Gesund abnehmen Wie ihr ohne Diäten Gewicht verliert
Überschriften versprechen: "Mit Diät xy in wenigen Tagen viele Kilos abnehmen". Trotzdem hören wir ständig vom Jojo-Effekt, dass Diäten nicht funktionieren oder sogar gefährlich sind. Wie können wir langfristig und gesund abnehmen?
BMI und das Gewicht: Bestimmt er, ob ich abnehmen soll?
Der Body-Mass-Index kann ein Indiz für Übergewicht sein, aber er vernachlässigt auch wichtige Faktoren.
Der Body-Mass-Index, bereits 1832 entwickelt, stellt die Körpergröße eines Menschen mit seinem Gewicht in Relation. Die Formel lautet Körpermasse in kg : (Körpergröße in m)². Die Ergebnisse werden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in fünf Kategorien eingeteilt: Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht, extremes Übergewicht (Adipositas) und massive Adipositas. Als Normalgewicht gilt dabei ein Wert zwischen 18,5 und 24,9. Müsstet ihr also abnehmen, wenn euer Wert darüber liegt? Nicht unbedingt, denn der BMI gibt zwar eine erste Tendenz, vernachlässigt aber wichtige Faktoren wie Alter, Geschlecht und das Verhältnis von Muskel- zu Fettgewebe. Denn Muskeln wiegen mehr, viele Kraftsportler hätten nach dieser Formel Adipositas.
Der BMI kann also nur ein Indiz sein, ein erhöhter Body-Mass-Index sagt nichts über die Ursache des Übergewichts und die besten Therapien aus. Wichtiger als der reine Zahlenwert ist für Christine Joisten vom Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft der Deutschen Sporthochschule Köln, wer ein Risiko hat, an Adipositas zu erkranken. Dabei ist vor allem auch das Bauchfett entscheidend, denn das ist gefährlich. Ein BMI-Wert von über 30 plus ein zu großer Bauchumfang sind ein Indiz, um über das Abnehmen nachzudenken. Das Ziel sollte dabei erstmal sein, fitter zu werden, dann wäre das Abnehmen gar nicht mehr so wichtig, sagt Joisten im Gespräch mit ARD alpha.
Video: Gesundheitsmythen - Fettfalle Diäten
Abnehmen: Aus Lifestyle-Gründen oder Krankheit?
Die Gründe, abnehmen zu wollen, können ganz unterschiedlich sein, beispielsweise Prävention oder Therapie, erklärt Ernährungsberaterin und Leiterin des ZEP (Zentrum für Ernährungsmedizin und Prävention) in München, Monika Bischoff. Und hier muss unterschieden werden: Habe ich ein Risiko, an Adipositas zu erkranken? Dann solltet ihr abnehmen. Indizien sind beispielsweise Diabetes oder erhöhte Blutfettwerte.
Oder sind es ein paar Kilogramm zu viel, ihr habt leichtes Übergewicht und möchtet eher aus "Lifestyle-Gründen" abnehmen? Das geht, wenn man sich nicht wohl fühlt, so Bischoff im Gespräch mit ARD alpha. Wer dazu recherchiert, stößt schnell auf das Wort "Kaloriendefizit" für eine relativ einfache Gewichtsabnahme. Damit ist gemeint, weniger Kalorien zu sich zu nehmen als verbrannt wird. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, braucht es noch ein paar mehr Zahlen.
Video: Warum gesunde Ernährung beim Abnehmen wichtig ist
Körper und Gewicht: Was ist der Grundumsatz an Kalorien?
Wer mit Kalorienzählen abnehmen möchte, muss zuvor ein paar andere Kennwerte ausrechnen.
Im Zusammenhang mit dem Abnehmen ist zunächst der Grundumsatz relevant. Gemeint ist die Menge an Energie, die unser Körper täglich zum Funktionieren und der Erhaltung aller Lebensfunktionen benötigt. Dazu gehören Atmen, die Regulierung der Körpertemperatur, die Arbeit der Organe und die Verdauung. Zusammengenommen sind es die Kalorien, die euer Körper im Ruhezustand über einen Tag hinweg verbraucht. Der Grundumsatz ist abhängig von Gewicht, Größe, Alter und Geschlecht und kann sich daher ändern. Wer mehr wiegt, verbraucht mehr Kalorien. Und auch, wer viele Muskeln hat, denn die verbrennen auch im Ruhezustand mehr Kalorien als Fett.
Das ist nicht zu verwechseln mit dem Kalorienbedarf - auch Gesamtumsatz genannt. Hierzu zählt zusätzlich der Leistungsumsatz (plus sportliche Aktivitäten), womit die Kalorien gemeint sind, die wir für unsere Arbeitstätigkeiten, also Sitzen, Stehen oder Bewegung, benötigen. Je nach Tätigkeit entsteht so ein Faktor zwischen 0,95 und 2,4, der mit dem Grundumsatz multipliziert wird.
Der Grundumsatz kann mit der Harris-Benedict-Formel, 1918 entwickelt, berechnet werden und unterscheidet sich je nach Geschlecht.
- Männer: 66,47 + (13,7 x Körpergewicht in kg) + (5 x Körpergröße in cm) – (6,8 x Alter in Jahren)
- Frauen: 655,1 + (9,6 x Körpergewicht in kg) + (1,8 x Körpergröße in cm) – (4,7 x Alter in Jahren)
Werden zum Grund- und Leistungsumsatz noch die Kalorien addiert, die täglich durch Sport oder Bewegung verbrannt werden, erhält man den Kalorienbedarf. Das ist ungefähr die Menge an Energie in Form von Kalorien, die man täglich zu sich nehmen kann, ohne ab- oder zuzunehmen.
Ein Beispiel:
Rechnen wir das für eine 1,65 m große und 61 kg schwere Frau aus, die 31 Jahre alt ist. Der Grundumsatz nach der Harris-Benedict-Formel beträgt demnach 1.392 kcal. Da sie beruflich hauptsächlich am Laptop sitzt, wird das mit dem Faktor 1,4 für den Leistungsumsatz multipliziert. Dabei kommen 1.948,8 kcal heraus, zu denen wir in unserem Beispiel noch etwa 200 kcal addieren, weil unsere Beispielfrau 20 Minuten täglich Fahrrad fährt. Macht insgesamt 2.148,8 kcal, die sie täglich in Form von Getränken und Nahrungsmitteln zu sich nehmen kann, ohne dass es sich auf ihr Gewicht auswirkt.
Video: Wie ihr Hüftspeck und Gewicht verliert
Theorie zum Abnehmen: Weniger Kalorien zu sich nehmen, als man verbrennt
Das Rechnen hat einen guten Grund. Wer seinen Kalorienbedarf kennt und Lust auf Kalorienzählen hat, bei dem kommt das "Kaloriendefizit" ins Spiel: also weniger Kalorien in Form von Nahrung und Getränken zu sich zu nehmen als der Körper verbrennt. Meist wird dabei von einem Richtwert von 500 bis 700 Kilokalorien täglich unter dem Gesamtumsatz gesprochen. Aber das ist individuell und hängt auch davon ab, wie viel man jetzt schon isst. Etwa 250 Kalorien weniger an Nahrung pro Tag hält Monika Bischoff für gut umsetzbar. Weitere 250 Kalorien könnten durch mehr Bewegung im Alltag verbrannt werden. Dann greift der Körper auf gespeicherte Energie zurück und man nimmt ab.
Video: Was Kalorien und Energie mit dem Gewicht zu tun haben
Gesagt: Kalorien reduzieren ist das A&O
"Im präventiven Bereich kommt es immer auf eine Kalorienreduktion - sprich ein tägliches Kaloriendefizit - an und wenn ich dabei alle Makronährstoffe gut verteilt aufnehme und auf keinen dauerhaft verzichte, ist das eine gute Möglichkeit, abzunehmen."
Monika Bischoff, Ökotrophologin, Ernährungsberaterin und Leiterin ZEP (Zentrum für Ernährungsmedizin und Prävention) des Krankenhauses Barmherzige Brüder München
Video: Wie ihr richtig am Bauch abnehmt
Abnehmen in der Praxis: Geduld haben mit dem Kaloriendefizit
Ein Kaloriendefizit kann beim Abnehmen helfen - vor allem bei Adipositas-Patienten - aber das Defizit sollte auch nicht übertrieben werden.
In der Praxis sind auch genetische Gegebenheiten dafür entscheidend, ob das funktioniert, erklärt Sportmedizinerin Joisten. Prinzipiell kann mit einem solchen Defizit abgenommen werden, aber nicht jedem Menschen fällt dieser Aufwand leicht. Und ihr müsst vor allem Geduld mitbringen, das macht eine kleine Rechnung deutlich: 1 kg Fett besteht aus ca. 7.000 kcal. Spart ihr also 700 kcal täglich ein, bräuchte es zehn Tage, um 1 kg abzunehmen. Dafür ist diese Methode nachhaltiger, hilft also langfristiger als diverse Hau-Ruck-Diäten, die man online findet. Die Gefahr eines Jojo-Effekts ist deutlich reduziert. Joisten empfiehlt das Kaloriendefizit vor allem Adipositas-Patienten und -Patientinnen. Bei Normalgewichtigen würde sie anders herangehen, kleine Stellschrauben im Alltag suchen, aber vor allem dafür sorgen, dass man das Gefühl dafür bekommt, wie der Körper auf was reagiert und wie das mit einer Gewichtsreduktion zusammenpasst.
Video: Was ihr gegen Übergewicht tun könnt
Lebensmittel und Gewichtsverlust: Was zu einer gesunden Ernährung dazugehört
Für eine ausgewogene Ernährung spielen vor allem Obst, Gemüse und Wasser eine große Rolle.
Auf die Frage, was beim Abnehmen besser hilft - Sport oder Ernährung - antwortet Christine Joisten von der Sporthochschule Köln mit: Ernährung. "Wenn man aus den verschiedensten Gründen abnehmen will, muss man das mit ausgewogener Ernährung kombinieren." Aber was ist eine ausgewogene Ernährung? Das ist gar nicht so einfach zu definieren, meint Hans Hauner vom Institut für Ernährungsmedizin am Klinikum rechts der Isar in München und Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin.
Oft wird sich dann an der Ernährungspyramide der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) orientiert, die immer wieder angepasst und aktualisiert wird, aber in Hauners Augen auch ziemlich kompliziert ist. Sie gibt eine gute Orientierung, aber auch Joisten bevorzugt die "10 Regeln der DGE". Dabei geht es eher um das bewusste Essen, das Genießen, sich Zeit lassen. Obst, Gemüse und Wasser werden in den Vordergrund gestellt. Aber auch die Wahl und Qualität der Kohlenhydrate spielt eine große Rolle, denn sie machen etwa 40 bis 60 Prozent einer ausgewogenen Ernährung aus, liefern Energie und machen satt - zumindest, wenn man komplexe statt einfache Kohlenhydrate zu sich nimmt, wie etwa Vollkornprodukte.
Neben den Kohlenhydraten sollten etwa je 25 Prozent der Ernährung durch Proteine und Fette erfolgen. "Viele denken, dass sie abnehmen, wenn sie übermäßig viele Proteine essen, und ja, Proteine machen satt, aber dafür reichen auch die normalen, empfohlenen Mengen - 1g pro kg Körpergewicht im Normalgewicht," erklärt Bischoff den anhaltenden High-Protein-Trend, den sie aus wissenschaftlicher Sicht nicht nachvollziehen kann. Vor allem, weil hier oft hoch verarbeitete Lebensmittel genutzt werden, die eher schlecht fürs Abnehmen sind und Übergewicht fördern können. Da sind Hülsenfrüchte die besseren Eiweiß-Lieferanten. Wichtiger ist Bischoffs Meinung nach: "Man muss schauen, dass der persönliche Protein-Bedarf gedeckt ist. Ob Low Carb oder Low Fat ist dann egal, das Ergebnis ist laut aktueller Studienlage das gleiche."
Auch eine fleischarme Ernährung zählt zu den Empfehlungen der DGE, da sie zusätzlich noch den Klima-Aspekt aufgreift: Bei der Produktion tierischer Lebensmittel werden mehr Ressourcen verbraucht und der Ausstoß von schädlichen Treibhausgasen wie CO2 ist höher als bei der Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln. Außerdem werden bei den 10 Regeln der DGE gesunde Fette wie Pflanzenöle, wenig Salz und Zucker und eine schonende Zubereitungsweise der Lebensmittel mit wenig Wasser und Fett empfohlen.
Zitat: Einfach umsetzbar - 10 Regeln zu einem gesunden Gewicht
"Wenn nur die Hälfte der deutschen Bevölkerung die zehn Regeln der DGE täglich befolgen würde, dann hätten wir bedeutend weniger Probleme mit Adipositas oder Übergewicht."
Monika Bischoff, Ökotrophologin, Ernährungsberaterin und Leiterin ZEP (Zentrum für Ernährungsmedizin und Prävention) des Krankenhauses Barmherzige Brüder München
Audio: Was bewirkt eine gesunde Ernährung?
Gewicht verlieren: Ernährungsumstellung statt Diät
Wer langfristig abnehmen will, kommt nur in den seltensten Fällen ohne eine Ernährungsumstellung aus.
Viele Expertinnen und Experten raten zu einer dauerhaften und lebenslangen Ernährungsumstellung statt einer Blitz-Diät, die schnelle Erfolge verspricht, "denn die eine Wunderpille gibt es (noch) nicht," so Ökotrophologin Monika Bischoff. Meist stimmen die Versprechen der Diäten nicht, sind nicht von Dauer, können sogar gefährlich werden. "Man spielt mit den Hoffnungen der Menschen, das finde ich nicht in Ordnung", mahnt Joisten im Interview mit ARD alpha.
Ein Beispiel: Was hat man von einer vierwöchigen Diät, bei der man sich eisern an eine bestimmte Vorgabe klammert, aber danach "zur Belohnung" wieder isst wie zuvor? Man nimmt wieder zu und wiegt danach manchmal sogar mehr als zuvor. Und wenn es etwas gäbe, das langfristig funktioniert, würden nicht ständig neue Diäten entwickelt werden, die zu gut klingen, um wahr zu sein, warnt Sportmedizinerin Joisten. Laut Ernährungsmediziner Hauner gibt es etwa 500 Diäten in Deutschland, dazu kommen tausende Ratgeber. Da aber jeder Mensch individuell und beispielsweise das Kalorienzählen nicht für jeden geeignet ist, empfiehlt sich die Absprache mit einer Ernährungsberaterin oder einem Ernährungsberater für die beste Herangehensweise. Eine Diät im Sinne einer Kalorienreduktion kann ein guter Einstieg sein, aber sie spielt immer mit Sport und einer guten Ernährung zusammen.
Video:
Zitat: Wem nützt eine Diät?
"Ich sehe das oft, wie sich Menschen verzweifelt an eine neue Diätform klammern, irgendwelche Pülverchen und Tröpfchen zu sich nehmen, mit denen andere Leute vor allen Dingen an Gewicht im Portemonnaie zunehmen. Am eigenen Gewicht nimmt man aber nicht ab."
Christine Joisten, Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft, Deutsche Sporthochschule Köln
Gespür für Lebensmittel: Bewusstsein für eine gesunde Ernährung schaffen
Die Ernährungsindustrie trägt viel zur heutigen Situation bei, in der 25 Prozent der deutschen Erwachsenen adipös sind. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist jedes dritte Kind in Europa von Übergewicht oder Adipositas betroffen. Die Deutsche Krebshilfe warnt vor Adipositas und Übergewicht als Risikofaktor für Krebserkrankungen: In Deutschland seien etwa 30.000 Krebsfälle auf Übergewicht und Fettleibigkeit zurückzuführen. Alles ist im Überfluss verfügbar, vieles verarbeitet und mit Zusatzstoffen versetzt. Wir müssen uns bewusster machen, was wir zu uns nehmen, ein Gespür dafür bekommen, welche Lebensmittel gut für uns sind und welche eher die Ausnahme darstellen sollten.
Um die eigenen Essgewohnheiten zu hinterfragen, empfiehlt sich ein Ernährungsprotokoll oder -tagebuch zu führen, bei dem man sich nicht nur bewusst macht, was man isst, sondern auch, wie viel und warum. Was sind die Auslöser, wie verhält man sich in Stresssituationen? Was sind kleine Stellschrauben, an denen man drehen kannt? Das ist ganz individuell und aufwändig, aber hilfreich. Einigen Menschen hilft auch das Intervallfasten, weil man dabei nicht unbedingt auf Lebensmittel verzichten muss. Es gibt verschiedene Methoden, bei denen zwischen den Mahlzeiten längere Pausen eingelegt werden.
Sport und Gewichtsverlust: Welche Bewegung hilft beim Abnehmen?
Mit welchem Sport man anfängt, ist erstmal gar nicht so wichtig. Anfangen ist wichtig und vor allem auch Spaß!
Grundsätzlich sollte man sich neben der Ernährung auch über seine Bewegung Gedanken machen. Dabei kann schon der Schrittzähler im Smartphone helfen. Denn nicht nur die Frage, was beim Abnehmen hilft, ist entscheidend, sondern vor allem sollte man sich fragen: Was brauche ich, um gesund zu bleiben? Und da lautet die Antwort ganz klar: Sport - so Sportmedizinerin Joisten. "Gerade im präventiven Bereich ist die Bewegung essentieller als die Ernährung," bestätigt auch Bischoff. Sport funktioniert dauerhaft aber nur, wenn er mit einer Ernährungsumstellung kombiniert wird. Das muss nicht gleich eine neue Trendsportart sein, hier helfen mehr Bewegung, mehr Schritte im Alltag: also Treppen statt Fahrstuhl, Fahrrad statt Auto, gehen statt eine Haltestelle mit den Öffis fahren.
Wer mit Sport anfangen möchte, für den ist das Wichtigste, Spaß zu haben. Egal, was man ausprobiert. Gerade bei leichtem Übergewicht gibt es keine falsche Sportart. Und noch nie war die Auswahl an Online-Sportkursen so hoch wie derzeit. So kann man viel in den eigenen vier Wänden ausprobieren, an das man sich sonst vielleicht nicht getraut hätte. Hilfreich ist auch immer, sich einen Freund oder eine Freundin zu suchen, mit der man gemeinsam sporteln, sich zum Sport verabreden kann. Für viele funktionieren Sportkurse mit Musik - Zumba oder Aerobic beispielsweise -, die man ebenfalls zuhause machen kann, wenn einem das lieber ist. Für Frauen, die in die Wechseljahre kommen, rät Ernährungsberaterin Bischoff neben Ausdauer- auch zu Krafttraining, denn durch die Hormonumstellung wird Muskelmasse abgebaut. Generell gilt: Ausprobieren, was Spaß macht, eine emotionale Bindung schafft und einem liegt - und Abwechslung bringt.
Wissenschaft: Mythos und Wahrheit rund ums Abnehmen
10.000 Schritte täglich:
Ursprünglich war das Versprechen, mit 10.000 Schritten täglich fit zu werden, ein Marketing-Gag aus Japan. Das sind umgerechnet je nach Schrittlänge zwischen fünf und sieben Kilometer. Die Deutschen schaffen durchschnittlich 5.200 Schritte. Und ja, Expertinnen und Experten sind sich einig, dass 10.000 Schritte täglich nicht falsch sein können - jede Bewegung hilft. Gleichzeitig gibt es aber keinen wissenschaftlichen Beweis, dass diese Zahl besonders gut für unseren Stoffwechsel ist. Und als Fitnesstraining eignet es sich auch eher nicht. Aber da das Thema sehr komplex ist, haben wir einen eigenen Artikel dazu geschrieben.
Drei große statt fünf kleine Mahlzeiten:
Lange hieß es, viele kleine Mahlzeiten statt wenige große. Jetzt ist es andersrum. Was ist denn nun richtig? Laut Sportmedizinerin Joisten kann beides funktionieren, das ist individuell unterschiedlich. Fakt ist aber, dass mit der Nahrungsaufnahme das Hormon Insulin ausgeschüttet wird - vor allem bei Kohlenhydraten und noch schneller bei einfachen Kohlenhydraten. Und das hemmt die Fettverbrennung. Wer ständig isst, bei dem bleibt der Insulinspiegel konstant hoch, er verbrennt keine Reserven. Die Idee dahinter ist also, das Insulin mal ein paar Stunden ruhen zu lassen und längere Pausen zwischen den Mahlzeiten einzuplanen.
32-mal kauen:
Ob 30- oder 32-mal kauen - woher kommt diese Empfehlung überhaupt? Das fragt sich auch Expertin Christine Joisten. Sie vermutet dahinter den Gedanken, sich beim Essen Zeit zu lassen, es bewusst zu genießen und keine Ablenkung zu haben. Das deckt sich mit den 10 Regeln der DGE. "Ob es beim Abnehmen hilft, wage ich zu bezweifeln, weil am Ende die (Kalorien-) Bilanz das Entscheidende ist", so die Sportmedizinerin. Ernährungsberaterin Bischoff kann den Rat schon nachvollziehen - mit dem Ziel langsamer zu kauen, denn unser Sättigungsverhalten braucht Zeit. Es dauert 20 Minuten, bis das Gehirn realisiert, dass der Körper schon satt ist - nach einer vollwertigen Mahlzeit. "Der Rat kann dabei helfen, nur so viel zu essen, wie man braucht, um satt zu werden und nicht zu viel. Wie oft dabei gekaut wird, ist aber nebensächlich," so die Ernährungsberaterin.
Kleine statt große Teller:
Den Tipp habt ihr bestimmt auch schon gehört: Ein leckeres Buffet, am liebsten wollt ihr alles probieren. Psychologischer Trick: Einfach einen kleinen Teller voll laden statt eines großen. Oder noch besser: Zum Suppenteller greifen, da ist noch weniger Platz. In der Theorie stimmt das auch, aber in der Praxis funktioniert das nicht bei jeder oder jedem. Wer sich vornimmt, weniger zu essen, bei dem ist es hilfreich. Dann könnte man beispielsweise auch mit Salat starten, der schon mal viel Volumen für den Magen mit sich bringt. Oder aber man genießt das gute Buffet und achtet am nächsten Tag auf seine Ernährung - so der Expertinnen-Tipp von Christine Joisten. Für die Gewichtsabnahme von blauen Tellern zu essen, ein anderer Trick, der immer wieder zu lesen ist, bringt nach Einschätzung von Monika Bischoff hingegen nichts.
Ein Glas Wasser vor dem Essen:
Bei diesem "Trick" verhält es sich ähnlich wie bei dem mit den kleinen Tellern. Vor allem ist es ein psychologischer Trick, denn am Ende machen Kalorien satt. Bei manchen kann es funktionieren, bei anderen eher nicht.
Nicht nachts essen:
Eine aktuelle Studie belegt erneut, dass nächtliches Essen nicht nur zur Gewichtszunahme, sondern sogar zu Diabetes führen kann. Das konnten die Forschenden zumindest bei Mäusen nachweisen. Der Grund ist der gleiche wie beim Menschen (nur andersrum): Wir sind tagaktiv und dafür gemacht, tagsüber Nahrung zu uns zu nehmen und sie zu verbrennen. Nachts essen bedeutet eine Störung der biologischen Uhr und das wiederum kann zu Störungen des Stoffwechsels führen. Daher sollten wir zumindest nicht regelmäßig nachts den Kühlschrank plündern.
Täglich wiegen:
Auch das ist sehr individuell. Christine Joisten arbeitet mit an Adipositas erkrankten Kindern, die sich wöchentlich wiegen. Nicht allen gefällt das, daher wird das individuell angepasst. So sollte das auch bei Erwachsenen sein. Wer keine gute Körperwahrnehmung hat, dem kann es helfen, sich mehrere Tage hintereinander zu wiegen, um ein Gefühl zu bekommen, wie der Körper auf was reagiert. Man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass das Gewicht täglich schwanken kann (bei der oder dem einen mehr, bei der oder dem anderen weniger), daher empfiehlt sich immer die gleiche Tageszeit - meist nach der Morgentoilette.
Fazit: Wie gesundes Abnehmen funktioniert
Ist die Frage "Wie kann ich abnehmen?" überhaupt die richtige?
Wir müssen euch enttäuschen, wenn ihr erwartet habt, hier eine goldene Regel zum Abnehmen zu finden. Erstens gibt es die nicht, weil das für jeden individuell ist, zweitens ist eine gute Lebensweise, die gesund ist und Spaß macht, wichtiger und drittens sollten wir uns die Frage stellen, ob die Frage nach dem "Wie nehme ich am besten ab?" überhaupt die richtige ist. Impliziert sie nicht, dass man nicht gut so ist wie man ist? Und baut das nicht nur noch mehr Druck auf, irgendwelchen Schönheitsidealen nachzujagen, die gar nicht so ideal sind?
Laut Sportmedizinerin Joisten solltet ihr euch eher fragen: Was braucht ihr für eure eigene persönliche Gesundheit? Dazu zählt sicherlich auch ein gewisser Fitnessgrad, den ihr durch Bewegung erreicht. So erhaltet ihr eine gute Lebensqualität bis ins hohe Alter, bei der das Gewicht gar nicht die größte Rolle spielt. Wer aber abnehmen will oder sollte, weil diese Qualität sonst nicht erreicht wird, für den spielt eine Ernährungsumstellung die größte Rolle. Und wenn Überschriften aus einem Artikel dazu verleiten, sich mit seiner Ernährung und seinem Körper auseinanderzusetzen und man dann dran bleibt, dann haben auch sie etwas Gutes. Nur solltet ihr euch bewusst machen, dass viele Versprechen gar nicht eingelöst werden können, eure Erwartungen entsprechend anpassen und vor allem: Geduld haben.
Quellen und Sendungen: Mehr Wissen über gesunde Ernährung und gesundes Abnehmen
- Richtlinien zum BMI der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
- Ernährungsempfehlungen für Deutschland der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.
- Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE
- Prävalenz der Adipositas im Erwachsenenalter (Deutsche Adipositas Gesellschaft)
- Adipositas im Kindesalter: Fünf Fakten über die Europäische Region der WHO
- Pressemitteilung: Übergewicht steigert das Krebsrisiko (Deutsche Krebshilfe)
- Studie: Schritte am Tag im Ländervergleich (https://nmbl.stanford.edu/)
- Studie: Nächtliches Essen kann zu Gewichtszunahme und Diabetes führen (science.org)
- "Viszeralfett: Gefährliches Bauchfett: Wie wird man es los?": Gesundheit!, BR, 01.10.2024, 19.00 Uhr
- "Übergewicht: Abnehmen - aber wie?": Nah dran, Bayern 2, 28.08.2024, 09.05 Uhr
- "Mythos Ungesund": alpha-thema - Medizin und Gesundheit, 08.05.2024, 21.00 Uhr
- "Abnehmen ohne Muskelabbau": aktiv und gesund, BR, 27.02.2024, 14.10 Uhr
- "Die heilsame Kraft der Ernährung": Planet Wissen, ARD alpha, 04.12.2023, 13.30 Uhr
- "Warum Diäten versagen": aktiv und gesund, BR, 29.09.2023, 14.10 Uhr
- "Auf Dauer schlank: Wie wir den Jojo-Effekt besiegen": alpha-thema, ARD alpha, 22.08.2023, 21.00 Uhr
- "Gemeinsam abnehmen": aktiv und gesund, BR, 12.05.2023, 14.10 Uhr
- "Fasten, hungern, dünner werden - Über den (Un-) Sinn von Diäten": BR Heimat - typisch Bayern, BR, 06.05.2023, 17.05 Uhr
- "Gesundheitsmythen: Fettfalle Diäten": Treffpunkt Medizin, ARD alpha, 14.04.2023, 03.45 Uhr
- "Soup & Science: Wie Ernährung das Altern beeinflusst": rbb24 Inforadio, Wissenswerte, 15.01.2023
- "Was bringen Diäten?": Kaffee oder Tee, SWR, 09.01.2023, 16.05 Uhr
- "Wie Ernährung unser Verhalten steuert": Die Profis, Radioeins, rbb, 07.01.2023
- "Warum Diäten versagen": fit und gesund, BR, 30.09.2022, 08.40 Uhr
- "Ernährungsmythen": alles wissen, HR, 25.11.2021, 15.30 Uhr
- "Richtig Abnehmen": odysso, SWR, 14.10.2021, 22.00 Uhr
- "Bauchfett loswerden: Richtig abnehmen": Visite, NDR, 27.07.2021, 20.15 Uhr
- "Kalorien und Energie": alpha Lernen Biologie, ARD alpha, 22.04.2020, 10.45 Uhr
- "Allgemeine Tipps zur gesunden Ernährung": Campus Magazin, 23.12.2019, 22.45 Uhr
- "Diäten sind Stress": Quarks, 06.08.2019, WDR, 20.15 Uhr
- "Erfolgreich abnehmen: Wie Diäten gelingen": Gesundheit! Die Show, BR, 14.05.2019, 20.15 Uhr
- "Fitness Experiment: Glücklich durchs Abnehmen?": Die Frage, Puls, BR, 08.08.2018
- "Muss ich mich besser ernähren?": Die Frage, Puls, BR, 29.03.2018