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Literaturnobelpreis 2016 Bob Dylan - Ikone und Rock-Poet

Zum ersten Mal erhält ein Popmusiker den Nobelpreis für Literatur - und nimmt ihn vorerst gar nicht in Empfang. Bob Dylan wird für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Song-Tradition geehrt. Doch der scheue Star hat keine Zeit.

Stand: 09.12.2016 | Archiv

Bob Dylan | Bild: dpa-Bildfunk

Rund 20 Jahre lang wurde Bob Dylan (75) mit schöner Regelmäßigkeit für den Nobelpreis vorgeschlagen - und ging stets leer aus. Zu gewagt erschien es der Jury wohl, einem Musiker - und sei es auch der berühmteste Songschreiber überhaupt - die höchste Literaturauszeichnung der Welt zuzuerkennen. Nun hat sie sich getraut. Diesmal haben die favorisierten Romanautoren und Dramatiker das Nachsehen.

Von einigen Skeptikern abgesehen, dürften die meisten gut 50 Jahre nach Dylans Karrierestart anerkennen, dass der Autor von Folk-, Blues- und Rock-Lyrik wie "Blowin' In The Wind" und "Like A Rolling Stone" ein würdiger Preisträger ist. Den Pulitzer-Preis für "lyrische Kompositionen von außerordentlicher poetischer Kraft" hatte er ja bereits.

"Dylan ist eine Ikone. Sein Einfluss auf die zeitgenössische Musik ist groß."

Aus der Begründung der Schwedischen Akademie

Nicht vorab mit Dylan gesprochen

Für Dylan dürfte die Zuerkennung des Preises eine genauso große Überraschung gewesen sein wie für alle anderen. Die Jury habe vor der Verkündung am Donnerstagmittag nicht mit ihm gesprochen, sagte die Chefin der Schwedischen Akademie, Sara Danius, nach der Bekanntgabe. Sie wollte ihn aber so schnell wie möglich anrufen: "Ich denke, ich habe eine gute Botschaft".

Geehrter Star macht sich rar

singt mit Hut | Bild: Reuters (RNSP) Ki Price zum Artikel Dylan nimmt Nobelpreis an Nicht mehr sprachlos

Nach langem Schweigen hat sich Bob Dylan erstmals zur Auszeichnung mit dem Literatur-Nobelpreis geäußert. Er wolle ihn natürlich annehmen und auch zur Verleihung nach Stockholm kommen - vielleicht. Von Carsten Schmiester [mehr]

Doch es dauerte eine Weile, bis die Schwedische Akademie diese Botschaft wirklich an den Mann brachte: Bob Dylan blieb nach der Nominierung wochenlang unerreichbar und kratzte merklich an den Grenzen der Höflichkeit. Auch zur Verleihung des Preises am 10. Dezember in Stockholm wird der scheue Star nicht erscheinen.

Aus Robert Zimmerman wird Bob Dylan

Seinen Ruf als Revolutionär der Folk- und Rockmusik erwirbt sich Dylan schon Anfang der 60er-Jahre, als er die Zeichen einer unruhigen Zeit richtig deutet. Seinen Start als Singer-Songwriter beschreibt er später in der literarisch anspruchsvollen Autobiografie "Chronicles" (2004) so: "Amerika wandelte sich. Ich ahnte eine schicksalhafte Wendung voraus und schwamm einfach mit dem Strom der Veränderung."

Der als Robert ("Bobby") Allen Zimmerman geborene junge Mann aus Duluth in Minnesota benennt sich vermutlich nach einem literarischen Idol um, dem walisischen Dichter Dylan Thomas. Wütende Lieder wie "Masters Of War" oder "A Hard Rain's A-Gonna Fall" qualifizieren Dylan für die weltweite Jugend- und Protestbewegung. Danach mutiert er zum Rockmusiker mit elektrischer Gitarre, komponiert und textet Mitte, Ende der 60er Album- und Songklassiker in Serie. Seine mit Metaphern, Symbolen und Anspielungen durchsetzten Lyrics sind von beispielloser Qualität.

Nach wechselvollen, künstlerisch oft unbefriedigenden 70er- und 80er- Jahren kommt Dylans Rehabilitierung 1997 mit dem ersten großen Alterswerk "Time Out Of Mind" - einer Platte voller düsterer, anspruchsvoller Texte, die zu seinen besten zählen. Seitdem hat er einen Lauf, setzt alle paar Jahre Ausrufezeichen wie "Modern Times" (2006) oder das erneut von literarischen, geschichtlichen und biblischen Anspielungen wimmelnde "Tempest" (2012). Rund 100 Millionen Tonträger soll Dylan inzwischen verkauft haben.

220 Autoren nominiert

Im vergangenen Jahr hatte die Jury die weißrussische Schriftstellerin und Journalistin Swetlana Alexijewitsch "für ihr vielstimmiges Werk, das dem Leiden und dem Mut in unserer Zeit ein Denkmal setzt" ausgezeichnet. In diesem Jahr waren rund 220 Autoren für den Preis nominiert. Den Preisträger wählt die Schwedische Akademie, die aus Schriftstellern, Literatur- und Sprachwissenschaftlern und Historikern besteht, aus fünf Kandidaten auf einer Shortlist aus.

Deutschsprachige Literaturnobelpreisträger

Erst 13-mal ging bislang der Literaturnobelpreis an deutschsprachige Schriftsteller, drei davon Frauen. Unter den Preisträgern sind so berühmte Namen wie Paul Heyse, Thomas Mann und Günter Grass. Aber kennen Sie auch Theodor Mommsen oder Rudolf Eucken? Es muss nicht immer Literatur im strengen Sinne sein, wofür man den Literaturnobelpreis erhält. Eine kleine Auffrischung gibt's in unserer Bildergalerie deutschsprachiger Literaturnobelpreisträger.

Literaturnobelpreise seit 1995

2015: Swetlana Alexijewitsch
2014: Patrick Modiano
2013: Alice Munro
2012: Mo Yan
2011: Tomas Tranströmer
2010: Mario Vargas Llosa
2009: Herta Müller
2008: J.M.G. Le Clézio
2007: Doris Lessing
2006: Orhan Pamuk
2005: Harold Pinter
2004: Elfriede Jelinek
2003: J.M. Coetzee
2002: Imre Kertész
2001: V.S. Naipaul
2000: Gao Xingjian
1999: Günter Grass
1998: José Saramago
1997: Dario Fo
1996: Wislawa Szymborska
1995: Seamus Heaney


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