Wüstenbildung Wie kommt es zur Desertifikation und welche Folgen hat sie?
Die Welt verliert weltweit an fruchtbarem Boden. Die Wüstenbildung schreitet voran, weil in trockenen Gebieten Böden, Vegetation und Wasservorräte zu intensiv von uns genutzt werden. Welche Folgen hat die Desertifikation?
Die Wüsten der Erde: Dabei denkt ihr sicher nicht unbedingt gleich an Europa, sondern an andere Kontinente. Doch langsam, aber stetig verwandeln sich auch ganze Landstriche in Europa in Trockengebiete - vor allem Spanien ist betroffen.
Wüstenbildung: Wie kommt es zu einer Desertifikation?
Weltweit wachsen Wüsten und Steppen aufgrund des Klimawandels - und weil in Trockengebieten natürliche Ressourcen wie Böden, Vegetation und Wasservorräte wegen einer zu intensiven Nutzung durch uns Menschen beeinträchtigt oder zerstört werden und sich nicht mehr regenerieren können. In diesem Fall spricht man von Desertifikation oder auch Wüstenbildung.
Die 50 am wenigsten entwickelten Länder der Welt sind besonders von der voranschreitenden Wüstenbildung betroffen. Die Prognosen stimmen nicht optimistisch: Die Welt verliert dramatisch an fruchtbarem Boden. Pro Jahr entstehen weltweit etwa 50.000 Quadratkilometer neue Wüstenflächen.
Die Wüstenkonvention
Am 26. Dezember 1996 trat die UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung in Kraft. Der vollständige Name lautet: "Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere in Afrika" - kurz "Wüstenkonvention". Doch obwohl fast alle Länder der Welt diese Konvention ratifiziert haben, schreitet die Desertifikation weiter voran. Auch die Rolle des Klimawandels vor allem bei Dürren wird immer deutlicher.
Wüsten wachsen: Prognosen für die Desertifikation der nächsten Jahrzehnte
Wüstenbildung: Ursachen und Folgen
Ursachen von Desertifikation
Als "man made deserts" bezeichnet man die neuen Trockengebiete, weil in der Regel Eingriffe der Menschen ihre Ausweitung forcieren.
Überweidung von Flächen
Zu viel Vieh frisst zu viele Pflanzen, der Boden verliert seine schützende Vegetationsschicht, wird lockerer und erodiert.
Übernutzung von Böden
Kürzere Brachezeiten und falsche Ackerbautechnik entziehen den Böden Nährstoffe und verringern den Pflanzenbewuchs. Auch das fördert Erosion.
Vernichtung von Wäldern
Zur Gewinnung von Brenn- bzw. Bauholz, Ackerland oder Flächen für Industrie oder Wohnimmobilien wird der Baumbestand drastisch verringert. Diese Regionen veröden.
Verbrauch/Verschwendung von Wasser
Für wachsende Bevölkerung, landwirtschaftliche Bewässerung und Tourismus entzieht man der Natur immense Wasserressourcen.
Klimawandel
Auch die vom Menschen ausgelöste globale Erwärmung trägt zum Wachstum der Wüsten bei.
Folgen der Wüstenbildung
Diese Faktoren führen dazu, dass die entsprechenden Regionen nicht mehr in der Lage sind, sich auf natürliche Weise zu regenerieren - eine Gefährdung für das gesamte Ökosystem:
- Der Wasserhaushalt ist gestört.
- Die Fruchtbarkeit des Bodens lässt nach.
- Mehr vegetationsfreie Flächen entstehen.
- Dadurch steigt die Verdunstung, der Boden trocknet aus.
- Die Artenvielfalt nimmt ab.
Überbevölkerung treibt die Wüstenbildung zusätzlich voran
Bauspekulanten, die Wälder abbrennen lassen, sind nur ein Teil des Problems. In vielen Ländern trägt die Bevölkerungsexplosion zu den oben genannten Ursachen bei. Mit zunehmender Weltbevölkerung werden immer größere Flächen intensiv landwirtschaftlich genutzt. Weltweit leben etwa 500 Millionen Menschen in Gebieten, die seit den 1980er-Jahren von Wüstenbildung betroffen sind - meistens in Armut. Denn die Wüstenbildung verschlimmert bestehende wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche und ökologische Probleme. Sie führt unter anderem zu Nahrungs- und Wasserknappheit und zum Verlust der biologischen Vielfalt. Menschen und Tiere werden gezwungen ihre Lebensräume zu verlassen.
Beispiele für Desertifikation
Spanien: Wüste wächst in Europa
In Spanien wurde die Desertifikation erst durch den Bauboom, vor allem in Touristengebieten, dann durch den hochindustrialisierten Gemüseanbau verstärkt. Salat und Paprika wachsen in riesigen Monokulturen, wo vorher genügsame Früchte wie Wein oder Oliven angebaut wurden. Das geht aber nur, wenn in großem Stil künstlich bewässert wird.
Das spanische staatliche Wetteramt Aemet stuft den Küstenstreifen der Region Murcia, der Águilas, Mazarrón und Lorca umfasst, sowie kleine Teile von Almería und Alicante, bereits als Wüste ein. Die Trockengebiete in den letzten 70 Jahren haben sich in ganz Spanien erheblich ausgeweitet, von elf auf 21 Prozent. Steigende Temperaturen und häufigere Dürreperioden durch den Klimawandel verschärfen die Situation. Europas einstiger Obstkorb droht, sich in einen Sandsack zu verwandeln.
Aralsee: Wüste statt Wasser
Mit einer Fläche fast so groß wie Bayern war der Aralsee einmal das viertgrößte Binnengewässer der Erde. Vor allem von den Flüssen Amudarja und Syrdarja wird er gespeist - besser gesagt: wurde. Denn seit den Sowjetzeiten zapft man diesen Lebensadern viel Flüssigkeit zur Bewässerung der kasachischen und usbekischen Baumwollfelder ab.
Seiner Zuflüsse beraubt, begann der Aralsee auszutrocknen und mehr und mehr zu versalzen. Die Folge: In den 2000er-Jahren war der Aralsee auf nur mehr zehn Prozent seiner ursprünglichen Größe geschrumpft. Obwohl seit 2005 versucht wird, den See zu retten, gibt es nur noch einen kleinen Seerest - inmitten der jüngsten Wüste der Welt, Aralkum genannt. Nach Angaben des Internationalen Fonds zur Rettung des Aralsees trocknet er weiter aus. Die Vereinten Nationen sehen die Region als "Symbol für die Zerstörung des Planeten durch den Menschen".
Chinas Grüne Mauer gegen die Wüstenbildung
Im ohnehin bevölkerungsreichen China, vor allem im Norden, muss der karge Boden immer mehr Menschen ernähren. Hier ist die Volksrepublik besonders von Desertifikaton betroffen.
Doch seit über 40 Jahren kämpft China sehr aktiv gegen die Verwüstung an - mit massiven Aufforstungen in Gebieten der Wüste Gobi, um das Land vor der Wüstenbildung und die Bevölkerung in Peking vor Sandstürmen zu schützen. 1978 wurde das Projekt "Grüne Mauer" gestartet: Bis 2050 soll eine Fläche von der Größe Deutschlands (etwa 350.000 Quadratkilometer) bepflanzt werden. In einigen Regionen waren die Aufforstungsarbeiten bereits erfolgreich. Ausgetrocknete Gegenden, in denen die Bewohner ihre Häuser täglich vom Sand befreien mussten, bleiben bewohnbar und die Schwere der Sandstürme in diesen Regionen ging zurück.
Salzsee Tuz Gölüv - Wüstenbildung in der Türkei
Der Tuz Gölü galt als Vogelparadies - bis 2021 ein Großteil der Flamingopopulation im ausgetrockneten See verendete
Der Salzsee Tuz Gölü ist der zweitgrößte See der Türkei, einer der salzhaltigsten Seen der Welt - und eigentlich ein Vogelparadies. Unter anderem Rosaflamingos nisten dort. Doch 2021 verendete der Großteil der Population dieser Flamingos: Während einer Dürre waren die für den See vorgesehenen Wasserleitungen zugunsten landwirtschaftlicher Nutzung umgeleitet worden. Kadaver von Küken und Elternvögeln bedeckten das ausgetrocknete Seebett.
Der Wasserstand des Tuz Gölu ist in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Forschern zufolge steht er kurz vor dem vollständigen Austrocknen. Die Gründe dafür seien die Agrarpolitik sowie der Klimawandel: Seit Jahren gehen die Niederschläge in der Türkei zurück.
Welttag für die Bekämpfung der Wüstenbildung
Seit 1994 ist der 17. Juni alljährlich der Welttag für die Bekämpfung der Wüstenbildung, ausgerufen von den Vereinten Nationen.
Sendungen zum Thema Wüstenbildung
- "Die Wüste wächst - Wie geht Leben unter extremen Bedingungen?": Planet Wissen, ARD alpha, 03.06.2024, 14:00 Uhr
- "Wüste Brandenburg?": Newsjunkies, rbb24Inforadio, 19.05.2022, 18:36 Uhr
- "Die Wüste kommt": radioWissen, Bayern 2, 16.07.2021, 9:05 Uhr
- "Die Verwüstung der Welt": radioWissen, Bayern 2, 22.08.2019, 9:05 Uhr