Wasser auf dem Mond Wie kommt gefrorenes Wasser auf den Mond?
Was den Augen der Mondfahrer verborgen blieb, haben Sonden und Labore entdeckt: Im Mondstaub der tiefsten Krater sind enorme Mengen an Wasser zu finden, gefroren zu Eis. Und es wird immer mehr Wasser auf dem Mond entdeckt.
Staubgrau und trocken, so wirkt der Mond. Kein Wunder: Der Mond hat keinerlei Atmosphäre, die verhindern könnte, dass flüssiges Wasser sich sofort ins All verflüchtigt. Doch er ist nur auf den ersten Blick so trocken. Wer ganz genau hinsieht, kann im Mondstaub Wasser finden. Allerdings braucht es für dieses genaue Hinsehen viel Technologie. So entdeckte man in den Gesteinsproben der Apollo-Missionen winzige Spuren von Wasser, allerdings erst im Jahre 2010. Vermutet hatte man Wasser auf dem Mond schon viel länger, seit 1998 eine Sonde Hinweise auf Wasser an den Mondpolen lieferte.
Eis auf dem Mond: Ein versteckter See im Mondkrater
Der Satellit LCROSS wurde gezielt auf den Mond geworfen, um Mondstaub aufzuwirbeln und zu gewinnen. Im Mondgestein wurde Wasser gefunden.
Doch wie viel Wasser auf dem Mond zu finden ist, bezeugte erst ein spektakuläres Raumfahrt-Experiment: Im Oktober 2009 etwa ließ die NASA einen Satelliten gezielt auf die Mondoberfläche stürzen. Der "Lunar Crater Observation and Sensing Satellite", kurz LCROSS, der mit der Sonde LRO unterwegs war, wirbelte dabei etwa fünf Tonnen Mondstaub und Gestein auf.
Aus der aufgewirbelten Staub- und Gesteinswolke analysierten Infrarotkameras und Spektrometer die chemische Zusammensetzung des Kraterbodens. Im Oktober 2010 dann endlich die fast unglaubliche Nachricht: Allein am Südpol des Mondes lagert eine Wassermenge, die etwa der des Bodensees entspricht. Das Wasser ist tiefgefroren, denn in diese Pol-Region dringt kein Sonnenlicht. Schon lange vermuteten Forscher Wassereis in den Mondkratern - doch nicht in solchen Mengen:
Wasser im Staub des Mondkraters
1x Bodensee
Rund sechs Prozent des aufgewirbelten Mondstaubs bestanden aus gefrorenem Wasser. Forscher vermuten in den Kratern am Südpol des Mondes insgesamt die Wassermenge des Bodensees - das sind 50 Billionen Liter Flüssigkeit.
Silber & Co.
Die Forscher haben auch Spuren von Silber, Kohlenmonoxid, Ammoniak, Kalzium und Magnesium im Staub gefunden.
In der Kältefalle
Die Stoffe stammen zumeist von Asteroiden und Meteoriten, die seit 4,5 Milliarden Jahren auf dem Mond einschlagen. In der Kältefalle des Kraters wurden sie für alle Zeiten eingefroren.
Eine Schatztruhe
"Dieser Ort sieht aus wie eine Fundgrube von Elementen und Verbindungen, die auf den Mond gekommen sind." Peter Schultz, Brown Universität, Rhode Island, USA
Wasser auf dem Mond: Ewiges Eis in eisigen Kratern des Südpols
Der Südpol des Mondes gehört zu den kältesten Regionen im ganzen Sonnensystem: Da hier nie die Sonne scheint, herrschen Temperaturen von minus 240 Grad Celsius, nahe dem absoluten Nullpunkt. Daten von Satelliten und Teleskopen ließen schon seit Jahren vermuten, dass am Grunde der tiefen, eisigen Krater Wassereis liegt.
So ist beispielsweise der Shackleton-Krater am Südpol des Mondes rund vier Kilometer tief. Bei einem Durchmesser von zwanzig Kilometern bietet das reichlich Platz für Wassereis in den Tiefen des Kraters. Doch es gibt noch viel mehr lichtlose Krater und Spalten auf dem Mond: In einer im Oktober 2020 veröffentlichte Studie der Universität von Colorado suchten Forscher gezielt auf der ganzen Mondoberfläche nach Stellen, in die nie Sonnenlicht dringt, und kamen auf eine Gesamtfläche von 40.000 Quadratkilometern solcher Kältefallen, in denen theoretisch Wassereis erhalten sein könnte. Das entspricht beinahe der Größe der Schweiz. Die Mehrheit der Kältefallen ist dabei in der Nähe der Pole zu finden, insbesondere rund um den Südpol.
Eine zweite, ebenfalls im Oktober 2020 veröffentlichte Studie, fand beim Clavius-Krater im Süden des Mondes mithilfe des Stratosphären-Observatoriums für Infrarot-Astronomie (Sofia) Hinweise auf zahlreiche Wassermoleküle, die vermutlich entweder in tiefen Spalten als Wassereis vorliegen, oder in Form kleiner Glaskügelchen, die bei Vulkanausbrüchen entstanden sind. Solche Wasser enthaltenden Glaskügelchen wurden auch in den Proben der Apollo-Missionen entdeckt.
Wie kommt das Wasser auf den Mond?
Erde und Mond sind sich nicht gleich
Auf der Erde gelten Kometen oder wasserreiche Asteroiden als Quelle der irdischen Wassermeere. Doch das Wasser auf dem Mond kommt woanders her.
Kein schweres Wasser auf dem Mond
Wenn Wasser mit Asteroiden auf den Mond gekommen wäre, müsste es - wie auf der Erde - dort auch sogenanntes schweres Wasser geben. Schweres Wasser besitzt statt der gewöhnlichen Wasserstoffatome ein oder zwei Deuteriumatome (D), die ein zusätzliches Neutron in ihrem Atomkern haben und sich so vom Wasserstoff unterscheiden. Auf dem Mond konnte man bisher kein schweres Wasser finden, dort gibt es nur gewöhnliches Wasser, H2O, oder Hydroxil-Radikale, OH.
Wasserstoff mit Sonnenwind
Forscher der US-Universität von Tennessee in Knoxville gehen darum davon aus, dass das Wasser auf dem Mond vom Sonnenwind erzeugt wird. Die Sonne bläst pro Sekunde etwa eine Million Tonnen Material ins Weltall hinaus, hauptsächlich Wasserstoffkerne. Vor denen sind wir auf der Erde geschützt, denn das Magnetfeld lenkt den Teilchenstrom größtenteils ab. Auf den Mond schlägt er aber in rasantem Tempo in den Boden ein und formt sich dort mit dem im Gestein vorhandenen Sauerstoff zu H2O und OH.
Kein schweres Wasser auf der Sonne
Auch die Sonne besitzt kaum Deuterium, das verschmilzt nämlich bei der Entstehung eines Sterns fast komplett zu Helium. Damit steht für die Forscher fest: Wenn es auf dem Mond wie auf der Erde mehr Deuterium gäbe, wären Asteroiden und Kometen die Ursache. Doch ohne Deuterium-Vorräte muss der Wasserstoff von der Sonne kommen.
Entdeckung auf dem Mond: Auch am Nordpol Wasser
Am Südpol (links) und Nordpol (rechts) des Mondes kommt Wassereis vor, wie eine Analyse der NASA zeigte.
Das andere Ende des Mondes scheint ebenso feucht: Die indische Sonde Chandrayaan-1 entdeckte 2009 mit einem Radar tonnenweise Wassereis am Nordpol des Mondes - in mehr als vierzig kleinen Kratern, deren Boden das Sonnenlicht nie erreicht. Forscher vermuten dort 600 Millionen Tonnen Eis. Weitere Auswertungen im August 2018 bestätigten noch einmal, dass es sich wirklich um Wassereis handelt: Die Absorbtion von Infrarotlicht durch die am Kratergrund gefundenen Moleküle entspräche exakt dem "Fingerabdruck" von Wasser. Dieses Wasser in den tiefen Kratern der Mondpole ist bislang das einzige Wasser, das auf der Oberfläche des Mondes nachgewiesen werden konnte.
Sonde auf dem Mond: Spuren von Wasser im Mondgestein
Unter der Oberfläche hat die indische Mondsonde schon zuvor Nachweise von Wasser geliefert: Im Juli 2017 präsentierten zwei US-Forscher die Daten von Chandrayaan-1, die zeigen, dass es nicht nur an den Polen des Mondes Wasser gibt, sondern nahezu überall, verborgen in der Oberfläche. Sie kommen zu dem Schluss, dass der Mondmantel ähnliche Wasserkonzentrationen aufweisen könnte wie der Erdmantel. Je näher man den Polen des Mondes komme, umso stärker sei die Konzentration an Wasser, so die Forscher.
Spuren von Wasser wurden auch in den Mondproben der Apollo-Missionen gefunden - in kleinen vulkanischen Glaskügelchen. Die Astronauten der Mondmission Apollo 14 brachten 1971 diese Gesteinsproben vom Mond zur Erde. In ihnen sowie einem in Afrika gefundenen Meteoriten, der vom Mond stammt, entdeckten Forscher im Juni 2010 Hydroxyl (HO): eine Verbindung aus einem Sauerstoff- und einem Wasserstoffatom. Sie entsteht, wenn Sonnenlicht Wasser spaltet. Vermutlich ist das Hydroxyl in der Frühzeit des Mondes entstanden.
Diese wasserhaltigen Gesteinskügelchen "sind über die Oberfläche verteilt, was bedeutet, dass der Wasserfund in den Apollo-Proben keine einmalige Sache ist", erklärte Ralph Milliken von der Brown-Universität in Providence, der an der Auswertung der Chandrayaan-1-Daten beteiligt war. "Vulkanisches Auswurfmaterial auf dem Mond scheint allgemein wasserreich zu sein, was nahe legt, dass für den Mantel dasselbe gilt." Chinesische Forscher untersuchten Gesteinsproben, die die chinesischen Mondsonde Chang'e 5 2020 mitbrachte. Sie wiesen 2023 ebenfalls Wasser in den Gesteinskugeln von der Mondoberfläche nach. Demnach wirke das Gestein auf dem Mond ähnlich wie ein Schwamm.
In tiefen Kratern und auf der "dunklen" Seite des Mondes
Sendungen zum Thema Wasser auf dem Mond
- "Mondgestein und Asteroidenstaub - Welche Rätsel Proben lösen": IQ - Wissenschaft und Forschung, Bayern 2, 22.09.2023, 18.05 Uhr
- "Warum Gesteinsproben vom Mond so bedeutend sind": Space Night News, ARD alpha, 14.11.2021, 19.15 Uhr
- "Was brauchen wir für ein dauerhaftes Lager auf dem Mond?": Gut zu wissen, BR, 19.07.2019, 19.00 Uhr
- "Rätsel um Wasser im Mondgestein": IQ - Wissenschaft und Forschung, Bayern 2, 27.07.2017, 18.05 Uhr