Wetterfühligkeit Was tun gegen Wetter-Beschwerden?
Manche Menschen wissen schon einen Tag vorher, dass es einen Wetterumschwung geben wird - weil die Gelenke oder die alte Narbe schmerzen. Andere bekommen bei Föhn Symptome wie Migräne, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle oder Kreislaufprobleme. Ist Wetterfühligkeit also mehr als nur Einbildung? Und was kann man dagegen tun?
Migräne, Gelenkschmerzen oder Abgeschlagenheit - all diese Symptome könnten auch etwas mit dem Wetter zu tun haben, zum Beispiel mit Föhn. Das sagen zumindest Menschen, die sich selbst als "wetterfühlig" beschreiben. Nur selten wird ihnen geglaubt - und auch Wissenschaftler tun sich schwer damit, diese Behauptung zu untersuchen.
Wohlbefinden: Wie wirkt sich das Wetter auf unseren Körper aus?
Grundsätzlich steht fest: Das Wetter hat einen Einfluss auf unser Wohlbefinden - zum Beispiel das Sonnenlicht. Es macht wach und gut gelaunt, andererseits kann es auch die Hautzellen schädigen oder durch das Ozon Atemwegserkrankungen auslösen. Klassische "wetterfühlige" Symptome sind das natürlich nicht. Die meisten Menschen beschreiben diese bei Wetterumbrüchen.
Video: Gelenkbeschwerden, Kopf- und Narbenschmerzen bei Wetterwechsel
Zitat: Was ist Wetterfühligkeit?
"Wetterfühligkeit ist etwas, was auf etwas Vorhandenem beruht. Das heißt: Ich habe Beschwerden und bei bestimmten Wettersituationen oder Wetterlagen werden meine Beschwerden verschlimmert oder verbessert. [...] Es sind unterschiedliche Beschwerden, die wir haben, aber primär geht es darum, dass der Körper mit der neuen Wettersituation nicht so schnell klarkommt. Das heißt, er braucht eine gewisse Zeit, bis er sich anpasst (...)."
Prof. Andreas Matzarakis, Zentrum für medizin-meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes in Freiburg
Wetterwechsel: Manche haben starke Symptome
Frieren und Schwitzen, das sind ganz normale Körperreaktion auf ganz normale Wetterreize. Andreas Matzarakis vermutet, dass wetterfühlige Menschen eine niedrige Reizschwelle haben könnten und dass ihr Körper darum schon auf geringe Wetterreize heftig reagiert. Darum unterscheidet man auch zwischen "nur" wetterfühlig und wetterempfindlich. Wetterempfindlich könnten bis zu 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sein, die haben stärkere, akute Beschwerden. Die Krankheitssymptome verschlechtern sich bei wetterempfindlichen Menschen bei Wetterumschwüngen in manchen Fällen deutlich, auch bei Migränepatienten.
Gesundheit: Wie wirkt sich das Wetter auf den Körper aus?
Beschwerden: Worunter leiden wetterfühlige Menschen?
"Der Klassiker sind die rheumatischen Erkrankungen. Und das kennen wir schon von der Oma her, die gesagt hat, sie spüre, das Wetter schlägt um", sagt Angela Schuh, langjährige Professorin für medizinische Klimatologie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Professor Andreas Matzarakis unterscheidet vier Gruppen von Beschwerden. Dazu zählen: allgemeine Befindensbeinträchtigungen wie zum Beispiel Unruhe, Schlaflosigkeit, Nervosität und Kopfschmerzen. Dann gibt es den Bereich der Herz-Kreislaufbeschwerden, die der Atemwegsbeschwerden und die der rheumatischen Beschwerden und die des Bewegungsapperats.
Grafik: Mögliche Symptome bei einem Wetterumschwung
Alles Einbildung? Phänomen Wetterfühligkeit schwer zu erforschen
Gewitter im Gebirge
Warum das Wetter so einen Einfluss hat, oder ob das Ganze nicht doch nur Einbildung ist, ist schwer zu erforschen. Unter anderem liegt das daran, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt viele verschiedene Wettervariablen gibt: Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchte. Alle ändern sich gleichzeitig, oft heftig bei einem Wetterumschwung. Was soll man dann messen? Eine schwierige Situation für Labortests.
Immerhin: Studien zeigen, dass Druckveränderungen Kopfschmerzen verursachen können, das wurde in Druckkammern in Japan getestet. Doch die Stärke und Art und Weise der Kopfschmerzen war individuell sehr unterschiedlich, das heißt, die Forscher können daraus keine allgemeingültigen Regeln ableiten. Und: Menschen können nach allem, was wir über unsere Nerven und Rezeptoren wissen, leichte Druckunterschiede eigentlich gar nicht messen. "Das wäre auch schlecht, denn dann müsste man auch beim Aufzugfahren Probleme bekommen." Prof. Karl Meßlinger, Physiologe an der Universität Erlangen.
Der Wechsel zwischen einem Hoch- und einem Tiefdruckgebiet ist ähnlich wie der Druckunterschied zwischen dem Erdgeschoss und dem 10. Stock. Es könnte aber sein, dass wir Menschen solche Druckunterschiede in luftgefüllten Räumen unseres Körpers spüren: Nasennebenhöhle, Stirnhöhle. Die haben auch Kontakt zu unseren Hirnhäuten. Es könnte aber auch nur sein, dass wetterfühlige Menschen eine sehr leichte Nasennebenhöhlenentzündung erst dann spüren, wenn sich der Luftdruck ändert. Krank waren sie dann schon vorher.
Audio: Was steckt hinter Wetterfühligkeit?
Biowetter: Aktuelle Vorhersagen für Wetterfühlige
Biowettervorhersagen sollen wetterfühligen Menschen helfen
Der Deutsche Wetterdienst stellt schon lange auch ein "Biowetter" zusammen und definiert dabei mehrere Wetterlagen. Am allerbesten ist die stabile Hochdrucklage. Da haben die wenigsten Menschen Probleme mit der Gesundheit. Bei einem Tiefdruckzentrum treten eher allgemeine Befindlichkeitsstörungen auf, aber auch Phantomschmerzen. Eine höhere Luftfeuchtigkeit ist schlecht bei Gelenkproblemen und nähert sich eine Warm- oder Kaltfront, haben Menschen häufiger Kopfschmerzen. Dieser Wetterumschlag ist die problematischste Wetterkonstellation, vor allem zum Kalten hin. "Das ist ein sehr akutes, sehr massives Geschehen in der Atmosphäre. Da verändern sich kurzfristig alle Parameter," sagt Angela Schuh.
Wetterfühlige: Darum reagieren sie auf Temperatur und Feuchtigkeit
Mit großer Wahrscheinlichkeit haben also Temperatur und Feuchtigkeitssprünge eine Auswirkung auf unsere Gesundheit, vor allem bei chronischen Schmerzpatienten. "Wenn einem kalt ist, dann neigt man dazu, sich zusammenzuziehen und die Muskeln anzuspannen. Das macht die Schmerzen noch schlimmer. Regnerisches Wetter kann auch die Schmerzen verschlimmern, die meisten Menschen mit Arthritis stimmen dem wohl zu." Prof. Robert Jamison, Schmerzexperte an der Harvard Medical School.
Der genaue Einfluss des Wetters auf den Körper
Der Wirkmechanismus auf Wetterfühlige ist unbekannt und auch eine Regelhaftigkeit, also welches Wetter welche Beschwerden auslöst, tritt nicht auf. Biowettervorhersagen basieren auf statistischen Zusammenhängen, gelten nicht für einzelne Personen, ihre Vorhersagekraft ist also nur beschränkt.
Tipps: Was kann man gegen Wetterfühligkeit tun?
- Frische Luft: Dem Wetter aus dem Weg zu gehen, ist unmöglich. Experten sagen sogar: Genau das Gegenteil ist sinnvoll, sich dem Wetter stellen hilft. Man muss sich an Wetterwechsel gewöhnen, vor allem, wenn man viel drinnen sitzt, im Büro oder zu Hause. Geht an die frische Luft, wann immer es geht und bei jedem Wetter. Besonders gut ist Ausdauertraining, also Wandern, Walken, Joggen, Rad fahren, Spazieren gehen. Ihr trainiert durch die Bewegung im Freien nicht nur euer Immunsystem, sondern der Körper übt auch die Anpassung an wechselnde Wetterlagen.
- Kleidung: Kleidet euch so, dass ihr euch leicht kühl fühlt, aber nicht friert. Das trainiert die Thermoregulation des Körpers.
- Tageszeiten: Außerdem hilfreich ist jede Art der Abhärtung: Wechselduschen, Kneippsche Anwendungen und regelmäßige Saunabesuche.
- Schlaf: Wetterfühlige sollten sich einen regelmäßigen Tagesablauf angewöhnen: Weckzeit, Mahlzeiten und Schlafensgehenzeit sollten möglichst immer auf demselben Zeitpunkt liegen.
- Schlaf: Zumindest sieben Stunden sollten es sein, und das ab circa 23 Uhr: Regelmäßiger und ausreichender Schlaf kann Wetterfühligkeit lindern. Wer es kann, sollte sich ein kurzes Mittagsschläfchen gönnen, allerdings nicht länger als eine halbe Stunde.
- Ernährung: Gesund und regelmäßig essen und das möglichst immer zur selben Zeit.
- Genussmittel: Auf Genussmittel sollten Wetterfühlige verzichten: Also nicht rauchen und keinen Alkohol und Kaffee trinken. Oft sind nämlich Nikotin, Alkohol oder Kaffee Ursachen der Kopfschmerzen.
- Hausmittel: Melissentee und grüner Tee, Bäder mit Rosmarinöl oder starker Kaffee mit Zitronensaft werden immer wieder als Hausmittel gegen Kopfschmerzen und Wetterfühligkeit empfohlen.
Sendungen: Mehr zum Thema Wetterfühligkeit
- "Wetterfühligkeit": aktiv und gesund, BR Fernsehen, 12.04.2024, 14:10 Uhr
- "Wetterfühligkeit: Wie sie sich zeigt und was hilft": rbb Praxis, rbb24 Inforadio, 14.08.2023
- "Wetterfühligkeit": Highlights anhören, SWR 3, 28.03.2023
- "Wetterfühligkeit": aktiv und gesund, BR, 15.04.2021, 14.15 Uhr
- "Wetterfühligkeit": Gut zu wissen, ARD alpha, 28.03.2021, 16.30 Uhr
- "Migräne": aktiv und gesund, BR, 16.03.2021, 14.15 Uhr
- "Was steckt hinter Wetterfühligkeit?": radioWissen, Bayern 2, 26.02.2021, 09.05 Uhr
- "Gewitter und Wetterfühligkeit": radioWissen, Bayern 2, 26.02.2021, 09.05 Uhr
- "Wetterfühligkeit - Was das Wetter mit uns macht": ARD alpha, 27.04.2020, 20.15 Uhr
- "Volkskrankheit Migräne - Was hilft gegen die Schmerz-Attacken?": alpha-thema: Kopfschmerz, lass nach!, ARD alpha, 17.03.2020, 17.15 Uhr
- "Radiolexikon Gesundheit: Wetterfühligkeit": Sprechstunde, Deutschlandfunk, 13.08.2019
- "Müdigkeit und Kopfschmerzen: Was ist dran an der Wetterfühligkeit?": Gesundheit!, BR, 09.04.2019, 19.00 Uhr
- "Wetter und Wohlbefinden: Was steckt hinter Wetterfühligkeit": IQ - Wissenschaft und Forschung, Bayern 2, 02.11.2017, 18.05 Uhr
- "Was steckt hinter Migräneattacken durch Wetterwechsel?": 1000 Antworten, SWR, 11.11.2016
- "Wetter, Licht und Wohlbefinden": radioWissen, Bayern 2, 19.06.2015, 09.05 Uhr