Die Jagd auf das Horn Nashorn-Schmuggel wird raffinierter
Rund 600.000 Nashörner lebten noch vor wenigen hundert Jahren in Asien. Die Zerstörung ihres Lebensraums und die Jagd auf das Horn haben sie an den Rand der Ausrottung gebracht.
Es gibt insgesamt fünf Nashornarten: drei von ihnen leben in Asien, zwei in Südafrika. Alle fünf Arten sind in ihrem Bestand stark bedroht. Im März 2018 starb das letzte Männchen des Nördlichen Breitmaulnashorns. Von dieser Art gibt es jetzt nur noch zwei Weibchen. Den dramatischen Rückgang haben wir Menschen zu verantworten. In den vergangenen Jahrzehnten wurden etliche Urwälder abgeholzt und abgebrannt, um Palmölplantagen zu weichen.
Immer wieder werden Nashörner aber auch getötet, um an ihr kostbares Horn zu kommen. Dieses wird von Südafrika und Mosambik illegal nach Asien, vor allem nach Vietnam und China, exportiert. Dort gilt es als Potenz- bzw. Heilmittel in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), obwohl es keinerlei wissenschaftliche Hinweise für eine Wirksamkeit gibt.
Mit der steigenden Nachfrage nach illegalen Tierprodukten entstand ein Netzwerk internationaler Kriminalität, welches von diesem Bedarf profitiert. Allein in Südafrika wurden innerhalb von zehn Jahren knapp 9.900 Nashörner von Wilderern getötet, vor allem im Krüger-Nationalpark an der Grenze zu Mosambik.
Wilderei kennt keine Grenzen
Traffic-Studie (in engl. Sprache)
Die Traffic-Studie, die im September 2017 veröffentlicht wurde, stützt sich auf Daten von 456 Beschlagnahmungen von Horn und daraus hergestellten Produkten seit 2010. In diesem Zeitraum sind weltweit schätzungsweise fünf Tonnen Horn beschlagnahmt worden, Wilderer haben aber wohl rund 37 Tonnen erbeutet. Zwischen 2018 und 2020 verzeichnen die internationalen Märkte einen deutlichen Rückgang an illegal gewildertem Horn, wie neuere Traffic-Erkenntnisse zeigen. Das ist zum Teil der strengen Strafverfolgung zu verdanken. Zum Teil dürfte auch die Pandemie zu einem Einbruch krimineller Aktivitäten in diesem Bereich geführt haben - allerdings auch zu weniger Deliktmeldungen.
Die Kreativität der Nashorn-Schmuggler kennt kaum Grenzen. Während der Zoll das ganze Horn eines Nashorns beim Röntgen noch leicht entdecken kann, sind Armreifen, Anhänger oder Pulver aus Horn dagegen einfach zu verstecken. In Südafrika, wo rund 80 Prozent der Nashörner des afrikanischen Kontinents leben, gibt es immer mehr illegale Werkstätten, die die Hörner vor dem Export nach Asien zu kleineren Produkten verarbeiten. Diese Objekte würden zusätzlich mit Wachs und Aluminium ummantelt, so dass sie beim Röntgen von Fracht und Gepäck nur schwer zu erkennen seien, teilte die Artenschutzorganisation Traffic (Trade Records Analysis of Flora and Fauna in Commerce) in ihrer Studie von 2017 mit.
DNA-Proben überführen Nashorn-Wilderer
Seit 2009 betreibt das Labor für Veterinärgenetik an der Universität Pretoria die Datenbank "Rhodis". Mehr als 20.000 DNA-Proben von lebenden und getöteten Tieren sind darin gespeichert. Die DNA lässt sich aus jeglicher Gewebeprobe, selbst aus gemahlenem Horn, gewinnen und einem bereits erfassten Tier eindeutig zuordnen. So lassen sich von Wilderern verkaufte Hörner mit getöteten Nashörnern in Verbindung bringen. Die Datenbank soll dabei helfen, Wilderer zu überführen und die Täter zu verurteilen. Die DNA-Proben wurden in etlichen Fällen vor Gericht als Beweise genutzt, berichteten Forscher um Cindy Harper, Leiterin des Labors, 2018 im Magazin "Current Biology". Durch die DNA-Beweise wurden laut des Berichts die überführten Wilderer teilweise zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. Die Zahl der Festnahmen in Südafrika im Zusammenhang mit der Wilderei ist in den vergangenen Jahren jedenfalls deutlich angestiegen.
Erste Horn-Auktion aus einer privaten Aufzucht
Welt-Nashorn-Tag am 22. September
Seit 2010 wird am 22. September der Welt-Nashorn-Tag (engl. World Rhino Day) begangen. Der Aktionstag möchte auf die Gefährdung der Nashörner durch Wilderei und illegalen Handel - verboten seit 1977 - mit dem Nasenhorn aufmerksam machen.
Im August 2017 fand in Südafrika zum ersten Mal eine legale Nashorn-Horn-Auktion statt. Ein privater Nashorn-Züchter hatte die Versteigerung mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht durchgesetzt. In Südafrika ist der nationale Handel mit Hörnern unter strengen Auflagen erlaubt, jeglicher Export jedoch verboten. Um das sicherzustellen, müssen Händler nun auch Proben ihrer Hornbestände an die Datenbank "Rhodis" melden. Damit kann illegal in Ausland verkauftes Nashorn leicht identifiziert werden.
Die südafrikanische Regierung arbeitet an einer rechtlichen Grundlage für den nationalen Handel. Außerdem denkt sie darüber nach, auch internationale Exporte für den persönlichen Gebrauch zu ermöglichen. Ihr Argument: Ein legaler Handel könnte der Wilderei die Geschäftsgrundlage entziehen. Der WWF (World Wide Fund For Nature) rechnet eher damit, dass diese Gesetzeslücke die Nachfrage nach Horn und damit auch die Wilderei anfeuern wird, "da die legalen Bestände niemals ausreichen werden, um den Bedarf zu decken".
Sicher ist: Der internationale Handel mit illegalem Horn ist in den Jahren nach der Gesetzesänderung deutlich eingebrochen. Waren es 2016 bis 2017 noch jeweils etwa 2.380 gehandelte Hörner, schwankte diese Zahl in den Jahren 2018 bis 2020 zwischen 575 und 923. Ein Hoffnungsschimmer, auch wenn die Wilderei eine große Bedrohung für die Tiere bleibt.
China lockert Handelsverbot für Nashornhorn
Die Nachfrage nach Horn wird auch in China wieder steigen: In China war der Handel mit Nashornhorn und Tigerknochen seit 1993 verboten. Doch Ende Oktober 2018 hat der Staatsrat in Peking den Handel mit den Überresten von gezüchteten Tieren für Forschung und Heilung in der Traditionellen chinesischen Medizin legalisiert. Die Ausnahme für das Verbot gilt für zertifizierte Krankenhäuser und Ärzte. Der WWF warnte, dass die Wiederaufnahme eines legalen Marktes auch Tiere in freier Wildbahn in große Gefahr bringe: Es stehe zu befürchten, dass illegale Produkte gewaschen werden und so in den Handel fließen. Gleichzeitig müsse davon ausgegangen werden, dass die Nachfrage angeheizt wird und so der Wildereidruck auf freilebende Tiere weiter steigt. Der WWF verurteilte die angekündigte Aufhebung des Verbots als "enormen Rückschlag" für den Artenschutz.