Venustransit am 6. Juni 2012 Planetendrama mit abenteuerlicher Geschichte
Am 6. Juni 2012 war eine astronomische Rarität zu sehen, wo die Wolken es zuließen: Die Venus zog als kleines, pechschwarzes Scheibchen vor der Sonne vorbei. Verpasst? Wir haben die Bilder für Sie!
Morgens am 6. Juni 2012 zog die Venus vor der Sonne vorbei - als kleiner, schwarzer Punkt. Eigentlich war unser Nachbarplanet mehrere Stunden unterwegs, um die Sonnenscheibe zu durchwandern. Doch hier in Mitteleuropa ging die Sonne erst auf, als der Morgenstern seine Passage schon fast beendet hatte. Wo es eine Lücke am Wolkenhimmel gab, war zumindest der Schluss des Venustransits noch zu sehen. In Asien dagegen hatten die Menschen freie Sicht auf das Spektakel.
Seltenheitswert
Wer diesen Venustransit verpasst hat, wird den nächsten nicht erleben: Denn der findet erst in 105 Jahren statt. Eigenartig: Nach einem Transit kommt der nächste in acht Jahren, der übernächste aber erst mehr als ein Jahrhundert später. Der hauptsächliche Grund: Die Bahn der Venus ist etwas schräg abgekippt im Vergleich zu der der Erde.
"Edmond Halley glaubte, das ist das herausstechendste astronomische Ereignis, das es überhaupt gibt, mit dem das Universum vermessen werden sollte."
Dr. Gudrun Bucher, Wissenschaftshistorikerin, Offenbach
Venustransit im Zeitalter der Expeditionen
Der Venusdurchgang als seltenes Ereignis hat auch eine abenteuerliche astronomische Geschichte: Vor zweieinhalb Jahrhunderten brachen Menschen selbst zum entferntesten Fleck der Erdkugel auf, um den Planeten vor dem Zentralgestirn möglichst deutlich zu vermessen. Es waren Hunderte von Astronomen, die damals nach Amerika, Sibirien und nach Indien reisten, und das mitten im Siebenjährigen Krieg. Die Forscher nahmen zum Teil dramatische Abenteuer auf sich. Das Ziel der Expeditionen: Einen Venustransit von geographisch sehr unterschiedlichen Beobachtungspunkten aus vermessen, um den genauen Abstand zwischen Erde und Sonne auszurechnen.
"Im 18. Jahrhundert war der Venustransit die Lösung für eines der größten wissenschaftlichen Probleme der Zeit."
Andrea Wulf, Historikerin, London
Vor allem die gewagten, jahrelangen Reisen zur Vermessung der Venusdurchgänge 1761 und 1769 gelten heute als Beginn der großen wissenschaftlichen Expeditionsfahrten, die es bis heute gibt.
Der Himmel wird berechenbar
Die Abstände zwischen Erde, Venus und den Transitwegen, die der Planet von den unterschiedlichen Beobachtungspunkten auf der Erde aus gesehen nimmt, ergeben Dreiecke. Daraus errechneten die Himmelsforscher damals die Entfernung zwischen Erde und Sonne - gewissermaßen als "Urmeter" und Grundeinheit für die Distanzen im Sonnensystem. Sie ist es auch heute noch: Eine Astronomische Einheit AU ist so lang wie der mittlere Abstand von der Erde zur Sonne.
"Die Berechnungen, die im 18. Jahrhundert stattgefunden haben, waren in meinen Augen schon verdammt gut."
Gerhard Hartl, Astronomiehistoriker, Deutsches Museum München
Im Rückblick war das der Beginn der modernen Astrophysik. So wurde der Himmel für Menschen berechenbar, eine grundlegend neue Erfahrung. Noch Anfang des 17. Jahrhunderts hatte Galileo Galilei gravierende Schwierigkeiten mit der Kirche bekommen, als er die Sonne in den Mittelpunkt des Planetensystems rückte. Nun aber war der Himmel nicht mehr kosmisches Abbild einer göttlichen Ordnung, sondern zum quasi mechanischen Uhrwerk mit erkennbaren physikalischen Regeln und Funktionen geworden.
Buchempfehlungen
Gudrun Bucher, "Die Spur des Abendsterns. Die abenteuerliche Erforschung des Venustransits", Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt
Anschauliche Darstellung der astronomischen Bedeutung des Venustransits im 18.Jahrhundert
Andrea Wulf, "Die Jagd auf Venus und die Vermessung des Sonnensystems", C.Bertelsmann-Verlag München
Packende und detaillierte Schilderung der abenteuerlichen Reisen der Astronomen zu den Venustransits 1761 und 1769