Kunststoffe Was mit unserem Plastikmüll passiert
Etwa 38 Kilogramm Plastikmüll verursacht jeder Einzelne in Deutschland jedes Jahr allein aufgrund von Kunststoffverpackungen. Trotz vorgeschriebener Recyclingquote ist die Wiedervertung von gebrauchtem Kunststoff nicht einfach.
Ob Shampooflasche, Joghurtbecher, Nudelpackung oder die Flasche Mineralwasser - fast alles, was wir im Alltag brauchen, ist in Plastik gehüllt. Von 1995 bis 2017 ist der Verbrauch von Kunststoffverpackungen in Deutschland laut der aktuellsten Statistik des Umweltbundesamtes um mehr als 100 Prozent gestiegen. Insgesamt werden hierzulande im Jahr etwa 6,2 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle verursacht. Trotz vorgeschriebener Recyclingquote entstehen nur aus einem kleinen Teil alter Kunststoffverpackungen wieder neue.
Plastikstrategie der EU
Ab Juli 2021 gilt in der EU ein Verbot für Einwegplastik. Das heißt, das Plastikgegenstände, für die es bereits bessere Alternativen gibt, in allen Mitgliedstaaten verboten sind. Nach Angaben der Bundesregierung sind dann "Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff sowie To-go-Getränkebecher, Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Essenbehälter aus expandiertem Polystyrol (Styropor)" nicht mehr erlaubt.
Fixe Quote für Recycling von Plastik vorgeschrieben
Genau 58,5 Prozent des Plastiks, das im Gelben Sack oder der Gelben Tonne landet, müssen wieder zu Kunststoff werden. So schreibt es das Verpackungsgesetz vor. Ab 2022 müssen es per Gesetz sogar 63 Prozent sein. Die hielten die Recycler auch ein, sagt Thomas Probst, Chemiker und beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. in Bonn unter anderem Experte für Kunststoffrecycling. Die Recycling-Quote klingt aber besser, als sie ist.
"[...] Bei den 58,5 Prozent werkstofflicher Verwertung ist auch der Anteil dabei, der in den Export geht."
Thomas Probst, Chemiker, Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V., Bonn
Plastikmüll bleibt überwiegend in Deutschland
Export von Plastikmüll - das hieß bis vor einigen Jahren: gar kein Recycling. Der weggeworfene Kunststoff landete auf irgendwelchen offenen Deponien in fremden Ländern und am Ende in der Umwelt. Doch seit dem Jahr 2017 hat zumindest China den Import von Plastikmüll komplett gestoppt. Andere Länder wollten nachziehen. Das klappt aber nicht. Immer noch landet daher viel zu viel Plastikmüll aus Deutschland illegal im Ausland – wie auch Recherchen der Umweltorganisation Greenpeace offenlegen. Es ist daher fraglich, ob tatsächlich nur noch ein paar Prozent unseres Plastikabfalls exportiert werden, wie Thomas Probst vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung im BR-Interview am 30.08.2020 behauptet.
Recycelter Kunststoff nicht für alles geeignet
Trotzdem werden nur aus wenigen alten Verpackungen wieder neue. Denn ein Problem gibt es: Recycelter Kunststoff ist nicht für jede Anwendung geeignet. Potentiell gefährliche Inhaltsstoffe wie Weichmacher sind darin zum Beispiel enthalten. Es gehe beim Recycling von Plastikabfällen eben "nicht nur um Müllvermeidung", sagt Johanna Hausmann, die sich im "Women Engaged for a Common Future e. V." für mehr Nachhaltigkeit engagiert. Bei allem, was später Kontakt mit Lebensmitteln hat, wolle jedenfalls niemand solche Stoffe in unbekannter Menge drin haben. Deswegen kommt dort nur neues Plastik in Frage.
Aus recyceltem Kunststoff werden Parkbänke
Bei der "zweiten Ebene", wie Kunststoff-Fachmann Probst die Wiederverwertung von Kunststoffverpackungen in anderen Bereichen nennt, ersetzt der recycelte Kunststoff Bauteile aus dem Hoch- und Tiefbau, also zum Beispiel einen Bauzaunfuß oder einen Rasengitterstein. Auch Parkbänke werden aus recycelten Plastik hergestellt.
Das Problem des "Downcyclings" beim Kunststoff
Umweltverbände vom BUND bis Greenpeace nennen diese Wiederverwertung von Plastik "Downcycling", weil das Material, das aus dem recycelten Kunststoff entsteht, nicht mehr so hochwertig sei. "Recycler" sagen hingegen, die wiederverteten Kunststoffe ersetzten andere Rohstoffe – und halten draußen teilweise sogar länger als Holz.
Ausgefeilte Kunststoffverpackungen erschweren Recycling
Ein weiteres Problem beim Recycling von Kunststoffen ist, dass die Plastikverpackungen immer ausgefeilter werden. Immer häufiger würden Verpackungsfolien aus bis zu 13 chemisch unterschiedlichen Schichten bestehen, sagt Jörg Drewes, Professor am Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft an der Technischen Universität München. Das erschwere das Recycling. Drewes kritisiert diese Praxis und rät zum Umdenken.
"Es sind eine Vielzahl von unterschiedlichen Kunststoffarten verarbeitet, und die kann man nicht einfach voneinander trennen. Das zu limitieren, zum Beispiel auf zwei, drei Kunststoffe pro Verpackung, wäre schon mal eine große Hilfe."
Jörg Drewes, Professor am Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft an der Technischen Universität München
Generell sollten nach Drewes Ansicht auch Verbundsstoffe reduziert werden. Er appelliert darüber hinaus an jeden Einzelnen, weniger Kunststoffabfälle zu produzieren.
Trotz der Kritik am Recycling gilt selbst aus Sicht von Umweltverbänden: Wenn schon Plastikmüll, dann bitte im Gelben Sack, auf dem Wertstoffhof oder in der Gelben Tonne entsorgen! So besteht wenigstens die Chance, dass aus der alten Shampooflasche oder dem alten Joghurtbecher wieder eine neue Verpackung entsteht.