Keime im Alltag Wo überall Erreger sind und wie ihr euch davor schützt

Von: Sylvaine von Liebe

Stand: 22.01.2024

Ihr denkt, die meisten Keime befinden sich auf der Toilette? Als Keim-Hotspot übertriftt die Küche das Klo! Viele Alltagsgegenstände können euch mit gefährlichen Keimen infizieren. Welche das sind und worauf ihr achten solltet.

Die größte Keimschleuder zu Hause ist der Spülschwamm. Auch auf dem Smartphone können Keime sein. Die Keimbelastung dort ist aber selten gefährlich. Wir verraten euch die besten Hygiene-Tipps für euren Alltag. Im Bild: Frau desinfiziert Handy-Display.  | Bild: picture alliance / PantherMedia

Küche, Bad, Displays oder Einkaufswagen: Wo sind im Alltag die meisten Keime?

Die Küche ist der Keim-Hotspot im Haushalt. Kühlschrank, Dichtungen, Spüle, Kaffeemaschine und speziell der Küchenschwamm sind millionenfach mit Keimen besiedelt. Wir verraten euch die besten Hygiene-Tipps.Im Bild: Frau mit Reinigungsmitteln in der Küche. | Bild: picture alliance / PantherMedia | Andriy Popov

Die Küche ist zu Hause der Keim-Hotspot. Küchenschwamm, Spüle, aber auch der Kühlschrank sind millionenfach mit Keimen besiedelt.

Der Küchenschwamm ist für Markus Egert, Mikrobiologe an der Hochschule in Furtwangen, so etwas wie "ein Paradebeispiel" für den im Haushalt am stärksten belasteten Gegenstand. Der Grund: Der Schwamm ist feucht, hat eine große Oberfläche, an der sich Keime gut festhalten können, und es gibt darauf viel zu fressen - alles ideale Voraussetzungen, damit sich Keime wohlfühlen und vermehren können. "In zwei Kubikzentimetern Küchenschwamm befinden sich so viele Keime wie jemals Menschen auf der Erde gelebt haben - 54 Milliarden Keime pro Kubikzentimeter", sagt der Wissenschaftler. Nah dran am Spülschwamm in puncto Keimbelastung sind laut Egert die Spüle, alle Abflüsse, Kühlschrankoberflächen, Dichtungen vom Kühlschrank, Wasserbehälter wie zum Beispiel in der Kaffeemaschine, aber auch nicht behandelte, das heißt nicht gekochte oder konservierte Lebensmittel. Sie alle sind millionenfach mit Keimen besiedelt.

Und wie sieht es mit dem Smartphone, Tablet und anderen Displays aus? Dort ist die Keimbelastung bei Weitem nicht so schlimm, weil die glatte, trockene Oberfläche, die meist gar nicht so dreckig ist, als Lebensbedingung für Keime nicht ideal ist. "Man kann Smartphones sehen als verlängerte Hände. Wenn ich gerade etwas Fettiges gegessen habe und habe mein Smartphone in der Hand, dann sind da mal ein paar mehr Keime drauf, aber bei vielen Leuten sind die Smartphones sehr sauber", erklärt Egert. Das Gleiche gilt für Tastaturen und andere Displays sowie Lichtschalter und Griffe von Einkaufswagen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie sind weit weniger mit Keimen belastet als von Laien meist vermutet. Ebenso die Toilette- bzw. der Toilettensitz. Er ist glatt, dort ist es kalt und er wird regelmäßig mit Chemikalien gereinigt - alles Bedingungen, die Keime nicht mögen.

Kurz erklärt: Welche Gegenstände mit Keimen besonders belastet sind

Keime im Mund: Infektionsgefahr durchs Knutschen?

Im Alltag lauern nicht auf der Toilette die meisten Keime, sondern in der Küche. Wir verraten euch die besten Hygiene-Tipps für euren Alltag und euer Zuhause. Auch durchs intensive Küssen (wie hier Paar im Bild) werden Keime übertragen.  | Bild: picture alliance / Westend61 | Jose Carlos Ichiro

Durch intensives Küssen holt man sich Keime des Partners in die Mundhöhle, belegt auch eine Studie. Gefährlich ist das nicht unbedingt.

Bei einem zehnsekündigen Kuss mit Zungenkontakt werden niederländischen Wissenschaftlern zufolge etwa 80 Millionen Bakterien übertragen. Kein Wunder: Die Mundhöhle ist nach dem Dickdarm die mit Bakterien am zweitdichtest besiedelte Stelle im menschlichen Körper.

Doch welche Folgen hat das intensive Küssen aus infektiologischer Sicht? Kann das gefährlich sein? Nicht unbedingt, sagt Keim-Experte Egert. Im Gegenteil. Das könne in vielen Fällen sogar positiv sein, denn man bekomme andere Mikroben, die vielleicht das Immunsystem stimulieren. "Ich würde trotzdem niemanden küssen, der eine akute Infektionskrankheit hat", warnt er. So rät Egert davon ab, Menschen intensiv zu küssen, die an Covid-19 oder Grippe erkrankt sind, "auch wenn die Gefahr einer Ansteckung da eher vom Einatmen der Tröpfchen einhergeht". Das gelte aber erst recht bei einer Magen-Darm-Infektion, "weil das kriege ich natürlich schon, wenn ich jemanden küsse, der akut krank ist", betont der Wissenschaftler.

Bakterien, Viren und andere Erreger: Was sind Keime?

"Keime sind umgangssprachlich Mikroorganismen", sagt der Mikrobiologe Egert. Nicht alle sind für uns schädlich. Viele brauchen wir sogar. Zum Beispiel die Mikroorganismen im Darm und auf der Haut. Nur bestimmte Keime können Infektionskrankheiten auslösen. Im Alltag bei uns in Deutschland spielen dabei laut dem Wissenschaftler hauptsächlich Bakterien und Viren sowie - mit einem gewissen Abstand - auch Pilze eine Rolle.

Keime zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Warum nicht alle Keime schlecht sind

Überschätzte oder reale Gefahr: Gefährliche Keime im Haushalt

Im Alltag lauern nicht auf der Toilette die meisten Keime, sondern in der Küche. Die größte Keimschleuder ist der Spülschwamm. Keime im Haushalt sind aber meist nur für bestimmte Menschen gefährlich, darunter für Kinder (im Bild). | Bild: picture alliance / Westend61 | Albert Martínez

Schmutz und Keime im Haushalt sind relativ selten gefährlich. Nur bestimmte Menschen sollten besonders aufpassen, darunter Kinder.

Anders als im Krankenhaus, wo ein breites Spektrum an Erregern vorhanden ist, die von den Patienten mitgebracht werden, handelt es sich bei den Viren, Bakterien und anderen Erregern, die im Alltag auftreten, meist um solche, die Erkältungskrankheiten "im weitesten Sinne" wie Grippe oder Covid-19 auslösen oder um solche, die Magen-Darm-Infekte verursachen.

Bei Magen-Darm-Infekten seien es mit Abstand am häufigsten dann Viren wie Rotaviren oder Noroviren, sagt der Mikrobiologe. Bei Magen-Darm-Infekten, die durch Bakterien verursacht werden, seien es Campylobacter oder Salmonellen. Bei Erkältungskrankheiten sind es laut Egert Schnupfenviren, Grippeviren und Coronaviren, die zu Hause am häufigsten auftreten.

Infektionskrankheiten können zwar jeden treffen, aber nicht jeder ist gleichermaßen gefährdet. Besser aufpassen, weil durch ein geschwächtes oder noch nicht ausgereiftes Immunsystem für Infektionen besonders gefährdet, müssen Kinder, ältere Menschen, Schwangere und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Wissenschaftler nennen diese Gruppe auch die sogenannten "Yopis", was für young = jung, old = alt, pregnant = schwanger, immunocompromised = immungeschwächt steht. Für sie kann eine Infektion schnell lebensbedrohlich werden. Jugendliche und junge Erwachsene seien in der Regel weniger gefährdet, könnten aber auch Pech haben, sagt Egert.

Außerdem: Eine Mikrobe ist immer dann gut, wenn sie im Körper an der richtigen Stelle sitzt. Tut sie das nicht, weil zum Beispiel der Darm durchbricht und Darmbakterien in die Magenhöhle gelangen, kommt es zu einer Entzündungsreaktion und das kann unter Umständen tödlich sein. Hautbakterien, die ins Blut gelangen, können auch zum Tod führen.

Gefährliche Keime: Infektionskrankheiten nicht unterschätzen!

Kennt sich mit Keimen im Haushalt und Alltag aus: Markus Egert, Mikrobiologe und Experte für Haushaltshygiene an der Hochschule Furtwangen. Er gibt euch Hygiene-Tipps für euren Alltag und euer Zuhause. | Bild: Hochschule Furtwangen, Fotografin: Silicya Roth

"Infektionskrankheiten können, wenn es schlimm läuft, Menschen auch umbringen. Das ist zwar eher selten, aber ein Grund dafür ist häufig, dass man es unterschätzt. Wenn eine Infektionskrankheit länger als ein paar Tage dauert, Blut im Spiel ist, hohes Fieber, sollte man einen Arzt aufsuchen. Das ist einfach wichtig."

Prof. Dr. rer. nat. Markus Egert, Mikrobiologe und Experte für Haushaltshygiene an der Hochschule Furtwangen

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Hygiene-Tipps für den Alltag: So schützt ihr euch vor Keimen


Was ihr bei Wäsche, Geschirr, Spülschwamm und Bettwäsche beachten solltet - Hygiene-Tipps vom Experten Markus Egert:

  • Hände: Situationsbedingt gründlich mit Seife waschen, zum Beispiel vor und nach dem Kochen, vor dem Essen, nach der Toilette, nach dem Einkaufen - je nachdem, ob ihr euch Keime auf die Finger geholt habt, die euch krank machen können. Sich dagegen regelmäßig ohne Grund die Hände zu waschen, schädigt eher die Haut. Wenn ihr trockene Haut habt: Synthetische Seife anstatt Kernseife benutzen oder Desinfektionsmittel, insbesondere wenn es nur um die Entfernung von Keimen geht. Das Mittel enthält nämlich rückfettende Substanzen und ist damit hautfreundlicher als Seife.
  • Zur Infektionsprävention solltet Ihr keine Handschuhe, speziell keine Latexhandschuhe tragen. Das belastet die Haut und nach ein paar Minuten habt ihr genauso viele Keime auf den Handschuhen wie auf eurer Haut.
  • Wäsche: Stark verschmutzte Wäsche und Wäsche, die sauber werden muss, weil sie direkt am Körper ist (zum Beispiel: Unterwäsche, Socken, Handtücher, Geschirrtücher), solltet ihr bei 60 Grad Celsius mit einem Pulvervollwaschmittel waschen, nicht mit einem flüssigen Waschmittel oder einem Colorwaschmittel. Grund: Weder Flüssig- noch Colorwaschmittel enthalten die für die Abtötung von Keimen notwendige Bleiche. Bei anderen Kleidungsgegenständen wie Bluse, Hemd oder Hose reichen 20 Grad - auch mal im Kurzwaschgang und mit Flüssigwaschmittel. Bei sensiblen Textilien wie Seide und Funktionswäsche, die nicht heiß gewaschen werden können, solltet ihr euch bewusst sein, dass sie - mikrobiologisch gesehen - selbst mit Pulvervollwaschmittel nie richtig sauber werden. Für Funktionswäsche könnt ihr laut Markus Egert allerdings einen antimikrobiellen Hygienespüler verwenden. Mit ihm wird diese Kleidung schon bei 20 Grad Wassertemperatur sauber. Handtücher solltet ihr bei normalem Gebrauch alle drei Tage wechseln.
  • Eure Waschmaschine solltet ihr etwa einmal im Monat mit hohen Temperaturen und Pulvervollwaschmittel laufen lassen, damit sie sauber wird, wobei ihr darauf verzichten könnt, wenn ihr regelmäßig eure Wäsche bei 60 Grad und mit Pulvervollwaschmittel wascht.
  • Geschirr in der Geschirrspülmaschine im nicht so heißen Eco-Programm zu spülen, ist aus mikrobiologischer Sicht in Ordnung, wenn die Maschine voll ist. Keim-Experte Egert rät aber, ab und zu auch das Normalprogramm, also 55 Grad und heißer, laufen zu lassen.



  • Küche: Sie ist der Keim-Hotspot im Haushalt. Insbesondere Spüle (täglich) und Kühlschrank (ein bis zweimal im Monat) mit Spüliwasser oder, wer will, mit Essigwasser oder mit zitronesäurehaltigen Reinigern gründlich säubern. Aus mikrobiologischer Sicht am besten keinen Küchenschwamm benutzen. Wenn doch, alle ein bis zwei Wochen wechseln und in anderen Bereichen außerhalb der Küche (Garten, Katzenklo etc.) bis zum Verschleiß weiternutzen. Den Schwamm in der Küche solltet ihr aber auf jeden Fall wechseln, wenn er muffelt.
  • Tägliches Putzen und nass wischen der Böden - muss das sein? Aus mikrobiologischer Sicht ist das nicht notwendig, sagt der Mikrobiologe Markus Egert. Außer in der Küche ist ein tägliches Putzen kein Muss und hat meist nur einen ästhetischen Wert. Einmal in der Woche wischen oder staubsaugen ist sinnvoll, aber aus mikrobiologischer Sicht bei normaler Verschmutzung ebenfalls kein Muss.
  • Bettwäsche jede Woche wechseln? Ist aus mikrobiologischer Sicht ebenfalls zu Hause nicht notwendig und wird von vielen falsch eingeschätzt. Nicht gewaschene Bettwäsche macht in der Regel nicht krank. Etwas anderes gilt allerdings im Krankenhaus.
  • Zahnbürste wegen der Keime häufig wechseln? Hygienisch gesehen gibt es bei guter Reinigung dazu keinen Grund, sagt Experte Egert. Ein regelmäßiges Wechseln ist aber wegen der Abnutzung der Borsten notwendig.
  • Schuhe ausziehen, damit keine Keime in die Wohnung oder ins Haus kommen? Stimmt auch nicht. Wer nicht gerade im Dreck herumgelaufen ist oder viel Erde an den Schuhen hat, darf die Schuhe anlassen.
  • Teppichboden sollte weg? Das stimmt ebenfalls aus mikrobiologischer Sicht nicht. Auch das Saugen eines Teppichbodens hat nur einen ästhetischen Effekt, ist aber vor allem bei Allergikern wegen der Milben wichtig.
  • Infektionsgefahr öffentliche Verkehrsmittel - was hilft dagegen? Wenn es wichtig ist, dass ihr nicht krank werdet, könnt ihr bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu eurem Schutz Folgendes tun: wenn möglich, nicht zu Stoßzeiten fahren, Maske tragen, Abstand halten, euch impfen lassen, Händewaschen nach dem Erreichen eures Ziels.
  • Achtung: Wenn ihr Allergiker seid, etwa mit einer Hausstauballergie, gelten für euch andere Regeln. Dann sind das tägliche Putzen und Staubsaugen wichtig.
Im Alltag lauern nicht auf der Toilette die meisten Keime, sondern in der Küche. Die größte Keimschleuder ist der Spülschwamm. Wir verraten euch die besten Hygiene-Tipps für euren Alltag und euer Zuhause. | Bild: picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

Hygieneregeln wie Händewaschen sind im Alltag wichtig. Sie verhindern Infektionen mit möglicherweise gefährlichen Krankheiten.

Handhygiene: Gebrauchte Putzlappen und Spülschwämme zum Entkeimen nicht in die Mikrowelle!

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