Raumsonde BepiColombo bei Merkur Dritter Vorbeiflug am innersten Planeten
Die europäisch-japanische Raumsonde BepiColombo ist unterwegs zum Merkur. Der innerste Planet ist nicht leicht zu erreichen, doch 2025 will die Sonde in seinen Orbit einschwenken. Dazu fliegt sie am 19. Juni nochmal ganz dicht an Merkur vorbei.
Viel hört man nicht von BepiColombo, der Merkur-Sonde, die seit rund fünf Jahren unterwegs zum innersten Planeten im Sonnensystem ist. Dabei ist die Mission, die Europas Raumfahrtagentur ESA und Japans Raumfahrtagentur JAXA gemeinsam durchführen, ehrgeizig und außergewöhnlich. Doch noch ist BepiColombo "nur" unterwegs, auf seiner sieben Jahre dauernden Reise zu Merkur.
Dritter Flyby um Merkur
Doch am Montag, den 19. Juni 2023, wird es spannend für BepiColombo: Die Sonde macht ihren dritten Flyby (Vorbeiflug) an Merkur und kommt dabei ihrem Ziel schon sehr nahe: Um 21.34 Uhr unserer Zeit wird BepiColombo mit nur 236 Kilometern Abstand an Merkur vorbeirasen, auf seiner Nachtseite. Und hoffentlich neue Fotos machen. Das geht allerdings erst eine Viertelstunde später von der Tagseite des Planeten - dann bereits wieder aus einer Entfernung von rund 1.800 Kilometern.
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BepiColombos erste Bilder vom Merkur
Warum BepiColombo so viele Flybys macht
Warum schwenkt die Sonde nicht einfach in Merkurs Umlaufbahn ein? Da gibt es ein Problem: Merkur ist ein sehr kleiner Planet mit entsprechend wenig Masse und daher einer sehr überschaubaren Anziehungskraft. Ganz anders als die Sonne, die von Merkur nicht allzuweit entfernt ist: Die zieht mit ungeheurer Macht, auch an BepiColombo. Die Kunst ist es, die Sonde bei den vielen Flybys langsam so abzubremsen, dass sie von Merkurs Anziehungskraft gepackt wird. Leider bremst Merkur auch aus einem anderen Grund nicht sonderlich gut: Er hat keine Atmosphäre, eine Sonde wird also nicht durch Reibung abgebremst.
Weltraum-Reise: Sieben Jahre ist BepiColombo unterwegs
Vorbeiflüge (Flybys) der Raumsonde BepiColombo
10.04.2020: Erde
15.10.2020: Venus
11.08.2021: Venus
01.10.2021: Merkur
23.06.2022: Merkur
20.06.2023: Merkur
05.09.2024: Merkur
02.12.2024: Merkur
09.01.2025: Merkur
Erst am 5. Dezember 2025 wird die Sonde bei Merkur ankommen. BepiColombo fliegt nicht in einer geraden Linie zu Merkur, sondern nähert sich in vielen Schleifen. Neun Swingby-Manöver an Erde, Venus und Merkur sind insgesamt nötig, um BepiColombo in die Umlaufbahn um den Zielplaneten zu bringen.
Gestartet ist die Sonde am 20. Oktober 2018. Anderthalb Jahre später holte sie erstmals Schwung - mit einem nahen Vorbeiflug an der Erde am 10. April 2020. Im Oktober 2020 und im August 2021 folgten zwei Flybys an der Venus, seither macht BepiColombo seine Flybys schon um Merkur und kommt ihm dabei immer näher: Beim ersten Merkur-Flyby im Oktober 2021 auf rund 1.400 Kilometer Abstand, beim zweiten im Juni 2022 auf 920 Kilometer. Dabei machte BepiColombo auch schon jedesmal Fotos von Merkur.
BepiColombo: Zwei Satelliten, eine Raumsonde
Einer der beiden Merkur-Satellliten: Mercury Magnetospheric Orbiter MMO in der Montagehalle in Noordwijk
BepiColombo ist eigentlich ein Doppelpack: Die Sonde besteht aus zwei Satelliten, nämlich dem europäischen "Mercury Planetary Orbiter" (MPO) und dem japanischen "Mercury Magnetospheric Orbiter" (MMO). Beide sollen den Merkur ab dem Jahr 2025 auf unterschiedlichen Umlaufbahnen erkunden.
Die europäische Sonde MPO wird auf einer niedrigen Umlaufbahn, die über die Pole führt, die Oberfläche kartografieren und die innere Zusammensetzung des Planeten erforschen. Im Fokus stehen die Form und das Innere von Merkur, die Krater, Struktur und Geologie sowie die Zusammensetzung und Dynamik der Restatmosphäre. Die japanische Sonde MMO wird hingegen Merkurs Magnetfeld und dessen Wechselwirkung mit dem Sonnenwind untersuchen.
Wenn BepiColombo Merkur erreicht hat, sollen die beiden Orbiter mindestens ein Jahr lang den innersten Planeten des Sonnensystems umkreisen, bis Ende 2026.
ESA: "Anspruchsvollste interplanetare Mission"
Laut der Europäischen Raumfahrtagentur ESA ist BepiColombo ihre bisher anspruchsvollste interplanetare Mission. Der Planet Merkur, zu dem die Raumsonde reist, ist der innerste unseres Sonnensystems: Nur 58 Millionen Kilometer ist er von der Sonne entfernt. Der Abstand zwischen Erde und Sonne ist im Vergleich dazu fast dreimal so groß.
Ein Jahr dauert auf dem Merkur nur 88 Tage: In dieser Zeit umrundet er einmal die Sonne. Dabei dreht er sich aber nur eineinhalb Mal um seine eigene Achse. Das bedeutet: Auf dem Merkur dauert es von einem Sonnenaufgang bis zum nächsten knapp 176 Tage. Das sorgt für extreme Bedingungen: Tagsüber, wenn die Sonne herab brennt, wird es auf der Oberfläche bis zu 430 Grad Celsius heiß, nachts hingegen bis zu minus 173 Grad Celsius kalt.
Planet Merkur ist schwer zu beobachten
Merkur vor der Sonne beim Transit vom 9. Mai 2016. Das Bild ist aus Aufnahmen des Sonnenbeobachtungssatelliten SDO zusammengesetzt.
Merkur hat einen Durchmesser von 4.878 Kilometern. Damit ist er der kleinste Planet im Sonnensystem und nur wenig größer als der Erdenmond. Wegen der hohen Temperaturen und der geringen Anziehungskraft hat er so gut wie keine Atmosphäre. Weil Merkur die Sonne so eng umkreist, lässt er sich von der Erde aus nur schwer beobachten. Auch für Raumsonden ist der kleine Planet eine Herausforderung, denn die Strahlung der Sonne ist dort rund zehnmal stärker als auf der Erde. BepiColombo hat deshalb eine spezielle weiße Keramikbeschichtung, die dicker ist als bisherige Satellitenfolien. Diese Folien sind üblicherweise schwarz oder golden, um die Raumsonden gegen die Kälte im All zu schützen.
Nach Mariner und Messenger: Die dritte Mission zu Merkur
Merkur hat erst zweimal Besuch von der Erde bekommen. Die NASA-Raumsonde Mariner 10 flog am 16. März 1974 das erste Mal an ihm vorbei, im gleichen Jahr und 1975 folgten zwei weitere Passagen. Mariner 10 machte dabei über 4.000 Aufnahmen von Merkur und konnte knapp die Hälfte seiner Oberfläche erfassen.
Auch die zweite Merkur-Sonde war im Auftrag der NASA unterwegs: Messenger (Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry and Ranging) umkreiste 2011 bis 2015 den Merkur. Nachdem sie ihren letzten Treibstoff verbraucht hatte, schlug sie auf dessen Oberfläche auf. Messenger untersuchte die geochemische Zusammensetzung und Geologie von Merkur, den Planetenkern sowie die Polkappen.
BepiColombo wiegt über vier Tonnen und hat rund 1,3 Milliarden Euro gekostet. Eigentlich war der Start schon für 2013 vorgesehen, doch technische Probleme bei der Entwicklung hitzeresistenter Bauteile verzögerten die Mission.
Giuseppe "Bepi" Colombo und der erste Flug zum Merkur
Mariner 10 war die erste Raumsonde, die ein Swingby-Manöver an einem anderen Planeten vollführte, nämlich an der Venus. Bei einem solchen Manöver wird das Gravitationsfeld eines Planeten genutzt, um einer Raumsonde eine Richtungsänderung mitzugeben, um sie zu beschleunigen oder abzubremsen. Um eine Sonde in die Nähe des Merkurs zu bringen, muss man ihre Fluggeschwindigkeit mit solchen Manövern um etwa 60 Prozent verringern. Die erste derartige Flugbahn wurde von dem italienischen Ingenieur und Mathematiker Giuseppe "Bepi" Colombo (1920-1984) für Mariner 10 vorgeschlagen. Er war auch wesentlich an der Planung der NASA-Mission beteiligt.
Sendungen zum Thema
- IQ - Wissenschaft und Forschung: Raumsonde BepiColombo startet zum Merkur. 19.10.2018 um 18:05 Uhr, Bayern2
- IQ - Wissenschaft und Forschung: Besuch bei Merkur und Venus - Reise zu den vergessenen Planeten. 16.04.2019 um 18:05 Uhr, Bayern 2
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