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Geschichte der Hauskatze Wie die Wildkatze zum Stubentiger wurde

Sie schnurren, maunzen und räkeln sich. Will man sie streicheln, fahren sie ihre Krallen aus. Katzen sind unberechenbar. Dennoch ist ihre Beziehung zum Menschen eine Erfolgsgeschichte - mit dunklen Flecken in der Vergangenheit.

Stand: 27.05.2024

Katzengeschichte: Was unterscheidet Wildkatze und Hauskatze?

In der Evolution haben die Tierarten die besten Karten, die sich in kritischen Situationen rasch anpassen und Neues lernen können. Katzen sind darin ziemlich erfolgreich. Katzen sind erstaunlich lernfähig, obwohl ihre Evolution weitgehend vom Menschen bestimmt wurde und nicht nur glückliche Momente zu bieten hatte.

Katze ist das beliebteste Haustier in Deutschland

In Deutschland lebten im Jahr 2023 rund 15,7 Millionen Hauskatzen. Etwa ein Viertel aller Haushalte besitzt eine Katze. Das macht die Katze zum beliebtesten Haustier in Deutschland. (Quelle: Pressemeldung "Der deutsche Heimtiermarkt", Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe e.V., Stand: März 2024)

Die erste Katze als Haustier

2004 fanden Archäologen in Zypern ein 9.500 Jahre altes Grab. Darin lag eingebettet in Muscheln, polierten Steinen und anderen Artefakten ein Mensch mit seiner Katze. Es ist der älteste Fund einer Katze als Haustier. Doch da in Zypern keine Katzen beheimatet waren, geht man davon aus, dass die Katze per Boot von der nahen Festlandküste im Osten mitgebracht wurde.

Verwechslungsgefahr? Diese Europäische Wildkatze ist nicht mit unserer Hauskatze verwandt.

Übrigens: Die Europäische Wildkatze ist nicht mit der Hauskatze verwandt. Zwar werden sie oft mit unseren Hauskatzen verwechselt. Aber Wildkatzen sind keine wilden Hauskatzen. Sie durchstreiften unsere Wälder schon, als es noch gar keine Hauskatzen bei uns gab. Und sie haben auch eine andere genetische Herkunft.

Hund und Katze haben mehr gemeinsam als wir denken

Hund und Katze hatten einen gemeinsamen Urahn

Auch wenn ihnen heute eine ständige Rivalität unterstellt wird – Hund und Katze stammen beide vom gleichen Urahn ab, dem Dormaalocyon latouri. Er ist unter anderem verwandt mit Bär, Robbe, Löwe, Wolf, Wiesel oder Tiger. Ein Team des Königlich-Belgischen-Instituts für Naturwissenschaften hat in der Nähe des belgischen Dormall Fossilien des Baumbewohners gefunden und genau untersucht. Es kam zu dem Ergebnis, dass Dormaalocyon latouri vor etwa 55 Millionen Jahren die Regenwälder des frühen Eozäns bewohnte.

Die Forscher ordnen den Urräuber zu den sehr frühen Vertretern der Raubtiere unter den Säugern ein und sehen ihn als Vorfahren der Katzen und der Hunde. Zwar ist er nicht der erste gemeinsame Urahn der Katzen- und Hundeartigen, diesem aber sehr nah. Und so sehen die Forscher im Dormaalocyon latouri den frühesten bisher bekannten Räuber mit lebender, direkter Nachkommenschaft.

Liebe geht durch den Magen ...

... oder zumindest Freundschaft. Forscher gehen davon aus, dass sich die ersten Katzen vor rund 10.000 Jahren den Menschen angeschlossen haben. Forschende bezeichnen die Katzen als opportunistische Jäger. Das heißt, die Tiere suchen ihre Beute da, wo sie sie am leichtesten finden. So trafen sie auf die Menschen, die damals mit dem Ackerbau anfingen und begannen ihr Korn zu lagern. Das zog Mäuse an und die waren wiederum ein gefundenes Fressen für die Katzen. Weil diese Zweckgemeinschaft so gut funktionierte, versuchten die Menschen die Katzen zu halten, indem sie sie mit Milch lockten. Die ehemaligen Wildkatzen gewöhnten sich an den Menschen, doch bis heute brauchen sie den Zweibeiner eigentlich nicht, um zu überleben.

Aufgepasst: Macht es nicht wie unsere Vorfahren! Katzen sollten keine Milch bekommen. Sie können sie nicht verdauen und bekommen Durchfall oder reagieren mit Erbrechen.

Katzen: Zahlen, Fakten und Kurioses

Ihr Tag

Am 8. August wird der Internationale Tag der Katze gefeiert. 2002 wurde er vom International Fund for Animal Welfare (Internationaler Tierschutz-Fonds, kurz IFAW) gemeinsam mit anderen Tierschützern ausgerufen.

Beliebt

Insgesamt gibt es mehr als 40 Rassen von Hauskatzen. Allein in deutschen Haushalten leben im Jahr 2023 rund 15,7 Millionen Hauskatzen. Zum Vergleich: Der Hund als zweitbester Freund des Menschen bringt es nur auf 10,5 Millionen Exemplare. (Quelle: Pressemeldung "Der deutsche Heimtiermarkt", Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe e.V., Stand: März 2024)

Teuer

Laut dem Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe e.V. gaben die Deutschen im Jahr 2023 mehr als zwei Milliarden Euro für Katzenfutter aus. Nach 16 Jahren summieren sich die Gesamtkosten für eine Mieze bei guter Pflege nach Berechnungen des Tierschutzbundes auf mindestens 13.300 Euro.

Fett

Bis zu 50 Prozent aller Katzen sind übergewichtig oder sogar fettleibig. So bringen einzelne Exemplare bis zu elf Kilogramm Gewicht auf die Waage. Die Gründe dafür: zu viel Futter aus einem immer gefüllten Napf statt fester Essenszeiten und viel zu wenig Bewegung.

Wild

Die Zahl verwilderter Hauskatzen wird bundesweit auf rund zwei Millionen Tiere geschätzt.

Groß

Die größte Rassekatze, die "Maine Coon", kann von Nasen- bis zur Schwanzspitze über 1,20 Meter messen und mehr als 12 Kilogramm wiegen.

Reich

Der schwarze Kater "Tommasino" erbte 2011 in Rom von seinem Frauchen eine Villa, zwei Wohnungen, Ländereien und Bankkonten im Wert von zehn Millionen Euro. Laut Testament muss er das Geld aber mit anderen "armen" Katzen teilen.

Laut

"Merlin" aus dem südenglischen Torquay steht im Guinness-Buch der Rekorde. Er stellte 2015 einen neuen Weltrekord im lauten Schnurren auf. Er bringt es auf 67,8 Dezibel - und erreicht damit die Lautstärke eines Rasenmähers.

Prominent

"Grumpy Cat" (2012-2019), die scheinbar mürrisch dreinblickende Katze aus den USA, brachte es zur weltweiten Bekanntheit. 2012 hatte ihre Besitzerin ein Bild ins Netz gestellt, Videos auf Youtube folgten. Ihre Facebook-Seite wurde von Millionen Menschen geliked. Ähnlich prominent ist "Choupette", die Karl Lagerfeld gehörte. Sie ziert im Gegensatz zu "Grumpy Cat" nicht einfach nur Fan-Artikel, sondern eine Kosmetik-Kollektion.

Wie verliert eine Wildkatze ihre Wildheit?

Eigentlich war die ursprüngliche Wildkatze scheu, misstrauisch und nachtaktiv. Wie konnte sie gebändigt werden, um die Nähe des Menschen zu dulden? Der Freiburger Verhaltensforscher Immanuel Birmelin glaubt, "die Menschen haben die Katzen selektiert, auf Zahmheit, weil sie den Nutzen sahen: Wenn ich die Katze habe, habe ich keine Ratten und keine Mäuse, und so war eine Kooperation denkbar." Im Laufe der Zeit haben die Menschen dann bevorzugt die Tiere gezüchtet, deren Eigenschaften ihnen am genehmsten waren. So kamen sich Mensch und Tier ein wenig näher.

Katzen auf der Spur: Mit Sendern das Verhalten von Katzen verfolgen

Die Katze als Nutztier

Gelungene Jagd: Katze mit gefangener Maus

Im frühen Mittelalter waren zahme Katzen zwar noch selten, aber gern gesehene Beschützer des Hauses. So erwähnten irische Mönche in Schriften aus dem 6. Jahrhundert Katzen, deren Gesellschaft sie in ihren Studierstuben schätzten. Doch eigentlich war die Katze in dieser Zeit kein Schmusetier und Begleiter, sondern ein Nutztier: als Mäusejäger und Pelzlieferant. Teile des toten Katzenkörpers wurden für volkstümliche Medizin genutzt.

Die Katze verteufelt, verjagt, verdrängt

Sinnbild des Bösen: schwarze Katzen

Bis zum 12. Jahrhundert galt die Katze als guter Hausgeist, doch die Kirche leitete einen Feldzug gegen die Katze ein. Sie wurde dämonisiert und von der Kirche als Verkörperung des Bösen gesehen. Sie sei falsch, leide an Putzsucht, sei ein Dämon der Nacht, faul und heuchlerisch.

Ihre natürlichen Verhaltensweisen wie das geräuschlose Anpirschen und nächtliche Jagen, das ausgiebige Putzen und lautstarke Werben und Paaren wurde den Katzen zum Verhängnis. Hinzu kam ihre unbeugsame Art, sich nicht endgültig zähmen zu lassen. Hexen wurden daran erkannt, dass der Teufel in Gestalt von schwarzen Katzen Besitz von ihnen ergriff. Und gemeinsam mit vermeintlichen Hexen und Ketzern wurden zahllose Katzen gequält, ertränkt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Katzen sind beliebter als Hunde

Katzen sind die beliebtesten Haustiere in Deutschland, aber viele Menschen reagieren auf ein Protein in Katzenhaaren, das in Speichel, Drüsen, Haut und Fell vorkommt, allergisch. | Bild: picture alliance / David Ebener zum Artikel Neue Therapie gegen Katzenallergie Therapeutische Antikörper gegen allergieauslösende Antikörper

Bei einer Katzenallergie reagiert man nicht auf Katzenhaare allergisch, sondern auf ein spezielles Katzen-Protein, das Protein "Fel d1", das in Speichel, Drüsen, Haut und Fell der Katzen steckt. Forscher wollen es durch die Gabe von IgG-Antikörpern schachmatt setzen. [mehr]

Zum Glück entkamen genug Katzen diesem Schicksal und dank reger Vermehrung konnten sie diese dunkle Epoche überstehen. Das Zusammenleben mit dem Menschen über die Jahrtausende hat bei ihnen mittlerweile Spuren hinterlassen: Bei Hauskatzen sind laut einer Studie vom November 2014 Erbanlagen verändert, die unter anderem die Gedächtnisbildung, das Lernen durch Belohnung und das durch Angst gesteuerte Verhalten beeinflussen. Wegzudenken sind die Stubentiger aus unserem Leben jedenfalls nicht mehr: Katzen sind in Deutschland das beliebteste Haustier - noch weit vor dem Hund, der damit eigentlich "nur" der zweitbeste Freund des Menschen ist.

Warum finden wir Katzenvideos und -bilder so toll?

Cat content: Katzenvideos sind im Netz sehr beliebt.

"Wir finden Katzen ähnlich gut wie Süßigkeiten, das liegt in unserer Spezies", erklärt der Medienpsychologe Frank Schwab von der Universität Würzburg. Die Tiere würden unsere menschlichen Brutpflegemechanismen "parasitieren": "Sie nutzen genau die Reize, auf die wir auch ansprechen, wenn wir Kinder aufziehen. Die Leute stellen ja auch andauernd Bilder von ihren Kindern online, fotografieren sie am laufenden Meter und zeigen sie jedem - ob er will oder nicht", sagt Schwab. "Katzen werden ganz ähnlich behandelt, das dockt an die gleichen Mechanismen an."

Und natürlich kommt es den Haustigern auch zugute, dass jeder sie im Internet so lange und so oft bewundern kann, wie er möchte - zu jeder Tageszeit. "Man kann das zur Stimmungsaufhellung machen, das nennt man in der Psychologie 'mood management', wie so ein kleines Bonbon", erzählt Schwab. "Und wenn man merkt, das hebt meine Stimmung, macht man es immer wieder - schon hat man eine kleine Gewohnheit etabliert." Und wer das Bild oder Video anschaut, leitet es oft weiter. "Das breitet sich exponentiell aus - und irgendwann sind alle mit Katzenbildern und -videos überflutet."

Sendungen über Katzen:


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