Fische schützen Warum unsere Meere überfischt sind und worauf ihr deshalb achten solltet

Von: Simone Peer

Stand: 11.08.2022 09:13 Uhr

Vielleicht ist euch das ja schon mal passiert: Ihr steht im Supermarkt am Kühlregal und wollt Fisch kaufen. Doch welchen Fisch kann man eigentlich noch guten Gewissens essen? Gehört die Makrele in euren Händen zu einer bedrohten, überfischten Art? Fischbestände sind weltweit gefährdet. Dabei wäre es leicht, etwas gegen die Überfischung zu unternehmen. Auch ihr könnt etwas dazu beitragen und Fische schützen.

Gefangene Dornhaie schnappen in einem großen Fischernetz an der Wasseroberfläche nach Luft. Dornhaie gelten zu den bedrohten Fischarten. Viele Fische enden als Beifang. Sie landen beim kommerziellen Fischfang ungewollt in den Fischernetzen oder an den Leinen und sterben. | Bild: picture alliance/NHPA/Avalon/David Element

Fakten: Überfischung der Weltmeere

16 große Fischerboote stechen in See und laufen in der Region Beihai, Guangxi Zhuang, China aus dem Hafen aus. Fischbestände sind weltweit gefährdet. Dabei wäre es leicht, etwas gegen die Überfischung zu unternehmen.  | Bild: picture alliance/dpa/MAXPPP/Zhai Li Qiang

Fischfangmethoden mit moderner Technik: 3D-Sonargeräte, Satellitennavigation und Radar sind heute meist mit an Bord, um Fische aufzuspüren.

Noch vor 50 bis 60 Jahren schien der Reichtum der Meere unendlich. Heute stellen wir fest, dass dieser Reichtum vielleicht bald erschöpft sein könnte. Die Überfischung und damit das Plündern der Ozeane durch uns Menschen ist enorm. Obwohl Wissenschaftler eindringlich warnen, ist die industrielle Fischerei dabei, unsere Meere in leere Wasserwüsten zu verwandeln. Die Folge: Die Gesundheit der Ozeane und das Überleben der Fische sind bedroht. Zahlen und Fakten über das Fischereisystem und die industrielle Überfischung:

  • Die Welternährungsorganisation (FAO) berichtet in einer Studie von 2022, dass der gesamte Fang von Meeresfischen im Jahr 2020 bei rund 90 Millionen Tonnen lag - das sind die jüngsten vorliegenden Zahlen zum Fischfang. Beifänge, also Fische, die beim kommerziellen Fischfang ungewollt in den Netzen oder an den Leinen hängenbleiben, sind miteinberechnet. Dieser Wert ist seit etwa 40 Jahren relativ stabil, im Trend leicht rückläufig. Rechnet man die Entnahmen aus Aquakulturen hinzu, erreichte der gesamte Fischfang 2020einen Rekordwert von 178 Millionen Tonnen. Das seien im Schnitt 30 Prozent mehr als in den 2000er Jahren, und sogar 60 Prozent mehr als in den 1990er Jahren, so das Ergebnis der Studie.
  • Die Fangmethoden sind heute durch moderne Technik deutlich ausgefeilter: Schiffe sind mit stärkeren Motoren und größeren Netzen ausgestattet. 3D-Sonargeräte, Satellitennavigation und Radar orten Fischschwärme auch in den entlegensten Winkeln der Ozeane. Doch obwohl die Fangmethoden raffinierter geworden sind, ist die Menge der gefangenen Meeresfische in den letzten vier Jahrzehnten stabil geblieben, beziehungsweise minimal rückläufig. Experten werten das als ein Indiz für die weltweite Überfischung, weil auch mit moderner Technik nicht mehr Fische gefangen werden.  
  • Laut der FAO-Studie sind rund ein Drittel aller Fischarten überfischt und rund 60 Prozent gelten als "maximal genutzt". "Maximal genutzt" heißt, dass ein Fischbestand so stark befischt ist, dass er überfischt wäre, würde man von diesem Fischbestand noch mehr Fische fangen. Seit 1950 nehmen die noch nicht überfischten Bestände kontinuierlich ab. Setzt sich dieser Trend fort, so berechneten 2006 einige Wissenschaftler, werden in 2048 die allermeisten Fischbestände weniger als zehn Prozent ihrer vorherigen Höchstfangmenge liefern können.
  • Viel zu viele Meerestiere landen wegen spezieller Fangmethoden unbeabsichtigt in Fischernetzen und sterben einen sinnlosen Tod als Beifang. Ganze Arten wie zum Beispiel einige Wale, Delfine, Haie, Rochen und Schildkröten bringen wir so an den Rand des Aussterbens. Durch anders geformte Haken, Fluchtfenster in Netzen oder akustische Signale kann der Beifang erheblich verringert werden.
  • Schätzungen gehen davon aus, dass Fischereien weltweit mit 14 bis 35 Milliarden US-Dollar pro Jahr aus Steuergeldern subventioniert werden. Ohne die Subventionen würde es die industrielle Fischerei, wie zum Beispiel die Hochseefischerei, teilweise nicht geben, denn sie wäre unrentabel. Die Zuschüsse von uns Steuerzahlern übertreffen die Erträge aus der Fischerei. Die Subventionen führen zu einer Überkapazität der Fischereiflotten und zur Überfischung: Das heißt, zu viele leistungsstarke und zerstörerisch arbeitende Schiffe machen Jagd auf zu wenige Fische. Auch die Kontrollen auf hoher See sind zu selten und Strafen zu gering. Über 20 Jahre lang diskutierte die Welthandelsorganisation (WTO) die Einschränkung von Fischereisubventionen. Erst im Juni 2022 erzielten die Mitgliedsländer eine zaghafte Einigung zur Reduzierung schädlicher Fischereisubventionen. Allerdings gibt es viele Ausnahmeregeln, die den Erfolg der Verhandlungen in Frage stellen.
  • Problematisch sind auch die von der Politik festgelegten Fangquoten. In den europäischen Gewässern zum Beispiel bestimmt die EU seit 1978 jedes Jahr, wie viele Fische gefangen werden dürfen. Dabei wird sie vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) beraten. Doch die politisch festgesetzten Fangquoten überschritten in den letzten Jahren sehr oft die wissenschaftlichen Empfehlungen. Eigentlich sollen die Fangquoten dafür sorgen, dass die Bestände der Meerestiere gleichbleiben oder sich erholen können. Das hat bisher allerdings nicht ausreichend funktioniert.
  • Neben der industriellen Fischerei ist die illegale, ungemeldete und unregulierte - die sogenannte IUU-Fischerei - eine große Bedrohung für die Ozeane. Sie schadet nach Angaben der Welternährungsorganisation den Fischbeständen, den Einkommen und der Ernährungssicherheit der Küstenbevölkerungen und sie erschwert den Schutz der Lebensräume in den Meeren.
  • Eine Studie von 2021 von der "University of California" in Los Angeles fand heraus: Die industrielle Fischerei ist nicht nur eine Bedrohung für die Fischbestände und marinen Lebensräume. Der Rückgang der Fische in den Ozeanen hat auch Auswirkungen auf die klimarelevanten Kohlenstoffkreisläufe der Meere und auf die Sauerstoffverfügbarkeit in größeren Tiefen. Dabei spielt der Kot der Fische eine wichtige Rolle. Mit dem Fischkot werden große Mengen CO2 in die Meerestiefen transportiert und dann für mehrere hundert Jahre am Grund gespeichert. Die Menge an Fischen in den Ozeanen verändert der Studie zufolge also die Bioeochemie der Meere und verringert ihre Fähigkeit, Kohlenstoff über lange Zeiträume einzulagern. Das könnte unter Umständen den Klimawandel begünstigen, deuten die Forscher der Studie an.

Leere Meere: Die Folgen von Überfischung und Klimawandel

Alarmierende Zahlen: Fischbestände sind weltweit bedroht

Grafik: Eine Übersicht über die kommerziell genutzten Fischbestände weltweit. Fischbestände sind weltweit gefährdet. Dabei wäre es leicht, etwas gegen die Überfischung zu unternehmen und Fische zu schützen. | Bild: WWF Deutschland und Welternährungsorganisation (FAO) | Grafik: BR

Laut dem Bericht der FAO aus 2022 nimmt die Anzahl der überfischten und maximal befischten Fischbestände im Trend weltweit zu, die noch nicht voll ausgebeuteten Bestände nehmen dagegen ab.

Biss zum letzten Fisch: Diese Speisefische solltet ihr lieber nicht essen

Auf einer Steinplatte sind angerichtet: Eine frische Dorade, Austern, Shrimps und Muscheln mit Zitronenscheiben. Fische gelten als gesund. Doch bestimmte Speisefische solltet ihr lieber nicht essen, viele Fischbestände gelten als überfischt. Informationen geben Ratgeber von der Verbraucherzentrale und dem WWF.
| Bild: colourbox.com

Viele Fischarten und Meeresfrüchte sind überfischt und bedroht. Sie sollten als Speisefische nicht mehr auf dem Teller landen.

Fische gelten als gesund, sie enthalten Omega-3-Fettsäuren, viel Eiweiß, Jod und Vitamine. In Deutschland essen wir laut einer Studie des Fisch-Informationszentrums rund 14 Kilo Fisch pro Kopf. Am liebsten Lachs, gefolgt von Thun­fisch, Alaska-Seelachs, Hering und Garnelen. Aber können wir diese Arten trotz Über­fischung und Klimawandel wirklich noch ruhigen Gewissens essen? Informationen und Einkaufsempfehlungen zu einzelnen Fischarten und Fischbeständen geben die Verbraucherzentrale und der WWF-Fischratgeber. Bei vielen Fischarten kommt es vor allem auf das Fanggebiet und den Lebensraum der Fische an. Grünes Licht für den Verzehr gibt der WWF zum Beispiel für: Austern und Karpfen aus Aquakulturen, sowie dem Afrikanischen und Europäischen Wels aus Aquakulturen.

Video: Können wir noch mit gutem Gewissen Fisch essen?

Wenn zu viele Fische sterben: Auswirkungen auf das Ökosystem Meer

Zu sehen ist ein großes Netz im Meer prall gefüllt mit kleinen Fischen. Fischbestände sind weltweit gefährdet. Dabei wäre es leicht, etwas gegen die Überfischung zu unternehmen und Fische zu schützen.  | Bild: picture alliance/Design Pics/Dave Fleetham

Die Überfischung der Meere kann das bestehende Gleichgewicht im Ökosystem Meer verändern.

Im Meer spielen Fische wie Heringe, Sardinen, Makrelen und Sardellen eine zentrale Rolle im Nahrungsnetz anderer größerer Fische, Meeressäugetiere und Seevögel. Denn diese Fischarten dienen als Nahrungsgrundlage. Allerdings überfischen wir Menschen diese Gruppe von Fischen massiv, um zum großen Teil Fischmehl und -öl für Aquakulturen zu produzieren. Dadurch verändern wir die natürliche Zusammensetzung und die Dynamik des marinen Nahrungsnetzes. Um das Ökosystem Meer zu stabilisieren, müssten wir also Sardinen, Heringe, Makrelen und Sardellen schonen, damit Raubfische, Meerestiere und auch Seevögel überleben können.      

Unverzichtbar: Fische im Ökosystem Meer

"Wenn das Ökosystem Meer auf allen Ebenen angeschossen wird, wie es jetzt der Fall ist, dann wird das Meer weniger produktiv. Dann haben wir vermehrt Sauerstofflöcher und einen vermehrten Ausbruch von ungewünschten Arten, wie Blaualgen und Quallen, die sich dann massenhaft vermehren. Wenn ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht gestoßen wird, dann ist alles möglich. Unsere Vorhersagen als Wissenschaftler basieren auf stabilen Szenarien - wenn die Stabilität weg ist, können wir gar nicht vorhersagen, was passiert."

Dr. Rainer Froese, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

Fischfangmethoden: Nicht nur Fische gehen ins Netz

Aquakulturen: Sind sie die Lösung für die Überfischung der Meere?

Mehrere Aquakulturbecken in Norwegen. Ein großer Anteil des weltweiten Fischkonsums stammt inzwischen aus Aquakulturen. Nicht nur Fische werden hier gehalten, sondern auch Shrimps, Garnelen, Muscheln, Schnecken, Algen und viele weitere Wassertiere. Fischbestände sind weltweit gefährdet. Dabei wäre es leicht, etwas gegen die Überfischung zu unternehmen und Fische zu schützen.  | Bild: colourbox.com

Der Nachfrage nach Fisch ist weltweit enorm. Deshalb werden Fische und andere Wasstiere auch in Aquakulturen gezüchtet.

Der Fischhunger der Weltbevölkerung ist riesig. Wenn Wildfische zunehmend gefährdet sind - könnten dann nicht Aquakulturen, also das gezielte Züchten von Wassertieren auf Farmen, die Lösung gegen die Überfischung der Meere sein? 
Ein großer Anteil des weltweiten Fischkonsums stammt inzwischen aus Aquakulturen. Nicht nur Fische werden hier gehalten, sondern auch Shrimps, Garnelen, Muscheln, Schnecken, Algen und viele weitere Wassertiere. Sie werden für den Verzehr gezüchtet, aber auch für Zusatzstoffe für Nahrungsmittel, Kosmetika oder dienen als Schmuck, zum Beispiel Perlen.
Doch Aquakulturen sind kein Allheilmittel gegen überfischte Meere. Die meisten Wassertier-Farmen bergen Risiken für die Tiere, aber auch für die empfindlichen Ökosysteme an Küsten- und Binnengewässern:

  • Die Verschmutzung der Umwelt ist ein großes Problem vieler Aquakulturanlagen. Nährstoffe von Kot, Urin und Futterresten, aber auch Chemikalien und Medikamentenrückstände gelangen in die Flüsse oder ins Meer, verschmutzen die Böden und teilweise sogar das Grundwasser. Von den zusätzlichen Nährstoffen durch die Aquakulturen profitieren vor allem Algen, die sich dann massenhaft entwickeln, es kommt zur sogenannten Algenblüte. Nach der Algenblüte kann es zu einer starken Sauerstoffzehrung beim bakteriellen Abbau des organischen Materials kommen, was schlimmstenfalls zum Ersticken der Tiere führen kann.
  • Ihr natürliches Verhalten können Fische in Aquakulturen kaum ausleben. Lachse zum Beispiel wandern in freier Natur über Tausende von Kilometern. In beengten Aquakulturanlagen schwimmen sie dagegen oft im Kreis, was mit dem Hin- und Herlaufen von Zootieren im Gehege vergleichbar ist.
  • Oft werden Aquakulturanlagen in Gebieten gebaut, die eigentlich Lebensraum für viele andere natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten sind. Für die großen Shrimp-Farmen in Asien und Mittelamerika wurden zum Beispiel Mangrovenwälder gerodet, die die Kinderstuben für viele wilde Arten sind.
  • Gelangen Tiere aus Aquakulturen in die freie Wildbahn, können sie einheimische Arten verdrängen, weil diese nicht an die neue Konkurrenz angepasst sind. Die invasiven Zuchtarten können von Krankheiten und Parasiten befallen sein, weil die Zuchttiere oft auf engem Raum gehalten werden. Entkommen sie den Aquakulturen, können sich Krankheiten auch unter den einheimischen Tieren ausbreiten und Bestände auslöschen. Bei der Haltung von Lachsen ist zum Beispiel die "Lachslaus" ein Problem: Die kleinen Parasiten beißen sich im Körper eines Lachses fest, können aber auch durch die Netzgehege leicht ins Meer gelangen und befallen dann oft auch Wildlachse.
  • Jungtiere einiger Arten lassen sich nicht in Aquakulturen aufziehen. Deswegen werden sie in der Wildnis eingefangen und anschließend in Aquakulturen gemästet, bis sie groß genug sind, um geschlachtet zu werden. Das ist besonders bei Arten, deren Bestände gefährdet sind, kritisch, denn die Jungtiere konnten sich in freier Wildbahn noch nicht vermehren.
  • Problematisch ist auch das Futter, das in Aquakulturen verfüttert wird. Beliebte Speisefische wie Lachs oder Forelle sind keine Vegetarier. Das Futter für diese Arten besteht zu großen Teilen aus Fischmehl und -öl, das aus kleineren Fischen gewonnen wird. Ganze Schwärme von Heringen, Sprotten und Sardellen werden nur zu diesem Zweck gefangen. Diese kleineren Fische sind jedoch eine wichtige Futterquelle für andere Meerestiere und bedeutend für das ökologische Gleichgewicht in den Ozeanen. Außerdem findet der Fischfang zur Futtermittelproduktion oft in Regionen statt, in denen die lokale Küstenbevölkerung auf den Fisch als Nahrungsquelle angewiesen ist, wie zum Beispiel in Westafrika.

Es gibt aber auch umwelt- und tierfreundlichere Bio-Aquakulturen. Die Stiftung Warentest bescheinigt dem Bio-Siegel "Naturland" ein sehr hohes Anforderungsniveau. Die Richtlinien dieses Verbandes gelten für die Zucht von Karpfen, Forelle, Lachs, Shrimps, Muscheln und tropischen Süßwasserfischen. Auch "Bioland" und der österreichische Verband "Bio Ernte Austria" haben Vorschriften über die Fischzucht ihrer Mitgliedsbetriebe erlassen. Ein Blick auf diese Siegel kann euch eine Orientierung für euren Fischkauf geben.

Siegel gut: Alles gut?

Nebeneinander sind mehrere und unterschiedliche Fischsiegel zu sehen. Fischbestände sind weltweit durch Überfischung gefährdet. Auch ihr könnt Fische schützen.  | Bild: picture alliance/photothek/Ute Grabowsky

Fischsiegel haben unterschiedliche Kriterien und Anforderungen. Empfehlenswert sind nachhaltigere Siegel wie Bio-Siegel.

Beim Blick in die Kühltheke sind euch wahrscheinlich schon Fischverpackungen mit Fischsiegeln aufgefallen und vielleicht habt ihr euch auch schon gefragt: Welches Fischsiegel bedeutet eigentlich was? Kann ich ruhigen Gewissens ein Fischfilet mit Siegel kaufen? Die Antwort ist: jein.

Fischsiegel ist nicht gleich Fischsiegel. Sie unterscheiden sich in ihren Kriterien und Anforderungen an die Hersteller und stehen oft auch nur für bestimmte Produkte wie Fische aus Aquakulturen oder Wildfisch. Beim Kauf eines Produkts solltet ihr darauf achten, ob es sich wirklich um ein Siegel handelt oder um ein Markenlabel, das aussieht wie ein Siegel.
Fischsiegel, wie zum Beispiel das bekannte MSC-Fischsiegel, stehen in der Kritik, nicht nachhaltig genug zu sein. Meeresbiologen und Umweltverbände kritisieren am MSC-Zertifizierungssystem, dass die Bewertungskriterien Fangmethoden, ungewollte Beifänge, Schutzgebiete und auch soziale Standards zu wenig berücksichtigen. Auch die Unabhängigkeit der Institute, die die Zertifizierung durchführen, wurde in der Vergangenheit in Frage gestellt. Empfehlenswerter sind Bio-Siegel. Fischfreundlichere, nachhaltigere Siegel setzen sich zum Beispiel hierfür ein:

  • die schonende Nutzung der Fischbestände und des gesamten Ökosystems
  • der Verzicht auf kritische und umweltschädigende Fangmethoden
  • die Einhaltung von Sozialrichtlinien für Fischer und Angestellte in der Fischverarbeitung
  • die ökologische Weiterverarbeitung ohne künstliche Zusätze und Gentechnik
  • ein öffentlich einsehbares, transparentes Anerkennungsverfahren für alle Teile der Wertschöpfungskette. Einmal zertifiziert, wird das Unternehmen jährlich überprüft.

Fischschutz: Was wir tun können

Fest steht: Die Lage ist alarmierend. Wissenschaftliche Erkenntnisse, wie die Überfischung der Weltmeere gestoppt werden kann, gibt es schon längst. Doch der Wille seitens der Politik und Industrie etwas zu ändern, ist bisher nicht ausreichend - sonst würde es den Fischbeständen weltweit besser gehen. Umweltverbände und Wissenschaftler fordern unter anderem zum Schutz der Fische:

  • eine nachhaltige Fischerei
  • wissenschaftsbasierte Fangquoten und dort, wo es nötig ist, ein konsequentes Fangverbot
  • das Erweitern von Meeresschutzgebieten
  • das Beenden schädlicher Fischereisubventionen
  • mehr Kontrollen und härtere Strafen bei Verstößen
  • Vermeiden von Beifängen und Umrüsten auf nachhaltige Fangmethoden
  • Perspektiven und Unterstützung für Fischer
  • faire Fischereiabkommen mit Drittstaaten

Auch wir Konsumenten können etwas bewirken. Denn kaufen wir Fisch aus nachhaltigen Angeboten, lenken wir auch den Markt.

Was ihr selbst für den Schutz der Fische tun könnt:

  • Betrachtet Fisch als Delikatesse. Experten empfehlen, Fisch nicht öfter als ein Mal pro Woche zu essen - besser ein Mal in zwei Wochen. Algen, Leinöl, Leinsamen, Walnüsse und Chiasamen können eine Alternative für die gesunden Omega-3-Fettsäuren der Fische sein.
  • Bevor ihr einen Fisch oder ein Fischprodukt kauft, informiert euch über den Fischbestand, aus welcher Region der Fisch stammt und über die Fangmethode. Eine gute Orientierung bieten die Fischratgeber des WWF oder der Verbraucherzentrale. Kauft keine überfischten Arten.
  • Kauft keinen Fisch, der nicht zertifiziert ist. Bio-Label sind empfehlenswert - informiert euch, wofür sie genau stehen. Das gilt auch für Fische aus Aquakulturen.
  • Kauft ihr Fisch an der Fischtheke, informiert euch über die Fische. Kauft keine Jungfische, sie können sich noch nicht fortgepflanzt haben.
  • Eine Alternative zum echten Fisch können vegane Fischprodukte sein. Mittlerweile gibt es ein relativ großes Angebot. Veganer Fisch besteht meistens aus Weizeneiweiß, Tofu und Soja.

Endlich handeln: Die Überfischung der Ozeane wäre leicht abzustellen

"Die Überfischung der Meere ist ein Problem, das wir leicht abstellen können. Plastikverschmutzung oder die Überdüngung der Meere, das ist schwieriger zu ändern. Aber Fischereisubventionen zu stoppen - das kann man sofort machen. Vernünftige Fangquoten beschließen - das können die Minister sofort machen. Es wäre für alle eine Win-Win-Situation: Bereits in zwei bis vier Jahren würde sich das auszahlen. Ökonomisch spricht hier nichts dagegen. Was wir machen, ist absolut unökonomisch. (…) Die Politik müsste das Thema endlich ernst nehmen, das tut sie aber nicht. Die Lösung, die ich sehe, ist, dass sich die Betroffenen selbst zusammensetzen und eine Lösung finden und dann die Politik zum Handeln zwingen."

Dr. Rainer Froese, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

Hoffnung: Fischbestände können sich erholen

Ein Weißer Hai schwimmt unter Wasser. Viele Fischbestände und Fischarten sind weltweit gefährdet. Dabei wäre es leicht, etwas gegen die Überfischung zu unternehmen. Auch ihr könnt Fische schützen und etwas tun.  | Bild: picture alliance/Zoonar/Massimo Lama

Schutzprogramme machten es möglich: Der Weiße Hai galt an der Ostküste der USA als fast ausgerottet. Jetzt haben sich die Bestände erholt.

Wir alle - Politik, Industrie und jeder Einzelne - können etwas gegen die Überfischung und die Plünderung der Meere tun. Wenn man sie in Ruhe lässt, können sich Fischbestände innerhalb von wenigen Jahren verändern und erholen. Und selbst bei Arten, die dafür länger brauchen, gibt es Erfolge beim Artenschutz, wie ein Beispiel aus den USA zeigt:
An der Ostküste der USA, vor den Stränden von Cape Cod, galten Robben und Weiße Haie als so gut wie ausgestorben. Ein strenges marines Schutzprogramm wurde in der Region eingeführt. Seitdem erholen sich die Bestände kontinuierlich - ein großer Erfolg für den Artenschutz.
Dieses Beispiel zeigt: Wenn Maßnahmen gegen die Überfischung konsequent umgesetzt werden, können sich Meerestierbestände erholen. Und das ist wichtig, denn der Klimawandel bedeutet zusätzlichen Stress für die marine Welt.

Video:  So können wir Meere schützen