Taschengeld und Sparen Wie lernen Kinder den Umgang mit Geld?

Von: Marisa Gierlinger

Stand: 11.09.2024

Finanzbildung in der Schule? Schön wär's. Tatsächlich lernen Kinder den Umgang mit Geld häufig von den Eltern. Wie ihr eurem Kind beim Sparen und Anlegen helft, welche Rolle Taschengeld dabei spielt - das und andere Tipps erfahrt ihr hier.

Ein kleiner Junge stapelt seine Münzen. Finanzbildung in der Schule? Schön wär's. Tatsächlich lernen Kinder den Umgang mit Geld häufig von den Eltern. Wie ihr eurem Kind beim Sparen und Anlegen helft, und welche Rolle Taschengeld dabei spielt. | Bild: picture alliance / photothek | Thomas Trutschel

Umgang mit Geld: Kinder lernen Finanzwissen von den Eltern

"Über Geld spricht man nicht" - das gilt leider heute noch in vielen Familien. Dabei legt ihr gerade hier den Grundstein dafür, wie eure Kinder an das Thema Finanzen rangehen. Auch, oder gerade wenn, ihr nicht darüber sprecht. "Kinder haben unfassbar feine Antennen", sagt die Ökonomin Claudia Müller. "Die kriegen mit, wenn bei den Eltern Stress ist, wenn die Steuererklärung ansteht, eine Rechnung kommt oder Ende des Monats die Klassenfahrt." Statt Kinder vom Thema Geld fernzuhalten, solltet ihr aktiv das Gespräch suchen und auch Alltagssituationen nutzen, um sie einzubinden. Wenn Mama eine Rechnung überweist. Oder Papa kein Bargeld mehr hat und beim Automaten welches abhebt. Um bei der Gelegenheit auch zu erklären: Nein, der Automat gibt nicht unendlich Geld raus - sondern nur so viel wie Papa im Sparschwein hat. Wie man Kinder spielerisch und alltagsnah an das Thema Geld heranführen kann, darüber schreiben Claudia Mülller und Isabel Sorg vom Female Finance Forum in dem Eltern-Ratgeber "Über Geld spricht man doch!" (2024).

Über Geld sprechen kann man schon mit kleinen Kindern

"Ab ungefähr vier Jahren kann man das problemlos machen. Spätestens wenn die Kinder in die Schule kommen und Zahlen lernen, kann man sie auch beim Einkaufen mit einbinden. Sie raten lassen: 'Was glaubst du, wie viel kostet das?' Statt was aus der Quengelware zu nehmen, kann man sagen: 'Hier sind zwei Euro. Und jetzt guck mal, was du im ganzen Supermarkt dafür findest.' Und letztendlich wird's im Zweifelsfall irgendwas aus der Quengelware. Aber das Kind durfte frei entscheiden und kann schon mal gucken: Was kriegt man für zwei Euro?"

Claudia Müller, Ökonomin, Autorin und CEO des Female Finance Forum

Geld heißt Verantwortung: Was Kinder durch Taschengeld lernen

Taschengeld-Tipps: Das solltet ihr als Eltern beachten

Do's

  • Als Eltern seid ihr nicht verpflichtet, Taschengeld zu zahlen. Es spricht aber vieles dafür. Es kann helfen, einen nachhaltigen Umgang mit Geld einzuüben und eurem Kind Verantwortung zu übertragen.
  • Gebt euren Kleinen bis circa zehn Jahren lieber wöchentlich Taschengeld. Sie können noch nicht so gut über einen ganzen Monat ihre Finanzen planen.
  • Zahlt das Taschengeld regelmäßig, pünktlich, bedingungslos und unaufgefordert an euer Kind aus. Es muss sich darauf verlassen können.
  • Ihr könnt eurem Kind die Möglichkeit geben, sein Taschengeld aufzubessern: Indem es bei der Gartenarbeit mithilft oder andere Aufgaben übernimmt, die nicht selbstverständlich sind.

Dont's

  • Fangt nicht zu klein an: Wenn ein Fünfjähriger 50 Cent Taschengeld bekommt, müsste er vier Wochen sparen, um sich eine Kugel Eis leisten zu können. Das frustriert. Taschengeld muss sich lohnen. Beginnt lieber später mit etwas mehr.
  • Euer Kind sollte frei über sein Taschengeld verfügen. Macht ihm keine Auflagen - und wenn es alles in Süßigkeiten und Zeitschriften investiert.
  • Verwendet das Taschengeld niemals als Strafe oder Belohnung! Bei Streit darf das Kind keinen Taschengeldentzug fürchten. Umgekehrt sollte mit Taschengeld keine Leistung entlohnt werden - schon gar nicht im schulischen Sinn.


Quelle: Claudia Müller im Gespräch mit ARD alpha

Video: Warum Taschengeld für Kinder wichtig ist

Grafik: Wie viel Taschengeld mit welchem Alter?

Taschengeld-Empfehlungen des Deutschen Jugendinstituts DJI. Taschengeld ist ein gutes Mittel, wie Kinder Verantwortung und den Umgang mit Geld einüben können. Aber wie viel in welchem Alter zahlen? Und wie kann man Sparen und Anlegen schmackhaft machen? | Bild: DJI/Langmayer, Alexandra/Winklhofer, Ursula

Wie viel Taschengeld sollen Kinder und Jugendliche in welchem Alter bekommen? Empfehlungen gibt es vom Deutschen Jugendinstitut (DJI).

Audio: Wie viel Geld steht Kindern rechtlich zu?

Kindergrundsicherung: Bleiben arme Kinder trotzdem arm?

Handyvertrag, Shopping, Süßigkeiten: Wofür Kinder Geld ausgeben

Eine forsa-Umfrage hat 2023 erhoben, wofür Grundschulkinder im Alter zwischen sechs und neun Jahren ihr Taschengeld ausgeben. Mehr als die Hälfte von ihnen kaufte demnach hauptsächlich Spielzeug und Spiele. Kein Wunder also, dass der Markt floriert und sich Werbung längst nicht mehr nur an Eltern und Großeltern richtet. Die Marketingstrategien für diese jungen Zielgruppen beobachten Experten aus Konsumenten- und Jugendschutz durchaus kritisch. Vor allem bei Lebensmittelwerbung will die Politik zukünftig härter durchgreifen. Süßigkeiten belegen im Ranking des ausgegebenen Taschengelds den zweiten Platz, bei Mädchen wie bei Jungen. Andere Zahlen unterscheiden sich merkbar: Bei Mädchen fallen Kleidung und Accessoires ins Gewicht, bei den Jungs spielen Apps und Computerspiele eine größere Rolle. Darüber hinaus fallen eine ganze Menge anderer Ausgaben an, die in der Regel die Eltern übernehmen: der monatliche Handyvertrag, Verpflegung, Fahrtgeld für Öffis, Schulsachen usw. Bei älteren Kindern kann man überlegen, ein zusätzliches Budgetgeld für solche Ausgaben einzuführen. So lernen sie, auch Verantwortung für notwendige Anschaffungen zu übernehmen, Kosten im Blick zu behalten und zu planen.

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Bargeld oder Karte: Womit gehen Kinder besser um?

Bargeld
Jüngere Kinder sollten zunächst den Umgang mit Bargeld lernen. Es macht das abstrakte Prinzip Geld zu etwas, was man anschauen und anfassen kann. Mit Bargeld können sie überall zahlen und brauchen keine Karte, keinen Code und kein Konto. Sie können nur verlieren, was sie bei sich tragen. Die Ökonomin Claudia Müller empfielt für den Anfang auf jeden Fall ein Sparschwein. Daran können Kinder spielerisch mitverfolgen, wie sich ihr Geld vermehrt, Münzen und irgendwann auch die begehrten Scheine reinwandern.

Elektronisches Geld
Ob mit Chipkarte an der Kasse oder per Paypal beim Online-Shopping: Heute zahlt man meistens elektronisch. Es ist die Lebensrealität, mit der Kinder aufwachsen. Auch deshalb macht es Sinn, das Taschengeld ab etwa zwölf Jahren auf ein Girokonto zu überweisen. Sprecht darüber, dass das digitale Geld genauso "echt" und endlich ist wie das analoge. Und macht eure Kinder früh genug auf mögliche Gefahren und Kostenfallen bei Online-Zahlungen aufmerksam. Sogenannte "Buy now, pay later"-Modelle sind gerade bei Jugendlichen beliebt - die sich damit aber häufig hoch verschulden. Auch vermeintlich kostengünstige Abos können sich mit der Zeit summieren und dann in Vergessenheit geraten. Und: Es ist erwiesen, dass auch Erwachsene beim elektronischen Zahlen tendenziell mehr Geld ausgeben als mit Bargeld.

Sparschwein, Konto, Börse: Wie Kinder Geld sparen und anlegen

Geld zurücklegen, das klingt erstmal unlustig - kann sich aber lohnen. Nur: Wie macht ihr das euren Kindern schmackhaft? Sinnvoll sei, gemeinsam über kurzfristige Wünsche, aber auch mittelfristige Ziele zu sprechen, sagt Claudia Müller. Wenn das neue Spielzeug 15 Euro kostet, wann kann ich es mir von meinem Taschengeld leisten? Komme ich eher da hin - zum Beispiel, indem ich zwei ältere Spielzeuge dafür verkaufe oder im Haushalt aushelfe? Es kann helfen, ein Haushaltsbuch anzulegen. Hier lässt sich gemeinsam beobachten, an welchen Stellen das Kind Geld ausgibt - und wo sich vielleicht sparen lässt. Ein Bubble-Tea weniger in der Woche, zum Beispiel. Sofern finanziell möglich, können Eltern auch Sparanreize setzen, indem sie anbieten, für jeden gesparten Euro einen bestimmten Betrag am Ende des Monats draufzulegen.

Wichtig: Nur Geld zur Seite legen ist nicht gleichbedeutend damit, es zu vermehren. Auch ein Bankkonto schafft da wenig Abhilfe. Mit der Inflation der vergangenen Jahre, den verschwindenen Zinssätzen und steigenden Bankgebühren gibt es kaum noch attraktive reine Sparmodelle. Um zu verhindern, dass das Geld weniger wird, sollte man sich mit dem Aktienmarkt auseinandersetzen. Das klingt im Zusammenhang mit Kindern erstmal ungewöhnlich. Dabei können gerade sie davon profitieren, Geld in frühen Jahren anzulegen und später die Früchte zu ernten. Auch Geldgeschenke von Verwandten sollten daher unbedingt früh genug in einen ETF-Sparplan gesteckt werden, so Claudia Müller. Wichtig dafür sei, auch das Finanzwissen bei Erwachsenen zu fördern. Und ihnen klarzumachen, dass die Börse weder "nur für Reiche", noch ein "Casino" sei.

Finanzbildung: Geld als Thema für die Schule?

Miete, Steuern, die Altersvorsorge - Dinge, mit denen wir alle früher oder später in Berührung kommen. Warum lernen wir dann nicht in der Schule darüber?, fragen sich viele. Denn hier ließen sich Kinder aus allen Elternhäusern erreichen. "Momentan sehen wir, dass in vermögenden Familien mehr mit Kindern über Geld gesprochen wird als in weniger vermögenden Familien. Und damit geht die Schere natürlich noch weiter auseinander", sagt Claudia Müller. Einen bundesweit vorgeschriebenen Lerninhalt Finanzwissen gibt es in Deutschland nicht, geschweige denn ein eigenes Schulfach. Dass es an Wissen mangelt, zeigt sich nicht nur bei Schülern, sondern auch im Erwachsenenalter. Die Bundesministerien für Bildung und Finanzen haben 2023 die "Initiative Finanzielle Bildung" gestartet. Sie soll Finanzwissen an die Schulen bringen sowie zusätzliche Bildungsangebote für unterschiedliche Altersgruppen bündeln. Aber wie sieht eine altersgemäße Finanzbildung aus? Geht es nach Claudia Müller, dann braucht es gar nicht unbedingt ein eigenes Schulfach - ein erster Schritt wäre, vorhandene Inhalte realitätsnäher zu vermitteln. "Wir lernen in der Schule über exponentielles Wachstum, und das an dem Beispiel, wie sich Algen in einem Teich verbreiten. Nicht aber am Zinseszins, der im Grunde genau das ist. Die Inflation wird eher als Thema für die Politik behandelt, und nicht als etwas, das uns alle angeht." In einem nächsten Schritt sollte man dann etwa lernen, wie Märkte oder die Börse funktionieren - denn Versicherungen und Steuern kämen später ohnehin von außen auf die Schüler zu.

Geld: Schluss mit dem Tabu

"Geld ist absolute Lebensgrundlage und Entscheidungsfreiheit. Und das heißt, in unserer Gesellschaft gibt es eigentlich wenige Themen, die wichtiger sind als Geld. Denn Geld macht gesund. Geld macht sozial. Geld macht glücklich. All diese Dinge, wo wir sagen 'Ach, das ist doch viel wichtiger ...' - Ja, mit Geld kannst du dir das ermöglichen. Wenn du mehr Geld hast, kannst du weniger arbeiten und hast Zeit für diese Dinge."

Claudia Müller, Ökonomin, Autorin und CEO des Female Finance Forum