Migräne mit und ohne Aura Wie ihr Migräne erkennt und was dagegen hilft

Von: Sylvaine von Liebe

Stand: 02.09.2024

Etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Migräne und viele wissen es gar nicht, weil eine klare Diagnose fehlt. Gehört ihr auch dazu? Über Ursachen, Symptome, den Unterschied zu Kopfschmerzen und was euch bei Migräne hilft.

Was ist Migräne? Migräne sind Kopfschmerzen, die häufig einseitig auf einer Körperhälfte auftreten und sich im Unterschied zu Spannungskopfschmerzen bei Bewegung verschlimmern. Im Bild: Frau auf dem Sofa hält sich den Kopf. | Bild: colourbox.com

Etwa 12 bis 14 Prozent aller Frauen und sechs bis acht Prozent aller Männer in Deutschland leiden laut Internetportal "Neurologen und Psychiater im Netz" unter Migräne. Bei Klein- und Schulkindern bis zur Pubertät sind vier bis fünf Prozent von Migräne betroffen. Ihre erste Migräneattacke erleiden Frauen meist zwischen dem 12. und 16. Lebensjahr, Männer im Alter von 16 bis 20 Jahren. Zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr treten statistisch gesehen am häufigsten und die heftigsten Migräneattacken auf. Ab dem 55. Lebensjahr werden die Attacken meist weniger und verschwinden später oft ganz. Zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr sind Frauen bis zu dreimal häufiger von Migräne betroffen als Männer. Doch was ist Migräne eigentlich? Welche Ursachen sind bekannt, welche Symptome treten bei Migräne in der Regel auf, wie kann man Migräne vorbeugen und behandeln? Und warum ist die Diagnose von Migräne so schwierig?

Symptome: Daran erkennt ihr, ob ihr Migräne habt

Migräne ist mehr als nur Kopfschmerzen. Meist kommen bei Migräneattacken noch weitere Symptome wie Übelkeit und Erbrechen hinzu. Im Bild: Mann hält sich Hand vors Gesicht. | Bild: colourbox.com

Eine Migräneattacke kann bis zu drei Tage andauern. Die pochend-pulsierenden Kopfschmerzen sind dabei meist nicht das einzige Symptom.

Ob ihr Migräne oder "nur" Kopfschmerzen habt, könnt ihr an verschiedenen Anzeichen erkennen. Bei Migräne treten die Kopfschmerzen anfallsartig und häufig nur an einer Körperhälfte auf, können sich aber im Laufe des Anfalls auf die andere Körperhälfte ausdehnen. Die Schmerzen sind pulsierend, pochend oder stechend. Im Unterschied zum Spannungskopfschmerz verschlimmern sich bei Migräne die Schmerzen bei körperlicher Aktivität wie zum Beispiel beim Treppensteigen oder Gehen. Weitere typische Merkmale für eine Migräne sind die neben den Kopfschmerzen auftretenden "Begleiterscheinungen". So leiden fast alle während einer Migräneattacke unter Appetitlosigkeit. Weitere Symptome, die bei Migräne neben den Kopfschmerzen vor allem auftreten können, sind laut aktueller Leitlinie "Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne": Übelkeit (80 Prozent), Erbrechen (40–50 Prozent), Lichtscheu (60 Prozent), Lärmempfindlichkeit (50 Prozent) und Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Gerüchen (10 Prozent). Für viele sind die Begleit-Symptome einer Migräneattacke schlimmer als die Kopfschmerzen selbst.

Migräne: Krankheit in drei Phasen

Eine Migräneattacke dauert in der Regel zwischen vier und maximal 72 Stunden, also drei Tage.
Sie lässt sich meist in drei verschiedene Krankheits-Phasen einteilen. Phase 1: Die sogenannten Vorboten, die die Migräneattacke ankündigen. Phase 2: die eigentliche Kopfschmerzphase. Phase 3: die sogenannte Rückbildungsphase.


Vorboten einer Migräne, auch Prodomalphase genannt, können sein: Hochstimmung, ein Gefühl der besonderen Leistungsfähigkeit, aber auch Gereiztheit oder depressive Verstimmung. Appetit auf Süßigkeiten, vermehrter Hunger, Verstopfung, Schläfrigkeit und Durstigkeit können auch Anzeichen einer bevorstehenden Migräne sein.

Danach folgt die sogenannte Schmerzphase, das heißt, der Kopfschmerz beginnt häufig auf einer Seite und breitet sich auf Stirn, Schläfe und den Augenbereich aus. Schließlich kann sich der Kopfschmerz auch auf die andere Körperhälfte ausdehnen.

Während der sogenannten Rückbildungsphase wird aus dem pulsierenden Schmerz ein gleichbleibender Schmerz. Migräne-Betroffene fühlen sich in dieser Phase, in der die Migräneattacke abklingt, oft erschöpft und schwach.

Mit und ohne Aura: Was ist Migräne eigentlich?

Migräne mit Aura - die klassische Migräne. Unter ihr leiden etwa zehn bis 15 Prozent der Migräne-Betroffenen. So wie hier im Bild - Lichtblitze in einer nächtlichen Umgebung - nehmen vermutlich manche Menschen während einer Aura ihre Umwelt wahr. | Bild: picture alliance / Frank May | Frank May

So wie hier im Bild nehmen Menschen während einer Migräne-Aura vermutlich ihre Umwelt wahr: mit flimmernden Zick-Zack-Linien.

Das Wort Migräne kommt vom mittellateinischen hemigrania, was so viel wie "einseitiger Kopfschmerz" bedeutet. Es handelt sich dabei um eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt die starke Migräne sogar zu den am stärksten behindernden Erkrankungen überhaupt. Charakteristisch ist der anfallsartig wiederkehrende pochend-pulsierende, einseitig beginnende Kopfschmerz. Neurologen und andere Migräne-Spezialisten unterscheiden zwei Arten von Migräne: die Migräne mit Aura (die sogenannte klassische Migräne) und die Migräne ohne Aura.

Migräne mit Aura - was ist das? Bei etwa zehn bis 15 Prozent derjenigen, die unter Migräne leiden, kommt es noch vor der Kopfschmerzphase zur sogenannten Aura. Dabei handelt es sich um neurologische Störungen, die sich innerhalb von fünf bis zehn Minuten entwickeln. Meist äußern sich Auren visuell. Betroffene sehen dann über einen Zeitraum von maximal 60 Minuten Lichtblitze oder Farben, flimmernde Zick-Zack-Linien oder Doppelbilder. Auch Gefühlsstörungen oder Sprachstörungen können auftreten.

Ursachen und Auslöser: Wer bekommt Migräne - und warum?

Stress kann Migräne auslösen. Im Bild Frau am Schreibtisch mit Computer hält sich den Kopf. | Bild: picture alliance / Shotshop | Monkey Business 2

Die Ursachen für Migräne sind noch nicht restlos geklärt. Die Veranlagung dazu wird aber vererbt. Und Stress kann Migräne auslösen.

Die genauen Ursachen für Migräne sind noch nicht gänzlich geklärt. Forscherinnen und Forscher gehen aber mittlerweile davon aus, dass eine Überaktivität von Nervenzellen im Hirnstamm, die wiederum für eine verstärkte Freisetzung von Botenstoffen sorgt, die Migräne verursacht. Dadurch kommt es letztlich zu einer Art Entzündung des Hirngewebes und der Hirnhäute. Diese sogenannte neurogene Entzündung verursacht den für die Migräne typischen pochend-pulsierenden Kopfschmerz.

Dass es zu dieser Reaktion kommt, hat unter anderem genetische Ursachen. Insbesondere Veränderungen auf dem Chromosom 1 und dem Chromosom 8 konnten Wissenschaftler in Studien bei Migräne-Patienten nachweisen. Sie führen zu der für Migräne verantwortlichen Übererregbarkeit von Nervenzellen. Neben den Ursachen gibt es aber auch Auslöser, sogenannte Trigger, für Migräne. Diese sind vor allem:

  • Stress
  • Schlafmangel
  • unregelmäßige Essenszeiten bzw. das Auslassen von Mahlzeiten
  • bestimmte Lebensmittel: insbesondere Fertigprodukte und Alkohol, darunter besonders Rotwein
  • Wetterveränderungen
  • äußere Reize wie Gerüche, Lärm, Licht - zum Beispiel durch übermäßige Nutzung elektronischer Medien
  • bestimmte Medikamente: zum Beispiel Potenzmittel, aber auch Kopfschmerzmedikamente bei übermäßigem Gebrauch

Video: Migräne behandeln und vorbeugen

Medikamente und Hausmittel: Was hilft gegen Migräne?

Tabletten, Botox, oder gar Piercings? Wer sich umhört, stößt auf jede Menge angeblicher Wundermittel gegen Migräne. Aber was hilft wirklich - und was nicht?

ACHTUNG: Die hier aufgeführten Hinweise können eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Vor allem solltet ihr Medikamente nicht ohne Rücksprache mit Ärztin oder Apotheker einnehmen.

  • Bei leichter bis mittelschwerer Migräne können normale Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol mit ausreichend hoher Dosierung helfen.
  • Bei schwereren Migräneattacken könnt ihr Triptane oder - wenn die nicht wirken - Rimegepant einnehmen. Wichtig ist hier, dass ihr die Einnahme nicht zu lange hinauszögert.
  • Vor allem für chronische Migräne - also wenn ihr an mindestens 15 Tagen im Monat unter Kopfschmerzen leidet und davon mindestens acht Tage unter Migräne - ist das Nervengift Botox für die Behandlung zugelassen.
  • Möglich ist auch eine vorbeugende Therapie mithilfe einer Antikörper-Spritze. Sie wird einmal im Monat gespritzt. Voraussetzung: Ihr müsst über 18 Jahre alt sein und - damit die Krankenkasse zahlt - mindestens viermal im Monat unter Migräneattacken leiden.
  • Von Piercings zur alternativen Migränebehandlung rät die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft hingegen ausdrücklich ab.
  • Bei Migräneattacken in der Schwangerschaft könnt ihr, je nach Stadium der Schwangerschaft, verschiedene Schmerzmedikamente einnehmen. Sogenannte monoklonale Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor sollen aber während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht eingenommen werden.

Folgende nicht-medikamentöse, vorbeugende Maßnahmen können euch helfen, Migräne zu vermeiden:

  • ausreichend frische Luft
  • regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
  • regelmäßige Mahlzeiten
  • ausreichend trinken
  • Lebensmittel mit Histamin, wie zum Beispiel Tomaten, Zitrusfrüchte und Rotwein meiden.
  • Schokolade ist hingegen kein Auslöser der Migräne, wie lange gedacht. Aber der Heißhunger auf Schokolade ist nach neuen Erkenntnissen ein Vorbote der Migräneattacken.
  • auf Fertigprodukte verzichten
  • Stress und körperliche Überlastung vermeiden
  • ausreichend entspannen, gegebenenfalls mithilfe von Entspannungstechniken
  • Ausdauertraining betreiben
  • übermäßige Nutzung elektronischer Medien vermeiden
  • Außerdem: Ein Kopfschmerz-Tagebuch kann euch helfen, die Auslöser eurer Migräne herauszufinden.

Video: Ernährungstipps bei Migräne

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