Neue Arten in Südostasien Warum das Mekong-Delta ein Paradies für Tiere ist
Ein Affe, den man nur noch aus dem Museum kannte. Eine stinkende Blume, die man für eine delikate Paste benötigt. Ein Gecko, den die Natur nur zur Hälfte gelb angestrichen hat. Wo es das gibt? Am Fluss Mekong in Südostasien. Forschende finden hier seit Jahren immer neue, bisher unbekannte Tier- und Pflanzenarten. Und das hat einen Grund. Denn die Region entlang des rund 4.500 Kilometer langen Stroms gilt als eine der artenreichsten der Welt. Wir zeigen euch die neuesten Funde aus dem Dschungel.
Artenreicher Mekong: die "Mutter aller Wasser"
Ein Fischer überquert in seinem Boot den Fluss Mekong von Thailand nach Laos.
Die Region „Greater Mekong“ erstreckt sich über die Länder Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam und gehört zu den artenreichsten der Welt. Zwischen 1997 und 2017 wurden nach Angaben des WWF über 2.500 neue Arten im Einzugsbereich des Flusses wissenschaftlich entdeckt - durchschnittlich alle drei Tage eine neue Art! Bis heute summiert sich die bislang von Menschen erforschte Biodiversität auf 20.000 Pflanzenarten, 1.200 Vogelarten, 800 Reptilien- und Amphibienarten und 430 Säugetiere. Darunter auch so imposante Vierbeiner wie der asiatische Elefant und Tiger.
Der Grund für den Artenreichtum rund um den Mekong, von den Bewohnern am Fluss "Mutter aller Wasser" genannt, sind die besonderen geografischen und klimatischen Eigenschaften der Region: Im 800.000 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet des Flusses haben sich verschiedene Waldtypen, Überschwemmungslandschaften sowie Bäume wie etwa Mangroven auf engstem Raum entwickelt. Hinzu kommen ausgeprägte Reliefs mit unregelmäßigen Anhöhen und Gräben, viel Regen und ein feuchtheißes Klima.
Gesagt: Warum wir die biologische Vielfalt am Mekong schützen müssen
"Mit mehr als 3.000 neuen Arten in den letzten 24 Jahren ist die Mekong-Region zweifellos ein weltweites Schwergewicht bei der Entdeckung von Arten. Sie beherbergt einige der bekanntesten und gefährdetsten Arten der Welt, wie etwa den Tiger und den Mekong-Riesenwels. Die neuen Funde zeigen, was auf dem Spiel steht, wenn wir ihre Lebensräume nicht schützen und erhalten."
Stefan Ziegler, Südostasien-Referent, WWF Deutschland
Arten-Paradies: In einem Jahr mehr als 220 neue Tiere und Pflanzen entdeckt
Die Stinkkäfer-Blume wurde in einem Pflanzenladen in Thailand entdeckt. Wegen ihres Geruchs wird sie in einer beliebten ChiliIpaste verwendet.
Von der außergewöhnlichen Artenvielfalt, in der Forschende immer noch neue Spezies entdecken, berichtet der WWF-Report „New Species Discoveries in the Greater Mekong 2020“ . Er listet 224 bislang unbekannte Arten auf, die hunderte Forschende aus Universitäten, Naturschutzorganisationen und Forschungsinstituten innerhalb eines Jahres in der Mekong-Region entdeckt haben. Von den neu entdeckten Arten - 35 Reptilien, 17 Amphibien, 16 Fische, ein Säugetier und 155 Pflanzen - sind allerdings viele durch den Verlust ihres Lebensraumes und Wilderei bedroht. Ein Highlight ist beispielsweise die Stinkkäfer-Blume, die zur Familie der Ingwergewächse gehört. Wir zeigen euch noch weitere.
Halb gelb, halb grau: der Zweifarben-Gecko
Schuppenkriechtier mit raffinierter Tarnung: der Zweifarben-Gecko.
Eine raffinierte Tarnung hat die Natur dem Zweifarben-Gecko zugedacht, der in Suan Phueng, Thailand, entdeckt wurde. Durch den besonderen Farbverlauf unterscheidet sich Cnemaspis selenolagus nicht nur von allen anderen Arten seiner Gattung. Die Färbung dient auch als ideale Tarnung zwischen Flechten und Moosen.
Seltenes Gewächs: der Schwarzmund
Tropische Pflanze, die sich rar macht: der Schwarzmund
Was Nicht-Botaniker aus der Ferne an ein Veilchen erinnert, ist eine der seltensten Pflanzen der Welt. Nur zwei Populationen der tropischen Pflanze Sonerila cardamomensis mit fliederfarbenen Blüten wurden bisher in den felsigen Sandsteingebieten im Nationalpark der kambodschanischen Kardamom-Berge entdeckt. Schätzungsweise existieren insgesamt nicht mehr als etwa 2.000 Individuen. Die neu entdeckte Art gehört zur Familie der Schwarzmundgewächse. Bislang sind am Mekong 22 verschiedene Arten der Melastomataceae bekannt.
Schaurig schön: der Flossenstachel-Höhlenfisch
Ein eher blasser Typ: der Flossenstachel-Höhlenfisch
Einem Geist gleich lebt der Flossenstachel-Höhlenfisch unter Steinen in Teichen und Flüssen Südostasiens. Seinen Gattungsnamen Kayahschistura lokalayensis verdankt diese Neuentdeckung ihrem Fundort im Kayah-Staat im Osten von Myanmar. Von anderen Höhlenfischen unterscheidet sich diese Spezies durch ihren farblosen Körper, die stark unterentwickelten Augen und einen ungewöhnlichen Flossenstachel auf der Brust.
Rares Exemplar: der Museumslangur
Erwischt: der Museumslangur tappt in die Kamerafalle.
Der Museumslangur macht seinem Namen alle Ehre. Denn die Affenart wurde nicht in freier Wildbahn, sondern in Form eines 100 Jahre alten Präparates im Natural History Museum in London entdeckt. Bislang galt die nun neu beschriebene Popa-Langurenart als ausgestorben. Doch dann wurden in Myanmar Knochen gefunden, die darauf hinwiesen, dass Trachypithecus popa noch leben könnte. Mit einer Kamerafalle gelangen dem WWF und Fauna and Flora International schließlich Aufnahmen von Museumslanguren in freier Wildbahn. Ein rares Ereignis! Denn die Art ist extrem selten und bedroht. Vermutlich existieren nur noch rund 200 Exemplare der Langurenart, die nach dem erloschenen Vulkan Mount Popa im früheren Birma benannt ist.
Späher in der Nacht: die Höckernatter
Düstere Gesellin mit sehr guten Augen: die Höckernatter
Das außergewöhnliche Schuppenmuster auf Rücken und Schwanz verriet diese Schlange aus der seltenen Gattung der Höckernattern. Denn die Schuppen von Achalinus zugorum lappen nicht übereinander - anders als bei allen anderen Arten. Zudem kann sich die dunkellila gefärbte Schlange bei Nacht gut orientieren. Besondere Photorezeptoren in den Augen verhelfen dem nachtaktiven Reptil zu einer besonders guten Sicht in der Dunkelheit.