Rote Liste der bedrohten Arten Es gibt nicht nur eine Rote Liste
Die "Rote Liste" ist heutzutage ein fester Ausdruck. Sie steht bei uns für die Gefährdung von Tieren und Pflanzen, für gefährdete und ausgerottete Tiere. Doch wer stellt die Rote Liste zusammen und gibt es tatsächlich nur eine?
Sie rüttelt auf und macht uns bewusst, dass die Artenvielfalt auf unserem Planeten immer mehr zurückgeht: Die Rote Liste soll dazu beitragen, die Vielfalt der Flora und Fauna zu retten, indem sie den Menschen zeigt, wie dringend sie handeln sollten. Wer möchte schon, dass aus einem "gefährdeten", ein "stark gefährdetes" und schließlich "ausgestorbenes Tier" wird? Allerdings gibt es mehr als eine Rote Liste, und das kann durchaus für Verwirrung sorgen.
Rote Liste - Rote Listen
Auch wenn jeder "die Rote Liste" kennt: Es gibt eben nicht nur die eine, sondern mehrere. Die Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature) veröffentlichte ihre internationale Rote Liste erstmals im Jahr 1966.
Die Naturschutzunion IUCN
International Union for Conservation of Nature
Die IUCN, die Weltnaturschutzunion, wurde 1948 im französischen Fontainebleau gegründet. Seit 1956 ist der Sitz in Gland in der Schweiz. Sie zählt mehr als 1.300 Organisationen als Mitglieder, die aus 161 Ländern kommen. Über 16.000 Wissenschaftler und Experten arbeiten in sechs Kommissionen zu Themen wie Artenschutz, Schutz und Entwicklung von Ökosystemen, Wald-, Wasser- und Meeresschutz, Gesetzgebung oder soziale und ökonomische Faktoren, die die Natur beeinflussen. Sie erstellt und aktualisiert die internationale Rote Liste, die Artenschutz-Kongressen als Grundlage dienen.
Diese Liste wird beständig aktualisiert, sobald über eine Art neue Daten vorliegen. Die meisten Länder geben aber auch eigene Listen heraus. In Deutschland ist das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn dafür zuständig. Daneben haben auch die Bundesländer eigene Listen, bezogen auf die landeseigene und auch regionale Tier- und Pflanzenwelt.
Unterschiedliche Rote Listen
Deutschland
In Deutschland sind vor allem die Roten Listen des Bundes und der Bundesländer von Bedeutung. 1988 wurde vom Bundesamt für Naturschutz erstmals eine Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze in Deutschland erstellt. Damals wurden von etwa 45.000 in Deutschland heimischen Tierarten mehr als 16.000 und von etwa 28.000 Pflanzen knapp 14.000 hinsichtlich ihrer Gefährdung bewertet. Seither wird die Liste laufend erweitert und aktualisiert.
Weltweit
Eisbär, Löwe, Panda & Co. - sie alle stehen auf der Roten Liste, die von der Weltnaturschutzunion IUCN veröffentlicht wird.
Fast zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten wurden bisher entdeckt und erhielten einen Namen. Von ihnen stehen über 150.300 Arten (Stand: Dezember 2022) auf der Roten Liste des IUCN, davon sind über 42.100 vom Aussterben bedroht.
Die IUCN aktualisiert ständig ihre Roten Listen, die als Grundlage für die Artenschutz-Kongresse dienen, auf denen es um den Schutz von und den Handel mit gefährdeten Tieren geht.
Bedrohte Vögel in Europa
Die IUCN veröffentlicht regelmäßig Rote Listen, wobei die Vogelschutzorganisation Birdlife International die Rote Liste gefährderter Vogelarten im Auftrag der IUCN erstellt. 82 von 451 Arten stehen auf der Roten Liste, die die Organisation 2015 gemeinsam mit der Brüsseler EU-Kommission und der Weltnaturschutzunion IUCN veröffentlichte.
Die Ordnung der Listen
Die Listen gehen nach der biologischen Systematik vor: über Wirbeltiere und Nicht-Wirbeltiere, weiter über Klasse (zum Beispiel Säugetiere), Ordnung (zum Beispiel Primaten), Familie (Menschenaffen), Gattung (Orang-Utan). Da jedoch die Tier- und Pflanzenarten, ihre Lebensumstände und -bedingungen nicht nur von Land zu Land, sondern auch regional sehr unterschiedlich sind, ist gerade auch das Monitoring in kleineren Gebieten von großer Bedeutung.
Uneinheitliche Gefährdungskategorien bei Roten Listen
Nicht einheitlich ist auch die Einteilung der Gefährdungskategorien. Das IUCN unterscheidet zehn Gefährdungsstufen, die von "ausgestorben" oder "in der freien Wildbahn ausgestorben", über "vom Aussterben bedroht", "stark gefährdet", "gefährdet" bis zu "regional ausgestorben" und "nicht eingestuft" verlaufen. Dagegen basiert die Rote Liste des Bundes auf acht Kategorien.
Gefährdungskategorien
0 ausgestorben oder verschollen
1 vom Aussterben bedroht
2 stark gefährdet
3 gefährdet
Dazu kommen noch:
G Gefährdung anzunehmen, aber Status unbekannt
R extrem seltene Arten und Arten mit geografischen Restriktionen
V Arten der Vorwarnliste
D Daten unzureichend
Woher die Zahlen auf den Roten Listen kommen
Rote Listen zu aktualisieren, ist mühsame Arbeit von Jahren, manchmal Jahrzehnten. Viele Arten wie die kleinen, nachts durchs Dschungeldickicht hüpfenden Mausmakis sind schwer zu zählen. Ein regelmäßiges Monitoring ist in manchen Regionen nur schwer zu bewerkstelligen. Daher werden die Zahlen oft nur alle paar Jahre aktualisiert und basieren dann auf Daten, die wiederum über mehrere Jahre hinweg gewonnen wurden.
Experten von Naturschutzbehörden, Verbänden und ehrenamtliche Helfer sammeln systematisch Daten und bewerten sie. Das heißt: Sie zählen den Bestand und analysieren die Lebensumstände der vorgefundenen Tiere und Pflanzen. Dabei werden die aktuellen Ergebnisse mit kurz- und langfristigen Entwicklungen abgeglichen. Denn aus Umweltunfällen, Bauprojekten, Renaturierungsvorhaben oder Abholzungen von Waldbeständen können sich grundsätzliche Veränderungen für Pflanzen und Tiere und deren Ausbreitung ergeben.
Die Wirkung Roter Listen
Bestandsaufnahme
Durch die Roten Listen wird den Menschen die Gefahr für die Tiere bewusster und sie werden eher aktiv. Ein Beispiel dafür ist die Stunde der Winter- oder Gartenvögel, bei der gesichtete Gartenvögel gezählt werden. Oder das Füttern bedrohter Singvögel im Winter. Gartenbesitzer wiederum bemühen sich darum, ihren Garten igel- oder insektentauglich zu gestalten. Auch der Einsatz freiwilliger Helfer bei der Krötenwanderung, die Kröten über stark befahrene Straßen tragen, um sie sicher zu ihren Laichgewässern zu bringen, zählt dazu.
Rote Listen als Entscheidungshilfen
Tatsächliche Rechtsfolgen haben Rote Listen allerdings nicht, aber sie bilden die Basis für staatliche Maßnahmen. Auch bei Großbauprojekten müssen Maßnahmen zum Schutz gefährderter Arten ergriffen werden. So kamen beim Ausbau der A94 durch das Isental auch die Bedürfnisse des "Großen Mausohrs", einer dort lebenden Fledermausart, zum Tragen.