König und Komponist Wagners Schwanenritter
Im Bühnenwerk von Richard Wagner sah der Kronprinz seine romantischen Träume vom edlen Rittertum verwirklicht. Der Schwan wurde Ludwigs Markenzeichen. Von da an beschaffte er sich alle Wagnerschen Musikdramen, die er kriegen konnte und holte den Komponisten von Wien nach München.
1861 gab es noch keine Kinos, in denen Jungs ihre Helden bewundern konnten. Stattdessen ging man in die Oper - wenn man es sich leisten konnte. Ludwig hatte sein entsprechendes Schlüsselerlebnis mit 16. Als er in München "Lohengrin" sah, war es um ihn geschehen. Wie immer bei Wagner beginnt die Oper mit heilloser Schicksalsverstrickung. Von einem Schwan gezogen, taucht aber plötzlich ein Boot mit dem geheimnisvollen Titelhelden auf, der natürlich mit Erlöserqualitäten ausgestattet ist.
Einladung eines Genies
Als eine seiner ersten Amtshandlungen als König schickte Ludwig 1864 einen Boten aus, der den gerade flüchtigen Wagner aufspüren und nach München holen sollte. Wagner hatte sich zuvor in Wien aufgehalten, um sein neuestes Werk "Tristan und Isolde" an der Hofoper zu proben.
Nach 77 Versuchen bliesen die Wiener das Projekt als "unspielbar" ab, man hatte dort wenig übrig für Wagners musikalische Mythen-Maschinen. Der Komponist nahm Reißaus, zumal auch Gläubiger hinter dem chronisch Verschuldeten her waren.
Persilscheine für Wagners Wünsche
Da kam Ludwigs Angebot gerade recht. Wagner konnte so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens hatte er endlich ein Forum für seine damals neuartigen Opern: den "Tristan" durfte er nach der Wiener Pleite in München endlich uraufführen. Zweitens war er seine Geldprobleme durch ein fürstliches Jahresgehalt los. Und Ludwig? Er glaubte wieder einmal, einen gleichgesinnten Freund fürs Leben bekommen zu haben und stellte Persilscheine für praktisch alle Wünsche des Komponisten aus. Wagner verstand Ludwigs Verblendung auszunutzen und forderte immer mehr.
So verlangte er einmal von Ludwig, das gesamte Kabinett auszuwechseln, nachdem ihm ein Finanzbeamter eine hohe Sondergratifikation nicht in Scheinen, sondern säckeweise in Silbermünzen auszahlte. Diese Bitte wurde allerdings dann doch nicht erfüllt.
Rauswurf eines Ehebrechers
Veränderungen darf es in Bayern durchaus geben, aber sie müssen gemütlich vonstatten gehen. Revolutionen waren hierzulande nie sehr beliebt, weder 1918 noch 1848 noch sonst irgendwann. Und gegen den 48er-"Revoluzzer" Wagner waren die Münchner besonders skeptisch - die Bürger, weil er außerdem unverständliche Musik schrieb; die Beamten, weil er das doppelte Gehalt eines Ministerialrats erhielt und sehr viel Einfluss auf den König hatte. Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich Wagners Liebesaffäre mit Cosima, der Gattin des Dirigenten Hans von Bülow. 1865 stellte deswegen die gesamte Ministerriege Ludwig ein Ultimatum: Entweder er jagt den Ehebrecher fort, oder man tritt geschlossen zurück.
Wagner dementierte gegenüber Ludwig das Verhältnis mit Cosima und verlangte, dass er für ihn eine Ehrenerklärung in der Öffentlichkeit abgebe. Ludwig glaubte ihm und tat's. Wagners geheime Beziehung wurde schließlich publik. Dem König blieb nichts anderes übrig, als den Komponisten außer Landes zu weisen.
Operntempel in Bayreuth
Das Ende vom Lied: Wagner heiratete Cosima und ging mit ihr in die Schweiz. Die Freundschaft zu Wagner bekam durch das Schmierentheater zwar einen Knacks, aber Ludwig blieb dennoch bis zum Schluss dessen Förderer.
So ermöglichte er in München die Uraufführung von den "Meistersingern" und dem "Rheingold". Und Ludwig setzte noch eins drauf: Da man in München ein eigenes Haus für Wagner-Opern verschmähte, ließ er 1872 in Bayreuth den Grundstein zu dem Operntempel schlechthin legen: einem Festspielhaus nur für die Werke des Meisters. Dort konnte Wagner die gesamte Tetralogie "Der Ring des Nibelungen" auf die Bühne bringen, und - 1882 - seine letzte Oper "Parsifal".
"Den Künstler, um welchen jetzt die ganze Welt trauert, habe ich zuerst erkannt und der Welt gerettet."
König Ludwig nach Wagners Tod
1883 starb Wagner in Venedig. Nur drei Jahre später folgte ihm Ludwig ...