Kommunikation und Sprache Störungen erkennen 2
Es ist Frühling. Katharina schiebt die Gardine zur Seite, blinzelt und sagt leise vor sich hin: "Endlich scheint die Sonne." Lars sitzt am Schreibtisch. Er wirft seinen Stift zu Boden und schreit: "Du musst ja auch nicht lernen." Katharina reißt überrascht die Augen auf.
Hilfreich sind ein paar Fragen:
Aus Katharinas Nachricht geht nicht eindeutig hervor, was sie mit ihrer Nachricht bewirken und welche Informationen sie über sich preisgeben möchte. Lars bleibt folglich ein großes Maß an Freiheit, um die Nachricht zu entschlüsseln. Bei der Decodierung der Nachricht fließt nicht nur das Gehörte und das Gesehene ein, sondern auch das, was der Empfänger an Erfahrungen, Lebensumständen, Stimmungen usw. mitbringt. Lars muss lernen. Er hat eine Aufgabe zu erfüllen, die an ein bestimmtes Ziel und an eine feste Zeitvorgabe gebunden ist. Seine Grundstimmung ist daher durch Stress und Anspannung geprägt, was die Deutung der Nachricht maßgeblich beeinflusst.
Lars hört auf dem Appellohr und versteht die Nachricht als versteckten Vorwurf, endlich mal wieder mit seiner Partnerin an der frischen Luft Zeit zu verbringen. Sofort wird das Beziehungsohr aktiv. Er fühlt sich unter Druck gesetzt, angegriffen und in seinen Aufgaben nicht ernst genommen. Durch das Zusammenwirken von Appell- und Beziehungsohr entsteht eine Reaktion, die den Fokus auf Katharina setzt. Lars kommuniziert primär auf der Beziehungsseite und macht Katharinas Nachricht zur Ursache seiner Reaktion. Was ihn beschäftigt oder wie er die Nachricht gedeutet hat, wird nicht thematisiert. Seine Innensicht bleibt verborgen. Dass Katharina mit so einer Reaktion nicht gerechnet hat, signalisiert ihr nonverbales Verhalten. Es liegt also eine Unstimmigkeit zwischen dem, was Katharina eigentlich mitteilen wollte, und dem, was Lars gedeutet hat, vor.
Katharina und Lars sollten nicht in einen Gesprächsverlauf verfallen, der von Du-Botschaften, Schuldzuweisungen und Vorwürfen geprägt ist. Vielmehr gilt es, eine Vogelperspektive einzunehmen und Metakommunikation zu betreiben. Beide sollten in sich gehen und kommunizieren, was sie fühlen und was sie verstanden haben, um so die Intentionen und Reaktionen nachvollziehbar zu machen. Hierbei ist das Nutzen von Ich-Botschaften besonders wichtig: "Ich verstehe deine Reaktion nicht so richtig. Habe ich dich verärgert?". So erhält Lars die Möglichkeit, seine Deutung zu präsentieren, und Katharina die Chance, eine Richtigstellung vorzunehmen. Außerdem könnte Lars offenlegen, dass er im Moment unter Stress steht, und formulieren, was er sich von seiner Partnerin wünscht. Auf diese reflektierte Weise können gemeinsam Lösungen gefunden werden.