ARD alpha Uni Lebensmittelchemiker

Von: Susanne Bauer-Schramm

Stand: 18.06.2024

Findest du Lebensmittel spannend? Isst du selbst gerne und probierst auch gerne etwas? Hast du Lust die Qualität und die Zusammensetzung von Lebensmitteln zu analysieren und zu bewerten und gleichzeitig Verbraucher:innen zu schützen? Wenn ja, dann wäre der Job als Lebensmittelchemiker:in sicher etwas für dich.

Joshua Berg, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker am Landeslabor Berlin-Brandenburg | Bild: BR/ Lissy Kölbner, Oliver Höpfner / picture alliance / dpa | Arno Burgi

Voraussetzungen für den Beruf Lebensmittelchemiker:in

Um als Lebensmittelchemiker:in zu arbeiten, benötigst du in der Regel ein abgeschlossenes Studium der Lebensmittelchemie. Es ist ein eigenständiges Studium, das an Universitäten und Hochschulen der angewandten Forschung angeboten wird. Wenn du als Lebensmittelchemiker:in arbeiten möchtest, reicht ein allgemeines Chemiestudium nicht aus, schon gar nicht, wenn du als staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker:in arbeiten möchtest.

Mit Studiengängen wie Chemie, Biochemie oder Lebensmitteltechnologie kannst du aber auch in der Lebensmittelindustrie unterkommen. Je nach Job musst du auch Kenntnisse in den Bereichen Analytik, Toxikologie und Mikrobiologie mitbringen. Und je nach Berufswunsch kann es von Vorteil sein, eine Promotion anzustreben, besonders wenn du im Forschungsbereich weiterkommen willst.

Du hast die Möglichkeit, Lebensmittelchemie entweder im Bachelor-Master-System, als Diplomstudiengang oder im Staatsexamen zu studieren. Beim Staatsexamen gibt es zwei Prüfungen: Das erste Staatsexamen wird oft als Masterabschluss anerkannt, während du das zweite Staatsexamen nach einer einjährigen praktischen Ausbildung, dem „Praktischen Jahr“, auch PJ genannt, nach deinem Master- oder Diplomabschluss ablegst. Danach darfst du dich „Staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker“ nennen.

Du kannst aber auch mit einem Bachelor- oder Masterabschluss direkt ins Berufsleben einsteigen.

Für das Studium der Lebensmittelchemie solltest du insgesamt etwa sechs Jahre einplanen, wenn du sowohl die Bachelor- als auch die Masterphase berücksichtigst. Das Bachelorstudium in Lebensmittelchemie dauert in der Regel sechs Semester und endet mit einem Bachelor of Science und einer Bachelorarbeit. Anschließend kannst du ein Masterstudium in Lebensmittelchemie oder einem verwandten Fach aufnehmen, das inklusive der Masterarbeit in vier Semestern abgeschlossen werden kann.

Als Staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker Lebensmittel bis ins kleinste Detail beurteilen 

Joshua Berg, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker am Landeslabor Berlin-Brandenburg | Bild: BR/ Lissy Kölbner, Oliver Höpfner

"Ich habe Lebensmittelchemie an der TU Berlin studiert, habe im Anschluss an mein Studium ein Jahr in einem industriellen Handelslabor gearbeitet und nach dem einen Jahr dann hier im Labor Berlin Brandenburg das praktische Jahr der Ausbildung zum staatlich geprüften Lebensmittelchemiker gemacht. Seit dem Ende der Ausbildung arbeite ich jetzt hier. Am meisten Spaß von den Sachen in meinem Job macht mir eigentlich die Beurteilung gerade auch von komplexeren Themen, weil es immer so ein bisschen wie ein Puzzle ist. Die chemischen Ergebnisse mit den restlichen Bezügen zusammen zu packen und daraus so ein Komplettpaket zu basteln, am Ende eine Beurteilung zu haben, die bestimmt, dieses Lebensmittel ist jetzt okay oder eben nicht."

Joshua, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker am Landeslabor Berlin-Brandenburg

Welche Skills brauchst du als staatlich geprüfte/r Lebensmittelchemiker:in?

Um als staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker:in effektiv und verantwortungsvoll arbeiten zu können, die Lebensmittelsicherheit und -qualität zu gewährleisten und im Beruf erfolgreich zu sein, brauchst du eine Kombination von Skills aus fachlichen Kenntnissen, praktischen Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen.

Laut dem Bundesverband der Lebensmittelchemiker:innen im öffentlichen Dienst e. V. gehören zu den fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten

Chemische Analyse:

  • Fundierte Kenntnisse in organischer und anorganischer Chemie.
  • Beherrschung analytischer Methoden wie Spektroskopie (IR, UV/VIS), Gaschromatographie (GC), und Flüssigchromatographie (HPLC) und Massenspektrometrie (MS)


Mikrobiologie und Toxikologie:

  • Kenntnisse über die mikrobiologischen Aspekte der Lebensmittelsicherheit, einschließlich der Identifizierung von Pathogenen.
  • Verstehen von toxikologischen Bewertungen und Risikobewertungen von Lebensmittelzusatzstoffen und Kontaminanten.


Qualitätsmanagement:

  • Erfahrung mit Qualitätssicherungssystemen wie HACCP, ISO 22000 und anderen relevanten Standards.
  • Implementierung und Überwachung von Qualitätskontrollprozessen.


Lebensmittelrecht:

  • Verständnis der nationalen und internationalen Vorschriften und Standards, die die Lebensmittelsicherheit und -qualität betreffen, wie z.B. die Lebensmittel- und Futtermittelgesetzgebung (LFGB) in Deutschland, EU-Verordnungen und Codex Alimentarius.


Praktische Fähigkeiten sind entscheidend für die Professionalität in Laborarbeit:

  • Geschicklichkeit im Umgang mit Laborgeräten und -instrumenten.
  • Fähigkeit, präzise und reproduzierbare Laboranalysen durchzuführen.

Datenanalyse und -interpretation:

  • Auswertung von Analyseergebnissen und deren Interpretation im Kontext der Lebensmittelsicherheit und -qualität.
  • Verwendung von statistischen Methoden zur Datenanalyse.


Dokumentation und Berichtswesen:

  • Fähigkeit, detaillierte Laborberichte zu erstellen.
  • Dokumentation der Analysen und der Ergebnisse gemäß den gesetzlichen Anforderungen.


Bei den organisatorischen und sozialen Kompetenzen sind entscheidend

Teamarbeit und Kommunikation:

  • Fähigkeit zur Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams.
  • Gute Kommunikationsfähigkeiten, um Ergebnisse und Erkenntnisse mit Kolleg:innen, Vorgesetzten und externen Partnern zu teilen.


Problemlösungsfähigkeit:

  • Fähigkeit, analytische und technische Probleme zu identifizieren und zu lösen.
  • Kreativität bei der Entwicklung neuer Analyseverfahren und -methoden.


Eigenverantwortlichkeit und Selbstmanagement:

  • Selbstständiges Arbeiten und gutes Zeitmanagement.
  • Verantwortungsbewusstsein und Genauigkeit in der Arbeit.


Weiterbildung und Anpassungsfähigkeit:

  • Bereitschaft zur kontinuierlichen Weiterbildung, um mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und technologischen Entwicklungen Schritt zu halten.
  • Anpassungsfähigkeit an sich ändernde gesetzliche und regulatorische Anforderungen.
  • Berufsethische Kompetenz


Integrität und Verantwortungsbewusstsein:

  • Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesundheit der Verbraucher:innen.
  • Einhaltung ethischer Standards in der Lebensmittelsicherheit und -prüfung.

Routine und trotzdem Stress Verdachts- und Beschwerdeproben testen 

Joshua Berg, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker am Landeslabor Berlin-Brandenburg | Bild: BR/ Lissy Kölbner, Oliver Höpfner

"Manchmal bin ich schon ein bisschen nervös, wenn Proben kommen. Gerade Sachen, die ich noch nicht so oft bearbeitet habe. Das Studium und das PJ haben mir schon recht guten Überblick gegeben über viele Lebensmittel und wie die meisten Lebensmittel zu beurteilen sind. Aber es kommen doch auch immer wieder Exoten, wo ich mich dann mit den Kollegen, die schon länger hier sind, absprechen muss. Die Lebensmittel kommen aus allen Lebensmittelbetrieben, also aus dem Einzelhandel, aus dem Großhandel, aus Restaurants, überall wo Lebensmittel in irgendeiner Form verkauft oder auch produziert werden. Die werden dann von den Kollegen, von den Lebensmittelkontrolleuren, genommen und an uns weitergeleitet. Verdachtsfälle, also Verdachtsproben von den Lebensmittelkontrolleuren, kommen relativ regelmäßig, alle ein, zwei Tage. Dann gibt es ja auch noch Beschwerdeproben, die auf Verbraucherbeschwerden basieren, wo ein Verbraucher ein Lebensmittel gekauft hat und dann irgendwie nicht zufrieden war und es dann gemeldet hat. Die kommen komplett unregelmäßig, wir haben manchmal in einer Woche drei und dann auch wieder mehrere Monate nichts."

Joshua, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker am Landeslabor Berlin-Brandenburg

Beruf und Karriere

Staatlich geprüfte Lebensmittelchemiker:innen, die für Regierungsbehörden arbeiten, stellen sicher, dass Lebensmittel unbedenklich sind. Es handelt sich hier um eine sehr verantwortungsbewusste Tätigkeit. Dafür müssen Lebensmittel erstmal sensorisch eingeschätzt werden, damit bei den anschließenden Tests im Labor die richtigen Daten herauskommen. Auf deren Grundlage schreiben staatlich geprüfte Lebensmittelchemiker:innen eine rechtliche Beurteilung. So wird entschieden, ob Lebensmittel aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Außerdem überprüfen staatliche geprüfte Lebensmittelchemiker:innen an Landeslaboren der Bundesrepublik Deutschland auch regelmäßig Gastronomen, Nahrungsmittelfirmen oder auch Pharmazieunternehmen, ob sie gesundheitliche Standards einhalten.

Alle Lebensmittel, die in Deutschland verkauft werden, müssen sicher sein, deswegen gibt es behördliche Lebensmittelprüfer, die Tests durchführen, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Als Lebensmittelchemiker:in außerhalb von Behörden kannst du dich in folgenden Branchen verwirklichen:

  • Lebensmittelindustrie
  • Kosmetikbranche
  • Pharmabranche
  • Tabakprodukte
  • Textilbranche
  • Spielzeugherstellung
  • Konsumgüterindustrie innerhalb des Chemiesektors - Haushaltschemikalien (Produktion von Haushalts- und Reinigungsprodukten, einschließlich Waschmitteln, Geschirrspülmitteln, Seifen und anderen Reinigungsprodukten)


Hier gibt es unterschiedlichste Karrieremöglichkeiten in den typischen Tätigkeitsbereichen, die sich sehr weit erstrecken:

  • Lebensmittelanalyse und -kontrolle
  • Lebensmittelentwicklung und -produktion
  • Qualitätsmanagement
  • Forschung und Entwicklung


Oft arbeiten Lebensmittelchemiker:innen fachübergreifend mit anderen Fachleuten in den Bereichen der Verbrauchs- wie Gebrauchsgüterindustrie zusammen.

Um ihr Fachwissen den aktuellen Trends und Entwicklungen anzugleichen, sollten Lebensmittelchemiker:innen regelmäßig Weiterbildungen machen, wie zum Beispiel in diesen Themenbereichen:

  • Analytische Chemie
  • Verfahrenstechnik
  • Lebensmittelrecht
  • Blockchain-Technologie
  • Biologie, Biotechnologie
  • Forschung und Entwicklung
  • Qualitätsmanagement

Zwischen Verantwortung und Risiko Mit giftigen Stoffen umgehen

Joshua Berg, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker am Landeslabor Berlin-Brandenburg | Bild: BR/ Lissy Kölbner, Oliver Höpfner

"Wirklich giftig und dann auch akut? Hatte ich zum Glück noch nicht. Gibt es definitiv. Gerade wenn man sich die mikrobiologischen Parameter anguckt, z.B. ein frischer Kuchen, der nicht durchgebacken wurde. Wenn der dann nicht richtig gekühlt wird und dann da schon was drauf wächst und es trotzdem noch verkauft wird, hatte ich noch nicht. Und da ist es dann natürlich umso wichtiger, dass möglichst schnell der Erzeuger oder Springer informiert wird, dass er das nicht mehr verkaufen darf, damit es da wirklich keine Gefahr gibt, dass sich jemand aus der Bevölkerung was einfängt. Das ist immer schon eine große Verantwortung und trägt auch eine gewisse Schwere mit sich. Also wenn ich jetzt sage, das darf nicht mehr verkauft werden, dann hat das ja sowohl bei den Kollegen, bei den Ämtern als auch am Ende beim Verbraucher Auswirkungen. Die müssen ja dann gucken, dass sie das aus dem Verkehr ziehen. Das trägt auch eine gewisse Schwere mit sich, wenn ich dann weiß, okay, wenn der Test jetzt positiv ist, dann kann das wirklich ein Risiko für die Gesundheit von Verbrauchern darstellen."

Joshua, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker am Landeslabor Berlin-Brandenburg

Gehalt

Das Bruttomonatsgehalt von Lebensmittelchemiker:innen in der Altersgruppe von 25 bis 54 Jahren liegt zwischen 3.997 und 6.750 Euro. Die Gehälter im Entgeltatlas der Bundesarbeitsagentur werden immer auf der Basis von Tausenden von Arbeitgebern gemeldeten, wenn Sozial- und Rentenversicherungsangaben angegeben werden. Frauen verdienen im Schnitt über 1.000 Euro weniger im Monat. Vergleichst du die Gehälter nach Bundesländern, bekommst du im Schnitt in Nordrhein-Westfalen ein Monatsgehalt von 5.765 Euro/brutto, dagegen in Bayern 4.960 Euro/brutto.

Durch ihre höheren Bildungsabschlüsse haben staatlich geprüfte Lebensmittelchemiker:innen bessere Chancen auf eine Karriere mit Führungsposten und spezialisierten Aufgaben.

Laut dem Bundesverband der Lebensmittelchemiker/-innen im öffentlichen Dienst e.V. kannst du als Lebensmittelchemiker:in im öffentlichen Dienst mit einem Jahresbruttogehalt von 50.260,56 Euro nach TV-L 2023 E13 rechnen.

Dein Gehalt als Lebensmittelchemiker:in hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Branche
  • In der Pharmabranche verdienst du am meisten, etwa 56.000 Euro brutto pro Jahr. Diese Branche ist krisenfest und hat viele große Unternehmen. In der Lebensmittelindustrie sind die Gehälter oft niedriger als in der Pharmabranche.
  • Unternehmensgröße
  • Große Unternehmen: Sie zahlen mehr, da sie oft Tarifverträge haben, die Mindestlöhne festlegen. Bei kleinen Start-ups sind die Gehälter in der Regel niedriger. Vergleichst du ein Unternehmen mit weniger als 200 Mitarbeitenden mit einem Unternehmen mit mehr als 20.000 Mitarbeitenden, kommt schnell eine Differenz von um die 22.000 Euro/brutto im Jahresgehalt heraus.
  • Bundesland
  • In Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg sind die Gehälter höher als in Bundesländern wie Sachsen oder Thüringen.


Nach Stand 06/2024 bekommst du das beste Gehalt, wenn du in einer großen Firma in der Pharmabranche in Westdeutschland arbeitest.

(Quelle: Absolventa.de)

Der Einstieg in die Wissenschaft und dabei ein gutes Gehalt zu bekommen, ist meist nur mit Promotion möglich.