertet nicht - sondern sie berichtet: objektiv, sachlich und wertneutral. So wie es in einer Nachricht eben sein sollte.


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