Friedensnobelpreis 2012 Nobelkomitee ehrt Europäische Union
Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an die Europäische Union. Die Jury in Oslo ehrt die Organisation für ihre jahrzehntelange Verbreitung von Frieden und Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa.
Schon kurz vor der Bekanntgabe war durchgesickert, wen das norwegische Nobelpreiskomitee auszeichnet: Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an die Europäische Union, weil sie ...
"... mehr als sechs Jahrzehnte zur Verbreitung von Frieden und Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa beigetragen hat."
Thorbjörn Jagland, Vorsitzender des Norwegischen Nobelkomitees
Auch wenn die EU derzeit mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und sozialen Unruhen zu kämpfen habe, wolle das Nobelkomitee den Blick auf den wichtigsten Erfolg der Union richten: den erfolgreichen Kampf für den Frieden und die Demokratie. Der Friedensnobelpreis ist mit umgerechnet 930.000 Euro dotiert.
Reaktionen
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso
"Selbst in diesen schwierigen Zeiten bleibt die EU eine Inspiration für Länder und Menschen in der ganzen Welt und die internationale Gemeinschaft braucht eine starke Europäische Union. Der Preis ist eine wichtige Botschaft für Europa: Dass die EU etwas sehr Wertvolles ist, dass wir sie zum Wohle der Europäer und der ganzen Welt pflegen sollten."
Herman van Rompuy, Ratspräsident der Europäischen Union
"Wir sind alle sehr stolz, dass die Bemühungen der EU anerkannt werden, den Frieden in Europa zu bewahren (...) Europa hat zwei Kriege im 20. Jahrhundert erlebt, und wir haben dank der Europäischen Union Frieden geschaffen. Damit ist die Europäische Union der größte Friedensstifter in der Geschichte."
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD)
"Wir im EU-Parlament sind tief bewegt.(...) Die EU ist ein einzigartiges Projekt, das Krieg durch Frieden ersetzt hat, Hass durch Solidarität. (...) Dieser historische Akt ist zurecht anerkannt worden. (...) Vom Balkan bis zum Kaukasus ist die Europäische Union ein Leuchtturm für Demokratie und Verständigung. (...) Dieser Nobel-Preis ist ein Preis für alle EU-Bürgerinnen und Bürger."
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen
"Die EU hat eine wesentliche Rolle bei der Heilung der Wunden der Geschichte und bei der Förderung von Frieden, Aussöhnung und Zusammenarbeit in Europa gespielt."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
Eine "wunderbare Entscheidung. (...) Das ist Ansporn und Verpflichtung zugleich - auch für mich ganz persönlich. (...) Das Nobelpreiskomitee würdigt damit die Idee der europäischen Einigung."
Steffen Seibert, Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
"Wir sehen darin eine Bestätigung, eine Ermutigung für das große Friedensprojekt, das diese Europäische Union über den europäischen Kontinent ausgebreitet hat, der lange Phasen des Friedens ja selten gekannt hat. (...) Das ist für uns alle, die in den 27 Mitgliedstaaten leben, eine Freude."
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP)
"Das ist eine großartige Entscheidung, die mich stolz und glücklich macht. (...) Aus den Trümmern von zwei schrecklichen Weltkriegen sind Frieden und Freiheit gewachsen, aus Erbfeinden sind gute Freunde und untrennbare Partner geworden."
Grünen-Fraktionvorsitzende Renate Künast
"Freude, schöner Götterfunken" in Anspielung auf die Europahymne.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe
"Angesichts aktueller Herausforderungen wird allzu leicht vergessen: Die europäische Einigung ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Seit über 65 Jahren herrscht auf unserem Kontinent Frieden. Aus Feinden wurden enge Partner und Freunde."
Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU)
"Es ist eine kluge und weitsichtige Entscheidung, den Friedensnobelpreis in diesem Jahr an die Europäische Union zu vergeben. Ich freue mich sehr über diese Entscheidung. (...) Der Friedensnobelpreis 2012 für die EU ist vor allem eine Bestätigung für das Friedensprojekt Europa. Er ist auch eine Ermutigung für uns alle, auf dem Weg des geeinten Europa weiter voranzugehen."
Hans-Dietrich Genscher, früherer Bundesaußenminister (FDP)
"Damit wird die friedensstiftende Rolle der europäischen Einigung gewürdigt, friedensstiftend für den europäischen Kontinent und beispielgebend für andere Regionen der Welt. Die Verleihung des Friedensnobelpreises ist aber auch ein deutliches Signal an diejenigen in Europa, die unter Hinweis auf vermeintlich nationale Interessen das europäische Einigungswerk gefährden."
Gerhard Schröder, Altbundeskanzler (SPD)
"Für das Zusammenwachsen Europas kommt sie zum richtigen Zeitpunkt und stärkt die Kräfte, die sich für eine weitere Integration der Europäischen Union einsetzen. (...) Sie ist eine deutliche Absage an Nationalismus und Kleinstaaterei."
Valery Giscard d'Estaing, früherer französischer Staatspräsident
"Es ist richtig, dass diese außergewöhnliche Anstrengung, die geleistet wurde von den Europäern und ihren Führern, auf ihrem Kontinent einen dauerhaften Frieden zu etablieren (...), belohnt und geehrt wird."
"Krieg zwischen Deutschland und Frankreich undenkbar"
Das fünfköpfige Komitee hob in seiner Begründung die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg als herausragendes Ergebnis der europäischen Integration heraus. Beide Länder seien in drei Kriege gegeneinander verwickelt gewesen. "Heute ist Krieg zwischen Deutschland und Frankreich undenkbar". Komiteechef Jagland nannte als weitere Leistungen der EU die Förderung der demokratischen Entwicklungen in südeuropäischen Ländern. Hinzu komme die Integration osteuropäischer Staaten nach dem Mauerfall 1989. Er nannte auch die Befriedung des Balkans.
Eine Tradition wird fortgesetzt
Das Nobelkomitee betonte auch, dass bereits zwischen den beiden Weltkriegen mehrere Persönlichkeiten den Friedensnobelpreis erhielten, die sich für eine Verständigung von Deutschland und Frankreich eingesetzt hatten. So wurden 1926 der deutsche und der französische Außenminister Gustav Stresemann und Aristide Briand für ihre Bemühungen um eine Aussöhnung ausgezeichnet. 1927 erhielten der französische Menschenrechtsaktivist Ferdinand Buisson und der deutsche Politiker Ludwig Quidde den Preis.
Fünf deutsche Friedens-Nobelpreisträger
1901 wurde der Friedensnobelpreis zum ersten Mal vergeben - an Henri Dunant, den Gründer des Roten Kreuzes, und an Frédéric Passy, den Gründer der französischen Friedensgesellschaft. In den 107 Jahren seither haben insgesamt fünf Deutsche den Friedensnobelpreis erhalten - zuletzt 1971 der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt für seine Ostpolitik. Wer noch in den vergangenen Jahren mit dem Preis geehrt wurde, finden Sie in unserer Galerie der Gekürten.
Tauben, Falken und der Spatz in der Hand - Friedensnobelpreise
Die Entscheidungsträger
Web-Tipp
Der Friedensnobelpreis ist der einzige der renommierten Preise im Gedenken Alfred Nobels, der nicht vom schwedischen, sondern einem norwegischen Komitee vergeben wird. Nobel selbst hat nie erklärt, wie es zu dieser Ortswahl kommt. Doch da zu Nobels Lebzeiten Schweden und Norwegen noch vereinigt waren und das norwegische Parlament nur für innenpolitische Fragen verantwortlich war, hielt Nobel die Norweger vermutlich für nicht so leicht manipulierbar. Vergeben wird der Preis von fünf Politikern, die vom norwegischen Parlament gewählt werden.
"dem, der am meisten oder besten für die Verbrüderung der Völker und für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie für die Bildung und Verbreitung von Friedenskongressen gewirkt hat."
Alfred Nobel darüber, wem der Friedensnobelpreis gebührt
Preisträger der vergangenen Jahre
- 2011: Ellen Johnson Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman für ihren gewaltfreien Kampf für die Sicherheit von Frauen und für das Recht der Frauen auf volle Beteiligung an friedensbildender Arbeit.
- 2010: Liu Xiaobo, inhaftierter Dissident und Bürgerrechtler aus China
- 2009: US-Präsident Barack Obama für seine Bemühungen um eine Stärkung der internationalen Diplomatie
- 2008: Martti Ahtisaari für seine Vermittlungen in zahlreichen internationalen Kriegen und Konflikten
- 2007 Al Gore und der Weltklimarat für ihren Kampf gegen den Klimawandel
- 2006 Professor Mohammed Junus für seine Grameen Bank in Bangladesch
- 2005 Die Internationale Atomenergieorganisation IAEO und ihr Generalsekretär Mohammed el-Baradei
- 2004 Wangari Muta Maathai
- 2003 Schirin Ebadi
- 2002 Jimmy Carter
- 2001 Die UNO und ihr Generalsekretär Kofi Annan