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Medizin-Nobelpreis 2021 für Sinnesphysiologe und Molekularbiologe David Julius und Ardem Patapoutian ausgezeichnet

Der Nobelpreis im Fachbereich Medizin oder Physiologie geht 2021 an die beiden Forscher David Julius und Ardem Patapoutian für ihre Entdeckung von Rezeptoren für Temperatur und Berührung im Körper.

Stand: 04.10.2021 | Archiv

Thomas Perlmann, Sekretär der Nobelversammlung und des Nobelkomitees, verkündet die Gewinner des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin 2021 während einer Pressekonferenz im Karolinska-Institut in Stockholm, Schweden, am 5. Oktober 2020. Der Nobelpreis für Physiologie und Medizin 2021 wurde an David Julius und Ardem Patapoutian. | Bild: picture alliance / TT NEWS AGENCY | Jessica Gow/TT

Für uns Menschen ist es überlebenswichtig, Wärme, Kälte und Berührungen zu spüren. Denn das ist die Basis für unsere Interaktion mit der Außenwelt. Wir nehmen diese Empfindungen zwar als selbstverständlich hin, doch aus wissenschaftlicher Sicht stellte sich bislang die Frage: Was löst Nervenimpulse aus, damit Temperatur und Druck wahrgenommen werden? Das Rätsel wurde von den diesjährigen Nobelpreisträgern gelöst.

Medizin-Nobelpreis 2021: Das sind die Preisträger

David Julius, ein US-amerikanischer Sinnesphysiologe, nutzte dafür Capsaicin. Das Alkaloid, das zu den schärfsten Substanzen zählt, wird aus Chilischoten gewonnen. Mithilfe dieser chemischen Verbindung konnte der Forscher einen Sensor in den Nervenenden der Haut identifizieren, der auf Hitze reagiert.

Ardem Patapoutian, ein libanesisch-amerikanischer Molekularbiologe und Neurowissenschaftler, verwendete druckempfindliche Zellen, um eine neue Klasse von Sensoren zu entdecken. Diese reagieren auf mechanische Reize in der Haut und in den inneren Organen.

Durch diese Entdeckungen konnten unter anderem Behandlungsmöglichkeiten für chronische Schmerzen und zahlreiche andere Krankheiten entwickelt werden. Sie hätten in der Folge zu einer raschen Verbesserung unseres Verständnisses darüber geführt, wie unser Nervensystem Wärme, Kälte und mechanische Reize wahrnimmt, so das Nobelpreiskomitee. Zusammenfassend identifizierten die Preisträger also entscheidende Lücken in unserem Verständnis des komplexen Zusammenspiels zwischen unseren Sinnen und der Umwelt.

Deutsche Medizin-Nobelpreisträger

Mit dem ersten Nobelpreis für Medizin wurde 1901 ein Deutscher ausgezeichnet: Emil von Behring. Er bekam ihn für seine Erfolge in der Serumtherapie, die im Kampf gegen die Diphtherie entscheidende Fortschritte brachte. Und die erste deutsche Frau, die einen Nobelpreis erhielt, bekam ihn ebenfalls im Fach Medizin: Christiane Nüsslein-Volhard wurde im Jahre 1995 zusammen mit zwei US-amerikanischen Kollegen für ihre Forschungen zur genetischen Steuerung der Embryonalentwicklung ausgezeichnet. 

Der bislang letzte Deutsche, der im Bereich Medizin geehrt wurde, ist Thomas Südhof im Jahr 2013: Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Mediziner, der auch die amerikanische Staatsbürgerschaft hat, hat mit zwei US-Kollegen das Rätsel gelöst, wie Zellen ihr Transportsystem organisieren.

Chronik: Medizin-Preisträger der vergangenen Jahre

  • 2021: David Julius und Ardem Patapoutian (beide USA) für die Entdeckung von Rezeptoren für Temperatur und Berührung im Körper 
  • 2020: Die US-Forscher Harvey J. Alter, Michael Houghton und Charles M. Rice für die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus
  • 2019: Peter Ratcliffe (Großbritannien), William Kaelin und Gregg Semenza (beide USA) für die Entdeckung, wie Zellen den Sauerstoffgehalt der Umgebung wahrnehmen
  • 2018: James P. Allison (USA) und Tasuku Honjo (Japan) für ihre Forschung an Proteinen im Kampf gegen Krebs
  • 2017: Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young (alle USA) für die Erforschung der Inneren Uhr
  • 2016: Yoshinori Ohsumi (Japan) für seine Forschung über die sogenannte Autophagie, die "Selbstverdauung" der Zellen
  • 2015: William Campell (Irland), Satoshi Ōmura (Japan), Tu Youyou (China) für die Bekämpfung von krankheitsübertragenden Parasiten
  • 2014: John O'Keefe (USA) und das Ehepaar May-Britt und Edvard Moser (Norwegen) für ihre Forschungen darüber, wie das menschliche Gehirn Ortsinformationen speichert und verarbeitet
  • 2013: James Rothman (USA), Randy Schekman (USA) und Thomas Südhof (Deutschland u. USA) für ihre Entdeckungen zu Transportprozessen in Zellen.
  • 2012: Der Japaner Shinya Yamanaka und der Brite John Gurdon für ihre Entdeckung, wie sich reife, spezialisierte Körperzellen in unreife, pluripotente Zellen umprogrammieren lassen.
  • 2011: Der US-Forscher Bruce A. Beutler, der Franzose Jules A. Hoffmann und der Kanadier Ralph M. Steinman haben mit ihren Forschungen Schlüsselprinzipien der körpereigenen Immunabwehr aufgeklärt.
  • 2010: Der Brite Robert Edwards brachte die erste künstliche Befruchtung einer menschlichen Eizelle im Reagenzglas zustande - und schuf damit das erste "Retortenbaby".
  • 2009: Die US-Amerikaner Elizabeth H. Blackburn, Carol W. Greider und Jack W. Szostak haben herausgefunden, was Zellen altern lässt und dabei das "Jungbrunnen"-Enzym entdeckt.
  • 2008: Der Heidelberger Tumorforscher Harald zur Hausen für die Entdeckung der Papilloma-Viren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen, sowie die Franzosen Françoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier für die Entdeckung des Aidserregers HIV.
  • 2007: Die US-Forscher Mario R. Capecchi und Oliver Smithies sowie der Brite Martin J. Evans für ihre Technik, bei Versuchsmäusen gezielt Gene auszuschalten
  • 2006: Die US-Forscher Andrew Z. Fire und Craig C. Mello für eine Technik, mit der sich Gene gezielt stumm schalten lassen.
  • 2005: Barry J. Marshall und J. Robin Warren (beide Australien) für die Entdeckung des Magenkeims Heliobacter pylori und dessen Rolle bei der Entstehung von Magengeschwüren.
  • 2004: Richard Axel und Linda Buck (beide USA) für die detailgenaue Enträtselung des Geruchssinns.
  • 2003: Paul C. Lauterbur (USA) und Sir Peter Mansfield (GB) für ihre Beiträge zur Anwendung der Kernspintomographie in der Medizin.
  • 2002: Sydney Brenner (GB), H. Robert Horovitz (USA) und John E. Sulston (GB) für die Erforschung des programmierten Zelltods als Grundlage zum Verständnis von Krebs, Aids und anderen Krankheiten.
  • 2001: Leland H. Hartwell (USA), Sir Paul M. Nurse (GB) und R. Timothy Hunt (GB) für Erkenntnisse über die Zellteilung, die neue Wege in der Krebstherapie ermöglichen.

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