Falkenstein & Co. Was Ludwig nicht baute
Linderhof, Herrenchiemsee, Neuschwanstein - diese drei Schlösser baute König Ludwig II. in Bayern, dazu luxuriöse Berghütten wie das Schachenhaus und das Soiernhaus. Von roten Zahlen ließ sich der "Kini" nicht beirren. Als er 1886 entmündigt wurde, befanden sich sogar noch drei weitere Schlösser in Planung.
Leben wie der Kaiser von China, wenigstens im Sommer: Das chinesische Sommerschloss, das Ludwig II. als bayerische Variante des Pekinger Winterpalasts vorschwebte, hätte dem Ammerwald bei Linderhof eine exotische Note gegeben. Über erste Vorstudien kam es indes nicht hinaus.
Das Sommerschloss als 3D-Animation
Dass wir heute einen Eindruck davon haben, wie es ausgesehen hätte, verdanken wir einer 3D-Simulation, die die Firma Metamatix mit Gerd Hirzinger vom Institut für Robotik und Mechatronik der DLR Oberpfaffenhofen für die Landesausstellung 2011 erstellte.
Ludwigs ungebauter byzantinischer Palast
Ähnlich verhält es sich mit dem byzantinischen Palast, der es noch nicht mal zur Projektreife schaffte. Die Burg Falkenstein unweit von Neuschwanstein lässt sich immerhin als Ruine besuchen - die gab es nämlich schon vor Ludwig als trutzig auf einer Felsnase gelegenes, von Tiroler Grafen Richtung Bayern in die Welt gesetztes Ausrufezeichen.
Ein weiteres Mal beauftragte der König für die Aufstockung von Falkenstein einen Theatermaler - jetzt: Christian Jank - mit der zweidimensionalen Umsetzung seiner romantischen Vision, die dann von Architekten in die Höhe getrieben werden sollten. Immerhin: Die Straße sowie eine Wasserleitung zur Ruine wurden gebaut, bevor Geldmangel, Entmündigung und Tod des Königs alle Planung Makulatur werden ließen.
Schade eigentlich - in architektonischer wie kulinarischer Hinsicht: Die Historikerin Matha Schad hat herausgefunden, dass Ludwig für jeden seiner Bauten einen speziellen Speiseplan entwickeln ließ - im maurisch eingerichteten Schachenhaus Pyramidenbowle mit Veilchen und Datteltörtchen, auf der Hundighütte Germanisches. Was der König wohl im chinesischen Sommerpalast gespeist hätte?
Vom Pleiteobjekt zum Geldbringer
Auch der bayerische Finanzminister hätte gegen ein paar mehr Königsschlösser wohl nichts einzuwenden. Ironie des Schicksals: Im 19. Jahrhundert wurde der "Kini" nicht zuletzt seiner teuren Bauwut wegen entmündigt, heute locken die drei großen von ihm erbauten Schlösser Touristen und Geld aus aller Welt nach Bayern. Besonders Ludwigs "Gralsburg" Neuschwanstein gehört mit jährlich um die 1,3 Millionen Besuchern zu den meistbesuchten Schlössern Europas. Zusammen brachten die drei Traumschlösser 2010 rund 13 Millionen Euro allein an Eintrittsgeldern in die bayerische Staatskasse - nicht gerechnet die Steuereinnahmen aus dem Tourismus.
Auf dem Sprung zum UNESCO-Weltkulturerbe?
Wovon Ludwig nicht träumte: Die bayerischen Königsschlöser könnten bis zum Ende des Jahrzehnts auf der UNESCO-weltkulturerbeliste stehen. Als weltweit bekanntes Beispiel für die Architektur des Historismus könnten Ludwigs Königsschlösser eine Lücke schließen, meint Michael Petzet, der Vorsitzende des Internationalen Rates für Denkmalpflege. Eine entsprechende Bewerbung von Seiten Bayerns hält er für "sehr aussichtsreich". Ob die Pläne über das Stadium von Luftschlössern hinauskommen, ist indes ungewiss: Schon heute ist Deutschland mit 32 Weltkulturerbestätten überdurchschnittlich vertreten, und bisher stehen Linderhof, Herrenchiemsee und Neuschwanstein noch nicht einmal auf der deutschen Vorschlagsliste.