Kein Thema Ludwig und die Frauen
Dieses Kapitel ist rasch erzählt. Denn, wie es Julius Desing in seinem kleinen Ludwig-Brevier vornehm umschreibt: "An Freundschaften zum anderen Geschlecht war sein Leben sehr arm." Mit anderen Worten: Ludwig interessierte sich mehr für Männer.
Nicht wenige Vertreterinnen des anderen Geschlechts bedauerten das zutiefst. Mit einem Gardemaß von 1,91 Metern und seinem schwarzen gewellten Haar galt Ludwig als Prachtkerl. Zudem umgab ihn Augenzeugenberichten zufolge eine Aura des Wunderbaren und Geheimnisvollen. "Dir kann kein Weib widerstehen," soll sein Großvater zu ihm gesagt haben. Der Damenwelt nützte es nichts, Ludwig blieb für sie unnahbar.
"Er ist kalt wie ein Fisch!"
Eine abgeblitzte Hofschauspielerin über Ludwig
Des Königs Minnedame
Bis auf eine Ausnahme: "Sisi". Zu seiner Großcousine Elisabeth, der Tochter des bayerischen Herzogs Maximilian, fühlte sich Ludwig stark hingezogen. Sisi war mit dem österreichischen Kaiser Franz Joseph unglücklich verheiratet. Ähnlich wie Ludwig verabscheute sie gesellschaftliche Pflichten und fühlte sich als Kaiserin in Wien eingesperrt in einem "goldenen Käfig". Mit den beiden fanden sich zwei Seelenverwandte.
Sisi hielt sich manchmal in Possenhofen am Starnberger See auf, wo ihre Familie ein Landschloss besaß. Am Seeufer gegenüber liegt Berg - mit einem Schlösschen Ludwigs, von dem noch die Rede sein wird. Sisi besuchte ihn dort gelegentlich für gemeinsame Ausritte.
Sex spielte dabei vermutlich keine Rolle. Der Schule mittelalterlicher Epen verpflichtet, die Ludwig gut kannte, bevorzugte er gegenüber der acht Jahre älteren Elisabeth die Rolle des Minnesängers, des treuen Knappen. Ludwigs Verhältnis zu Sisi war wohl - wie zu allen Frauen - rein platonisch.
Seltsames Verlobungs-Intermezzo
Umso erstaunlicher eine plötzliche Ehe-Anbahnung: Doch dass Ludwigs Beziehung mit Sisis jüngerer Schwester Sophie bis zur Verlobung führte, war vermutlich ein Missverständnis. Ludwig und Sophie teilten eine Begeisterung für Wagner-Opern, aber viel mehr war wohl nicht dahinter. Briefchen wurden hin- und hergewechselt, in der Gesellschaft tuschelte man bereits über eine baldige Trauung.
Dadurch etwas unter Druck geraten, fühlte sich Ludwig aus "Ritterlichkeit" Anfang 1867 dazu gedrängt, Sophie einen Heiratsantrag zu machen. Am Ende siegte doch seine Panik vor der Ehe, so dass er den bereits anberaumten Hochzeitstermin mehrmals verschieben und schließlich platzen ließ.
Ob Sophie mit Ludwig glücklich geworden wäre, darf stark bezweifelt werden. Auch hier gab er der Kunst den Vorzug vor der Realität. Er redete Sophie nie mit ihrem Namen an, stattdessen nannte er sie "Elsa". Er ließ sich von ihr "Heinrich" rufen. Die Helden aus Wagners "Lohengrin"-Oper ließen grüßen.
Stallmeister und Hofschauspieler bevorzugt
Zudem bahnte sich zu dieser Zeit eine Beziehung Ludwigs mit seinem Stallmeister Richard Hornig an. Über das Intimleben des Königs ist wenig bekannt, doch lassen Tagebucheintragungen Ludwigs auf ein homosexuelles Verhältnis mit Hornig schließen. Dieser stieg dadurch schnell zu einem besonderen Günstling in Ludwigs Umgebung auf. Doch wie die meisten seiner Freundschaften, zerbrach auch diese. Der König verzieh seinem Stallmeister nicht, dass der sich schließlich doch verehelichte.
Wenn man Ludwig-Biographen glaubt, scheint Homoerotik auch im Verhältnis zwischen Ludwig und dem Schauspieler Josef Kainz im Spiel gewesen zu sein. Für den König gab das Münchner Hoftheater zuweilen Separatvorstellungen. Ab 1881 nahm daran auch Kainz, ein späterer Star am Wiener Burgtheater, teil.
In dem jugendlichen Heldendarsteller glaubte Ludwig einen idealen Freund gefunden zu haben. Begeistert lud er ihn auf seine Schlösser ein und ließ ihn dort seine Lieblingsrollen deklamieren. Um Schillers "Wilhelm Tell" am Originalschauplatz nachzuspielen, reisten die beiden sogar in die Schweizer Bergwelt. Kainz war bald erschöpft, Ludwig wandte sich wieder einmal enttäuscht von einem ab, den er überforderte. "Beziehungsunfähigkeit" ist heute ein modisches Schlagwort, für den egoistischen und narzisstischen Ludwig trifft es womöglich zu.
Ein Mann, den er abgöttisch verehrte, war Richard Wagner ...