Fischotter kehrt nach Bayern zurück Der Wassermarder ist aber immer noch gefährdet
Wo er auftaucht, ist die Natur noch in Ordnung - oder endlich wieder: Der Fischotter kehrt allmählich nach Bayern zurück. Doch der flinke Fischjäger ist nicht für jeden ein Anlass zur Freude. Mit dem Wildtier kehrt auch der Konflikt mit dem Menschen zurück.
Lange Zeit galt der Fischotter in Bayern als nahezu ausgerottet, inzwischen ist er wieder etwas öfter zu sehen, insbesondere im Osten Bayerns. Langsam breitet sich der Wassermarder erneut in Bayern aus.
Fischotter: Tier des Jahres 2021 mit Konfliktpotential
Was aus Sicht des Naturschutzes Grund zur Freude ist, ist für andere ein Ärgernis: Wer Fische züchtet, gerät mit dem Fischotter immer häufiger in Konflikt, denn er geht gerne in Fischteichen plündern - gründlich. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat den Fischotter zum Tier des Jahres 2021 gewählt, um darauf hinzuweisen, dass der Konflikt zwischen Mensch und Wildtier dringend gelöst werden muss.
Denn obwohl der Fischotter unter strengem Schutz steht und seit 1968 nicht mehr bejagt werden darf, ist er weiterhin bei uns vom Aussterben bedroht und steht als "gefährdet" auf der Roten Liste Bayerns. Dabei hat der Fischotter nicht einmal natürliche Feinde. Doch seine Lebensweise passt schlecht in die vom Menschen geprägte Umwelt.
So wurde der Fischotter fast ausgerottet
radioDoku
Ursprünglich war der Fischotter, auch Wassermarder genannt, in ganz Europa weit verbreitet, mit Ausnahme der Mittelmeerinseln und Island. Doch sein dichter, warmer Pelz und seine Vorliebe für Fische wurden ihm zum Verhängnis. Fischer stellten ihm nach, Trophäenjäger erlegten ihn, Kürschner verarbeiteten sein Fell zu Mänteln und Mützen. Jahrhundertelang wurde er intensiv bejagt.
Im Industriezeitalter kam noch die zunehmende Zerstörung seines Lebensraumes hinzu. Sie besiegelte schließlich das Ende des flinken Fischjägers. Der saure Regen ließ die Fischbestände in Gewässern teilweise so stark abnehmen, dass Fischotter nicht mehr genügend Futter fanden. Seit den 1980er-Jahren galt der Fischotter in Süddeutschland als ausgestorben.
Der Fischotter kehrt allmählich nach Bayern zurück
Glücklicherweise fand der Fischotter einzelne Rückzugsinseln in Mitteleuropa, vor allem in Tschechien, Böhmen und Österreich sowie in der ehemaligen DDR. Vor allem in Mecklenburg und Brandenburg blieb der Fischotter erhalten und kehrte von dort nach Norddeutschland und weiter in den Westen zurück.
Von Österreich und Böhmen aus gelang ihm in den vergangenen Jahrzehnten auch die Rückkehr nach Bayern. Anfangs noch zaghaft und vor allem in Schutzgebieten im Bayerischen Wald, ähnlich wie bei Luchs und Wolf. Inzwischen gibt es in fast ganz Ostbayern wieder eine intakte Fischotter-Population und sein Verbreitungsgebiet vergrößert sich - aber nur sehr langsam. Die Naturschutzorganisation Bund Naturschutz in Bayern e.V. beklagt, dass die Dichte der Besiedlung Bayerns durch Fischotter nach wie vor sehr gering ist und die Ausbreitung weiter nach Westen viel zu langsam vorangehe.
Wie viele Fischotter es in Bayern insgesamt gibt, ist nicht bekannt. Dazu sind die scheuen, nachtaktiven Fischjäger zu schlecht zu zählen. Über die DNA-Analyse von Kotspuren der Otter lassen sich Bestandszahlen feststellen - aber eben sehr mühsam. Im Jahr 2012 wurden rund 250 Fischotter in Niederbayern gezählt - andere Zahlen fehlen bislang.
Heute gewähren nationale Gesetze, wie das Naturschutzgesetz, oder internationale Abkommen, wie die Berner Konvention oder das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, dem Fischotter den höchsten Schutzstatus. Naturschutzorganisationen setzen sich intensiv für die Tiere ein.
Fischotter oder Biber?
Beide sind in unseren Gewässern aktiv, doch Biber und Fischotter unterscheiden sich deutlich:
- Der Fischotter gehört zu den Mardern, der Biber zu den Nagern.
- Der Fischotter hat einen kräftigen, langen Schwanz, der Biber dagegen einen sehr breiten, abgeflachten.
- Der Otter hat große Eckzähne, der Biber zeigt lange, gebogene Schneidezähne.
Wichtig für den Fischotter: Lebensraumschaffung - auch in Bayern
Der Fischotter stellt hohe Ansprüche an seinen Lebensraum: Er braucht sauberes, fischreiches Gewässer mit Versteckmöglichkeiten im dichten Uferbewuchs. Auch die nahe Umgebung muss gut strukturiert sein, da der Fischotter in seinem Revier viel zu Lande unterwegs ist.
Doch wo gibt es das noch in unserer zersiedelten und begradigten Landschaft? Im Inneren des Bayerischen Waldes hat der Otter wieder brauchbare Reviere gefunden. Hier hat die Wildland Stiftung Bayern mithilfe öffentlicher Fördergelder von 1989 bis 2010 gut hundert Hektar Flächen und Uferrandstreifen aufgekauft, um sie ottergerecht zu gestalten. Fichten, die mit ihren sauren Nadeln die Wasserqualität beeinträchtigen, wurden abgeholzt und durch Auwaldpflanzungen ersetzt. Der hohe Nährstoffeintrag angrenzender Felder wurde durch einen Pufferstreifen zum Gewässer gemindert. Und das Ufer erhielt die Bepflanzung, die der Fischotter als Unterschlupf benötigt.
Fischotterschutz ist Naturschutz
Da der Fischotter hohe Ansprüche an seinen Lebensraum stellt, gilt er als "Leitart": Wo der schwimmende Jäger lebt, gilt die Natur als ökologisch intakt - ideale Bedingungen also auch für andere seltene Tier- und Pflanzenarten. Von den naturnahen Auenlandschaften profitiert also längst nicht nur der Otter.
Der größte Feind des Fischotters: das Auto
Der Fischotter ist ein wanderfreudiges Tier, in einer Nacht legt er bis zu 30 Kilometer zurück. Er streift auf der Nahrungssuche gerne von einem Gewässer zum nächsten. Dabei muss er zwangsläufig häufig Straßen überqueren - und kommt oft genug nicht auf der anderen Seite an: Der Unfalltod ist die häufigste Todesursache beim Fischotter, ähnlich wie beim Luchs.
Noch eine weitere Eigenart des Otters wird ihm oft zum Verhängnis: Trifft er auf seinen Wanderungen entlang der Bäche auf eine Brücke, geht er nur unter ihr hindurch, wenn das trockenen Fußes möglich ist. Dazu müssen entsprechend große Steine oder Seitenplanken als Trittpfad vorhanden sein. Andernfalls weicht er auf die Straße aus - und ist wieder dem Verkehr ausgesetzt.
Gemeinsames Konfliktmanagement mit Fischotterberater
Da mag der Fischotter noch so niedlich aussehen - wenn er in einen Fischteich steigt, hört der Spaß auf. Teichbesitzer sind nicht gut auf Otter zu sprechen, ebenso wenig Grundstückseigner an Fließgewässern, die ihren Grund an Angler verpachten möchten.
"Ein ungeschützter Fischteich ist für den Otter ein gedeckter Tisch."
Eva Baumgärtner, Otterzentrum Hankensbüttel/Niedersachsen
In Bayern richtete der streng geschützte Fischotter vor allem in Niederbayern und der Oberpfalz in den Teichen der tausenden, meist kleinen Forellenbetriebe schweren Schaden an. Seit 2013 gibt es daher in Bayern einen Fischottermanagementplan, ausgestattet mit Personal- und Finanzmitteln. Damit sollen die Interessen der Fischerei und des Naturschutzes gleichermaßen berücksichtigt werden. Wichtiger Baustein dieses Plans ist der Fischotterberater, der helfen soll, in besonders betroffenen Regionen die teilweise immensen Schäden zu verringern.
Auch Entschädigungen für vom Fischotter weggefressenen Fisch sind möglich - allerdings muss der betroffene Fischbauer erst einmal nachweisen, dass sein Fisch im Schlund eines Fischotters landete.
Bau von Zäunen zum Schutz vor dem Fischotter
Auch die Stiftung Wildland Bayern versucht zu vermitteln. Gemeinsam mit Naturschutzbehörden, Ministerien und Fischereiverbänden sucht man nach Lösungen, um den Fischotter von Fischteichen fernzuhalten. So kann ein im Boden eingelassener Elektrozaun einen Fischteich vor dem Fischotter schützen, ähnlich wie Schafe vor dem Wolf.
Wer zum Schutz vor dem Fischotter einen Zaun um seinen Fischteich baut, kann dafür - mindestens bis Ende 2021 - eine Förderung beim zuständigen Landratsamt oder beim Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantragen.
Bleibt zu hoffen, dass sich das ökologische Bewusstsein in der Bevölkerung und die Bemühungen um den Naturschutz weiterhin positiv entwickeln und der Fischotter es schafft, wieder richtig bei uns heimisch zu werden.
Chronologie der Fischotter-Hilfe:
- Anfang der 1980er-Jahre: Der Fischotter gilt in Bayern als ausgestorben.
- Mitte der 1980er-Jahre: Es gibt erste Nachweise des Fischotters im Bayerischen Wald.
- 1986: Gründung der "Arbeitsgemeinschaft Fischotterschutz" (unter Beteiligung der Wildland Gesellschaft, Kreisgruppen des Landesjagdverbandes Bayern, örtliche Fischereivereine, Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz, Naturpark Bayerischer Wald)
- 1987: "Artenhilfsprogramm Fischotterschutz" durch die Regierung von Niederbayern gestartet
- 1989: Erster Flächenankauf im Bayerischen Wald durch die Wildland Gesellschaft
- 1996: erste stabile Fischotter-Population im Bayerischen Wald, Schwerpunkt Landkreis Freyung-Grafenau
- 2013: Fischottermanagementplan in Bayern mit Einsatz von Fischotterberatern in Niederbayern und der Oberpfalz
Ausflugstipp 1 für Otterfreunde
Das "Otterhaus Bayern" der Wildland Stiftung Bayern präsentiert eine Dauerausstellung rund um den Fischotter
Ausflugstipp 2 für Otterfreunde
Im Tierfreigelände des Nationalparks Bayerischer Wald kann man Fischotter in ihrer natürlichen Umgebung beobachten.
Links
Weitere Informationen über den Fischotter und seinen Schutz finden Sie auf folgenden Seiten:
- Fischotter - kluge Schwimmer: Welt der Tiere, 04.07.2020, 9.30 Uhr, BR Fernsehen
- Bei den Fischottern: am 24. Juni 2019 um 14.15 Uhr in "Felix und die wilden Tiere", BR Fernsehen
- Der Fischotter - Flinker Marder mit Schwimmhäuten: am 13. Juli 2018 um 9.05 Uhr in "radioWissen", Bayern 2
- Reportage: Fischotter bedroht oberfränkische Teichwirtschaft: am 6. November 2017 um 17.30 Uhr in "Frankenschau aktuell", BR Fernsehen
- Fischotter: Der flinke Geselle ist gefährdet: am 30. Mai 2017 um 17.30 Uhr in der "Abendschau", BR Fernsehen
- Liebling oder Schädling? Unterwegs mit dem Fischotterberater: am 12. März 2017 um 17.45 Uhr in "Schwaben & Altbayern", BR Fernsehen
- Habe die Ehre - Fischotter-Berater Martin Maschke: am 21. April 2016 um 10.05 Uhr in "Habe die Ehre!", BR Heimat