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Geschichte des Laufens Wie wir vom Jäger zum Jogger wurden

Rund 20 Millionen Menschen in Deutschland laufen regelmäßig. Ihr auch? Wie wurden wir eigentlich zu solch begeisterten Läufern? Wann wurde das Joggen erfunden und Laufen von einer Art Beruf zum Hobby? Wir blicken auf die Geschichte des beliebten Sports.

Von: Katrin Klaus

Stand: 10.04.2024

Laufen: Ein Wissenschaft für sich

Schlüpft ihr auch regelmäßig in die Laufschuhe und joggt eine Runde? Weil ihr fit und gesund bleiben und abnehmen wollt? Oder zum Entspannen und Abschalten, weil es euren Kopf frei pustet und euch auf andere, oft kreative Gedanken bringt? Mittlerweile ist Laufen ein beliebtes Hobby. Der Weg vom erfolgreichen Jäger zum Freizeitjogger war jedoch lang.

Geschichte des Laufens beginnt mit aufrechtem Gang

Der aufrechte Gang gilt als einer der großen evolutionären Vorteile des Menschen. Unsere frühen Vorfahren sollen schon vor mehreren Millionen Jahren den aufrechten Gang erlernt haben. Durch ihn hatten sie unter anderem einen besseren Überblick beim Jagen und konnten gefährliche Situationen besser erkennen.

Ausdauernde Läufer: Völker erlegen Tiere durch Hetzjagd

Auf den alten Felszeichnungen der San in Südafrika sind ausdauernde Läufer und Jäger zu sehen, die ihre Beute erlegen wollen.

Auch heute noch gibt es Völker, die beweisen, dass der Mensch "biologisch bedingt ein sehr ausdauernder Läufer ist", weiß Prof. Dr. Michael Krüger vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Münster. Eines dieser Völker sind die San im südlichen Afrika. Ihre Jagdtechniken sind durch alte Felszeichnungen dokumentiert. Beim "Großen Tanz" betreiben sie eine 40-stündige Hetzjagd, um Kudu-Antilopen an den Rand der Erschöpfung zu treiben. Die Tiere sind zwar schnell, brauchen als Wiederkäuer aber Pausen und Ruhezeiten, damit die Verdauung nicht gestört wird. Die bekommen sie aber nicht, wenn die San sie verfolgen. Die Antilopen werden müde und langsamer - bis sie irgendwann erlegt werden können.

Bematisten: Laufen und Schrittezählen als Beruf in der Antike

Laufen wurde zu einer Art Beruf im antiken Griechenland. Es ging darum, "Entfernungen zu messen und dokumentieren zu können, wie weit man in unbekanntes Terrain vorgedrungen war", erklärt Krüger. Dadurch entstanden die Bematisten. Das waren Schrittzähler, die dafür ausgebildet wurden, Entfernungen durch das Zählen ihrer Schritte zu messen. Und ihre Angaben waren sehr präzise. Beispielsweise nahm Alexander der Große sie auf seine Feldzüge durch Asien mit. Sie kartografierten damit auch die Landschaft.

Landvermesser und Boten laufen im Alten Ägypten für Pharaonen

Auch die Pharaonen im Alten Ägyptischen Reich wollten wissen, wie groß ihr Reich ist und schickten Landvermesser los, die es ablaufen mussten. Eine weitere wichtige Aufgabe kam den Botenläufern zu, die Nachrichten schnell und effizient überbringen sollten.

Ursprung des Marathonlaufs: Die Legende von Marathon

Unter diesem Grabhügel bei Marathon in Griechenland liegen die Athener, die der Schlacht gegen die Perser zum Opfer fielen.

Durch einen Botengang entstand einer Legende nach auch der bekannte Marathonlauf im Jahr 490 vor Christus. Marathon war eine Küstenebene etwa 40 Kilometer westlich von Athen. Damals standen sich das riesige Heer der Perser und die Athener Streitkräfte gegenüber. Überraschend gewannen die Athener, dessen Feldherr Militiades einen Boten mit der frohen Botschaft nach Athen schickte. Dieser soll, dort angekommen, gerade noch den Sieg verkündet haben, bevor er zusammenbrach und starb.

Laufen als Wettbewerb bei den Olympischen Spielen in der Antike

Wann genau die ersten Olympischen Spiele stattfanden, weiß man nicht. Bei den ersten schriftlich belegten Olymischen Spielen im Jahr 776 vor Christus gab es nur den "Stadionlauf" als läuferischen Wettbewerb. Das war eine Strecke von 600 Fuß, die je nach Ort unterschiedlich lang war, weil Füße unterschiedlich groß sind. In Olympia ging sie über 192,28 Meter und in Delphi über 177,55 Meter. Der Sieger durfte das Feuer entzünden - oft waren das Botenläufer.

"Es gab damals keine Zeitmessung. Es ging einzig und allein darum, der Beste zu sein und den Wettkampf zu gewinnen."

Dr. Andreas Höfer, Direktor Deutsches Sport- und Olympiamuseum in Köln

Weitere Laufstrecken wurden zur olympischen Disziplin

Ein Waffenläufer mit Schild, Helm und Speer auf einer griechischen Vase.

Daher kamen zwar in den folgenden Jahren mehr Laufstrecken hinzu, aber auch diese orientierten sich an der Länge des Stadions - wie zwei Stadionlängen oder ein Langlauf, der über eine Distanz von 20 Stadien ging. Das waren dann zwischen 3,5 und 3,8 Kilometer. Außerdem gab es den "Waffenlauf", auch Hoplitodromos genannt. Wie der Name vermuten lässt, mussten beim Laufen Helm, Hoplon (ein Holzschild), Beinschienen und Speer getragen werden. Die Teilnehmer waren meist junge Männer, die ihren Militärdienst leisten mussten, um das volle Bürgerrecht zu erhalten, sogenannte Epheben.

Laufen ist im Mittelalter eher Beruf als Sport: Olympische Spiele verboten

Im Mittelalter galt das Laufen dann schon fast als verpönt - zumindest was sportliche Wettkämpfe betrifft. Im Christentum verlor die Lauf- und Körperkultur an Bedeutung, körperfeindliche Tendenzen setzten sich durch. Der gläubige Christ durfte nichts zum Selbstzweck tun, bis die Olympischen Spiele schließlich als "heidnische Feste" verboten wurden. Gelaufen wurde natürlich trotzdem, als Botengänge zum Beispiel. Ritter zogen nicht immer nur auf dem Pferderücken von Burg zu Burg. Es wurde gepilgert - und es gab die Kreuzzüge.

Pedestrianismus: Laufen wird im 18. Jahrhundert wieder sportlicher Wettbewerb

Noch bevor der Laufsport durch die Olympischen Spiele der Neuzeit wieder einen Aufschwung erfuhr, entstand im späten 18. und 19. Jahrhundert der Pedestrianismus. Wetteifrige Engländer trugen dazu bei, dass vor allem professionelle Wettkämpfe über eine lange Distanz entstehen konnten. Dazu gehörten beispielsweise die Sechs-Tage-Läufe - am siebten Tag, Sonntag, sollte man ruhen - die vor allem in New York und London sehr bekannt waren und bei denen sogar ein Weltmeisterschaftstitel verliehen wurde. Gewonnen hatte der, der am weitesten gelaufen war. Sprich, wer Pause machte, war selbst schuld. Die Läufer waren bis zu 20 Stunden auf den Beinen. Vorher wurden Wetten abgeschlossen, später gab es für die Sieger Belohnungen. Mit der Zeit konnten mehrere Läufer parallel antreten, daraus wurde der Wettlauf.

Pedestrianismus: Die prominenten Läufer Barclay und Käpernick

Im Bild: Fritz Käpernick, einer der bekanntesten Pedestrians Deutschland, 1881 in Leipzig. Mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland laufen, um fit zu bleiben. Wie wurden wir eigentlich zu solch begeisterten Joggern? Wann wurde das Laufen erfunden und von einer Art Beruf zum Hobby? Wir blicken auf die Geschichte des beliebten Sports. | Bild: Autor unbekannt, illustrierte Zeitung 1881

Fritz Käpernick 1881 in Leipzig. Er zählte zu den bekanntesten Sportlern des Pedestrianismus in Deutschland.

Einer der bekanntesten Läufer des Pedestrianismus war der Schotte Captain Robert Barclay. Er schloss eine Wette ab - für die er 1.000 Guineas (heute etwa 50.000 Euro) bekommen sollte - indem er 1.000 Stunden lang je eine Meile pro Stunde gehen wollte. Er schaffte es - indem er immer am Ende und jeweils am Anfang der folgenden Stunde je eine Meile lief. Damit waren seine Pausenzeiten am längsten. Er brauchte dafür 42 Tage und verlor fast 15 Kilogramm in der Zeit. Das lockte etwa 10.000 Zuschauer an, der Sport wurde damit populärer. Einer der bekanntesten deutschen Läufer war Fritz Käpernick, der 1881 die Strecke von Berlin nach Wien - etwa 600 Kilometer - in 92 Stunden zurücklegte. 

Laufen über verschiedene Distanzen beliebte Disziplin bei Olympischen Spielen

Der New-York-City-Marathon gehört zu den größten Laufveranstaltungen der Welt.

Den ersten richtigen Marathon gab es 1896 bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen. Dazu kamen Laufdistanzen über 100 Meter, 110 Meter Hürden, 400 Meter, 800 Meter und 1.500 Meter. Der Marathon war damals noch knapp 40 Kilometer lang. Die heutige Distanz mit 42,195 Kilometern entstand in England - bei den Spielen 1908 in London, erklärt Sporthistoriker Krüger. Das Königshaus würde den Start gerne vom Fenster im Schloss Windsor aus verfolgen wollen, hieß es. Daraufhin wurde der Kurs bis in die Londoner Innenstadt angepasst und die heute gültige Distanz entstand.

Welttag des Laufens im Juni

Damit das Laufen noch beliebter wird, gibt es jährlich am ersten Mittwoch im Juni den Welttag des Laufens, den Global Running Day. Er soll als Motivation dienen, sich die Laufschuhe zu schnüren und loszurennen. Weltweit finden dann Laufveranstaltungen statt.

Wann wurde Joggen als Hobby erfunden?

Heute ist das Laufen weit verbreitet. Überall sieht man Jogger - im Park, im Wald, aber auch mitten in der Stadt. Es ist Freizeit- und Breitensport geworden.

Doch wann wurde das Joggen als Hobby erfunden? Dazu beigetragen, dass Laufen ein Breitensport wurde, hat ein Neuseeländer: Arthur Lydiard war Leichtathletik-Trainer und gründete Anfang der 1960er-Jahre den ersten Jogging-Klub der Welt. Der US-Amerikaner Bill Bowerman fand die Idee super, griff sie auf und brachte sie in die USA und von dort in die ganze Welt. Das geschah sogar zu seinem finanziellen Vorteil, denn als Gründer eines US-Sportartikelherstellers verdiente er an der Entwicklung moderner Laufschuhe.

Beliebter Sport: Joggen und Laufen in Deutschland

In Deutschland wurde das Joggen ab 1970 so richtig beliebt - vor allem durch die Trimm-dich-Kampagne des Deutschen Sportbundes.

Woher kommt der Begriff Joggen?

Der Begriff "Joggen" stammt vom englischen Wort "jogging" und ist laut Duden ein Fitnesstraining, bei dem man entspannt in mäßigem Tempo läuft. Das englische Verb "to jog" bedeutet übersetzt: trotten oder auch traben.

Sie sollte ein Ansporn sein, sich mehr zu bewegen. Mit großem Erfolg: Den Deutschen machte es Spaß in ihrer Freizeit sportlich aktiv zu sein. Auch die Sportvereine verdankten der Trimm-dich-Bewegung viele neue Mitglieder. Es entstanden die noch heute verbreiteten Trimm-dich-Pfade.

16.03.1970: Deutscher Sportbund startet "Trimm-Dich"

Da jeder ständig laufen kann, fällt es schwer, die Anzahl an Joggern und Läufern in Deutschland genau zu beziffern. Fest steht: Joggen ist ein beliebtes Hobby. Nach einer Studie aus dem Jahr 2023 laufen rund 22 Millionen Menschen in Deutschland häufig oder ab und zu.

LAUF10!: Eine Erfolgsgeschichte






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