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Rückblick auf die Bilanz 2010 UN-Artenschutzziele weltweit verfehlt

Die fast 200 Staaten der Vereinten Nationen hatten sich dem ehrgeizigen Ziel verpflichtet, das rapide Artensterben deutlich zu bremsen - schon bis 2010. Doch die Bilanz zu diesem Artenschutzziel ist niederschmetternd ausgefallen.

Stand: 01.04.2011 | Archiv

Der Feuersalamander (Salamandra salamandra) lebt in Mischwäldern mit naturnahen Bächen. Weil dieser Lebensraum zunehmend verschwindet, wurde der Feuersalamander zum Reptil des Jahres 2016 gekürt. | Bild: picture-alliance/dpa

In Europa sollen bis 2020 keine Tier- und Pflanzenarten mehr aussterben, so lautet das europäische Ziel für den Artenschutz. Eigentlich wollte die EU-Kommission das Artensterben schon bis zum Jahr 2010 unter Kontrolle bekommen. Deshalb wurde das Jahr 2010 zum Jahr der Artenvielfalt erklärt. Doch das alleine genügt bekanntlich ja nicht. Das Jahr verstrich und die anschließende Bilanz war ernüchternd:

"Das haben wir nicht geschafft", sagte der damalige EU-Umweltkommissar Janez Potocnik in Brüssel im Mai 2011. Zu diesem Zeitpunkt waren rund ein Viertel der europäischen Tierarten - darunter Säugetiere, Amphibien, Reptilien, Vögel und Schmetterlinge - vom Aussterben bedroht. Rund 88 Prozent der Fischbestände in der EU waren erheblich dezimiert. Nur 17 Prozent der untersuchten Lebensräume und Arten seien in guter Verfassung, hieß es in Brüssel zum Stand der bedrohten Artenvielfalt.

Erschreckender UN-Bericht

Den Pflanzen und Tieren geht es aber nicht nur in Europa an den Kragen. Die UNO hat 2010 einen weltweiten Bericht zur biologischen Vielfalt vorgelegt. Das Papier stützt sich auf 110 nationale Erhebungen. Viel Hoffnung lässt die weltweite Auswertung nicht: Fast ein Viertel der Pflanzenarten ist vom Aussterben bedroht. Der Bestand an Wirbeltieren ist allein zwischen 1970 und 2006 um fast ein Drittel geschrumpft. Süßwasserseen werden zunehmend von Algen bevölkert, die Weltmeere versauern, Korallenriffe sterben ab und der Regenwald könnte bald einer Savanne ähneln.

Jedes einzelne Land ist gescheitert

"Wir erreichen einen Wendepunkt, an dem der Schaden für den Planeten unumkehrbar ist, wenn wir nicht sofort handeln", sagte Ahmed Djoghlaf, der Generalsekretär der UN-Konvention zur biologischen Vielfalt. Dabei hatten sich die Vereinten Nationen (UN) den Schutz der Arten bereits groß auf die Fahnen geschrieben: Das Jahr 2010 war von ihnen zum "International Year of Biodiversity" ausgerufen worden, zum internationalen Jahr der Artenvielfalt. Bis dahin hätte der weltweite Artenschwund signifikant gebremst werden sollen. Jetzt ist laut Djoghlaf offensichtlich: "Nicht ein Land hat dieses Ziel erreicht."

Schutz der biologischen Vielfalt muss präsenter werden

Ein Amur-Leopard. In freier Wildbahn findet er nur noch 34 Artgenossen.

Noch immer gehen die biologische Vielfalt und damit der Reichtum der Erde in einem dramatischen und nie dagewesenen Ausmaß zurück, heißt es in dem Bericht. Der Schutz wird nicht zufriedenstellend in übergreifende politische Maßnahmen, Strategien und Programme eingebunden, mahnen die UN-Experten. Die Hauptursachen des Verlusts - die Zerstörung und Übernutzung von Lebensräumen und Arten, die Umweltverschmutzung, die eindringenden Arten und der Klimawandel - werden nicht ernsthaft bekämpft.

Internationales Übereinkommen

1992 beschlossen die Vereinten Nationen in Rio de Janeiro das "Übereinkommen über die biologische Vielfalt" (Convention on Biological Diversity CBD). Der Vertrag soll sicherstellen, dass Artenvielfalt und Ökosysteme weltweit besonderen Schutz erfahren. Die unterzeichnenden Staaten haben sich damit zwar zum Schutz der Artenvielfalt verpflichtet, können aber dennoch nicht zu konkreten Maßnahmen gezwungen werden. Deutschland legte seine Biodiversitäts-Strategie beispielsweise erst im Dezember 2007 vor.

Existenz von Millionen Menschen bedroht

20 Prozent aller Korallenarten stehen kurz vor der Ausrottung.

Deshalb erinnern die Vertreter der Vereinten Nationen in dem Bericht daran, dass mit dem Verlust der biogischen Vielfalt auch deren Leistungen für die Menschheit verloren gehen: Die Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Fasern, Medikamenten und frischem Wasser, die Bestäubung von Kulturpflanzen, das Filtern von Schadstoffen und der Schutz vor Naturkatastrophen sind gefährdet. Die Existenzgrundlage von Millionen von Menschen ist bedroht.

Kleiner Hoffnungsschimmer

Mehr als jede sechste Mangrovenart weltweit ist vom Aussterben bedroht.

"Bei gezieltem Mitteleinsatz und politischem Willen ist es durchaus möglich, den Biodiversitätsverlust zu verlangsamen", heißt es in einer Mitteilung des Bundesumweltministeriums. Mittlerweile gibt es in 167 von 192 vertraglich verpflichteten Ländern Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne. Sie führten bereits zu ersten Teilerfolgen: Der Flächenverlust von Tropen- und Mangrovenwäldern ist in einigen Regionen zumindest verlangsamt worden. Viele Tiere und Pflanzen sind weniger akut vom Aussterben bedroht, weil gebietsfremde Exemplare bekämpft wurden. 


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