Neues Psychotherapeuten-Gesetz Reformen für eine bessere Versorgung und Ausbildung
Das neue Psychotherapeuten-Gesetz soll die Versorgung mit Psychotherapien verbessern und die Ausbildung zum Psychotherapeuten vereinheitlichen. Das Ziel ist, mehr Menschen mit seelischen Erkrankungen zu helfen.
In Deutschland gibt es seit 1999 ein Psychotherapeuten-Gesetz, das die Ausübung der Psychotherapie als professionalisierte Tätigkeit legitimiert. Grundlegende Ideen wurden bereits im 19. Jahrhundert entwickelt. Erst seit 1968 wurde durch ein Urteil des Bundessozialgerichts Alkohol- und Drogenabhängigkeit als Krankheit anerkannt. Auf Druck der WHO entstand Ende der 1970er-Jahre mit dem diagnostischen und statistischen Leitfaden für psychische Störungen "DSM" ein internationales Klassifikationssystem, das erstmals psychische Erkrankungen beschrieb.
Ausbildung und Versorgung mit Psychotherapien neu geregelt
Eine Reform des Psychotherapeuten-Gesetzes soll ab 1. September 2020 die Ausbildung für Psychotherapeuten neu regeln. Das Ziel: die Qualifikation der Therapeutinnen und Therapeuten angleichen und die Berufsbezeichnung vereinheitlichen. Bisher wurde Psychotherapie von psychologischen Psychotherapeuten, ärztlichen Psychotherapeuten, Psychiatern und Heilpraktiker für Psychotherapie angeboten. Die Ausbildung war für anerkannte Psychotherapeuten sehr unterschiedlich. Nach einem Studium folgte meist eine mehrjährige Ausbildung. Das reformierte Psychotherapeuten-Gesetz soll auch die Behandlung und die Versorgung mit Psychotherapien verbessern.
Heilpraktiker für Psychotherapie vs. Psychotherapeuten
Heilpraktiker für Psychotherapie dürfen sich nicht Psychotherapeut nennen. Sie haben keine Approbation und erhalten keine kassenärztliche Zulassung. Eine Behandlung kann nur mit wenigen Ausnahmen über eine gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden.
Eigenständiges Studium zum Psychotherapeuten
Ab dem Wintersemester 20/21 ist erstmals ein Direktstudium möglich. Zunächst erfolgt ein dreijähriges Bachelor- und danach ein zweijähriges Masterstudium mit einer staatlichen psychotherapeutischen Prüfung. Die Erlaubnis zur Behandlung, die sogenannte Approbation, wird bei bestandener Prüfung erteilt. Nach einer Weiterbildung in einer ambulanten oder stationären Einrichtung kann sich der PiW (Psychotherapeut in der Weiterbildung) im Arztregister eintragen lassen und einen Antrag auf Zulassung zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung über die gesetzliche Krankenversicherung stellen.
Die Berufsbezeichnung wird sich mit dem neuen Psychotherapeuten-Gesetz ändern. Sie wird dann Psychotherapeutin/Psychotherapeut oder ärztliche Psychotherapeutin/Psychotherapeut lauten.
Welche psychischen Erkrankungen werden behandelt?
Das Psychotherapeutengesetz definiert die Psychotherapie als "Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen eine Psychotherapie indiziert ist". Beispiele dafür sind Angststörungen oder Depressionen. Im Unterschied dazu stehen psychische Probleme mit dem Lebenspartner, Erziehungsprobleme oder Probleme am Arbeitsplatz. Als reine Beratung wird eine Psychotherapie nicht verstanden und von den gesetzlichen Krankenkasse auch nicht übernommen. Treffen jedoch Beziehungsprobleme und depressive Stimmungslagen zusammen, dann kann die Diagnose für eine Psychotherapie erstellt werden.
Diagnosen für eine Psychotherapie
- Angststörungen, traumatische Erlebnisse, Phobien, soziale Ängste, Prüfungsängste
- Affektive Störungen: bipolare Störungen wie extreme Gefühlsschwankungen und unipolare Depressionen
- Essstörungen
- Persönlichkeitsstörungen, Borderline
- Psychosomatische Störungen
- Süchte
- Verhaltensstörungen
- Zwangsstörungen
Alle körperlichen und psychische anerkannten Krankheiten, werden im ICD-10, einer internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten, aufgeführt und immer wieder aktualisiert.
Wie kommt man an eine Psychotherapie?
Zunächst kann ein Hilfesuchender eine psychotherapeutische Sprechstunde bei einem anerkannten Psychotherapeuten aufsuchen. Seit der Strukturreform vom 1. April 2017 müssen Psychotherapeuten hierfür ein Zeitfenster offen halten. Daraus kann sich eine Akutbehandlung oder probatorische Sitzungen für eine Kurz- oder Langzeittherapie ergeben. Eine diagnostische Abklärung soll helfen herauszufinden, welches Therapieverfahren am besten geeignet ist und ob ein vertrauensvoller Kontakt zwischen Therapeut und Patient gegeben ist. Doch bis eine Therapie dann beginnen kann, dauert es noch einige Wochen. Gerade auf dem Land ist die Versorgung mit Therapieplätzen sehr lückenhaft. In der Großstadt treffen 36 Therapeuten auf je 100.000 Einwohner, auf dem Land sind es halb so viele. Die Strukturreform von 2017 hatte gerade diese Engpässe im Blick, um Betroffenen frühzeitig Hilfen zu ermöglichen.
Unterscheidung Kurzzeittherapie und Langzeittherapie
Eine Kurzzeittherapie wird bis zu 24 Sitzungen von den Krankenkassen übernommen. Sie muss in zwei Schritten zu je 12 Stunden vom Psychotherapeuten beantragt werden. Eine Kurzzeittherapie kann jedoch in eine Langzeittherapie übergehen. Für die Langzeittherapie, die bei einer analytischen Psychotherapie bis zu 160 Stunden dauern kann, muss ein Gutachten vorliegen.
Eine Studie vom Lehrstuhl für Medizinmanagement der Universität Duisburg-Essen untersucht ab August 2020 für drei Jahre, ob sich die Versorgung mit Psychotherapie verbessert. "Wir untersuchen nun, ob durch die Reform der Zugang zu psychotherapeutischer Hilfe wirklich leichter geworden ist", erklärt Projektleiterin Dr. Anke Walendzik. Dabei spielt nicht nur der schwierige Zugang zu einer Psychotherapeutischen Behandlung, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz, eine wichtige Rolle.