Wechseljahre Das erwartet dich rund um die Menopause

Von: Ortrun Huber

Stand: 11.10.2024

Wechseljahre? Daran kommt keine Frau vorbei. Doch gegen Symptome wie Hitzewallungen und Schlafprobleme gibt es vielfältige Strategien. Wir erklären, woran ihr die Menopause erkennt und wie ihr die Hormonumstellung gut bewältigt.

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Wechseljahre: Eine Zeit der Veränderung

Das Ende der fruchtbaren Jahre und damit auch das Ende der Regelblutungen und einer notwendigen Verhütung empfinden viele Frauen als Entlastung. Andere Frauen belastet das Älterwerden, das Verunsicherung und Verlustängste hervorruft. Wieder andere werfen einen neuen Blick auf ihr Leben, setzen andere Prioritäten im Beruf und im Privaten und verwirklichen jetzt jene Wünsche, für die bislang zu wenig Raum war. Wie eine Frau die Phase rund um die Menopause erlebt, wird dabei entscheidend vom jeweiligen persönlichen, aber auch gesellschaftlichen Umfeld beeinflusst.

Rund um die Menopause: eine hormonelle Achterbahnfahrt

Wechseljahre: Wendejahre der Frauen

Ende der Fruchtbarkeit: Was sind die Wechseljahre?

Grundsätzlich startet der weibliche Körper in die Wechseljahre, wenn sich der Hormonspiegel langsam verändert. Bei der Geburt haben Mädchen etwa 400.000 Eizellen in jedem Eierstock angelegt. Mit Beginn der Pubertät reifen jeden Monat eine oder mehrere Eizellen heran. Werden diese nicht von Spermazellen befruchtet, sterben sie ab: Es kommt zur Regelblutung und ein neuer Zyklus beginnt. Nach ungefähr 30 Jahren geht der Eizellenvorrat langsam zu Ende. Die hormonelle Umstellung im dritten Lebensabschnitt der Frau beginnt.

Nach und nach reduzieren die Eierstöcke ihre Aktivität immer weiter, bis sie schließlich die Produktion der weiblichen Hormone Östrogen und Progesteron (der wichtigste Vertreter der Gestagene) ganz einstellen. Die Östrogenproduktion in den Eierstöcken lässt nach. Außerdem reduziert sich die Produktion der Gestagene nach dem seltener werdenden Eisprung. Parallel dazu geht die Phase, in der es für die Frau möglich ist, auf normalem Wege schwanger zu werden, zu Ende.

Behandlung: Hormonersatztherapie in den Wechseljahren

IQ - Wissenschaft und Forschung: Menopause und Hormone

Verschiedene Phasen: Wie lange dauern die Wechseljahre? 

Durchschnittlich dauern die Wechseljahre zehn bis 15 Jahre, der genaue Zeitraum ist aber individuell unterschiedlich. Wann genau die Wechseljahre einsetzen, ist von Frau zu Frau ebenfalls verschieden. Die meisten Frauen erleben die Zeit um die letzte Regelblutung, die sogenannte Perimenopause, zwischen Mitte vierzig und Mitte fünfzig. Nach einer Studie des Robert Koch-Instituts hatte fast die Hälfte der Frauen ab 50 Jahren (47,2 Prozent), die 2020 eine Frauenarztpraxis aufsuchten, noch ihre Regelblutung. 

Je früher Wechseljahresbeschwerden beginnen, desto länger bleiben sie in der Regel bestehen. Nach einer US-Studie hielten Symtome bei Frauen, deren Beschwerden schon in der Prämenopause einsetzten, durchschnittlich 11,8 Jahre an. Setzten die Symptome dagegen erst in der Postmenopause ein, dauerten sie im Schnitt nur 3,4 Jahre.  

Tipps: Die Zeit der hormonellen Umstellung erleichtern

Gut durch die Wechseljahre: Unterschiedliche Mittel und Methoden helfen

Hitzewallungen und Co.: Phasen und Symptome rund um die Wechseljahre

Die Symptome während der Wechseljahre variieren abhängig davon, welches Hormon gerade zu hoch oder zu niedrig ist und was sonst noch im Körper und vor allem im Leben vor sich geht. So kann beispielsweise in manchen Zyklen der Östrogenspiegel phasenweise stark ansteigen, während der Progesteronspiegel sich zugleich nur gering erhöht. Fakt ist: Mit der Hormonumstellung endet nicht nur die Fruchtbarkeit der Frau. Östrogene und Gestagene wirken sich unter anderem auf den Stoffwechsel von Knochen, Haut und Schleimhäuten aus. Hinzu kommt, dass Beschwerden von Frau zu Frau ganz unterschiedlich sind, auch abhängig von Genen und einem gesunden Lebensstil, etwa in Bezug auf Ernährung, Körpergewicht und Tabakkonsum.

Mitunter ist es schwierig, die hormonell bedingten Symptome von generellen Veränderungen des Alters oder veränderten Lebensumständen zu unterscheiden. So gelten laut aktueller medizinischer S3-Leitlinie "Peri- und Postmenopause - Diagnostik und Interventionen" allein Schweißausbrüche, Hitzewallungen und Scheidentrockenheit zu den typischen Wechseljahressymptomen. Bei anderen Beschwerden wie Schilddrüsenproblemen, Gelenkschmerzen, Stimmungsschwankungen oder Kopfschmerzen handelt es sich um Krankheitsbilder, die zwar im zeitlichen Zusammenhang mit der Menopause auftreten können, nicht aber zwingend durch diese ausgelöst werden.

Verlauf der Progesteron-Östrogen-Blutspiegel über die Wechseljahre | Bild: BR

Das Absinken zunächst des Progesteron- und dann des Östrogenspiegels im Blut führt mit zunehmendem Alter zum Ausbleiben der Regelblutung.

Die Wechseljahre sind eine normale Phase im Leben jeder Frau. Allerdings: DIE Wechseljahre gibt es nicht. Jede Frau erlebt die Zeit der hormonellen Umstellung am Ende der fruchtbaren Lebensphase anders. Ein Drittel der Frauen hat keinerlei Beschwerden, ein weiteres Drittel hat nur leichte Beschwerden, die nicht belastend sind, und ein Drittel der Frauen leidet unter starken Symptomen. Gynäkologen teilen die Zeit des hormonellen Auf und Ab in vier Phasen rund um die Menopause (Zeitpunkt der letzten Monatsblutung) ein.

  • Prämenopause: Die erste Phase der Wechseljahre, die Prämenopause (lat. "prä" = "vor"), beginnt mit Anfang bis Mitte vierzig: Die Eierstöcke vermindern die Produktion der weiblichen Hormone Progesteron und Östrogen. Erste Unregelmäßigkeiten in der Regelblutung treten auf. Manche Frauen bemerken schon ab Mitte dreißig Störungen im gewohnten Monatszyklus. Die Zyklen werden meist länger, die Blutungen dagegen eher kürzer. Mitunter bleibt die Monatsblutung für ein paar Monate aus, um sich dann wieder für einige Zeit einzupendeln. Bereits jetzt können Symptome wie Spannungsgefühle in der Brust, Gewichtszunahme, Gelenkschmerzen, Stimmungsschwankungen, Migräne oder Schilddrüsenprobleme auftreten.
  • Perimenopause: Die Perimenopause (griech. "peri-" = "um ... herum") ist eine Phase der hormonellen Turbulenzen. Während dieses im Durchschnitt vier bis acht Jahre andauernden Übergangs rund um die Menopause schwanken die Östrogen- und Progesteronspiegel stark. Die Regelblutungen werden seltener, die Abstände dazwischen größer. Jetzt spüren Frauen in der Regel die meisten Symptome wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche und schlafen dadurch meist unruhig, was wiederum zu Stimmungsschwankungen führen kann. Ein geringerer Östrogenspiegel kann auch zu Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Beschwerden führen. Auch Konzentrationsstörungen, trockene Haut und Scheidentrockenheit sowie verstärkter Harndrang und Libidoverlust gehören zu häufigen Symptomen.
  • Menopause: Irgendwann ist die Menopause, also die letzte Periodenblutung, erreicht. Der genaue Zeitpunkt der Menopause lässt sich jedoch erst rückwirkend feststellen, dann nämlich, wenn ein Jahr lang keine Monatsblutung erfolgt ist. Etwa vier von zehn Frauen erreichen die Menopause im Alter von 50 Jahren, im Alter von 55 Jahren erreichen neun von zehn Frauen die Menopause. Eine frühe Menopause kann Studien zufolge durch Rauchen, die Einnahme bestimmter Medikamente, aber auch durch Chemotherapie, Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes (mit-)verursacht werden.
  • Postmenopause: Ein Jahr nach der letzten Monatsblutung startet die Postmenopause. Der schwankende Hormonhaushalt pendelt sich auf einem niedrigeren Niveau ein. Häufig sind Schweißausbrüche und Hitzewallungen jetzt Geschichte, doch manchmal bleiben Stimmungsschwankungen und Antriebslosigkeit erhalten. Die Haut ist trockener und mit abnehmender Knochendichte durch den gesunkenen Östrogenspiegel steigt das Osteoporoserisiko. Zugleich nimmt die Muskelkraft ab.

Wechseljahre: Beschwerden mit Ernährung lindern?

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Wechseljahre: Beschwerden mit Ernährung lindern? | Die Ratgeber | Bild: Hessischer Rundfunk (via YouTube)

Wechseljahre: Beschwerden mit Ernährung lindern? | Die Ratgeber

Wechseljahre und Beruf: Karriere trotz Menopause?

Univ.-Prof. Dr. med. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar, TU München | Bild: BR

"Viele Frauen, die in die Wechseljahre kommen, stehen mitten im Berufsleben. Sind oft auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie müssen und wollen jeden Tag performen, früh aufstehen und leisten. Gerade solche Frauen sind natürlich extrem stark belastet durch Schlafstörungen und zum Beispiel durch Hitzewallungen."

Univ.-Prof. Dr. med. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar, TU München

Das Thema Wechseljahre: In vielen Firmen ein Tabu

Job und Gesundheit: Tabuthema Wechseljahre

Hormonumstellung: Zeit für Selbstfürsorge

"Frauen neigen dazu, sich um alles und jeden zu kümmern, nur nicht um sich selbst. (...) Doch gerade im mittleren Lebensalter ist die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse - ohne Übertreibung - überlebensnotwenig. Wenn man sich aufgrund der Hormonveränderung kraftlos und erschöpft oder sogar krank fühlt, dann ist es allerhöchste Eisenbahn, sich um sich selbst zu kümmern. Wir möchten Sie ermutigen, dies ohne schlechtes Gewissen zu tun."

Susanne Esche-Belke & Suzann Kirschner-Brouns; Medizinerinnen und Autorinnen des Buches 'Midlife-Care'

Die Wechseljahre: Eines der letzten Tabu-Themen der weiblichen Sexualität

Therapie: Behandlungsmöglichkeiten in den Wechseljahren

Salbeitee | Bild: picture-alliance / Bildagentur-online/Sunny Celeste |

Heilpflanzen können bei Beschwerden in den Wechseljahren Linderung verschaffen. Salbei hilft gegen typische Symptome wie Hitzewallungen.

  • Bioidentische Hormonersatztherapie (HRT, für engl. "Hormone Replacement Therapy")

Bei der Hormonersatztherpie wird der Körper durch Tabletten, Gel, Creme, Spray oder Pflaster mit bioidentischen Hormonen versorgt. Bioidentische Hormone werden aus Pflanzen, in erster Linie aus Yamswurzel gewonnen, und entsprechen in ihrem Aufbau im Wesentlichen der molekularen Struktur körpereigener Hormone. Hormone, die über die Haut aufgenommen werden, belasten den Stoffwechsel und die Leber weniger als Tabletten. Bei einem erhöhten Risiko der Frau für Thrombose, Herzinfarkt oder Schlaganfall ist die Aufnahme über die Haut daher vorteilhaft. Bei der HRT geht es nicht darum, den exakten Hormonspiegel, der vor den Wechseljahren bestand, wieder herzustellen. Vielmehr sollen durch die Hormongabe gezielt Beschwerden gelindert werden, die durch den Östrogenmangel entstehen. Dazu gehören sogenannte vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen sowie damit zusammenhängende Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, depressiven Verstimmungen und urologische Beschwerden. Der Nutzen der Hormone bei anderen Problemen in den Wechseljahren, wie Depression oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist dagegen nicht wissenschaftlich belegt.

Bevor sich eine Frau für eine HRT entscheidet, ist es sinnvoll, dass sie mit ihrem Frauenarzt oder ihrer Frauenärztin Nutzen und Risken der Therapie genau abwägt. Zugelassene bioidentische Hormone werden vom Arzt verschrieben, deren Kosten die Krankenkasse trägt. Daneben existieren auch frei verkäuflich Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Yamswurzelextrakt, die häufig über das Internet vertrieben werden. Diese Produkte sind keine hormonwirksamen Präparate und arzneimittelrechtlich in der Regel nicht zugelassen, da Qualitätskontrollen und Studien fehlen. Festmachen lässt sich das etwa daran, dass der Beipackzettel fehlt.

Fällt die Entscheidung für eine verschreibungspflichtige HRT, sollte die Hormongabe möglichst niedrig dosiert und so kurz wie möglich durchgeführt werden. Tatsächlich war die HRT lange umstritten: Während vor der Jahrtausendwende häufig mit Hormonen therapiert wurde, sorgte im Jahr 2002 eine große US-Studie der Women's Health Initiative für starke Verunsicherung. Diese wurde damals abgebrochen, weil bei den Probandinnen vermehrt Thrombosen, Schlaganfälle, Herzinfarkte und Brustkrebs auftraten. Inzwischen wurden große Teile der Studie neu ausgewertet und auch das Krebsrisiko der HRT relativiert. Das Risiko, durch eine Therapie mit bioidentischen Hormonen an Brustkrebs zu erkranken, gilt heute eher als gering, das Risiko für Gallenwegserkrankungen als leicht erhöht. Hingegen senkt HRT beispielsweise das Risiko für Darmkrebs. Grundsätzlich muss die Gabe von Hormonen differenziert nach dem Alter, der körperlichen Verfassung, der Beschwerden und dem Zeitpunkt der individuellen Menopause einer Frau gut überlegt sein. Die Behandlung sollte einer Studie zufolge mit dem Start der Wechseljahre beginnen - jedoch nicht später als im Alter von 60 Jahren, innerhalb von zehn Jahren nach Beginn der Menopause, und sofern keine erhöhten Risiken z.B. für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Brustkrebs bestehen.

  • Pflanzliche Wirkstoffe

Für Frauen, die eine Hormonbehandlung ablehnen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht anwenden sollten, werden eine ganze Reihe pflanzlicher Präparate auf dem Markt freiverkäuflich angeboten. Die Wirksamkeit und Risiken von pflanzlichen Mitteln mit östrogenähnlicher Wirkung ist wissenschaftlich bislang allerdings kaum erforscht.

Manche pflanzlichen Produkte können nach Ansicht von Experten bei Hitzewallungen ausprobiert werden, dazu gehören Traubensilberkerze und Salbei. Studien konnten zeigen, dass das isopropanolische Extrakt aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa; iCR) in Kombination mit Johanniskraut bei psychischen Beschwerden hilft. Die Gabe von iCR allein mindert laut verschiedener Studien Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Angst und Depression.

Soja, Rotklee und Hülsenfrüchte enthalten sogenannte Isoflavone. Diese ähneln in ihrer Struktur dem weiblichen Sexualhormon Östrogen. Studien zufolge können diese Phytoöstrogene (pflanzliche Östrogene) verschiedene Stoffwechselprozesse beeinflussen und beispielsweise Schlafstörungen lindern. Sie helfen aber nicht bei Hitzewallungen und nächtlichen Schweißausbrüchen.

Bevor Frauen mit Wechseljahresbeschwerden pflanzliche Produkte einnehmen, sollten sie, selbst wenn entsprechende Präparate frei verkäuflich sind, den Rat eines Arztes oder einer Ärztin einholen. Zu beachten ist dabei, dass sich Heilpflanzen, auch als Tees, nicht zur Dauereinnahme eignen, da Nebenwirkungen eintreten und andere Inhaltsstoffe die erwünschte Wirkung beeinträchtigen können.

  • Änderungen im Lebensstil

Im Alter nehmen die Muskelmasse und auch der Energiebedarf beim Menschen ab. Daher müssen Frauen, unabhängig von den Wechseljahren, mit einer Gewichtszunahme rechnen. Zudem kann sich die Körperform verändern, denn durch den sinkenden Östrogenspiegel sammelt sich Fett bevorzugt an Bauch und Taille, während der Po flacher wird. Wichtig ist deshalb eine ausgewogene Ernährung mit Gemüse, Salat, Obst und Milchprodukten, aber wenig Zucker, Fett, Wurst und Weißmehl. Auch Sport (besonders Kraftsport) sowie der Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie ausreichend Schlaf können helfen. Entspannungsübungen und Wechselduschen können Hitzewallungen lindern. Mehr Sport und weniger Stress lassen Frauen besser schlafen.

Wechseljahre: Welche Behandlung passt zu mir?

"Es gibt viele Ratgeber für Frauen in den Wechseljahren. Die einen empfehlen den ,sanften' Weg und verstehen darunter, dass Frauen ohne Hormone durch die Wechseljahre kommen müssen. Die anderen preisen die ,neue Hormonersatztherapie' als Mittel zu mehr Gesundheit und Attraktivität im Alter. Mir ist es wichtig, dass es kein Entweder/Oder geben muss."

Maria Beckermann, Frauenärztin und Autorin des Buches ,Wechseljahre - was muss ich wissen, was passt zu mir?'

Interview: Hormone gegen Beschwerden in den Wechseljahren?

Jede Frau sei anders, jede Frau mit Beschwerden in den Wechseljahren brauche eine andere Therapie, sagt Dr. Katrin Schaudig, Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft. Wichtig sei, so die Gynäkologin im ARD alpha-Interview, die individuelle Beratung der Frauen zu verbessern, den Austausch der Betroffenen zu fördern und Gynäkologen und Gynäkologinnen vermehrt fortzubilden, damit diese ihre Patientinnen kompetent durch die Wechseljahre begleiten.

ARD alpha: Die Gabe von Hormonen bei Wechseljahresbeschwerden ist unter Gynäkologinnen und Gynäkologen nach wie vor umstritten, obwohl die große Women's Health Initiative-Studie zur Hormonersatztherapie von 2002 inzwischen neu interpretiert wurde. Was würden Sie betroffenen Frauen raten: Hormontherapie - ja oder nein?  

Schaudig:
Frauen, die Hormone nehmen wollen, um vermeintlich länger jung zu bleiben, würde ich keine verordnen. Aber bei uns ist es eher so, dass selbst Frauen mit starken Beschwerden, auch aus Angst vor Brustkrebs, lieber auf eine Hormontherapie verzichten. So nehmen laut Zahlen der Techniker Krankenkasse von 2022 nur gut sechs Prozent der erwerbstätigen Frauen zwischen 45 und 65 Jahren vom Arzt verordnete Hormonpräparate gegen Beschwerden in den Wechseljahren ein. Wenn man bedenkt, dass ungefähr ein Drittel der Frauen unter starken Wechseljahresbeschwerden leidet, die sie in ihrem Alltag wirklich beeinträchtigen, fände ich es wünschenswert, dass mehr Frauen als momentan nach einer individuellen Beratung eine Hormontherapie in Erwägung ziehen. Zumal das mit einer Östrogenbehandlung einhergehende erhöhte Risiko für Thrombose oder Schlaganfall sich so gut wie vermeiden lässt, wenn Östrogen über die Haut, also als Gel, Pflaster oder Spray, verabreicht wird.

ARD alpha: Und was ist mit den anderen Risiken der Hormontherapie, vor denen häufig gewarnt wird?   

Schaudig: Das Risiko einer Hormontherapie ist durchaus überschaubar, wenn man im Alter zwischen fünfzig und sechzig Jahren beginnt. Und wer regelmäßig zur Mammografie geht, erhöht die Chance, einen eventuell entstehenden Tumor in der Brust frühzeitig zu entdecken und zu behandeln.

Auf der anderen Seite gibt es auch positive Effekte der Hormontherapie: Das Risiko für Osteoporose, Diabetes mellitus und Darmkrebs sinkt. Aber auch jenseits einer Hormontherapie ist es für alle Frauen, die sich in den Wechseljahren befinden, wichtig, durch eine gesunde Lebensweise dazu beizutragen, das Risiko für Brustkrebs und andere Erkrankungen zu senken. Das geht, indem man zum Beispiel Sport treibt und sich gesund ernährt. Durch Übergewicht und täglichen Alkoholkonsum entsteht ein höheres Risiko für Brustkrebs als durch eine Hormontherapie.    

ARD alpha: Was kann man noch tun, um gut durch die Wechseljahre zu kommen?

Schaudig: Ein Austausch der Frauen untereinander ist ganz wichtig -  und der findet auch glücklicherweise zunehmend mehr statt. Ich habe den Eindruck, dass viele Frauen inzwischen anders an das Thema herangehen: Die Wechseljahre sind kein Tabu mehr oder etwas, wofür sich Frauen schämen. Viele stellen sich dem und sagen: Ich will damit klarkommen, ich will wissen, was mit mir passiert. Und ich glaube, wenn die Frauen verstehen, was mit ihnen los ist -  wenn sie von ihren Gynäkologen und Gynäkologinnen individuell aufgeklärt und beraten werden - dann ist schon ganz viel gewonnen.  

ARD alpha: Stichwort: Beratung - sind denn die Frauenärzte und -ärztinnen ausreichend geschult für eine adäquate Behandlung der Wechseljahre ihrer Patientinnen?

Schaudig: Das ist durchaus ein Thema: In der Facharzt-Ausbildung kommt das Thema Hormone tatsächlich fast nicht vor. Hormone sind in der ambulanten Betreuung von enorm wichtiger Bedeutung, aber die Facharzt-Ausbildung findet in der Klinik statt. Das heißt, wir brauchen viele Fortbildungen und die bietet die Deutsche Menopause Gesellschaft auch unablässig an: online, in Präsenz, auf Kongressen. Wir bekommen auch das Feedback von den Ärzten und Ärztinnen, dass diese Fortbildungen geschätzt werden, weil dieses Wissensdefizit in der Endokrinologie durchaus empfunden wird. Zugleich ist es aber auch ein Problem der Kapazität, denn Menopause-Medizin bedeutet Beratung. Und Beratung wird in der gesamten Medizin nicht anständig bezahlt - verrückt, aber so ist es leider.

Wechseljahre: Was hilft bei Hitzewallungen, hartnäckigen Kilos und schlechter Laune?

  

Wechseljahre: Was Frauen hilft

Kulturvergleich: Andere Länder, andere Wechseljahre?

Manche Frauen empfinden die Wechseljahre als emotional belastend, da sie es als "Abschied von der Weiblichkeit" interpretieren. Andere leiden dagegen mehr unter den körperlichen Folgen der hormonellen Umstellung. Zusätzlich sind die verschiedenen Wahrnehmungen der Wechseljahre auch kulturell bedingt. Bei japanischen Frauen treten Wechseljahresbeschwerden beispielsweise nur sehr selten auf. Zugleich gilt in Japan "Konenki" (zu deutsch: "Menopause") als eine Zeit der Erneuerung und Regeneration, die neue Ziele und Wachstum mit sich bringt. Dass japanische Frauen weniger von Wechseljahresbeschwerden betroffen sind, hängt vermutlich mit der spezifischen Ernährung und dem Lebensstil zusammen. So wird Altern in Japan als Bereicherung und Übergansphase zur Weisheit gesehen, ältere Menschen werden mit Respekt behandelt. Hitzewallungen treten bei Japanerinnen so selten auf, dass die japanische Sprache dafür gar kein eigenes Wort besitzt.

In Deutschland ist "Hitzewallung" hingegen das häufigste Stichwort zum Themenkomplex "Wechseljahre", wie eine Studie der Berliner Charité zeigt. Demnach gehen Frauen aus Deutschland, der Türkei bzw. asiatischen Ländern (China, Japan und Korea) sehr unterschiedlich mit den Wechseljahren um. So werteten deutsche Frauen die Menopause positiver - als neuen Lebensabschnitt mit neuen Möglichkeiten. Bei der Wahrnehmung der Beschwerden nannten die Asiatinnen weniger körperlich-vegetative Symptome als deutsche und türkische Frauen. Letztere klagten hingegen deutlich häufiger über nachlassende Leistungsfähigkeit.

Evolution: Welchen Sinn haben die Wechseljahre?

Mit den Wechseljahren, auch Klimakterium (= griech.: "Stufenleiter") genannt, endet für alle Frauen die fruchtbare Lebensphase - ein Einschnitt, nach dem sie noch Jahrzehnte weiter leben. Anders im Tierreich: Nur die Weibchen einiger weniger Säugetierarten leben noch lange nach ihrer reproduktiven Zeit weiter. Studien konnten zeigen, dass beispielsweise Orcas, Kurzflossengrindwale sowie Belugas und Narwale die Wechseljahre durchlaufen. "Damit die Menopause aus evolutionärer Sicht sinnvoll ist, muss eine Tierart einen guten Grund haben, mit der Fortpflanzung aufzuhören und danach trotzdem noch weiterzuleben", erklärt Verhaltensforscher und Autor der Studie zu Belugas und Narwalen, Sam Ellis von der University of Exeter.

Ein Orca (Schwertwal) im Meer vor Lanzarote.  | Bild: dpa-Bildfunk/Monica Perez/SECAC

Diesen vermuteten, evolutionären Grund für die Menopause (griech. "meno" = "Monat", griech. "pausis" = "Ende", also: Zeitpunkt der letzten Monatsblutung) umschreiben Forschende mit der "Großmutter-Hypothese". Damit gemeint ist, dass sich bei Tierarten, die in größeren Familienverbänden leben, ältere Weibchen mit um den Nachwuchs jüngerer Weibchen kümmern und damit zum Fortbestand der eigenen Art beitragen. "Bei Orcas bleibt der Nachwuchs ein Leben lang mit seinen Müttern in einer Gruppe zusammen", erklärt Verhaltensforscher Ellis. "Dadurch besteht die Gruppe eines älteren Weibchens mit der Zeit aus immer mehr Kindern, Enkeln und Urenkeln." Die Menopause und damit das Ausbleiben der Fruchtbarkeit bei älteren Weibchen ist aus evolutionärer Sicht damit folgerichtig. Die "Orca-Omas" können sich besser um das Überleben der Gruppe kümmern, wenn sie selbst keinen eigenen Nachwuchs mehr bekommen und großziehen müssen. "Ihr Wissen darum, wo die besten Futterplätze sind, kann beispielsweise der Gruppe dabei helfen, zu überleben", so Ellis.

Allerdings: Die meisten Säugetiere vermehren sich zeit ihres Lebens und sterben rasch, sobald sie keinen Nachwuchs mehr produzieren können. Das gilt auch für Menschenaffen: So erleben Schimpansen-Weibchen beispielsweise keine Menopause. Zwar bringen sie nach dem vierzigsten Lebensjahr seltener Junge zu Welt. Dafür ist einer Studie der Harvard-Universität in Cambridge zufolge aber keine hormonelle Umstellung verantwortlich, sondern der häufig schlechtere gesundheitliche Zustand älterer Tiere. Gesunde Schimpansen können demnach auch im hohen Alter noch Nachwuchs gebären. Doch auch bei den Hominiden gibt es Ausnahmen: Eine frühere Studie mit Gorillas zeigt, dass bei Gorilla-Weibchen in Gefangenschaft in einem bestimmten Alter eine Menopause mit hormonellen Umstellungen auftritt.

Video: Was ihr noch über das Hormon Östrogen wissen müsst

Quellen und Sendungen: Wechseljahre und Umstellung in der Lebensmitte

Quellen:

Sendungen: